Vorbereitung des Auslandsaufenthaltes
In meinem Bachelorstudium an der Universität Potsdam habe ich bereits 2019 in Long Beach, Kalifornien ein Auslandssemester absolviert. Während meines Masterstudiums habe ich mich für ein Auslandssemester an der Hawaii Pacific University in Hawaii entschieden. Die Auslandserfahrung in Kalifornien und Hawaii können nicht unterschiedlicher sein, obwohl beides Bundesstaaten in den USA sind. Daher werde ich an einigen ausgewählten Stellen einen kurzen Vergleich ziehen, um eine breitgefächerte Sichtweise auf ein Auslandssemester in den USA geben zu können. Mein Erfahrungsbericht über meine Zeit in Long Beach findet ihr hier.
Da die Universität Potsdam für den Bachelor nicht genau die Partneruniversität in den USA hatte, die mir zusagte, habe ich mich dazu entschieden, als "Freemover" in die USA zu gehen. Freemover heißt schlichtweg: ich muss die vollen Studiengebühren an der US-Uni bezahlen und habe keinerlei logistische Hilfe von der Uni Potsdam bekommen. Da ich selbst eine gut bezahlte Werkstudentenstelle habe, waren die Studiengebühren kein Problem für mich. Jedoch würde ich die Kosten als Freemover in die USA zu gehen nicht unterschätzen. Die günstigste Universität in den USA beginnt bei 5.000 Euro Gebühren pro Semester! Für Lebensunterhaltungskosten und Miete müssen auch noch einmal 1.000-1.500 Euro pro Monat berechnet werden. Das Auslandssemester in den USA als Freemover kostet daher locker über 10.000 Euro! Das Auslandssemester in Hawaii kostet leider mehr als doppelt so viel! Die günstigste Universität in Hawaii ist die Hawaii Pacific University (meine Gastuniversität) und die Studiengebühren betragen fast 10.000 Euro pro Semester. Zusätzlich ist Hawaii bei Weitem der teuerste Bundesstaat der USA und pro Monat müssen für Miete und Lebensunterhaltungskosten mit mindestens 2000 Euro gerechnet werden. Mit mindestens 20.000 Euro an Ausgaben sollte man für ein Auslandssemester in Hawaii rechnen. Vergleich Long Beach: Mit einem Budget von 10.000-12.000 Euro kann man dort ein angenehmes Auslandssemester erleben. Ich selbst habe die Unterstützung einer Organisation gehabt (IEC), die kostenfrei war. Jedoch hielt sich die Hilfe in Maßen. Geholfen wurde mir bei der Auswahl der Universität und bei der Bearbeitung der Unterlagen. Universitäten in den USA verlangen für gewöhnlich mehr Dokumente als Universitäten in der EU. Zusätzlich zu Zeugnissen werden fast immer Motivationsschreiben und sogar Impfbestätigungen verlangt. Ein Sprachzertifikat, das von Englisch auf dem Level B2 ist, wird ebenfalls gefordert. Achtung! Solltest du das Auslandssemester als Freemover machen, bewirbst du dich direkt an der US-Uni, nicht bei der Uni Potsdam. Die Universitäten in den USA akzeptieren UNICERT als Zertifikat NICHT. In dem Fall müsstest du das Zertifikat beim DAAD beantragen oder Zertifikate wie TOEFL machen.
Studium an der Gastuniversität
Das Studiensystem in den USA ist nicht mit dem in Deutschland vergleichbar. Zuallererst gibt es eine Anwesenheitspflicht in den meisten Kursen. Des Weiteren gibt es in der Regel nicht nur eine große Hausarbeit oder Klausur, die die Note am Ende bestimmt. Es sind unheimlich viele Hausaufgaben und Projekte, die verstreut über das Semester sind. Jedoch ist das Level in den USA weit unter dem in Deutschland. Die Aufgaben sind meistens auf einem lächerlichen Niveau. Schwierigkeiten sollte kein internationaler Studierender in den USA haben. Es ist zeitaufwendig, aber nicht schwer. In der Regel reicht es aus, wenn man in den Kursen mitmacht und zuhört (gelernt habe ich persönlich nicht einmal...). Die Dozenten in den USA betreuen dich viel intensiver als in Deutschland. Meistens haben sie 4-5 Sprechzeiten in der Woche. Auch sind die Dozenten sehr daran interessiert, dich als Person kennenzulernen. Die ersten 20 Minuten meiner Sprechzeiten habe ich damit verbracht, über meine Universität und mein Leben in Deutschland zu erzählen. Solltest du mit einer Note nicht zufrieden sein, kannst du jederzeit nach zusätzlichen Aufgaben fragen, um deine Note zu verbessern. Die Ausstattungen an den US-Unis sind phänomenal. Jeder Raum ist technisch sehr gut ausgestattet. Abschließend sollte jedoch erwähnt werden, dass so gut wie alles an den Universitäten eine Gebühr hat (außer die Bibliothek und die Turnhalle). Solltest du Clubs oder anderen Teams beitreten, können teilweise sehr hohe Gebühren anfallen. Es wird nie Equipment für dich gestellt, du bist dafür verantwortlich, die Ausrüstung für dich zu besorgen. An dieser Stelle eine kleine Warnung! Die US-Universitäten sind dafür bekannt einen großen Campus und ein reichhaltiges Studentenleben zu haben. Dies trifft auf die Universitäten auf dem Festland zu (besonders in Kalifornien!), jedoch NICHT auf Universtäten in Hawaii! Die Universitäten in Hawaii haben keinen großen oder zentralen Campus, sie sind verstreut auf der ganzen Insel und sind nicht sonderlich groß. Ehrlicherweise haben die Standorte Golm, Am Neuen Palais und Griebnitzsee einen größeren Campuscharakter als die Universitäten auf Hawaii. Des Weiteren bieten die Universitäten nicht die Auswahl an Arbeitsgemeinschaften, Clubs und Studentenvereinigungen, wie ihre Gegenstücke vom Festland.
