Vorbereitung des Auslandsaufenthaltes
Wer sich entscheidet nach Metz zu gehen, entscheidet sich für sechs Monate in einem kulturell- und geschichtlich ganz durchmischten Ort, der durch seine städtische aber auch familiäre Lebhaftigkeit besticht. Mit ca. 120.000 Einwohnern kann sich die Stadt nicht mit Marseille oder Nantes messen, birgt dafür aber ihre ganz eigenen, verborgenen Schätze.
Tatsächlich waren die Gründe, sich für die Stadt an der Grenze zu entscheiden für mich die Nähe zu Deutschland sowie die Gewissheit, in einer kleineren Stadt näher mit den Einheimischen in Kontakt kommen zu können und so wirklich die Sprache zu lernen. Zudem stellte ich mich schon darauf ein, dass der Lernaufwand und der Studienablauf weitaus anstrengender werden würden, als es in Deutschland der Fall war, sodass ich nicht nach einer "Partystadt" Ausschau hielt.
Als ich mich schließlich endgültig für ein Auslandsjahr entschieden hatte, musste ich mich jedoch gedulden, denn wie ich leider feststellen musste, bedarf es einem langen Vorlauf, bis man schließlich die Koffer packen darf. Da die Semesterzeiten an den Unis nicht übereinstimmen, wollte ich in jedem Fall im Winter nach Frankreich gehen, da es hier die geringsten Überschneidungen gibt, musste aber ungefähr ein Jahr Vorbereitungszeit einrechnen. Das International Office hat mich diesbezüglich gut beraten, nur bei der Suche der Informationen und den Bewerbungsbedingungen war ich ziemlich auf mich allein gestellt. Die Flut von Informationen kommt einem, gerade wenn man sich in der Sprache noch nicht so wohl fühlt, erst einmal unüberschaubar vor. Deshalb hatte ich mich in dieser Zeit auch für das Buddy-Programm in Potsdam angemeldet, sodass ich einen lieben Franzosen hatte, der mir die Eigenheiten des französischen Unissysthems erklärte. Viel Rückmeldung von Metz war nicht zu erwarten, nach einem längeren E-Mail Austausch, erfuhr ich, dass es so etwas wie eine "Integrations-Woche" gab, die direkt zum1. September anfing.
Studium an der Gastuniversität
Offizieller Studienstart war dann erst in der dritten Woche, bzw. Die Informations- und Eröffnungsveranstaltungen für die einzelnen Jahrgänge in der zweiten Woche. Hier wurden vor allem die Stundenpläne für die Jahrgänge ausgeteilt und Wahlfächer entschieden. Der Campus ist übersichtlich und sobald man in einer Fakultät eingeschrieben ist, bleibt man meist auch in dem dazugehörigen Gebäude. Alle Studienorganisationen, wie zb. der Studentenausweis etc. werden auch nur von den Fakultäten geregelt, nicht von einer zentralen Station. Für die Abteilung "Lettres Modernes", was ungefähr einem Literaturstudium entspricht, war für uns Erasmus-Studenten eine Frau Morel zuständig, die sich um alle organisatorischen Angelegenheiten kümmerte. Der "Pädagogische Betreuer", der dann schließlich das Learning Agreement unterschreibt, wurde uns von Ihr zugewiesen. Im Gegensatz zu den "normalen Studenten", hatten wir die Freiheit, auch zwischen den Jahrgängen zu springen, dennoch war es unter Anbetracht meiner Französischkenntnisse empfehlenswert nur Kurse aus dem 1. oder 2. Studienjahr zu belegen. Die Universität, zumindest der Campus Saulci, entspricht nicht den neusten Standarts und die Vorlesungen in der Fakultät "Arts, Lettres, Langues" finden größtenteils Frontal statt und man ist auf das Mitschreiben angewiesen. Ohne die gewohnten Powerpoints und online - Dokumente zu arbeiten, war für uns Auslandsstudenten eine neue Herausforderung.
Insgesamt fühlten wir Erasmusstudenten (größtenteils Deutsche) uns etwas in die Schulzeit zurückversetzt, da es in Frankreich üblich ist, gleich nach dem Abi zur Uni überzugehen und man sich immer in einem Klassenverband befindet. Die Kurse sind meist in einen "Cours Magistral" (CM) = Vorlesung und einem Seminar dem "Travail Dirigé" (TD) aufgeteilt. Diese werden immer zusammen belegt und am Ende des Semesters in einer Klausur abgefragt. Der Input am Ende des Semesters ist hierbei enorm, weswegen es ratsam ist, gut über die Wahl der Fächer zu nachzudenken. Etwas entlastend sind dabei der Sprach-/ Integrationskurs der für Erasmusstudenten während des Semesters angeboten wird (vom FLE), sowie die Möglichkeit über Médialangue in der Bibliothek einen Sprachkurs am Computer zu belegen, den man sich auch anrechnen lassen kann (3 Punkte). Die Bibliothek ist nur mit wenigen Computern ausgestattet und außerdem schließt sie bereits um 19:00 Uhr, was mir persöhnlich das Studieren sehr erschwert hat. Das W-Lan war nicht sehr strapazierbar.
