Vorbereitung des Auslandsaufenthaltes
Die Vorbereitung auf meinen Auslandaufenthalt mit Erasmus+ in Prag war dank der Unterstützung seitens der UP sowie der Karls Universität (CU) sehr einfach. Man wird sehr gut sowohl durch Informationen per Mail als auch die Informationsveranstaltungen des Career Services an die Hand genommen. Auch die Kontaktaufnahme mit der Karls Universität erfolgte problemlos, da diese einen zeitig per Mail mit detaillierten Informationen versorgten. Die Unterstützung durch das International Office an der CU ist lückenlos. Es wird einem auf jede Mail und Nachfrage zeitnah geantwortet. Auch bietet die CU vor Semesterstart eigene Zoom-Infoveranstaltungen mit verpflichteter Teilnahme an.
Studium an der Gastuniversität
Das Studiensystem gleicht dem der UP weitestgehend. Die meisten Kurse bewegen sich im Rahmen von 3 bis 8 LP. Es gibt einerseits Kurse, die nur für Erasmus-Studierende konzipiert sind (mit einem E im Namen gekennzeichnet) und anderseits englischsprachige Kurse, welche für alle Studierenden offen sind. Ich würde empfehlen, bei der Kurswahl auf die Codes zu achten, da diese Informationen über die Anforderungen (Bachelor/Master) und Zugehörigkeit zur Fakultät geben. Die Kurswahl gestaltete sich als Herausforderung. Zwar gibt es eine große Auswahl sozialwissenschaftlicher Kurse, diese sind aber hart umkämpft. Es muss definitiv darauf geachtet werden, direkt bei der Öffnung der Kurswahl am Laptop zu sitzen, um sich für gewünschte Kurse einzutragen. Durch die hohe Nachfrage konnte ich keinen meiner vorher im OLA angegebenen Kurse belegen. Viele der Dozent*innen waren bereit das Kontingent zu erweitern, wenn man sie persönlich gefragt hat, ob man noch am Kurs teilnehmen darf. An der Universität habe ich mich stets gut unterstützt gefühlt. Die meisten Lehrenden sind sehr passioniert und stets für Fragen und persönliche Belange offen. Das Lernniveau ist ähnlich zur UP. Mit konsistenter Arbeit ist alles sehr gut machbar und auch die Klausuren, welche bei mir alle im Onlineformat und meist als Take-Home Essays stattfanden, waren gut
zu bewältigen. Aufgrund einer Zusammensetzung der Noten aus drei Teilen – Mitarbeit, Mid-Term/Hausaufgaben und Klausuren – ist man zur regelmäßigen Mit- und Nacharbeit verpflichtet. Der Umfang ist aber auch hier machbar. Wichtig zu beachten ist, dass die Karls Universität keine Campus-Universität wie die UP ist, sondern aus zahlreichen Gebäuden in der Stadt besteht. In den Räumlichkeiten meines Institutes habe ich mich leider nicht so wohl gefühlt, da all meine politikwissenschaftlichen Veranstaltungen in Prag 13 stattfanden und man somit stets einen Weg von 40 Minuten vom Zentrum aus einplanen musste. Allerdings ist das Institute of Sociological Studies in Prekarska 16 nur eine Übergangslösung und schon im nächsten Semester sollte das eigentliche Gebäude fertiggestellt sein. Außerdem ist dies nur eines von mindestens drei Gebäuden für politik- und sozialwissenschaftliche Veranstaltungen, welche sonst alle im Zentrum angesiedelt sind. Die Universität ist ausstattungstechnisch vergleichbar mit der UP. Es handelt sich oft um alte Gebäude, aber die technische Ausstattung ist gut. Es war in jedem Kurs, den ich besucht habe, verpflichtend, Hybridangebote zu bieten. Die Organisation läuft über Moodle, somit war auch hier keine Umstellung notwendig. Eine Umstellung ist jedoch das Bibliotheksangebot. Zwar hat jedes Gebäude Bibliothekseinrichtungen, diese sind aber teilweise recht klein. Besonders ist, dass fast alle Bibliotheken am Wochenende geschlossen sind. Dafür konnte man aber immer gut auf Cafés, wie Cafedu und das Scout Institute ausweichen. Eine Bibliothek, die unter der Woche die Arbeit versüßt hat, ist die Library der Academy of Sciences. Mit Decken, einem günstigen Bistro und einem extra Raum mit kleiner Küche ist das Lernen hier im wunderschönen historischen, architektonischen Ambiente glatt eine Freude. Außerdem kostet der Zugang für 6 Monate nur ca. 8 €. Es empfiehlt sich, vor Beginn des Semesters den Tschechisch-Einführungskurs der CU zu machen. Dadurch kann man sich in der Stadt einleben und erste Leute kennenlernen. Ich habe diesen nicht gemacht, habe dadurch aber auch keinen Nachteil empfunden. Auch während des Semesters kann man Tschechisch-Kurse an der Uni belegen, dieser können aber 200 € zzsl. kosten.
