Persönlicher Erasmus+ Erfahrungsbericht Bordeaux
Einen Auslandsaufenthalt während des Studiums zu absolvieren ist definitiv eine Überlegung wert. Zahlreiche Informationen dazu erhält man auf der Internetseite des International Office der Universität, wo alles Schritt für Schritt erklärt ist. Soweit ich weiß, ist der Bewerbungsprozess nicht an allen Fakultäten gleich. Studiert man Französisch, bewirbt man sich direkt über das Institut für Romanistik. Auf deren Internetseite findet man alle nötigen Informationen zur Bewerbung. Hier findet man auch eine Auflistung aller französischen Universitäten, die Erasmusstudenten der Uni Potsdam empfangen. Meiner Meinung nach ist die Auswahl der Unis sehr gut, alle großen französischen Städte sind dort zu finden. Letztendlich muss man sich aber für drei Unis entscheiden. Die Bewerbung ist schließlich online einzureichen. Wichtig hierbei ist, auf die Abgabetermine zu achten.
Ungefähr 10 Wochen nach dem Abschicken meiner Bewerbung, erhielt ich per Mail eine Zusage für meinen Erstwunsch: Bordeaux. In dieser Email waren außerdem Informationen für den weiteren Verlauf enthalten. Somit erhielt ich unter anderem Termine für Erasmusveranstaltungen, in denen man alles Schritt für Schritt erklärt bekommt.
Im Nachhinein kann ich sagen, dass die Bewerbung für Erasmus ziemlich langwierig war. Viele Dokumente mussten, auch während des Aufenthaltes, immer wieder eingereicht werden. Aber die Geduld lohnt sich, da man durch das Erasmus-Stipendium einen Großteil seines Auslandsaufenthaltes finanzieren konnte.
Studium an der Gastuniversität
Das Studium an französischen Universitäten ist etwas anders als an deutschen. Der Unterricht ist sehr frontal gestaltet. Das bedeutet, in den Vorlesungen, als auch in den Seminaren redet der Dozent die meiste Zeit. Somit gibt es auch in den Seminaren kaum Interaktion mit den Studenten. Teilweise habe ich mich wie in der Schule gefühlt.
Was vor allem zu Beginn etwas merkwürdig war, war die Art der Vorträge der Dozenten. Die meisten von ihnen lesen ihre Notizen ab und die Studenten schreiben alles Wort für Wort mit. Besonders zu Beginn war es ziemlich schwierig den Vorlesungen zu folgen, weil die Dozenten ziemlich schnell ihre Notizen vortrugen bzw. ablasen, aber nach einer gewissen Zeit gewöhnte man sich auch daran.
Die Räume der Universität sind teilweise ziemlich alt, im Winter funktionierte in manchen Räumen die Heizung nicht. Die Bibliothek hingegen ist recht groß und gut ausgestattet (große Auswahl an Büchern, PC-Pools, Druckern etc.). Das Essen in den Mensen ist ziemlich einseitig, auch die Auswahl ist beschränkt. In der Regel kann man zwischen einem günstigeren Gericht für 3,20€ und einem teureren, meistens ein Fleischgericht mit Pommes, für 5,20€ entscheiden. Es gibt aber auch Mikrowellen, so dass man sich sein mitgebrachtes Essen auch warm machen kann.
Kontakt zu einheimischen und ausländischen Studierenden
In Bordeaux gibt es super viele Erasmusstudenten. Von daher ist es nicht wirklich schwer mit diesen in Kontakt zu treten. Zu Beginn des ersten Semesters gab es eine Versammlung für alle Erasmusstudenten, wo man bereits erste Kontakte knüpfen konnte. Außerdem gibt es eine Organisation, die wöchentlich „Soirées“ und auch Ausflüge für internationale Studierende organisiert (auf Facebook: Erasmus Life Bordeaux). Unter den Erasmusstudenten wird meistens Englisch gesprochen, was ich persönlich etwas schade fand, weil man so sein Französisch nicht unbedingt verbessern konnte. Außerdem gibt es unter den Erasmusstudenten immer auch eine große Anzahl von Deutschen. So hat sich dann, ganz automatisch, auch eine große Gruppe von ausschließlich deutschen Studenten in Bordeaux gebildet - in der ausschließlich deutsch geredet wurde.
