Vorbereitung des Auslandsaufenthaltes
Ein Auslandsaufenthalt während meines Studium hatte ich von Beginn an geplant und mich bereits informiert, dass sich das fünfte Semester hierfür besonders anbietet. Es hat mir sehr geholfen, ein Jahr vorher die Angebote der International Week zu nutzen. In dieser wurde über vier Tage hinweg ein breites Übersicht- und Beratungsprogramm geboten. Besonders hilfreich empfand ich die Berichte von ehemaligen Studierenden im Ausland. Eine intensive Recherche vor der Bewerbung empfiehlt sich in jedem Fall. In meine Entscheidungsfindung zählten besonders die angebotenen Kurse hinein, da ich in meinem Studiengang aus Politik und Wirtschaft das optimale aus beiden Welten wählen konnte. Ebenfalls berücksichtigte ich die Internationalität der Universität, weltweiter Vergleich und den Semesterzeitraum. Nach meiner Erfahrung eignet sich der Semesterzeitraum August-Dezember sehr gut in den Vereinigten Staaten. Die Bewerbung folgte in engmaschiger Betreuung mit dem International Office mittels einem ausführlichen Motivationsschreiben für die präferierten Universitäten. In einem Fragebogen kann man bis zur drei Universitäten angeben, sollte man für eine der Wünsche abgewiesen worden sein. Im Bewerbungsgespräch bespricht man daraufhin gemeinsam mit anderen Bewerber*innen mögliche Abläufe und stellt seine Motivation erneut dar. Eine gute Vorbereitung und Wissen über die Partneruniversität beugt möglicher Nervosität vor.
Nach erfolgreicher Annahme ist die spätere Bewerbung an der Partneruniversität reine Formsache, hierfür sind Dokumente, wie die übersetzte Leistungsübersicht, Kopie des Reisepasses und ausreichendes Vermögen von Nöten (10.000 US Dollar im Jahr 2022). Diese Summe wird nur bei der Bewerbung überprüft, daher ist eine einmalige Überweisung des Geldes ausreichend. Das Hochladen dieser Dokumente erfolgt über die universitätseigene Plattform MyCu. Zu Beginn wählt man sieben Kurse aus, die einen interessieren. Diese findet man online, da sich jedoch auch von Seite der Universität Änderungen ergeben können, hilft es, mit einer gewissen Flexibilität zu planen. Ich musste am Anfang des Semesters aufgrund von der Erkrankung eines Professors teilweise neu wählen. Dies stellte allerdings keinen Nachteil dar und die Kommunikation mit der Clarkson University und dem International Office der Universität Potsdam war stets wunderbar und schnell. Das International Office hilft euch auch, euch an mögliche Deadlines und Beantragungen zu erinnern, das Visum sollte man möglichst schnell beantragen. Seit der Pandemie gibt es jedoch von amerikanischer Seite die Besonderheit, dass registrierte Personen (welche bereits in ihrem Leben in die USA eingereist sind) nicht mehr persönlich vor Ort erscheinen müssen. Ich konnte nach einem Online-Verfahren mein Reisepass postalisch abgeben und bekam ihn mit gültigem Visa nach einigen Tagen zurück. In sonstigen Fällen ist ein Erscheinen in der Botschaft in Berlin notwendig.
