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Praktikum Universidad Peruana Cayatano Heredia, INNGEMET

Seitdem ich im Bachelorstudium an einer Exkursion nach Lateinamerika teilgenommen hatte, war es dank der positiven Eindrücke mein Ziel geworden, zumindest für einen gewissen Zeitraum auf diesem Kontinent zu leben. Dies wurde mir früher als gedacht mit der Masterarbeit ermöglicht. Zu dieser bin ich während meines Erasmus-Semesters in Frankreich gekommen. Da nach diesem die Masterarbeit die letzte Etappe meines Studiums war, informierte ich mich an der Gastuniversität (Univ. Grenoble Alpes) und dem benachbarten geowissenschaftlichen Forschungsinstitut (ISTerre) durch persönliche Gespräche mit den Dozenten nach potenziellen Angeboten und Betreuern. Auf Grundlage meiner fachlichen Interessen und des Ziels, in Lateinamerika zu leben, wurde mir ein Kollege empfohlen, welcher gerade vor Ort war, normalerweise jedoch längerfristig in Lima, Peru arbeitet. Die von ihm vorgeschlagene und in der Struktur schon vordefinierte Masterarbeit hätte nicht besser zu meinen Interessen passen können.
Konkret ging es um die Überreste eines maximal 500.000 Jahre alten, antiken Sees in der dortigen Atacama-Wüste, welche als die trockenste weltweit angesehen wird. Da diese Trockenheit schon seit Jahrmillionen vorherrscht, ist die Existenz von Spuren eines Sees eigentlich paradox. Mit einer ganzen Bandbreite von geowissenschaftlichen Methoden sollte diesem Umstand im Rahmen der Masterarbeit auf den Grund gegangen werden. Dabei bestand die Möglichkeit, die Arbeit mit dem Betreuer vor Ort in Lima oder per Telearbeit aus Deutschland zu verfassen. Natürlich entschied ich mich für Ersteres.
Durch diesen Ablauf wurde mir eine Menge Papierkram im Zusammenhang mit Bewerbungen erspart. Die gewonnene Zeit wurde stattdessen in Bewerbungen für Stipendien gesteckt, über welche die Infokanäle der Uni Potsdam und des International Office informierten. Lediglich ein Vertrag mit der Institution des Betreuers musste abgeschlossen werden. Auch kaum Zeit und Bürokratie wurden für das Visum in Peru aufgewendet, da man bei der Einreise automatisch ein Touristenvisum erhält.


Studienfach: M. Sc. Geowissenschaften

Aufenthaltsdauer: 09 /2023 – 03 /2024

Praktikumsgeber: Universidad Peruana Cayatano Heredia

Gastland: Peru

In Lima

In Lima angekommen, hatte ich großes Glück, dass meine Schwägerin aus Lima kommt. Ihre Eltern, jedoch keines ihrer Kinder, lebt noch dort, wodurch sich die Wohnungssuche für mich von vornherein erledigt hatte. Dieser Umstand war auch insofern positiv, da die Mietkosten in Lima (je nach Bezirk) vergleichbar mit dem Durchschnitt in Deutschland sind, ohne dabei jedoch die entsprechende Qualität zu halten. Dasselbe gilt für die allgemeinen Lebenshaltungskosten. Trotz dieser finanziell positiven Umstände hat die Finanzierung der Masterarbeit durch die Stipendien nur gerade so ausgereicht. Ein Grund dafür mag vermutlich die Fremdwährung gewesen sein (1€ -> ~4 peruanische Soles), durch welche man das Gefühl für teure und günstige Produkte verliert.
Lima selbst ist insgesamt eine sehr volle, laute und anstrengende Stadt. Gefühlt besteht sie nur aus hohen Gebäuden und Straßen. Den Himmel sieht man selten, da er entweder von Betonblöcken oder von Wolken verdeckt wird. Freiflächen in Form von Parks gibt es zwar viele, diese sind aber überwiegend winzig. Insgesamt hat man einen sehr "grauen" Eindruck von der Stadt. Weiterhin ist auch lauter Verkehrslärm allgegenwärtig. Die überall präsenten Straßen sind tagsüber stark befahren und die Betätigung der Hupe ein essentieller Teil des Verkehrs. Deswegen empfehle ich auch niemandem, der den deutschen Verkehr gewöhnt ist, sich daran zu versuchen. Ich selbst habe mir ein Fahrrad gekauft, mit welchem ich zur Arbeit und anderen Orten dieselbe Zeit wie mit einem Auto benötigte. Die Infrastruktur für Fahrradverkehr ist zwar vorhanden, aber noch nicht besonders weit ausgebaut. Allerdings entwickelt sie sich wohl immer mehr in diese Richtung.
Natürlich hat die Stadt auch schöne Ecken, wie die Küste oder die Touristenbezirke. Diese sind aber auch entsprechend überlaufen. Auch gibt es eine große Auswahl an Freizeitaktivitäten. Von Bars und Cafés über Museen bis zu Diskotheken und Konzerten ist alles vorhanden. Vor allem ist aber Sport sehr populär. Klassische Fitnessstudios findet man an jeder zweiten Ecke, und auch frei zugängliche Outdoor-Gyms sind weit verbreitet und werden gerne genutzt.

