Vorbereitung des Auslandsaufenthaltes
Aller Anfang ist schwer. Das gilt auch für die Vorbereitung eines Auslandsaufenthalts. Da ich jedoch wusste, dass ich vor Ende meines Masterstudiums Wirtschaftsinformatik gerne ein Semester im Ausland studieren wollte, machte ich mich im Juli 2020 daran, mich über die Möglichkeiten des Auslandsstudiums zu informieren. Aufgrund meiner Spezialisierung wollte ich an einem Data Science Studiengang in den USA teilnehmen. Aufgrund der horrenden Studiengebühren schränkte ich meine Suche auf die Partneruniversitäten der Uni Potsdam ein und fand schnell eine Uni, deren Data Science Programm interessant klang: die Duke University. Noch bevor ich anfing mich zu bewerben, konnte das International Office alle meine Fragen bezüglich Fristen, Module, fachlichen Voraussetzungen und Modalitäten entweder direkt beantworten oder an die zuständigen Personen an der Duke weiterleiten. So wusste ich bereits im Voraus, welche Module zum Zeitpunkt meines Aufenthalts angeboten werden und welche Voraussetzungen für diese nötig sind. Damit startete die Bewerbung an der Uni Potsdam für den Austausch. Motivations-und Empfehlungsschreiben schreiben, ein Empfehlungsschreiben einholen und dabei alle Fristen im Blick behalten. Meine Bewerbung hat es durch das erste Screening geschafft und ich wurde zu einem Interview eingeladen. Wenig später erhielt ich die frohe Nachricht, dass mir der Austauschplatz seitens der Uni Potsdam sicher war.
Studium an der Gastuniversität
Da mein Aufenthalt im Fall Term 2021 stattfand, fing ich an, im ersten Semester der 2023 Kohorte im Master in Interdisciplinary Data Science (MIDS) zu studieren. Alles in allem lässt sich das Studienklima in einem Satz recht gut zusammenfassen: „Work hard, play hard“. Alle MIDS Studis belegen dieselben vier Pflichtmodule, was dazu führt, dass man viel Zeit zusammen verbringt und Kontakte zu Kommilitonen knüpfen kann. Der Workload der einzelnen Module ist hierbei jedoch enorm: Readings, Hausaufgaben, Vorträge und Projekte führen zu langen Nächten und wenig Schlaf. Das kann hier jedoch Spaß machen, denn die Infrastruktur auf dem Campus ist exzellent. Angefangen von Bibliotheken, Restaurants und Arbeitsräumen bis hin zu Gyms auf dem Campus und einem $5,000 „Social Budget“, welches für Freizeitaktivitäten mit dem ganzen Studiengang ausgegeben werden kann. Im Rahmen der Lehrveranstaltungen wurden wir von den Professoren exzellent betreut. Man merkt, dass das oberste Ziel hier der Erfolg aller Studis ist: Vorlesungen und Diskussionen (zu meinem großen Glück 100% in-person), mehrfach wöchentlich „Office Hours“, bei denen man manchmal eine ganze Stunde 1:1 mit den Dozierenden seine Probleme beim Verständnis des Stoffes oder Hausaufgaben besprechen kann. Auch bürokratische Hürden lassen sich leicht lösen: Man findet für alles schnell einen Ansprechpartner und die meisten kleinen Probleme mit Kursbelegungen, Visa oder Studiengebühren sind eine E-Mail oder einen Anruf später meist gelöst. Was ich sehr angenehm fand, jedoch sehr studiengangs-spezifisch ist: Wir haben keine Klausuren geschrieben. Alle Noten setzten sich aus praxisnahen Projekten zusammen.
Kontakt zu einheimischen und internationalen Studierenden
Kontakt mit Kommilitonen zu knüpfen fällt hier sehr leicht. Die Uni selbst (bzw. in meinem Fall der MIDS Studiengang) organisierte eine Reihe an Events, um alle kennenzulernen. Mittagessen, Abendessen, Besuch eines lokalen Baseballspiels, Bowling und andere Aktivitäten, aber auch die Arbeit in Teams an Projektabgaben sorgten schnell dafür, dass jeder jeden kennt. Natürlich bilden sich über die Zeit kleinere Freundeskreise, aber spätestens alle paar Wochen gibt es irgendeine Party, bei der fast der ganze Studiengang zusammenkommt. Ich weiß nicht, wie die Situation in anderen Studiengängen aussieht, aber alle (ca. 35) MIDS Studis haben sich sehr gut verstanden und waren am Ende des ersten Semesters wie eine große Freundesgruppe. Dafür habe ich relativ wenige Studis außerhalb des eigenen Studienganges kennengelernt, weil es sich nicht ergeben hat, außer wenn jemand externe Freunde zu einer Feier mitbrachte.
