Vorbereitung des Auslandsaufenthaltes
In der Vorbereitungsphase des Auslandsaufenthalts habe ich die Erasmus+ Seite der Uni Potsdam aufgesucht und mich dort über den allgemeinen Ablauf, Bewerbungsfristen etc. informiert. (https://www.uni-potsdam.de/de/international/outgoing/studium/erasmus) Danach habe ich mich über Partnerhochschulen der Uni Potsdam meines Fachbereichs (Politik) informiert (https://www.uni-potsdam.de/de/international/outgoing/studium/erasmus/koordinatoren#c504765). Da ich in der Nähe bleiben wollte, fiel Belgien schnell in meine innere Auswahl. Als nächstes habe ich mich telefonisch bei der Austauschkoordinatorin meines Fachbereichs gemeldet und noch ein paar Unklarheiten zum Bewerbungsprozess abgeklärt. Der Bewerbungsprozess hat dann recht reibungslos funktioniert. Nach der Annahme hat sich die Universität Antwerpen ziemlich schnell bei mir per Mail gemeldet und mir alle wichtigen Informationen gegeben. Der Bewerbungsprozess dort lief komplett online über die Seite MobilityOnline ab, sodass weder Mails noch Briefe hin- und hergeschickt werden mussten. Alles wurde schnell bearbeitet und ich wurde immer rechtzeitig mit Neuigkeiten versorgt, wenn es welche gab. Die Orientation Days zu Beginn der Vorlesungszeit, die für Erasmus-Studierende veranstaltet wurde, waren sehr gut, um erste Kontakte zu knüpfen, den Campus und die Innenstadt kennen zu lernen und sich einen ersten Überblick zu verschaffen. Es gab ausreichend Informationen von der Fakultät über den Ablauf des Fächerwählens und der allgemeinen Studienorganisation. Die digitalen Plattformen der Universität Antwerpen sind ähnlich wie die an der Universität Potsdam. Es gibt SiSA, wo Kurse gewählt werden und Noten eingesehen werden können und Blackboard, die digitale Lernplattform, wo die Kursseiten sind (wie Moodle).
Studium an der Gastuniversität
Das Studium in Antwerpen war natürlich von der Corona-Pandemie geprägt. Zwar fanden alle Kurse in Präsenz statt (mit Maskenpflicht), jedoch wurden auch die meisten Vorlesungen aufgezeichnet und als Video zur Verfügung gestellt. Teilweise war es sogar möglich, den Vorlesungen live von zu Hause aus zu folgen. Die Auswahl der englischsprachigen Kurse für Bachelorstudierende war nicht besonders groß, allerdings war die Fakultät recht flexibel, Bachelorstudierende auch in englische Masterkurse reinzulassen, wenn die entsprechende Lehrkraft damit einverstanden ist. In den englischen Kursen waren (gefühlt) zur Hälfte internationale Studierende, zur Hälfte belgische Studierende. Die Vorlesungen sind i.d.R. doppelt so lang wie in Deutschland, also 3 Stunden statt 90 Minuten. Im Großteil meiner Kurse wurde dieser Zeitraum komplett ausgenutzt, oft gab es nur eine zehnminütige Pause. Durch die verdoppelte Vorlesungszeit gab es auch doppelt so viele Folien und somit Material, das gelernt werden muss. In der Regel gibt es zu jeder Vorlesung eine Pflichtlektüre. Nach meinem Empfinden hat ein Kurs (der i.d.R. 6 ECTS wert ist) deutlich mehr Material als an der Uni Potsdam. Die Prüfungen fanden ebenfalls alle in Präsenz statt und waren genauso lang wie die Vorlesungen, also 3 Stunden. Es gab in allen Prüfungen ausschließlich Essay-Fragen, keine Multiple- oder Single-Choice Fragen und keine kurzen Frage-Antwort-Aufgaben. Die Bewertungsskala ist von 0-20, wobei 20 das Beste ist, ab 10 hat man bestanden. Insgesamt schienen mir und auch anderen deutschen Studierenden die Anforderungen höher zu sein als an deutschen Universitäten.
Kontakt zu einheimischen und internationalen Studierenden
Ich hatte ausschließlich Kontakt zu internationalen Studierenden, die ich bei den Orientation Days oder bei späteren Veranstaltungen des Erasmus Student Network kennen gelernt habe. Ich hatte keinen Kontakt zu belgischen Studierenden.
Sprachkompetenz vor und nach dem Auslandsaufenthalt
Vor dem Auslandsaufenthalt hatte ich ein Sprachniveau von C1. Nach meinem Gefühl hat sich mein Englisch durch das Auslandssemester deutlich verbessert, sowohl durch die englischen Gespräche mit Kommiliton:innen, als auch durch die englischen Vorlesungen und Lektüre.