Kontakt zu einheimischen und internationalen Studierenden
Mit den Erasmuskollegen kam man schnell in Kontakt und auch die französischen Studenten waren interessiert und hilfsbereit. Ich persönlich hatte schon nach zwei Wochen Bekanntschaft mit einem "Café Associatif" in der Innenstadt gemacht, welches sich das "Chaouée" nennt und wo mir gleich am ersten Abend eine Arbeitsstelle für einen "Service Civique" angeboten wurde, die ich neugierig annahm. Hier arbeitete ich mit vielen jungen Freiwilligen, Studenten und Zivildienstleistenden zusammen an dem Projekt dieser Kultureinrichtung und etablierte ein "Café Langue", wo sich die Menschen treffen konnten, um ihre Sprachen auszutauschen. Durch dieses Projekt hatte ich bald einen großen Bekanntschaftskreis und baute meine Sprachkenntnisse sehr gut aus. In Deutschland absolvierte ich zuvor meinen B1 Kurs und kehrte mit weitaus besserem Niveau und Vokabular zurück, was unter anderem mein B2 Sprachkurs an der Universität in Metz erkennen ließ.
Wohn- und Lebenssituation
Auf dem Campus stehen auch Studentenwohnheime zur Verfügung, die landesweit vom Crous organisiert werden. Auch hier muss man sich früh bewerben und ich hatte leider eine E-mail versäumt, sodass ich mir ein Zimmer in einer "Residence" suchte, welches gepflegt, jedoch recht teuer und auch nicht ganz zentrumsnah war. Hierfür musste ich auch ein französisches Konto eröffnen. Es ist, ohne Fahrrad, sehr ratsam sich in der Innenstadt einzuquartieren, da sonst die Wege recht lang werden und die Verkehrsmittel ab 20/21:00 Uhr sehr rar werden!
Metz ist jedoch eine Stadt, die gerade auch mit Einbruch der Nacht sehr lebendig wird. Die Straßen im Zentrum sind immerzu sehr belaufen und unzählige Cafés laden auf den Straßen ein, zu verweilen. Metz lässt viel Raum, sich selbst zu verwirklichen und sich zu beteiligen, sei es im alternativen Chaouée, dem studentischen Troubadour, dem punkigen Château oder den studentischen Organisationen oder freien Musik- und Jongliergruppen. Auch gibt es zahlreiche Aktivisten im Bereich Kultur, Umwelt und Intergration, die sich für die Stadt und ihre Bewohner einsetzen und insbesondere in der Zeit der "Gilets Jaunes" und den "Fridays for Future" sehr aktiv geworden sind. Unabhängig hiervor gibt es natürlich auch die Möglichkeit in verschiedenen Museen und Galerien die römische Vergangenheit der Region sowie Kunstgeschichte kennen zu lernen. Auch die sehr hübsche Opera lädt auf einen hübschen Abend ein. Wer jedoch lieber etwas auf sein Taschengeld achtet, sollte in dem von mir heiß empfohlenen Chaouée vorbeischauen oder dem Troubadour, da es hier die ganze Woche über vielfältige, selbstorganisierte und kostenfreie Veranstaltungen gibt!
Metz ist eine Stadt für Menschen, die auch gerne die Region erkunden wollen. Ich persönlich habe z.B. auch Louxembourg und Saarbrücken kennengelernt und denke, dass die Stadt im Sommer bestimmt auch noch mehr auflebt, als es im Winter der Fall war. Jedoch sind dann natürlich nicht mehr so viele Erasmusstudenten dort.
Wer also gerne abends unterwegs sein möchte, dem sei dringend empfohlen, sich eine Unterkunft in der Innenstadt zu suchen, da man davon ausgehen muss, am Abend alles fußläufig erreichen zu müssen. Sich ein öffentliches Fahrrad auszuleihen (sei es auch nur für einen Tag), bedeutet mehr als 100€ Kaution als Pfand da zu lassen. Ich habe mir ungefähr nach einem Monat ein Fahrrad für 50€ bei der "Bourse aux Vélos" zugelegt, da mir die Straßen des Nachts doch etwas zu unheimlich waren.
Abgesehen davon, sind die Bewohner von Metz ganz liebreizende Menschen und mir fiel es nicht schwer, schnell Anschluss zu finden.
Studienfach: Französisch
Aufenthaltsdauer: 09/2018-02/2019
Gastuniversität: Université de Lorraine
Gastland: Frankreich
Rückblick
In jedem Falle, würde ich einen Besuch der Stadt empfehlen! Erasmusstudenten, die sehr feierwütig sind, denen sei mit einer größeren Stadt bestimmt besser geraten, wer jedoch nachhaltige Kontakte sucht, dem möchte ich diese schöne Stadt gerne empfehlen!