Vorbereitung des Auslandsaufenthaltes
Nachdem ich in meinem Bachelorstudium aus verschiedenen Gründen keinen Auslandsaufenthalt absolviert hatte, wollte ich das im Masterstudium unbedingt nachholen. Da ich mich sowohl persönlich als auch wissenschaftlich für die USA und amerikanische Politik interessiere, war mir schnell klar, dass ich das Semester in den Vereinigten Staaten absolvieren möchte. Für die Bewerbung benötigte ich ein Gutachten einer Dozentin und ein Motivationsschreiben, in dem ich meine Gründe für meinen Wunsch in den Vereinigten Staaten zu studieren dargelegt habe. Einen Sprachtest musste ich nicht machen, da ich bereits für die Bewerbung an der Universität Potsdam einen TOEFL-Test absolviert hatte. Zur meiner Freude wurde ich vom International Office zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen und erhielt kurze Zeit später eine Zusage für die University of Mississippi.
Visum & Finanzen
Die formale Bewerbung an der Universität war dann relativ einfach und das International Office der „Ole Miss“ war sehr hilfsbereit. Zu beachten ist, dass man einen Nachweis erbringen muss, dass man über ausreichend finanzielle Mittel für das Semester verfügt. Mit der Zusage der University of Mississippi konnte ich mich dann für ein Visum bewerben. Hier empfehle ich, sich so früh wie möglich zu kümmern. Die Visumsbewerbung ist mit etwas Aufwand verbunden und während man im Frühling noch innerhalb kurzer Zeit einen Termin beim Konsulat erhält, werden die Wartezeiten im Sommer sehr lang. Ich habe bei der Visumsbewerbung etwas getrödelt und bekam meinen Termin dann fast zwei Monate später und hatte mein Visum erst kurz vor Abflug in der Tasche. Tut euch diesen Nervenkitzel nicht an! Der Termin beim Konsulat verlief dann aber ohne Probleme und dauerte nicht länger als fünf Minuten.
Grundsätzlich darf man die finanzielle Belastung des Auslandssemesters nicht unterschätzen. Neben den Gebühren für die Universität sind die die erhöhten Lebenshaltungskosten und Mieten zu beachten und auch für das Visum und die Auslandskrankenversicherung muss Geld eingeplant werden. Ich konnte die Studiengebühren zwar komplett mit Auslands-BAföG und Promos-Stipendium finanzieren (in Deutschland bin ich nicht BAföG-berechtigt, bewerben lohnt sich also), zunächst musste ich die Gebühren jedoch vorstrecken. Hier muss man also evaluieren, ob man dazu in der Lage ist.
Nachdem letztlich alle Formalien geklärt waren, ging es Mitte August dann endlich los: Zunächst nach Memphis und von dort mit Shuttles der Universität nach Oxford. Die erste Woche in Oxford war dann mit Orientierungsterminen und Großeinkäufen bei Walmart belegt und man hatte die Möglichkeit andere internationale Studierende kennenzulernen. In der zweiten Woche ging die Universität dann auch schon los.
Studium an der Gastuniversität
Am Department of Political Science der University of Mississippi habe ich drei Seminare belegt – das ist die Mindestanzahl für das Visum, mehr Kurse würde ich auf Masterniveau aber dennoch nicht empfehlen. Vielleicht kennt man das Klischee, dass in den USA das Studium einfacher sein solle als in Deutschland. Zumindest für Masterstudien gilt das nicht. Die von mir belegten Seminare waren deutlich zeitaufwendiger und anspruchsvoller als in Deutschland. Die Seminare gehen über zweieinhalb Stunden, in denen die Texte der Woche gemeinsam diskutiert werden – Anwesenheit und aktive Teilnahme wird vorausgesetzt. Pro Seminar wurden pro Woche 6 oder 7 Aufsätze oder Kapitel gelesen, manchmal aber auch mehrere Bücher. Dazu kommen Response Paper, Diskussionsleitungen und Hausarbeiten in allen Seminaren, die während des Semesters verfasst werden müssen. Auf dem Graduate-Level des politikwissenschaftlichen Instituts studieren primär PhD-Studenten, mit denen ich gemeinsam die Kurse belegt habe, entsprechend hoch war auch das Niveau der Seminare. Zudem war das Institut sehr quantitativ ausgerichtet, was eine Herausforderung darstellt, wenn man bisher eher qualitativ durchs sozialwissenschaftliche Studium gegangen ist (wie ich). Das alles mag abschreckend klingen, tatsächlich hatte ich aber eine sehr gute Zeit und habe extrem viel gelernt. Die Kurse sind sehr klein, im größten Kurs waren wir 8 Studenten, die Professoren waren nett und das Klima in den Seminaren, die trotz der teilweise trockenen Kost immer unterhaltsam waren, grundsätzlich freundlich. Sollte man sich als Politik- oder Verwaltungswissenschaftler im Master überlegen and der University of Mississippi zu studieren, kann ich sehr empfehlen den Methodenkurs mitzunehmen. Dort wurden mir noch mal ganz neu Statistik, quantitative Methoden und computergestützte Datenanalyse beigebracht und das Ganze hat sogar tatsächlich Spaß gemacht. Fakt ist aber, dass ihr sehr viel Zeit an der Bibliothek verbringen werdet und ab und an gemeinsam mit euren Kommilitonen an dem Aufwand des Graduate-Studiums verzweifeln werdet. Am Ende konnte ich jedoch mit guten Noten und Wissen, das man sich in Deutschland über mehrere Semester ansammeln müsste, Oxford verlassen.
