Eine Ihrer Lehrveranstaltungen wird von der Unileitung als „innovatives Lehrprojekt“ gefördert. Worum geht es dabei?
Das Ziel des Projekts ist es, Studierende noch praxisorientierter als bisher in ihrem Studium zu ermöglichen, wichtige Psychotherapietechniken kennenzulernen, die sie bereits in ihren Praktika einsetzen werden. Dafür setzen sich die Studentinnen und Studenten nicht nur mit der wissenschaftlichen Literatur zu diesen Verfahren auseinander, sondern üben sie auch anhand von Rollenspielen mit zwei trainierten Schauspielpatientinnen (SP).
Was macht sie innovativ?
Neu ist, dass überhaupt SP eingesetzt werden, und dass wir die SP vorab intensiv trainiert haben, die Rollenskripte von vier verschiedenen Angstpatientinnen so realitätsnah wie möglich in den Rollenspielen umzusetzen. Nach dem ersten Rollenspiel erhalten die Studierenden ein strukturiertes Feedback einer approbierten Psychotherapeutin, die keine Lehrperson ist, wodurch sie auf Verbesserungsmöglichkeiten hingewiesen werden. In der darauffolgenden Woche üben sie, mit dem Feedback im Hinterkopf, erneut, die psychotherapeutische Intervention mit der SP umzusetzen. Diese Abfolge von aktivem Lernen und verhaltensnahem Expertinnenfeedback ist ein neuer Ansatzpunkt in unserer Lehre, mit dem wir den Studierenden klinische Fertigkeiten praxisnah vermitteln wollen.
Wie entstand die Idee für das Projekt?
Wir setzen SP bereits in einem von der DFG geförderten Forschungsprojekt zur Evaluation von Trainings- und Supervisionsmaßnahmen ein (https://gepris.dfg.de/gepris/projekt/417991996). Wir hatten also bereits Erfahrungen damit, wie man SP auswählt und trainiert, damit sie psychische Erkrankungen authentisch darstellen können.
Weiterhin ist kürzlich eine Gesetzesänderung in Kraft getreten, die die Psychotherapieausbildung neu regelt. In der neuen Approbationsordnung ist vorgesehen, dass SP zukünftig zur Abschlussprüfung von therapeutischen Fertigkeiten eingesetzt werden sollen. Da auch die Studierenden in den Lehrevaluationen immer wieder betonen, wie wichtig ihnen der Praxisbezug ist, entstand die Idee, SP auch in der Lehre einzusetzen.
Warum wollten Sie mal etwas anders machen?
Aus der Literatur und unserer eigenen Kompetenzforschung wissen wir, dass aktives Lernen, verhaltensnahes Feedback und wiederholtes Üben wichtige Bausteine sind, um therapeutische Fertigkeiten zu verbessern. Auf der anderen Seite sehen wir aber auch, dass es nicht immer einfach ist, diese Komponenten einzubauen, wenn die Vermittlung empirischer Grundlagen und die Diskussion der aktuellen Entwicklungen in der Psychotherapieforschung nicht zu kurz kommen sollen. Deshalb ist das Lehrprojekt eine tolle Möglichkeit, das bisherige Lehrkonzept mit neuen Elementen zu verknüpfen und die neue Seminarform zu evaluieren.
Was erhoffen Sie sich von der Lehrveranstaltung?
Wir wollen mehr darüber erfahren, wie wir unsere Lehre noch aktiver gestalten können, wobei uns das Feedback der Studierenden besonders wichtig ist. Uns interessiert außerdem, ob sich der personelle Aufwand, SP und Feedback in ein Seminar einzubinden, lohnt, und sich eine Verbesserung klinischer Fertigkeiten unserer Studenten und Studentinnen zeigt. Außerdem wollen wir weiter Erfahrungen mit dem Einsatz von SP sammeln, um auf den neuen Masterstudiengang Klinische Psychologie und Psychotherapie möglichst gut vorbereitet zu sein.
Wie ist das momentan? Läuft die Veranstaltung über Zoom oder treffen die Studierenden nicht nur online auf die Schauspielpatientinnen und -patienten?
Um der Corona-Situation Rechnung zu tragen, haben wir uns früh entschieden, das Seminar und die Rollenspiele online umzusetzen. Die SP wurden dafür speziell geschult, d.h. wir haben geprobt, wie sie sich am Bildschirm verhalten, damit ihre Darstellung dem Störungsbild möglichst nah kommt.
Dadurch sind die Rollenspiele näher an aktuellen Videotherapie-Sitzungen, aber weichen vom üblichen therapeutischen Rahmen ab. Wir hoffen dennoch, dass die Rollenspiele den Übergang in die reale Situation erleichtern, und holen uns nach dem Seminar Feedback unserer Studierenden zu ihrer Einschätzung der Online-Sitzungen ein.
Gibt es erstes Feedback der Studierenden?
Die ersten Rückmeldungen der Studierenden sind positiv. Einige haben, was sicher normal ist, berichtet, vor dem ersten Rollenspiel sehr aufgeregt gewesen zu sein. Aber insgesamt finden sie es ein „ganz spannendes Konzept“, das Seminar sei „toll aufgebaut“ und sie sagen, sie freuten sich, „endlich praktisch mehr auszuprobieren“.
Innovative Lehrprojekte
Mit der Förderung innovativer Lehrprojekte unterstützt die Universität Potsdam die Weiterentwicklung der Lehre sowie den hochschulweiten Austausch über Lehrqualität und Lehrinnovation. Im Zentrum stehen dabei Lehrprojekte, die in besonderer Weise die Schwerpunkte des Leitbilds Lehre der Universität Potsdam aufgreifen. Dazu gehören Forschungsorientierung, Studierenden- und Kompetenzorientierung, interdisziplinäre und fachübergreifende Lehre, Tätigeitsfeldorientierung und Persönlichkeitsbildung sowie zielgruppenspezifische Lehre.
Eine Übersicht aller 2020 geförderten innovativen Lehrprojekte gibt es hier: https://www.uni-potsdam.de/de/zfq/innovative-lehrprojekte/projektuebersicht-2020
Informationen zur Ausschreibung für eine Förderung über die „Innovativen Lehrprojekte“ im Jahr 2021 gibt es hier: https://www.uni-potsdam.de/de/zfq/innovative-lehrprojekte