Wohn- und Lebenssituation
In Durham gibt es 4 Hotspots, an deren Lage man sich bei der Suche nach einem Apartment orientieren sollte. Den East Campus (hier sind hauptsächlich Undergrads unterwegs), den West Campus (hier studieren alle Graduate-und PhD students), „Ninth Street“ (eine kleine Straße mit Restaurants, Supermärkten und Banken in Old West Durham) und Downtown. Da man die meiste Zeit auf dem Campus verbringen wird, finde ich es wichtig, ein Apartment in Campusnähe zu finden. In der Nähe des West Campus gibt es viele Apartment Communities, die entweder < 20min Fußweg vom Campus entfernt oder an eine Buslinie angebunden sind. Ein Blick auf das Duke-eigene Busnetzwerk lohnt sich also allemal, auch wenn die Busse nicht zuverlässig fahren und eine geplante 10 min Fahrt auch mal 1h dauern kann, wenn der Busfahrer sich spontan dazu entschließt, mitten auf der Route eine Pause einzulegen. Daneben gibt es noch das öffentliche Busnetz. Je nach Haltestelle werden diese Routen alle 30 oder 60 Minuten bedient, also leider auch kein Vergleich zum Berliner Öffi-Takt. Wer effizient einkaufen möchte (also weniger als 2h für einen kurzen Ausflug zum Supermarkt brauchen will) oder die weitere Umgebung erkunden möchte, ist leider auf ein Auto angewiesen. Ich halte es nicht für sinnvoll, sich für 6 Monate ein eigenes Auto zuzulegen, da hiermit allerlei Bürokratie für Title, North Carolina License und Versicherung einhergehen. Da jemand in meinem Freundeskreis jedoch ein Auto hatte, welches wir benutzen konnten, war ich glücklicherweise sehr mobil. Das hilft vor allem beim Einkaufen bei Harris Teeter (Ninth Street), Walmart oder Costco (nur mit dem Auto erreichbar). Für gelegentliche Ausflüge funktionieren hier auch Uber und Lyft sehr gut, auf Dauer wird das jedoch teuer. Ein weiterer Punkt, den ich unterschätzt habe, ist die Sicherheit. Als Fußgänger ist man nach Einbruch der Dunkelheit meist allein auf der Straße, alle anderen Menschen fahren hier mit dem Auto. Während meiner 6 Monate gab es mehrere bewaffnete Überfälle auf Studis direkt in Campusnähe, die der Unipräsident mit dem folgenden Hinweis quittierte: „Lauft niemals –auch nicht tagsüber –allein nachhause“. In meinen direkten Bekanntenkreis gab es zum Glück keine Zwischenfälle, sehr wohl jedoch in meiner Straße und direkt vor dem Apartment von Freunden. Was kann man also tun? Viele Studis gingen trotzdem tagsüber allein nach hause und es ist nichts passiert. Abends, nachdem die Busse nicht mehr fahren, gibt es Duke Vans, die man kostenlos per Telefon ordern kann, um vom Campus nach hause gefahren zu werden. Trotzdem habe ich mich deutlich unsicherer gefühlt als in Deutschland, auch weil weder Fenster noch Türen in den meisten amerikanischen Apartments vor irgendetwas Schutz bieten. Aber hey, man gewöhnt sich schnell dran und schätzt danach europäische Städte umso mehr. Das Leben in Durham war für mich in Ordnung, aber überraschend teuer. Klar, alles außer Fleisch und Benzin ist in den USA teurer als hier in Deutschland, aber da Durham ja eigentlich irgendwo im Nirgendwo liegt, hatte ich erwartet, dass der Unterschied nicht ganz so stark ausfällt. Die Kosten für Dinge des alltäglichen Bedarfs stehen jedoch denen in anderen größeren US-Städten in nichts nach. Für eine Unterkunft werden zwischen $500 (WG-Zimmer) bis $1,500 (größeres Apartment in Campusnähe) fällig. Manche Communities verlangen darüber