Ablauf

Die Masterarbeit selbst fand wenig überraschend zu einem überwiegenden Teil vor dem Computer im Büro statt. Aber der Anteil an praktischer Arbeit war auch hoch und vielfältig. Die interessanteste dieser praktischen Arbeiten war eine dreitägige Exkursion zu den zuvor erwähnten Überresten des antiken Sees. Dort wurden unter anderem Proben entnommen, Gesteinsstrukturen gemessen und abgezeichnet, das Gelände mit Kameras und einer Drohne erfasst und vor allem ein Gefühl für die Geometrie und Dimensionen des Forschungsgeländes entwickelt. Übernachtet wurde im Freien unter dem klaren Sternenhimmel.
Ebenfalls sehr lehrreich, aber auch motivierend und spaßig waren diverse Laborarbeiten. Im Biogeowissenschaften-Labor der Universität Cayetano Heredia wurden sowohl die von mir gesammelten als auch zuvor verfügbare Gesteinsproben mit einem Röntgenfluoreszenzanalysegerät in mehreren Sitzungen auf die enthaltenen Elemente untersucht. Dieselben Proben wurden auch unter einem Mikroskop auf Muster und Strukturen untersucht. Eine Untersuchung von Korngrößen wurde ebenfalls durchgeführt, jedoch aufgrund von Zeitmangel nicht mehr in die finale Version der Masterarbeit aufgenommen.
Vor dem Computer selbst war ein großer Arbeitsanteil, die im Gelände vorgenommenen Messungen schematisch zu visualisieren. Dies geschah zum überwiegenden Teil mit dem Illustrator-Programm von Adobe, welches ich während dieses Projektes zum ersten Mal verwendet habe. Eine große Anzahl weiterer Illustrationen wurde mit den Geographischen Informationssystemen ArcGIS und QGIS erstellt. Auch wurden diese Programme für kleinere geographische Berechnungen genutzt. Überwiegend für die Berechnung diverser Werte sowie zur Darstellung dieser kam MATLAB zur Anwendung. Zwar gab es vor der Arbeit erste Berührungspunkte mit dieser Programmiersprache, der tatsächliche Umgang damit wurde aber erst währenddessen erlernt. Natürlich war auch das reine Lesen wissenschaftlicher Publikationen und die Verfassung der Masterarbeit selbst Teil der Computerarbeit.