Kontakt zu einheimischen und internationalen Studierenden
Da ich in einem anderen Wohnheim als die meisten anderen Austauschstudierenden gewohnt habe, bin ich ziemlich schnell aus der Bubble der deutschen International Students gekommen. Im Laufe des Semesters hatte ich vor allem mit meinen amerikanischen Mitbewohnern und meinen amerikanischen und internationalen Kommilitonen zu tun, war entsprechend gezwungen englisch zu sprechen und das hatte ich mir so auch erhofft. Gerade dadurch, dass die Anzahl der Graduate-Studenten an meinem Department so klein war, war das Verhältnis untereinander sehr freundschaftlich und ich wurde schnell in die „Cohort“ aufgenommen. Unter Politikstudenten sind Smalltalk-Themen natürlich schnell gefunden und es war äußerst interessant mit meinen amerikanischen Kommilitonen (teilweise ursprünglich aus sehr konservativen Regionen) über Politik, Trump und Europa zu diskutieren. Gerade wenn man in Berlin und Umgebung sozialisiert ist, fällt schnell auf, wie nett und offen Amerikaner sind. Wenn man ein bisschen lächelt und Interesse zeigt, findet man schnell Anschluss.
Wohn- und Lebenssituation
Gewohnt habe ich während meines Semesters im Apartmentkomplex „Campus Creek“. In Oxford gibt es mehrere private Wohnheime, die Kurzzeitverträge anbieten, darüber kann man sich auch auf der Uni-Website informieren. Die Mieten sind in diesen Kurzzeitverträgen relativ hoch, dafür gibt es aber auch möblierte Zimmer, Clubhaus, Pool usw. Theoretisch kann man auch auf dem Campus wohnen, dann muss man sich aber ein Zimmer teilen, hat keine Küche und viel günstiger ist es auch nicht. Ich war mit meiner Wohnung zufrieden. Campus Creek ist relativ nah am Campus (fußläufig brauchte ich zur Bibliothek etwa 20 Minuten), zudem gibt es eine Bushaltestelle direkt an den Wohnungen, von der unter der Woche bis abends alle 10 Minuten Busse zur Uni fahren. Eine weitere Bushaltestelle, von der aus man zu Walmart kommt, ist ebenfalls nicht allzu weit entfernt. Es war relativ einfach den Vertrag abzuschließen, allerdings musste ich eine Kaution zahlen, da ich keinen amerikanischen Bürgen hatte. Viele andere deutsche Austauschstudenten haben in „The Hub“ gewohnt, das ist etwas moderner und luxuriöser, aber auch etwas weiter vom Campus entfernt. Oxford ist eine beschauliche Südstaaten-Kleinstadt, die sehr durch die Universität und die Studierenden geprägt ist. Es gibt eine lange Einkaufsstraße, einen Walmart, den Campus und die Innenstadt um den „Square“ mit mehreren Bars und Restaurants. Sowohl Stadt als auch Campus sind malerisch und man fühlt sich sicher. Allerdings ist das Südstaatenklima gewöhnungsbedürftig, bis Oktober waren es weit über dreißig Grad und es war extrem schwül. Dafür ist aber alles klimatisiert. Besonders fußgängerfreundlich ist Oxford zudem nicht, für ein Semester kommt man aber ohne Auto ganz gut zurecht (allerdings nicht raus aus Oxford). Nach meinem Studium hatte ich noch Zeit, New Orleans, Nashville und Memphis zu erkunden – sehr interessante Städte, die bei den meisten deutschen Touristen wohl eher nicht auf dem Reiseplan stehen.
Rückblick
Insgesamt hatte ich eine sehr gute Zeit an der University of Mississippi und kann jedem nur empfehlen, den Aufwand in Kauf zu nehmen und sich für ein Auslandssemester in den Vereinigten Staaten zu bewerben. Ich jedenfalls möchte so bald wie möglich zurück in die USA.