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Vorbereitung des Auslandsaufenthaltes

Im Rahmen meines Studiums ist laut Studienordnung ein Auslandsaufenthalt vorgeschrieben. Ich habe mich entschieden, im Rahmen des Erasmus+ Programms der Europäischen Union meinen Auslandsaufenthalt in der Türkei zu absolvieren. Meine Erstwahl war Istanbul, Zweitwahl Izmir und Drittwahl Antalya. Die Universität Potsdam hat mich für die private Yasar Universität in Izmir nominiert und mir damit den Aufenthalt dort ermöglicht. Das Interesse an der Türkei als Studienort ist derzeit aufgrund politischer Umstände grundsätzlich eher gering ausgeprägt, was mein Interesse an diesem Land und der Kultur jedoch nicht gemildert hat. Die Sicherheitslage ist derzeit stabil und auch sonst unterscheidet sich das Land von anderen europäischen Erasmus+ Zielländern im Alltag nicht wesentlich. Aufgrund der politischen Umstände ist die Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit, wie wir sie aus Deutschland kennen, nicht annähernd so umfangreich gewährleistet. Bestimmte Themenkomplexe rund um die türkische Republik, ihre  Geschichte und jüngere politische Ereignisse sind sehr sensibel und von Ausländern schwer einzuschätzen, daher würde ich es empfehlen, lieber einmal zu wenig, als zu viel auf Social Media dazu Stellung zu beziehen und Postings auf die Zeit nach dem Aufenthalt verschieben.

Da es sich um kein Mitgliedsland der Europäischen Union handelt, ist eine Aufenthaltserlaubnis erforderlich, deren Erwerb etwas aufwendig ist, jedoch aufgrund meiner auch türkischen Staatsbürgerschaft entfiel. Darüber hinaus ist kurz vor meinem Aufenthalt aufgrund politischer Spannungen und wirtschaftlicher Probleme die Türkische Lira in Turbulenzen geraten und hat stark an Wert verloren. Was für ausländische Studenten zunächst erfreulich klang, stellte sich später als kleine Herausforderung dar, da unklar war wie viel Geld man pro Monat benötigte, da es auch zu Inflationsraten von knapp 25% kam. Gerade importierte Produkte und aus Deutschland alltäglich bekannte und genutzte Produkte verzeichneten starke Preiserhöhungen.

Die Yasar Universität nahm zum WiSe 18/19 ca. 55 ausländische Studierende auf und präsentierte sich als moderne und gut erreichbare Universität. Leider gab es auch administrative Unzulänglichkeiten, die zu verlängerten Verwaltungsprozessen führten und das Gesamtbild negativ beeinflussen, als Beispiel wäre die verspätete Ausstellung der Studentenausweise zu nennen, ohne die der Zugang zum Campus schwer möglich ist. Die Universität ist gut ausgestattet und bietet zahlreiche Studiengänge in unterschiedlichen Fakultäten zumeist in Englisch an und beschäftigt zahlreiche Professoren mit Auslandserfahrung und hervorragenden Fach- und Englischkenntnissen. Leider ist das Bild in der Studentenschaft geteilt, da der Zugang zur Universität maßgeblich durch die finanzielle Situation der Studenten bestimmt wird und nur wenige leistungsstarke Studenten mit Stipendium den Weg an diese kostspielige Universität schaffen. Dies führt auch zu Schwierigkeiten in den Seminaren, da die Englischkenntnisse teils sehr unterschiedlich ausgeprägt sind und dadurch der Unterricht erschwert wird und die Prüfungen, je nach Sprachkenntnissen unterschiedlich gut bewältigt werden. Die monatlichen Lebenshaltungskosten betragen ungefähr 400 Euro und konnten durch das Stipendium fast vollständig gedeckt werden und auch kürzere Reisen mit dem lokalen Erasmus Student Network zu UNESCO Weltkulturerbestätten etc. waren dadurch finanzierbar. Eine Auslandskrankenversicherung ist empfehlenswert, auch wenn eine grundlegende Versicherung durch ein Versicherungsabkommen zwischen Deutschland und der Türkei gewährleistet ist. Dazu holt man sich von der gesetzlichen Krankenversicherung einen Auslandskrankenschein und registriert sich bei der türkischen gesetzlichen Krankenversicherung (Sosyal Güvenlik Kurzum SGK). Das Datum auf dem Auslandskrankenschein sollte mit dem der Einreise übereinstimmen und ihr solltet euren Reisepass zur Registrierung mitnehmen. Auch ein Buddy der Uni sollte zu Übersetzungszwecken mitkommen, da Englischkenntnisse in türkischen Behörden nicht vorausgesetzt werden können. Die Auslandskrankenversicherung deckt keine Erkrankungen ab, welche vor Reiseantritt bestanden, was aufgrund einer chronischen Erkrankung zum Problem werden kann. Ansonsten sind die Bedingungen relativ ähnlich, man sollte die Selbstbeteiligungen auch beachten.