Schwieriger ist es meiner Meinung nach, mit den einheimischen Studenten in Kontakt zu kommen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass sie in der Uni zwar sehr hilfsbereit sind, aber alles was darüber hinausging, wurde dann eher mit französischen Freunden geteilt. Allerdings gibt es die Möglichkeit am Buddy-Programm der Uni teilzunehmen, somit ist der Kontakt zu einem Einheimischen gleich zu Beginn garantiert. Nach der Anmeldung bekommt man den Kontakt seines Buddys, der vor allem zu Beginn des Aufenthaltes eine große Hilfe ist und - wie in meinem Fall - zu einem Freund werden kann.
Sprachkompetenz vor und nach dem Auslandsaufenthalt
Bereits nach dem Abitur war ich für ein Jahr in Frankreich. Angetan von der Sprache, beschloss ich danach Französisch zu studieren. Ich würde also behaupten, dass ich auch schon vor meinem Auslandsaufenthalt sehr gut Französisch sprechen konnte. Durch den Kontakt mit Franzosen, wie beispielsweise mit meinen Mitbewohnern oder Studenten an der Uni, konnte ich täglich Französisch sprechen. Vor allem aber waren auch die schriftlichen Abgaben und Klausuren in der Uni dafür verantwortlich, dass sich meine Ausdrucksweise im schriftlichen Bereich verbessert hat.
Wohn- und Lebenssituation
Bevor man sich für einen Auslandsaufenthalt in Bordeaux entscheidet, sollte man wissen, dass Bordeaux eine ziemlich teure Stadt ist. Dies gilt nicht nur für Bars, Restaurants und Lebensmittel, sondern auch für Wohnungen.
Es gibt die Möglichkeit sich auf einen Wohnheimplatz zu bewerben. Die Plätze für ausländische Studierende sind allerdings begrenzt. Ich persönlich wollte unbedingt in einer WG leben, um von Beginn an den Kontakt zu Franzosen zu haben. Ich suchte auf Facebook nach Gruppen (zum Beispiel Colocation Bordeaux), um eine geeignete WG zu finden. Außerdem suchte ich noch auf einer weiteren Webseite, die wie ebay Kleinanzeigen funktioniert. Auf dieser fand ich dann letztendlich meine WG. Im Nachhinein hatte ich sehr viel Glück mit meiner WG. Nicht nur, weil ich sie sehr schnell gefunden habe, sondern auch, weil meine Mitbewohner und mein Vermieter sehr nett waren. Was ich allen, die eine WG oder eine Wohnung für ihren Auslandsaufenthalt suchen, rate, ist, dass man vorher zum Beispiel über Skype mit dem Vermieter ein Gespräch führt, nach Fotos fragt (sollten in der Anzeige keine Fotos sein) und eventuell nach den Kontakten der zukünftigen Mitbewohner fragt, um sich ein besseres Bild machen zu können. Da man im Internet auf viele gute Angebote stößt, ist es daher nicht unbedingt nötig vor dem Auslandsaufenthalt noch vor Ort Wohnungen anzuschauen. Außerdem sollte man rechtzeitig mit der Suche beginnen. Ich habe bereits im April nach geeigneten WG-Zimmern gesucht, zu diesem Zeitpunkt gab es allerdings noch nicht viele Angebote. Die meisten Franzosen beginnen ab Mai nach Unterkünften zu suchen. Daher kann es im Juli bereits weniger Angebote geben. Für Studenten, die nur ein Semester bleiben, könnte die Suche nach einer WG schwierig werden, da die meisten Vermieter nur über einen längeren Zeitraum vermieten.
Es gibt für alle ausländischen Studenten die Möglichkeit Wohngeld zu beantragen. Die Internetseite ist relativ einfach strukturiert und man kann alles übers Internet beantragen - die Voraussetzung ist jedoch ein französisches Bankkonto. Bei den verschiedensten Banken gibt es für Studenten die Möglichkeit ein kostenloses Bankkonto für ein Jahr zu beantragen.