Wohn- und Lebenssituation
Die Unterkunftssuche war sehr schwer, was die Empfindung von allen Erasmus-Studierenden war, die ich in Antwerpen kennen gelernt habe. Die Universität hatte mir anfangs einen sicheren Wohnheim-Platz versprochen, dann aber (frühzeitig) angekündigt, dass aufgrund vermehrter Bewerbungen nun doch kein Platz ist, und ich mir selbst etwas suchen muss. Die von den Universitäten der Stadt in Zusammenarbeit mit der Stadt Antwerpen entwickelte Seite für Studierendenzimmer Kotweb (https://www.studentkotweb.be/) hat mir persönlich nicht geholfen. Ich habe mindestens 50 Unterkünfte kontaktiert und von den meisten keine Rückmeldung erhalten. Die Rückmeldungen, die ich erhalten habe, waren Absagen, da das Zimmer schon vergeben sei (obwohl auf der Website im entsprechenden Zeitraum als noch frei eingestuft). Die Suche in diversen Facebook-Gruppen war ebenfalls erfolglos. Dort traf ich hauptsächlich andere, verzweifelt Suchende an. Letztendlich habe ich 4 Wochen vor Anreise das international housing office der Universität Antwerpen gefragt, ob sie nicht noch irgendwelche Tipps für mich haben, da ich einfach nichts finde. Diese haben mir dann ein paar Kontakte zur Verfügung gestellt und ich habe darüber tatsächlich ein Zimmer gefunden. Somit hatte ich erst 2 Wochen vor meiner Anreise einen Mietvertrag und eine sichere Unterkunft. Das Zimmer hat 611 Euro im Monat gekostet (was weit über meinem Budget war), hatte ein eigenes Bad, aber eine Gemeinschaftsküche. Das Zimmer war m.E. keine 611 Euro wert. Es war zwar alles da, das aber in der billigsten Ausführung. Die Lebenshaltungskosten in Antwerpen/Belgien sind etwas höher als in Deutschland. Die Währung ist Euro, daher konnte ich meine normale Debit-Bankkarte benutzen und war nicht auf eine Kreditkarte angewiesen. Es muss auch keine Auslandskrankenversicherung abgeschlossen werden, da deutsche Krankenversicherungen auch im EU-Ausland greifen. Antwerpen liegt in Flandern, wo Niederländisch gesprochen wird. Da Deutsch offiziell belgische Amtssprache ist, gibt es viele Infos oft auch auf deutsch, bspw. auf Websiten von öffentlichen Verkehrsmitteln oder auf Beipackzettel in der Apotheke. Selbst Produkte im Supermarkt sind häufig in 3 Sprachen beschriftet: Niederländisch, Französisch und Deutsch. Aber falls etwas mal nicht auf Deutsch oder Englisch verfügbar ist, ist Niederländisch in den allermeisten Fällen für Deutsche recht leicht zu verstehen – wodurch man sich selten verloren fühlt. Die meisten Leute (in Läden, Bars etc.) sprechen sehr gutes Englisch und oft sogar Deutsch. Die meisten sind begeistert, wenn sie hören, dass man aus Deutschland kommt und wollen sehr gerne ihre (auch sehr verbreiteten) Deutschkenntnisse nutzen. Allgemein habe ich mich bei Interaktionen mit den lokalen Menschen sehr willkommen gefühlt. Die öffentlichen Verkehrsmittel der Stadt habe ich nicht genutzt, da es kein Studi-Ticket gibt, sondern man die Tickets selbst hätte bezahlen müssen. Da der Campus in der Innenstadt liegt und fast alle Studierenden auch dort untergebracht ist, sind zu Fuß gehen und Fahrrad fahren aber sowieso die schnelleren und flexibleren Fortbewegungsmittel. Die Stadt selbst ist sehr schön, es gibt sehr viele schöne Geschäfte, Bars, Restaurants und Museen. Dazu sind viele andere Städte (auch in anderen Ländern) mit dem Zug schnell zu erreichen (Gent, Brügge, Brüssel, Amsterdam, Rotterdam, Paris etc.) und i.d.R. billiger, als man es von der Deutschen Bahn gewohnt ist.
Studienfach: Politik, Verwaltung und Organisation (B.A.)
Aufenthaltsdauer: 09/2021 - 01/2022
Gastuniversität: University of Antwerp
Gastland: Belgien
Rückblick
Insgesamt kann ich Antwerpen als Stadt für ein Erasmus-Semester sehr empfehlen, besonders wenn gerade vielleicht kein Corona-Wintersemester ist. Die Universität ist gut organisiert, aber anspruchsvoll. Die einzige, aus meiner Sicht negative Sache ist, dass es keinen zweiten Prüfungszeitraum gibt. Wenn man im ersten Zeitraum in einer Prüfung durchfällt, kann man diese erst im August/September wiederholen. Wenn man allerdings krank ist, wird einem ein Nachschreibetermin etwa 2 Wochen später angeboten. Meiner Meinung nach erhöht das den psychischen Druck sehr, dass man im Notfall nicht eine Prüfung etwas später schreiben kann, sondern erst ein halbes Jahr später nachschreiben kann.