Eine Ihrer Lehrveranstaltungen wird von der Unileitung als „innovatives Lehrprojekt“ gefördert. Worum geht es dabei?
Das literaturwissenschaftliche Lehrprojekt „Druckfrische Literatur, tagesaktuelle Debatten. Eine praxisorientierte Annäherung an die Gegenwartsliteratur“ hat seinen Schwerpunkt in der studentischen Konzeption und Durchführung von Werkstattgesprächen und/oder Lesungen. In Form von Gesprächen mit Vertreterinnen und Vertretern des Literaturbetriebes erproben Studentinnen und Studenten der Studiengänge Master Germanistik und Lehramt Deutsch fachwissenschaftliche Kenntnisse. Das Ziel des Lehrprojektes ist zum einen, dass Studierende die Strukturen des Literaturbetriebes anhand praktischer Beispiele reflektieren und ihre Kenntnisse der Gegenwartsliteratur vertiefen können. Zum anderen werden im Rahmen des Projektes Kooperationen mit Akteurinnen und Akteuren des Literaturbetriebes angebahnt, die in Zukunft für weitere praxisnahe Lehrprojekte des Instituts für Germanistik genutzt werden können.
Was macht sie innovativ?
Der Innovationscharakter des Lehrprojektes zeigt sich insbesondere im Transfer wissenschaftlicher Lerninhalte auf die literarische Praxis und in der Überprüfung literaturtheoretischer Ansätze. An konkreten Beispielen können Steuerungsmechanismen innerhalb des Literaturbetriebes erörtert und implizite und explizite Kanonisierungsprozesse untersucht werden. Zudem bilden die Studierenden durch die Entwicklung eines Veranstaltungskonzeptes und dessen eigenverantwortlicher Umsetzung Kompetenzen für die Konzeption öffentlichkeitswirksamer Formate aus, auf die sie in ihren zukünftigen Berufen zurückgreifen können.
Wie entstand die Idee für das Projekt?
Im Rahmen des Forschungsprojektes „Dorf/Stadt erzählen“ haben wir zwei Berliner Schriftsteller zu einer Lesung mit Podiumsdiskussion ins Thalia Kino in Potsdam eingeladen. Unter den Gästen waren auch Studentinnen und Studenten eines Masterseminars zur deutschsprachigen Gegenwartsliteratur, die im Anschluss den Wunsch geäußert haben, dass dieses Format zu einem späteren Zeitpunkt wiederholt wird und Studierende an der Konzeption und Durchführung beteiligt werden. Dieser Impuls und unsere eigenen Kenntnisse und Interessen im Bereich der (nicht nur) deutschsprachigen Gegenwartsliteratur haben uns dann bewogen, einen Antrag auf Förderung eines innovativen Lehrprojektes einzureichen.
Warum wollten Sie mal etwas anders machen?
Die Kluft zwischen Theorie und Praxis wird von Studentinnen und Studenten, insbesondere im Lehramt, immer wieder beklagt. Mit dem Lehrprojekt möchten wir diese Kluft durch eine praxisorientierte Ausrichtung überwinden und vor allem eine Beteiligung der Studierenden an einem konkreten Projekt ermöglichen. Für die Lehramtsstudierenden des Masters ermöglicht das Seminar nicht nur einen Einblick, sondern auch die konkrete Umsetzung der Planung und Durchführung von Kooperationsprojekten, die für den späteren Berufsalltag eine Relevanz haben. Für die Studierenden des nicht lehramtsbezogenen Studienganges bietet es grundlegende Einblicke in die Strukturen, Abläufe und inhaltlichen Felder unterschiedlicher Instanzen des Literaturbetriebes und ist damit ebenfalls von hoher praktischer Bedeutung.
Was erhoffen Sie sich von der LV?