Studium an der Gastuniversität
Das Studium an einer amerikanischen Universität unterscheidet sich sehr stark zu einer deutschen Universität. Die Kurse sind kleiner, die Betreuung durch die Professor*innen intensiv und die Abgaben während des Semesters sind weit mehr als an der Universität Potsdam. Durch die kleinen und schulischen Kurse geraten viele der Studierenden schnell in Austausch, die wenigsten Unterrichtseinheiten bestanden aus reinem Frontalunterricht. Ich empfehle, unbedingt die angebotene Kommunikation der Lehrkräfte zu nutzen, anders als Deutschland bietet jeder der Professor*innen mindestens drei Stunden Besprechung an. Zu dieser kann man freiwillig erscheinen. Ich empfand die Professor*innen weniger gestresst als in Deutschland und offen für jegliche Anliegen. Besonders spannend war es für mich, sich über Forschungsprojekte auszutauschen. Jedem der Lehrpersonen wird großer Spielraum in ihrem Handeln eingeräumt, sollte privat etwas vorliegen, kann man dies ebenfalls kommunizieren. Jegliche Abgaben oder Deadlines können individuell von der Lehrkraft geändert werden. Die Leistungserbringung erfolgt über das ganze Semester verteilt. Dies hat den Vorteil, dass anders als in Deutschland eine vergeigte Klausur in geringerem Maße die Note beeinflusst. Man sollte sich aber auch darüber bewusst sein, dass konstant Leistung verlangt wird. Der Arbeitsaufwand liegt zu Beginn des Semesters auf ähnlichem Niveau wie zum Abschluss. Es gibt immer etwas zu tun. Inhaltlich ist das Niveau ähnlich zur Universität Potsdam. Durch konstanteres Arbeiten und die Menge der Abgaben musste ich mich in meinem Fall jedoch weniger intensiv auf einzelne Klausuren vorbereiten. Ich arbeitete und lernte vorwiegend mit anderen zusammen in den Räumlichkeiten der Universität. Die Ausstattung vor Ort ist exzellent. In der Universität wird alles dafür getan, dass Studierende sich wohlfühlen. Es existieren ein großes Student*innennetzwerk, viele verschiedene Ansprechpartner*innen von universitärer Seite und dutzende Freizeitaktivitäten. Die Universität steht wahrhaftig für viele im Mittelpunkt ihres Lebens, das Angebot reicht von einem großen Campusfestival (mit amerikanischen Popstars) bis hin zu einem eigenen Studierendengebäude mit Radiosender, Gaming-Rooms und frei verfügbaren Instrumenten.
Kontakt zu einheimischen und internationalen Studierenden
Das International Office der Clarkson University veranstalte zu Beginn des Semesters einige Events, um schnell Kontakt gegenüber anderen neuen Studierenden zu knüpfen. So bleibt man jedoch besonders am Anfang des Semesters zunächst in einer „internationalen Blase“. Ich hatte viel Kontakt zu weiteren „Exchange Students“, diese Gemeinschaft war sehr eingeschworen und wir unternahmen viel während des Semesters. Wir stimmten uns über soziale Netzwerke ab und es war besonders schön, Personen aus aller Welt kennenzulernen, die in einem ähnlichen Lebensabschnitt für ein Semester an der Clarkson University studiert haben. Es herrschte eine sehr familiäre Atmosphäre aus ca. 40 internationalen Studierenden. Der Kontaktaufbau zu amerikanischen Studierenden gestaltete sich etwas schwieriger, oft hatten diese aufgrund von bestehenden Gemeinschaften weniger Interesse an Kontakt mit neuen Studierenden. Ich fand jedoch schnell Anschluss zu meiner Wohnungsgemeinschaft (ich wohnte nur mit Amerikanern zusammen). Diese Freundschaften nutzte ich, um während des Semesters mehr mit amerikanischen Student*innen zu machen. Ich wurde aber auch über Kontakte aus Kursen für viele Events und Treffen eingeladen, wenn man sich offen zeigt, fällt einem der Kontaktaufbau leichter als gedacht.
Sprachkompetenz vor und nach dem Auslandsaufenthalt
Meine Sprachkompetenz hat sich in den vier Monaten verbessert, wenn auch sicherlich auf geringerem Niveau. Ich hatte bereits zu Beginn meines Aufenthaltes kein Problem, in den Kursen auf hohem Englischniveau zu kommunizieren, jedoch hört man auch zum Abschluss des Semesters meinen Akzent noch heraus. Ich bin jedoch sensibler für andere Akzente geworden und kann nun stärker zwischen „American-English“ und „British-English“ unterscheiden. Ich bin deutlich besser im Texte schreiben geworden und alles in allem brachte mich das Semester an der Clarkson University sprachlich voran.