Studienfach: Politik, Verwaltung und Organisation

Aufenthaltsdauer: 09/18-06/19

Gastuniversität: Yasar Universitesi İzmir

Gastland: Türkei

Studium an der Gastuniversität

Die Seminare ähneln im Aufbau und in ihrer Struktur denen aus Deutschland, wobei die Lehrsprache Englisch ist und dies ein wenig Eingewöhnungszeit in Anspruch nimmt. Alle Seminare wurden von Professorinnen und Professoren durchgeführt, welche internationale Arbeitserfahrung haben und fließend Englisch sprechen und regelmäßig publizieren. Ein Schwerpunkt meines Studiums lag in der Auseinandersetzung mit Fragen zum Themenkomplex Migration. Diesbezüglich habe ich beispielsweise die Behörde für Migration und Asyl besucht und den Leiter kennenlernen können. Da meine Professorin in diesem Bereich zu den führenden Wissenschaftlern gehört und den Vorsitz des UNESCO Chair of International Migration innehat, war die Lehre bei ihr außerordentlich gut. Es fanden regelmäßig Konferenzen und Gastvortäge statt, beispielsweise mit dem Thema der psychosozialen Versorgung von Flüchtlingen in der Türkei. Eine japanische Delegation besuchte auch vor kurzem die Universität, um sich zu Fragen der Migration und gezielter Arbeitsmigration auszutauschen, da das sich Land aufgrund der demographischen Entwicklung gezwungen sieht Arbeitsmigration zu ermöglichen, aber bisher weitestgehend migrationsunerfahren ist. Bei diesem Austausch war ich Teil der Delegation der Yasar Universität und konnte auf mein Wissen und Erfahrungen Deutschlands bezüglich Arbeitsmigration und Integration zurückgreifen. Das akademische Programm war nicht ganz so anspruchsvoll wie in Deutschland, insbesondere da ich vieles bereits als 9. Semestler kannte und konnte. Dennoch ist es eine herausragende Möglichkeit gewesen Wissen zu erweitern, zu vervollständigen und eine Perspektive einzunehmen, die außereuropäische Aspekte beinhaltet, beispielsweise beim Thema EU-Türkei Abkommen.

Leben in Izmir

Neben dem akademischen Programm war ich im Erasmus Student Network aktiv und habe auch sonst regelmäßig kulturelle Aktivitäten gesucht. Mit dem Erasmus Student Network haben wir einige Reisen unternommen und bedeutende kulturelle und historische Stätten besucht, darunter einige UNESCO Weltkulturerbstätten. Zu den besuchten Orten gehören: Pamukkale, Ephesos, Pergamon, Kappadokien, Kusadasi etc. Besonders beeindruckt  haben mich die Bauten der Hethiter, darunter riesige Tunnelsysteme unter der Erde mit Stadtcharakter, welche bereits vor Christus errichtet worden sind. Oder auch Kirchen in Kappadokien oder Ephesos, welche von der Jungfrau Maria persönlich besucht worden sein sollen. Das kulturelle Erbe in der Türkei ist riesig und zumeist unbekannt, selbst gebildete Menschen aus Deutschland kommen meist nur, um Pauschalurlaube in Antalya zu verbringen.

Studienfach: Politik, Verwaltung und Organisation

Aufenthaltsdauer: 09/18-06/19

Gastuniversität: Yasar Universitesi İzmir

Gastland: Türkei


Rückblick

Die vielseitigen Erfahrungen und der bisherige Aufenthalt in Izmir haben in mir den Entschluss reifen lassen, meinen Aufenthalt zu verlängern. Das Studium an der Yasar Universität bereitet mir nämlich viel Spaß und der Fokus auf Internationale Beziehungen könnte meine künftige Berufs- und Masterwahl durchaus prägen. Diesbezüglich habe ich eine Verlängerung meines Aufenthaltes an beiden Universitäten beantragt und genehmigt bekommen. Zuletzt besuchte ich Lehrveranstaltungen mit den Themen Migration und Sicherheit im EU Kontext, Internationale Organisationen inkl. UN Sicherheitsrat Simulation und ein Seminar zu den EU-Türkei Beziehungen. Dieses Semester liegt der Schwerpunkt, neben 6 zu schreibenden Klausuren, auch auf Präsentationen und Hausarbeiten.

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