hinaus den Abschluss einer RentersInsurance (ca. $120 / Jahr). Ich habe mein Apartment schlussendlich durch wahlloses Herumscrollen auf Google Maps gefunden und den Mietvertrag erst 3 Wochen vor meiner Ankunft Ende Juli 2021 unterschrieben. Bei den Preisen muss man jedoch vorsichtig sein: Alle Unternehmen verlangen für einen 6 Monats-Vertrag (wenn sie ihn denn überhaupt anbieten) signifikant mehr als für einen Jahresvertrag und Add-Ons wie Möbel und Utilities werden auch separat berechnet. Für Verpflegung ist zwar immer gesorgt, allerdings kostet ein einziges Mittagessen in einem der (Fast-Food) Restaurants auf dem und um den Campus täglich zwischen $8 -$15. Wer selbst kochen möchte, kann im Supermarkt $10 für einen einzigen Mozzarella ausgeben oder greift zu günstigeren Fertiggerichten. Gerade gegen Ende meines Aufenthalts habe ich dann doch öfter selber gekocht, da man – wie ich feststellen musste – doch nicht unendlich oft dieselbe Pizza essen kann, auch wenn sie ganz gut schmeckt. Als Studi ist man verpflichtet, die Krankenversicherung der Duke abzuschließen. Die kostet für ein Semester $1,500, allerdings muss man $3,000 für ein ganzes Jahr vorstrecken und am Ende des Semesters die zweite Hälfte zurückfordern.Dafür sind die Versorgung und Abdeckung super und man kann mit allen Problemen einen Arzt im Student Health Center direkt auf dem Campus besuchen. Für In-Network Ärzte werden so je nach Service maximal $35 Zuzahlung nötig, die meisten kleinen Leistungen sind jedoch einfach kostenlos. Um alles zu bezahlen, kann es sich lohnen, ein amerikanisches Bankkonto einzurichten. Ich persönlich habe es zwar nicht getan, es hätte sich jedoch wahrscheinlich rückblickend gelohnt. Während 99% der täglichen Geschäfte einfach per ausländischer Kreditkarte bezahlt werden können (N26 und die DKB verlangen hier keine Gebühren!), guckt man beim restlichen Prozent in die Röhre: Die Krankenversicherung kann nur mit US-Konten bezahlt und zurückerstattet werden, Kautionszahlung gibt es als Scheck zurück und der USPS nimmt zwar Kreditkarten, allerdings nur amerikanische. Für diese Transaktionen konnte ich dankbarerweise das amerikanische Konto einer Freundin benutzen, allerdings wäre es mit einem eigenen deutlich einfacher gewesen. Auch interessant: Meine DKB Kreditkarte hat auf dem gesamten Campus nicht funktioniert, also lieber mehrere Karten dabeihaben.
Studienfach: Wirtschaftsinformatik (M.Sc.)
Aufenthaltsdauer: 07/2021 - 12/2021
Gastuniversität: Duke University
Gastland: USA
Rückblick
Alles in allem war mein Auslandssemester eine großartige Zeit, in der ich mich fachlich weiterentwickelt und Freunde fürs Leben gefunden habe. Auch wenn der Prozess von der Bewerbung bis zur Ankunft lang und anstrengend war, würde ich es jederzeit wieder tun. Wer rechtzeitig anfängt, sich um die Planung zu kümmern, kommt zumindest stressfrei durch den langwierigen Prozess. Die Duke University war eine wunderbare Gasthochschule und ich habe mich sehr willkommen gefühlt. Das kann ich natürlich nicht mit den anderen Universitäten vergleichen, aber ich bin mir sicher, dass auch hier der Aufenthalt den Aufwand wert sein wird. Das International Office der UP und die Ansprechpartner in den USA standen mir dabei immer helfend zur Seite.Wer für ein intensives und forderndes Semester in den USA studieren will, ist also mit der Duke University als Uni Potsdam Partner bestens bedient.