Vorbereitung des Auslandsaufenthaltes
Durch mein Fach Französisch wusste ich ich schon seit Studienbeginn, dass ich einen Aufenthalt im Ausland einplanen werde. Die Vorteile eines Erasmus-Semesters waren mir durch viele Gespräche mit anderen Studierenden bereits bekannt und auch die Hilfe durch das International Office bestärkte mich in dieser Ansicht. Auch das International Office in Bordeaux war hilfsbereit und meine Koordinatorin antwortete mir schnell zu allen Fragen. Viele Infos konnte ich ebenfalls durch die Angebote von „Campus France“ sammeln. Dort gab es Informationsveranstaltungen, die sich um Wohngeld (CAF), Versicherungen, Öffi-Tickets usw. drehten. Dort wurde man auch direkt mit Leuten connected, die sich für die gleiche Stadt entschieden hatten. So knüpfte ich bereits die ersten Kontakte, bevor ich überhaupt in Bordeaux ankam. Eine Freundin von mir bekam sogar ein Stipendium von Campus France. Ich startete im Oktober langsam die Suche nach einer Wohnung in Bordeaux, was sich jedoch schwierig gestaltete. Die Franzosen sind da etwas spontaner und laden die Anzeigen meist erst kurz vor Einzugsdatum hoch. Daher war im Oktober noch nicht viel zu finden. Im Dezember fand ich dann endlich etwas passendes über Facebook im Viertel St. Michel, nachdem ich gefühlt 1000 Nachrichten geschrieben hatte. Ich würde auch in der Retrospektive jedem in Bordeaux empfehlen lieber in die Innenstadt zu ziehen als nah an die Uni. Die Stadt ist einfach so schön und der Campus bietet wirklich nicht viel. Auch die Studentenwohnheime des Crous sind nicht wirklich zu empfehlen, aber sehr günstig im Vergleich zu den allgemeinen Mietpreisen in der Innenstadt. Als gute Viertel zum Wohnen passt eigentlich alles was nah an der Tramlinie B ist, da diese direkt zur Uni fährt.
Studium an der Gastuniversität
Als ich mein erstes LA zusammenstellte, fühlte ich mich erstmal überfordert mit all den Kursen und Studiengängen online, aus denen ich wählen konnte. In Bordeaux angekommen, änderte sich so gut wie alles noch einmal. Ich glaube ich behielt zwei Kurse aus dem LA before the mobility bei. Die Änderung verlief ohne Probleme, also macht euch nicht zu viel Stress vorher. Das geht alles noch vor Ort zu ändern. Am hilfreichsten war der Austausch mit den anderen Erasmusstudis. Dort erfuhr man viel über die besten Kurse und Dozierenden. Zu erwähnen ist noch, dass die Lehrveranstaltungen von der Qualität her lange nicht auf dem Niveau unserer Uni hier sind. Oft fanden sie in Form von Frontalunterricht statt, ohne Gruppenarbeiten oder innovativen Medieneinsatz. Dafür sind die Anforderungen aber auch nicht so hoch. Die Dozierenden nehmen meist Rücksicht und man bekommt einen kleinen Bonus oder muss etwas weniger machen als die Muttersprachler. Auf dem gesamten Campus ist eine Wlan-Verbindung eingerichtet, ob sie funktioniert ist dann von der Tagesform abhängig. Man kann sich jedoch nur mit einem Tablet oder Laptop einloggen. Handys werden nicht akzeptiert. Die Computerpools sind den ganzen Tag geöffnet und die PCs sind in Ordnung. Drucken kann man dort auch, das habe ich jedoch nie ausprobiert und lieber Copyshops in der Stadt genutzt.