Wohn- und Lebenssituation
Alle Undergraduate-Studierende der Clarkson University sind verpflichtet, auf dem Campus zu wohnen. Dies bietet sich auch an, das komplette Universitätsleben spielt sich hier ab. Es gibt verschiedene Unterkunftsmöglichkeiten auf dem Campus, jedoch muss man sich meistens ein Zimmer teilen. Die Mietpreise sind hierfür mit über 1000 Dollar im Monat nicht gerade günstig, man darf jedoch nicht vergessen, dass man an einer Privatuniversität mit sonst höheren Kosten umsonst studieren darf. Ich wurde in ein Einzelzimmer in einer Sechser-WG zugeteilt, im Woodstock Apartmentkomplex. Die Miete muss für den gesamten Zeitraum im Voraus gezahlt werden. Vor Ort sind die Zimmer möbliert, lediglich eine Decke und Bettbezug musste ich mir zusätzlich kaufen. Es sind keine Küchenutensilien zu finden, aber mit etwas Glück (in meinem Fall) besitzen die Mitbewohner bereits alles. So entstanden mir keine zusätzlichen Kosten. Potsdam (NY) ist ein kleiner Ort, das meiste ist zu Fuß zu erreichen, der Supermarkt jedoch ist weiter entfernt. Dieser ist mit einem stündlichen Shuttle-Bus erreichbar, nach einer Weile erlangte jedoch auch mich die amerikanische Bequemlichkeit und ich benutzte oft die Autos meiner Mitbewohner. Mein deutscher Führerschein benötigt im Staat New York keine internationale Übersetzung. Jeglicher Busverkehr ist für Studierende kostenfrei, wenn man es spontan eilig hat, fährt einen auch die Universität oder die Security. Durch den abgeschiedenen Campus geschieht sehr viel über Studienorganisationen, es empfiehlt sich, hier aktiv zu werden. Persönlich war ich im Outing Club aktiv, wir unternahmen Wanderungen und Kanutouren während des Semesters. Zur Schneezeiten konnte ich hier umsonst Skier ausleihen, um im nahegelegen Skigebiet ein Wochenende zu verbringen. Es gehen auch einige Loipen vom Campus ab, denn ab Ende November lag durchgehend Schnee! Vieles ist in den USA teurer, wenn auch nicht extrem. Die höchsten Kosten blieben das Apartment, ich habe aber auch das Glück, in Deutschland vergleichsweise günstig zu wohnen. Dieser Unterschied hat sich bemerkt gemacht. Ich hatte keinen Mealplan und bin daher relativ oft einkaufen gefahren und habe mir mein Essen in unserer Küche selbst zubereitet. Ein Wocheneinkauf kostet ca. 70-80 Dollar. Restaurants und Fast Food gibt es in der kleinen Stadt genügend, mit vergleichbaren Preisen zu Deutschland. Während des Semesters finden viele Veranstaltungen und Events in den Bars der Stadt statt, hier sind die Preise wesentlich teurer. Am teuersten war jedoch das Reisen, die Lage im Norden von New York bietet sich perfekt für Trips mit Kommiliton*innen an. Die naheliegenden Adirondacks sind ein wahnsinnig schöner geschützter Naturpark (der Outing Club bietet ganz viele Touren an). Aber auch Kanada und die Metropolen an der Ostküste sind nicht weit weg. So unternahmen wir Trips nach Ottawa, Toronto, Montreal, Niagarafälle, Boston und natürlich New York City. Alle diese Ziele sind mit dem Auto gut zu erreichen. Bewerbt euch in jedem Fall für Stipendien (DAAD, Promos, Fulbright etc.), diese bieten mit weiterer finanzieller Unterstützung das mögliche Kleingeld, um mit Reisen möglichst viel zu sehen. Das International Office der Universität Potsdam unterstützt und berät euch fantastisch hierbei!
Studienfach: Politik und Wirtschaft
Aufenthaltsdauer: 08/2022 - 12/2022
Gastuniversität: Clarkson University
Gastland: USA
Rückblick
Das Auslandssemester an der Clarkson University war eine wunderbare Zeit, in der ich enge Freundschaften geschlossen habe, mich persönlich weiterentwickelt habe und die mich nachhaltig geprägt hat. Eine intensive Vorbereitung vor Beginn des Semesters hilft, möglichen Unsicherheiten vorzubeugen, hierbei hat mir das International Office der Universität Potsdam sehr geholfen! Ich möchte dem Team danken für eine Organisation, die ich sonst so nicht hinbekommen hätte. Ein gutes Maß an Weltoffenheit hilft sicherlich, um mit so mancher amerikanischer Besonderheit zurechtzukommen. Ich habe sehr viele neue Perspektiven und Ansichten kennengelernt, die mich selbst zum Nachdenken gebracht haben.