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PreDec - Dekanülierungsprädiktoren aus klinischen Routinedaten für Patienten nach Langzeitbeatmung - eine prospektive multizentrische Erhebung

 

Ansprechpartnerin

Dr. phil. Maria-Dorothea Heidler


Zielsetzung und Kurzbeschreibung des Projekts

Die Anzahl von Tracheotomien für eine komfortablere Langzeitbeatmung hat in den letzten Jahren rasant zugenommen. Immer mehr Patienten werden daher nach dem intensivmedizinischen Aufenthalt mit einer Trachealkanüle (TK) in die neurologische Frührehabilitation (Phase B) verlegt, wo eine Entwöhnung erfolgen soll. Eine Studie zum Langzeitverlauf von Patienten der Phase B zeigte, dass dieser Entwöhnung eine besondere Bedeutung zukommt (Pohl et al., 2011): Gelingt eine Dekanülierung nicht, ist die Überlebenswahrscheinlichkeit nach Beendigung der Rehabilitation deutlich reduziert (ein Jahr nach Entlassung aus der Frührehabilitation leben weniger als 50% dieser Patienten). Zudem bedeutet eine TK für viele Patienten einen erheblichen Verlust an Lebensqualität verbunden mit einer erhöhten (und durchaus kostspieligen) Pflegebedürftigkeit, da eine Betreuung nur in dafür spezialisierten Zentren und Pflegeheimen möglich ist. Für eine therapeutische und ökonomische Optimierung des Dekanülierungsmanagements ist es daher von großem Interesse zu wissen, welche Faktoren den Erfolg einer Dekanülierung bestimmen.

In den letzten Jahren wurde vielfach der Versuch unternommen, geeignete Dekanülierungsprädiktoren zu identifizieren. Zu diesen gehören bspw. ein Peak Cough Flow (PCF) >160 l/min (Bach & Saporito 1996), eine ausreichend hohe Cough Peak Flow Rate (CPFR) bei induzierten Hustenstößen (Chan et al. 2010) oder eine genügende periphere und respiratorische Muskelkraft (Lima et al., 2011). Problematisch an diesen Prädiktoren ist vor allem ihre Erhebung: Zum einen erfordern Messungen des PCF oder der CPFR spezifische Messgeräte, über die rehabilitative Einrichtungen in der Regel nicht verfügen, zum anderen sind viele Faktoren schwer zu quantifizieren (z.B. eine „ausreichend hohe“ Muskelkraft). Ziel der Studie ist deshalb, praktikable (d.h. in der klinischen Praxis aus Routinedaten erhebbare) Prädiktoren für eine erfolgreiche Dekanülierung zu identifizieren.


Design

Prospektive multizentrische Querschnittserhebung, konsekutiver Einschluss von Patienten der neurologischen Frührehabilitation (Phase B) mit TK nach Langzeitbeatmung (und abgeschlossenem Weaning), Rekrutierungsziel n = 750,

Erhebung von

  • soziodemografischen Angaben (Alter, Geschlecht)
  • medizinischen Daten (Grunderkrankung und Komorbiditäten, Beatmungsparameter, Tracheotomietechnik)
  • Scores (Frühreha-Barthel-Index, Bogenhausener Dysphagie-Score und Coma Remission Scale-R)  
  • Komplikationen im Dekanülierungszeitraum


Relevanz der Fragestellung

Sollte es gelingen, praktikable Faktoren zu identifizieren, die im Hinblick auf eine Dekanülierungsprognose aussagekräftig sind, hätte dies Auswirkungen sowohl für die stationäre als auch für die ambulante Versorgung betroffener Patienten: Zum einen könnten Patienten mit einer guten Prognose durch ein optimiertes TK-Management rascher dekanüliert werden, was eine deutliche Kostenersparnis zur Folge hätte. Zum anderen könnte bei Risikopatienten schon zu Rehabilitationsbeginn eine spezifische Therapie (bspw. Atemtherapie) initiiert resp. eine optimale Langzeitversorgung erprobt werden (bspw. via BlomTM-TK). Auch Patienten, die mit einer TK ambulant betreut werden, könnten von Dekanülierungsprädiktoren profitieren: Wenn Patienten mit einer positiven Dekanülierungsprognose ohne großen Aufwand mit Hilfe von Routinedaten identifiziert werden könnten (z.B. durch den behandelnden Arzt oder das Pflegepersonal), könnten sie für einen Dekanülierungsversuch stationär in eine neurologische Rehabilitationsklinik eingewiesen werden. Eine erfolgreiche Dekanülierung würde dabei nicht nur die Lebensqualität des betroffenen Patienten verbessern und seine Pflegebedürftigkeit reduzieren, sondern auch eine deutliche Kostenersparnis mit sich bringen.

Perspektivisch ist aus den zu ermittelnden Prädiktoren einer erfolgreichen Dekanülierung ein Index zu erstellen, der nicht nur innerhalb der Rehabilitationskliniken, sondern auch in anderen Versorgungsbereichen (Krankenhaus, Hausarzt, Pflegeeinrichtung) der Prognoseabschätzung für eine Dekanülierung dienlich sein und hierdurch die Zuweisungssteuerung vereinfachen könnte. Insgesamt sollte die zu einer erhöhten Dekanülierungsrate und verkürzten Liegezeiten führende Optimierung des Dekanülierungsprozesses innerhalb der Frührehabilitation wie auch die mittels eines Prognoseindexes verbesserten Zuweisungsstrategien aus Akut- und Pflegebereich zu einer verringerten Wiedereinweisungsrate und konsekutiv zu einer deutlichen Reduktion von Krankenhausbettentagen führen.

Abschluss: III. Quartal 2017

Stand des Projekts

Es konnten 834 Patienten eingeschlossen werden.


Förderung

AOK Nordost

Kooperationskliniken                                                

Brandenburg Klinik, Bernau

MEDIAN Klinik, Berlin-Kladow

MEDIAN Klinik, Grünheide

RECURA Klinik, Beelitz Heilstätten

Vivantes Klinikum, Spandau

 

Poster zum Projekt

Prävalenz von Aspiration bei tracheotomierten Patienten - Heidler et al.