Bordeaux verfügt über ein gut entwickeltes Netz der öffentlichen Verkehrsmittel mit vielen Bus- und Straßenbahnlinien, die die Vororte mit dem Stadtzentrum verbinden. So liegt der Campus beispielsweise nicht direkt in Bordeaux. Mit der Straßenbahn benötigt man allerdings nur 15 Minuten mit der Straßenbahn, um ins Zentrum zu gelangen. Die Straßenbahnen fahren tagsüber alle 2-3 Minuten. Allerdings sind diese, vor allem während der Stoßzeiten, regelrecht überfüllt. Weniger studentenfreundlich sind die Bus- und Bahnverbindungen nachts. Von Sonntag bis Mittwoch fahren die Straßenbahnen und Busse zwar bis Mitternacht, danach jedoch fährt bis 4 Uhr morgens nichts - also muss man entweder laufen (was ziemlich weit sein kann, wenn man in der Nähe der Uni wohnt) oder das Fahrrad nehmen (in der ganzen Stadt stehen Fahrradstationen (VCub), bei denen man sich für wenig Geld ein Fahrrad nehmen kann und es dann an einer anderen Station wieder abstellen kann). Von Donnerstagnacht bis Samstag fahren die Straßenbahnen bis 1 Uhr und danach gibt es Nachtbusse. Wer also nicht im Zentrum von Bordeaux wohnt, hat vielleicht das eine oder andere Mal Schwierigkeiten nach Hause zu kommen.
Die Fahrkarten für Bus und Bahn kosten 1,60€ und sind damit nicht wirklich teuer. Eine Monatskarte kostet 32,30€. Für einen Auslandsaufenthalt von 2 Semestern lohnt sich eventuell sogar eine Jahreskarte. Alle Infos zu den Tarifen findet man hier. Eine gute Alternative zu den öffentlichen Verkehrsmitteln ist das Fahrrad, vor allem wenn man außerhalb der Stadt wohnt. Überall gibt es Fahrradwege, vor allem auf dem Campus. Wenn man in der Stadt mit dem Fahrrad fahren möchte, wird es schon schwieriger, da es nur wenige Fahrradwege gibt. Somit ist es dort für Fahrradfahrer gefährlicher - vor allem wenn man weiß, wie die Franzosen Auto fahren. Letztendlich ist der Kauf eines Fahrrads aber situationsabhängig. Gebrauchte Fahrräder kann man sich unter anderem auf dieser Website kaufen.
Wenn man von den Transportmöglichkeiten absieht, eignet sich Bordeaux hervorragend um auszugehen. Es gibt viele Clubs und noch mehr Bars und Restaurants. Im Sommer kann man sich auch zum Picknicken in die Parks oder ans Ufer der Garonne setzen.
Auch kulturell hat Bordeaux einiges zu bieten, wie zum Beispiel das moderne Weinmuseum La Cité du vin. Auch die Uni hat ein sehr breitgefächertes kulturelles und sportliches Angebot, welches man für 28€ das ganze Jahr nutzen kann. Vor allem kann ich die Sportkurse empfehlen. Vom Fußball, über Klettern, Yoga und Fitnessstudio bis hin zu Surf- und Skikursen ist alles dabei. Nach der Uni kann man sich also gar nicht langweilen, so viel gibt es zu entdecken und auszuprobieren!
Studienfach: Französische Philologie
Aufenthaltsdauer: 09/2017 - 04/2018
Gastuniversität:Université Bordeaux Montaigne
Gastland:Frankreich
Rückblick
Ich kann Bordeaux und seine Region wirklich nur jedem ans Herz legen. Innerhalb meines Auslandsaufenthalts habe ich die Stadt in mein Herz geschlossen - das ist aber auch gar nicht schwer, denn Bordeaux ist wirklich eine atemberaubend schöne Stadt. Sie wird nicht umsonst „le petit Paris“ genannt. Auch die Region hat einiges zu bieten: tausende Weingüter, kulinarische Spezialitäten und natürlich den Ozean!