Betreuung

Während eine Zusammenarbeit mit einer ganzen Reihe von Kollegen und Experten stattgefunden hat, erfolgte die Betreuung hauptsächlich durch Dr. Swann Zerathe. Als einziges "Problem" kann man hier festhalten, dass es unterschiedliche Erwartungen an das Ausmaß der Betreuung gab. Meiner Erfahrung nach wird von Studenten, Praktikanten etc. in Deutschland ein höheres Maß an Autonomie erwartet, während sie in Frankreich stärker durch das Projekt und den Arbeitsprozess geleitet werden (Dr. Swann Zerathe ist Franzose). Somit musste man sich zu Beginn aufgrund dieses unterschiedlichen Ansatzes erst aufeinander einstellen, etwa wenn ich nur eine konkrete Frage beantwortet haben wollte, mir dann aber zusätzlich noch der ganze Kontext hinter der Antwort erklärt wurde. Wie sich hier herauslesen lässt, war die Betreuung also zufriedenstellend und die Arbeitsatmosphäre harmonisch.
Abgesehen vom direkten professionellen Kontakt mit dem Betreuer sowie den weiteren Experten gab es insgesamt nur wenig Interaktion mit anderen Kollegen. Dies lag überwiegend an der Sprachbarriere, da ich zumindest zu Beginn kaum Spanisch konnte und die englische Sprache dort nicht so weit verbreitet ist wie in Deutschland. Der überwiegende Teil der Kollegen zeigte sich jedoch freundlich bis sehr freundlich, während die unfreundlichsten Kollegen mir gegenüber zumindest respektvoll ignorant waren.

Persönlicher Mehrwert

Unter anderem dank der Offenheit und Freundlichkeit besagter Kollegen kam es immer wieder zu Ansätzen von Smalltalk, durch welche ich mein Spanisch im Verlauf des Aufenthaltes stark verbessern konnte. Heute kann ich einfache Gespräche in dieser Sprache führen, ohne dafür aktiv einen Kurs besucht zu haben. Neben dieser sprachlichen und der rein fachlichen Weiterentwicklung hat sich auch meine Persönlichkeit in vielen Aspekten fortentwickelt. Selbstbewusstsein beziehungsweise Selbstsicherheit wäre ein Beispiel. Die Interaktion mit Personen in einer fremden Umgebung ohne die Fähigkeit, sich angemessen auszudrücken, hat dahingehend sehr geholfen. Auch beim Thema Selbstdisziplin gab es starke Fortschritte. Es ist interessant, wie sehr ich den eher von außen geregelten starken Rhythmus meines Tagesablaufes in den ersten Wochen und Monaten zurück in Deutschland beibehalten konnte. Auch gab es eine allgemeine Veränderung der Prioritäten und der Sicht darauf, was für mich im Leben wichtig ist. Konkret gehe ich davon aus, dass ich dank dieses Projektes zukünftig die klügeren Entscheidungen bezüglich meiner Karriere treffen werde. Abgesehen davon macht eine im Ausland verfasste Masterarbeit ganz allgemein einen guten Eindruck auf dem Lebenslauf. Auch die neu geknüpften professionellen Kontakte zu Experten in diesem Wissenschaftsgebiet werden sich in Zukunft wohl noch als hilfreich erweisen. Hinzu kommen eine ganze Reihe weiterer Erkenntnisse, wie über die südamerikanische Kultur im Allgemeinen. Umgekehrt sehe ich Aspekte der deutschen Kultur jetzt aus einem etwas anderen Blickwinkel.

Studienfach: M. Sc. Geowissenschaften

Aufenthaltsdauer: 09 /2023 – 03 /2024

Praktikumsgeber: Universidad Peruana Cayatano Heredia

Gastland: Peru


Resümee

Alles in allem blicke ich sehr positiv auf das letzte halbe Jahr zurück, welches sich dank der vielen neuen Eindrücke, Erlebnisse und Bekanntschaften mindestens wie das Doppelte anfühlt. Die positiven Aspekte (Charakterentwicklung, Erkenntnisgewinn,...) überwiegen die negativen (hässliche, stressige Stadt) bei Weitem. Ich bin sehr glücklich, diese Erfahrung gemacht zu haben, und würde sie auch jedem, die entsprechenden Interessen vorausgesetzt, weiterempfehlen.

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