Kontakt zu einheimischen und internationalen Studierenden
Ich belegte viele Deutsch-Französisch Übersetzungskurse, da ich mir diese gut anrechnen lassen konnte. Diese Kurse würde ich auch so jedem empfehlen, da die Franzosen dort im Gegenzug Deutsch lernen. So kann man sich gegenseitig helfen und kommt ab und zu ins Gespräch. In diesen Kursen traf ich auch viele andere Deutsche, die Französisch studierten. So konnte ich schnell Fuß fassen und sie wurden zu meinen besten Freunden in Bordeaux. Erasmusstudis aus anderen Ländern traf ich oft bei den ESN-Partys. Folgt ESN am besten auf Instagram oder Facebook und ihr verpasst nichts. Gerade für den Beginn in Bordeaux ist das super. Niemand kennt sich, alle wollen Kontakte knüpfen. Kontakt mit den einheimischen Studis zu knüpfen war hingegen etwas schwierig. Über mehr als Smalltalk ging es anfangs selten hinaus, obwohl ich von mir behaupten würde, dass ich mich offen und kontaktfreudig gezeigt habe. Von den Franzosen ging die Initiative selten aus. Ich hatte das Gefühl sie waren etwas schüchtern, sehr mit ihrem Studium beschäftigt oder vielleicht auch einfach nicht so interessiert. Das ist aber ganz individuell, schätze ich. Zum Schluss wurde es dann auch besser. Nach ein paar Wochen im selben Kurs wird das Klima lockerer.
Sprachkompetenz vor und nach dem Auslandsaufenthalt
Ich habe mich auf jeden Fall stark verbessert. Vorher war ich bei einem soliden B2 Niveau, konnte mich überall verständigen, aber machte noch einige Fehler. Die Automatismen fehlten. Dies wurde jedoch stets besser, sodass ich jetzt wirklich fließend sprechen kann.
Wohn- und Lebenssituation
Für meine Wohnung am St. Michel bezahlte ich 620€ Miete warm. Dazu kam eine Kaution von 800€. In Frankreich benötigt jeder eine Versicherung für die Wohnung (d’assurance Habitation/d’assurance Responsabilité Civile Vie Privée). Die aus Deutschland reicht da meines Wissens nach nicht und man muss eine französische abschließen. Ich habe das bei der AXA gemacht. Ich glaube das waren um die 12€ pro Monat. Nach Ende meines Aufenthalts konnte ich sie mit einer E-Mail kündigen. Wenn ihr online eine Wohnung sucht, versichert euch immer, dass die Anzeige wirklich echt ist. In Bordeaux ist das eine Art Business, weil so viele Studis dort Wohnungen für eine kurze Zeit suchen. Am besten ihr vereinbart einen Videocall aus Deutschland, um euch vom Zustand/der Echtheit der Wohnung zu überzeugen. Wie schon erwähnt, die Tram B ist euer way to go zur Uni. Es gibt aus der Innenstadt keine andere Möglichkeit schneller zur Uni zu kommen. Das Monatsticket kostet ca 32€. Kaufen kann man es leider nicht direkt am Automaten, sondern ihr müsst zu einem der TBM-Shops (Verkehrsbetriebe Bordeaux) fahren und es da kaufen. Ich wurde in den fünf Monaten in Bordeaux nur drei Mal kontrolliert. Wenn ihr ohne Ticket erwischt werdet, dann kostet das 60€. Ein französisches Konto braucht ihr grundlegend erstmal nicht. Falls ihr jedoch das CAF (französisches Wohngeld) beantragen wollt (was ich euch auf jeden Fall empfehle), dann müsst ihr doch noch eins eröffnen. Das CAF lohnt sich wirklich, da man so nochmal einen ordentlichen Teil von der Miete zurückbekommt (zwischen 100 und 200€). Die Lebenshaltungskosten sind in Bdx generell schon ziemlich hoch. Ein Bier für 8€ in einer der vielen Bars ist normal. Pizza im Restaurant gibts zwischen 14€ und 16€. Jeden Montag und Mittwoch gibt es eine Aktion im Wanted Café, bei der sich Studis kostenlos eine Tüte mit Lebensmitteln abholen können. Es ist zwar immer ein Überraschungspaket, aber man spart so auf die Dauer schon ordentlich Geld. Man muss sich jedoch vorher online einschreiben. Super geeignet ist die Stadt auch für Fahrradfahrer. Jeder Einwohner kann sich kostenlos ein Fahrrad von der Stadt ausleihen und dies frei nutzen. Die Fahrradwege sind gut ausgebaut und die Flusspromenade ist wirklich toll befahrbar.