Für die Werkstattgespräche werden unterschiedliche Akteurinnen und Akteure aus dem Literaturbetrieb eingeladen (Autorinnen und Autoren, Lektorinnen und Lektoren …). Wir möchten mit den geplanten Veranstaltungen einen Grundstein für vertiefende Kooperationen legen und für den Bereich Germanistik eine Kontaktliste von Personen und Institutionen erstellen, auf die bei themenverwandten Projekten und Seminaren zurückgegriffen werden kann. Über für das Seminar aktivierte Social Media-Accounts (insbesondere Twitter (@GgwliteraturUP) und Instagram (ggwliteraturUP)) soll zudem die Sichtbarkeit des Projektes erhöht werden. Die Vermittlung von Literatur, in diesem Fall deutschsprachiger Gegenwartsliteratur, innerhalb eines universitären Rahmens wird durch die öffentlichen Werkstattgespräche einem breiteren Publikum zugänglich gemacht und ein Transfer universitärer Lehre in die Gesellschaft unternommen.
Wen haben Sie bzw. die Studierenden denn zum Wintersemester so eingeladen? Worüber wollen Sie sprechen? Wie funktioniert die Idee des Seminars unter „Corona-Bedingungen“?
Der erste Gast war am 1. Dezember der Schriftsteller Matthias Nawrat. Mit ihm haben wir über seinen 2019 erschienen Roman „Der traurige Gast“ sowie den Literaturbetrieb zu Corona-Zeiten diskutiert. Am 9. Februar wird die Schriftstellerin und Historikerin Regina Scheer ihr Buch „Gott wohnt im Wedding“ vorstellen. Im Zentrum werden vor allem Fragen zur Recherche und Umsetzung des Romanprojektes stehen. Die drei weiteren für Januar und Februar geplanten Werkstattgespräche konzipieren die Studierenden derzeit, die Gästeauswahl wird bis Mitte Dezember feststehen.
Da sich bereits zu Semesterbeginn sehr deutlich abgezeichnet hat, dass die Veranstaltungen nicht, wie ursprünglich geplant, in einem größeren Rahmen und vor allem in Anwesenheit der Gäste stattfinden können, haben wir uns sehr schnell für das digitale Format entschieden. Die einzelnen Werkstattgespräche finden daher als Zoom-Veranstaltungen statt, interessierte Gäste können nach vorheriger Anmeldung ebenfalls daran teilnehmen.
Gibt es erstes Feedback der Studierenden?
Was die Studentinnen und Studenten an dem Seminar reizt, ist der Praxisbezug. Dies lässt sich aus einer Umfrage ableiten, die wir in der ersten Sitzung des Seminars durchgeführt haben, um die Interessen und Kenntnisse der Studierenden – sowohl im Hinblick auf die Gegenwartsliteratur als auch die Präferenzen für die Konzeption und Durchführung der Werkstattgespräche – besser einschätzen zu können. Als Interessenbereiche wurden dabei wiederholt Verlage, Literaturkritik und Social Media, Literaturpreise und vor allem die Diskussion mit Autorinnen und Autoren genannt.
Weitere Informationen:
Twitter: @GgwliteraturUP
Instagram: @ggwliteraturUP
Innovative Lehrprojekte
Mit der Förderung innovativer Lehrprojekte unterstützt die Universität Potsdam die Weiterentwicklung der Lehre sowie den hochschulweiten Austausch über Lehrqualität und Lehrinnovation. Im Zentrum stehen dabei Lehrprojekte, die in besonderer Weise die Schwerpunkte des Leitbilds Lehre der Universität Potsdam aufgreifen. Dazu gehören Forschungsorientierung, Studierenden- und Kompetenzorientierung, interdisziplinäre und fachübergreifende Lehre, Tätigeitsfeldorientierung und Persönlichkeitsbildung sowie zielgruppenspezifische Lehre.
Eine Übersicht aller 2020 geförderten innovativen Lehrprojekte gibt es hier: https://www.uni-potsdam.de/de/zfq/innovative-lehrprojekte/projektuebersicht-2020
Informationen zur Ausschreibung für eine Förderung über die „Innovativen Lehrprojekte“ im Jahr 2021 gibt es hier: https://www.uni-potsdam.de/de/zfq/innovative-lehrprojekte