Kontakt zu einheimischen und internationalen Studierenden
Mein Erfahrungsbericht über Long Beach startete an dieser Stelle mit: „Kontakt zu US-Studenten aufzubauen ist wahrscheinlich das leichteste Unterfangen im Auslandssemester.“ Dieser Aussage würde ich für Hawaii NICHT zustimmen. In Hawaii „richtige Locals“ kennenzulernen ist ein schwieriges Unterfangen. Ihr werden andere US-Studenten kennenlernen, aber diese werden mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit aus anderen Bundesstaaten sein. Hawaii ist eine Insel, die voll von Touristen und Militärpersonal ist. Die Locals lassen sich ungern auf Beziehungen ein, die von vornerein nur von kurzer Dauer sind. Des Weiteren sind die Locals durch die Überflutung von Touristen eher negativ gegenüber internationalen Gästen gestimmt. Seid ihr daran interessiert, internationale Studierende kennenzulernen, seid ihr in Hawaii richtig. Es gibt keinen Bundesstaat, der prozentual so viele internationale Studierende hat wie Hawaii. An jeder Ecke hörst du Leute in einer anderen Sprache oder mit starken Akzenten Englisch sprechen. An dieser Stelle möchte ich eine Stelle aus meinem anderen Erfahrungsbericht über internationale Studierende zitieren, welche ich heute nochmal doppelt unterstreichen würde: „Ich persönlich habe mich dazu entschieden, einen großen Bogen um meine deutschen Kollegen zu machen. In der Regel werden die Internationalen mit gleichem Hintergrund nur in ihrer gewohnten Sprache miteinander reden. Davon kann ich nur stark abraten! Erstens ist die Zeit, die man mit den internationalen Studierenden verbringt, Zeit, die man stattdessen mit US-amerikanischen Studierenden hätte verbringen können. Zweitens wird der Zuwachs in den Englischkenntnissen stark limitiert sein, sollte man zu oft andere Sprachen außer Englisch benutzen.“
Wohn- und Lebenssituation
Im Gegensatz zu Long Beach habe ich mich an der Hawaii Pacific University dazu entschieden, allein zu leben. Wie bereits erwähnt sind die Lebensunterhaltungskosten extrem hoch. Auch in meinem letzten Bericht habe ich von den schlechten öffentlichen Verkehrsmitteln der USA berichtet. Das ist auf Hawaii zu unterstreichen. Für eine 10-minütige Autofahrt benötigt der Bus 40-60 min. Hier ist es tatsächlich zu empfehlen, sich 2-3 Freunde zu suchen und ein Auto zu mieten.
Studienfach: Verwaltungswissenschaft (M.A.)
Aufenthaltsdauer: 08/2021 - 12/2021
Gastuniversität: Hawaii Pacific University
Gastland: USA
Rückblick
In einem direkten Vergleich California State University Long Beach vs. Hawaii Pacific University gewinnt ganz klar Long Beach. Besonders für diejenigen, die eine typische College-Erfahrung haben möchten und dabei nicht auf den Spaßfaktor verzichten wollen, ist Long Beach bzw. Kalifornien die bessere Wahl. Solltet ihr bereits ein Auslandssemester absolviert haben und das nötige Kleingeld haben, empfehle ich Hawaii. Ihr geht nicht für die College-Erfahrung oder die US-Kultur auf die Insel, sondern für die unvergleichbare Natur, die weißen Strände, das glasklare Wasser und vor allem wegen der Tatsache, dass ihr selbst im November einen Sonnenbrand bekommt.