Studienfach: Lehramt Französisch und Sport
Aufenthaltsdauer: 01/2022 - 06/2022
Gastuniversität:Université Bordeaux Montaigne
Gastland: Frankreich
Rückblick
Die Zeit in Bordeaux war so bereichernd und aufregend, dass ich nur jedem empfehlen kann diese Stadt näher kennenzulernen. Die Uni mit ihren alten Gebäuden ist eindeutig keine Perle, wird jedoch gerade renoviert und sieht bald dann bestimmt schon besser aus. Dafür ist die Innenstadt von Bordeaux wirklich toll. Bordeaux wird nicht umsonst das kleine Paris genannt. Die Architektur der Gebäude, die kleinen Gassen und die unglaublich vielen Cafés und Restaurants versprühen einen wundervollen Charme. Bordeaux hat die zweithöchste Dichte an Gastronomieeinrichtungen pro Kopf in Frankreich. Wer es liebt in der Nachmittagssonne einen Café am Straßenrand zu schlürfen oder auf abendlich beleuchteten Plätzen eine Pizza zu genießen, ist hier also genau richtig aufgehoben. Auch kulturell kommt man hier auf seine Kosten. Das „Darwin“, welches auf der rechten Seite der Garonne liegt, stellt jeden Mittwoch bei den „Heures heureuses“ den besten DJs aus Bordeaux eine Bühne zur Verfügung. Das ist wirklich empfehlenswert, da sich dort so ziemlich alle jungen Leute treffen (https://darwin.camp). Das iBoat (https://www.iboat.eu) ist von Donnerstag bis Samstag auch immer eine Adresse und besticht durch die außergewöhnliche Location (der Dancefloor ist im Bauch eines Schiffes). Mehrmals pro Woche habe ich mit Freunden an der Flusspromenade (Quai) gesessen und Wein getrunken und Baguette gegessen. Die Promenade ist schön bepflanzt und gepflegt. Abends trifft man dort viele Leute. Dort ist auch ein Calisthenics-Park, der gut ausgestattet ist. Bordeaux hat nicht viel grün in der Innenstadt, das gute Wetter kann man jedoch toll im Jardin Public genießen. Nicht zu vergessen ist natürlich die Nähe zum Meer. Der Bus fährt planmäßig 1h30 für 2,40€ nach Lacanau-Océan. (Ganz wichtig: Im Bus wird nur Barzahlung akzeptiert und am Wochenende bei gutem Wetter/Wellen ist er sehr voll. Daher am besten direkt am Gare St. Jean einsteigen und früh da sein. Wenn alle Plätze besetzt sind, fährt der Bus ohne Halt durch). In Lacanau-Océan lassen sich easy Surfboards und Wetsuits zum Wellenreiten ausleihen. Die Uni bietet jeden Donnerstag eine Fahrt zum Meer mit Surflehrern an. Ich habe das nicht gemacht, aber ich habe viel gutes von anderen darüber gehört. Wettertechnisch hatte ich mich durch das maritime Klima auf viel Regen eingestellt. Dem war jedoch nicht so und wir hatten bereits im April ab und zu 30 Grad. Zusammenfassend kann ich sagen, dass Bordeaux eine junge, wachsende Stadt ist, die aus meiner Sicht kulturell unglaublich viel zu bieten hat. Ich würde sie auf jeden Fall als Erasmusziel weiterempfehlen und kann es kaum erwarten selbst wieder dort zu sein.