Kontakt zu einheimischen und internationalen Studierenden
Solange man sich offen zeigt, Fragen stellt und Kontakt herstellt, ist alles möglich und einem wird freundlich begegnet. Es ist gerne gesehen und angebracht, zu versuchen Tschechisch zu sprechen. Kleine Dinge wie Bestellungen gehen dabei schnell einfach von der Hand. Ansonsten kann man sich aber super mit Englisch orientieren. Kontakt zu ausländischen Studierenden lässt sich überall herstellen. Sei es in den Wohnunterkünften oder den zahlreichen Angeboten sowohl von Uni als auch den vielen Erasmus-Veranstaltern. So gibt es z. B. OhMyPrague oder Erasmus in Prague, welche Facebook- und Whatsappgruppen zur Verknüpfung bereitstellen und Angebote wie Partys, Pub-Touren und Stadtführungen bieten. Dies kann für den Start dienlich sein, ist aber definitiv kein Muss. Insbesondere innerhalb der Ersti-Woche kann man viele Kontakte knüpfen. Man sollte sich dabei aber auf keinen Fall unter Druck setzen, da alles oft überwältigend wirken kann. Man muss nicht alles mitmachen, um Leute zu finden, mit denen man sein Erasmus verbringen will. Sonst ist auch die App Bumble Friends sehr zu empfehlen.
Wohn- und Lebenssituation
Mit der Erwartung, einfach und günstig Wohnraum ist Prag zu finden, sollte man schnell abschließen. Dies gestaltet sich gar nicht so einfach. Die CU stellt Dorms zur Verfügung. Darin teilt man sich für wenig Geld ein Zimmer mit einer weiteren Person. Pro Flur teilt man sich Bäder und Küchen mit ca. 10 weiteren Personen. Hat man damit kein Problem, kann es sich lohnen. Die Dorms sind allerdings weit außerhalb des Zentrums und eher ein Mikrokosmos für sich. Es zahlt sich aber aus, da viele nicht europäische Studierende dort unterkommen. Für alles weitere ist es zu empfehlen sich mit anderen bei der Suche zusammenzutun. Das entlastet und man hat als geschlossene Gruppe bessere Chancen. Dafür lohnt es sich Facebook zu nutzen. Ich habe meine Mitbewohnerinnen alle bei Facebook gefunden. Durch Zufall sind wir dann auf prague-shared-flats.eu gestoßen, wo wir schlussendlich auch unser Erasmus verbringen durften. Wir waren sehr glücklich mit den Wohnungen, da diese nur an Erasmus-Studierende vermietet werden und man somit automatisch in Kontakt mit vielen Leuten kommt. Es ist dadurch allerdings aber leider auch ein Mikrokosmos. Die Verhältnisse in Prag sind definitiv anders als in Deutschland. Stellt euch darauf ein, dass es nie langweilig werden wird. Die Wohnungen sind meist im Altbau und nicht super in Schuss. Da kann schon hin und wieder etwas kaputt gehen. Aber das hat uns garantiert an unseren Aufgaben wachsen lassen. Auch die Kommunikation mit den meisten Vermieter*innen ist selten reibungslos. Doch ich habe die Erfahrung gemacht, dass man sich in den Häusern aushilft und unterstützt. Rückblickend können wir über alles lachen und sind froh über die Wohnsituation. Das ÖPNV-Netz in Prag ist sehr gut, schnell und man ist lückenlos angebunden. Außerdem ist es günstig und funktioniert reibungslos. Über die App PID Litacka kann man sich z. B. 3-Monats-Karten kaufen, welche nur 15 € kosten. Für Geldgeschäfte benutzen die meisten Erasmus-Studierenden die App Revolut. Bestellt man sich darüber auch ein Visa-Karte, kann man überall gebührenfrei abheben. Sie bietet die gebührenfreie Bezahlung per Handy und das Senden von Geld in verschiedenen Währungen, was viel erleichtert hat. Beschäftigt euch aber vorher mit der App, da diese natürlich nicht bedenkenlos ist. Die Lebenshaltungskosten in Prag sind niedriger als in Deutschland, aber es ist dennoch nun mal eine europäische Hauptstadt. Wenn man etwas auf sein Geld achtet, kommt man sehr gut durch. Die zahllosen Cafés, Bars und Clubs laden aber natürlich auch dazu ein alles auszukosten. Es ist sehr zu empfehlen, die Lage in Europa für Tages- und Wochenendtrips zu nutzen. Dresden, Wien, Budapest, Breslau, Krakau, Brünn, die böhmische Schweiz. Es sind dank günstiger Fernbusanbieter wie RegioJet und Flixbus keine Grenzen gesetzt. Dabei empfiehlt es sich preislich, diese Reisen selbst statt mit den Erasmus-Anbietern zu organisieren. Ansonsten findet ihr aber natürlich in und um Prag alles, was das Herz begehrt. Sportmöglichkeiten, zahllose Kirchen, Monumente und spannende Bauwerke, Parks mit den schönsten Aussichten wie den Petrín Berg, das Metronom, Vyhlídka Grébovka und Rígrovy Sadu. Samstags der Markt direkt an der Moldau sollte nicht verpasst werden. Dabei kann man gleich noch die Nutrias überall an der Moldau beobachten. Besonders zu empfehlen sind die National Gallery Prague und die Kunsthalle. Auch kann man teilweise günstige Karten für Theater, Ballett und Oper ergattern, was sich sehr lohnt. Es kann auch schön sein, zu einem der Eishockeyspiele im Stadium zu gehen oder mal einen Tagestrip nach Pilsen oder Kutna Hora zu machen.
Studienfach: Politik, Verwaltung und Organisation
Aufenthaltsdauer: 09/2022 - 02/2023
Gastuniversität: Charles University Prague (Univerzita Karlova)
Gastland: Tschechien
Rückblick
Ich bin unglaublich froh, meinen Erasmus-Aufenthalt in Prag erlebt zu haben. Trotz der objektiven Nähe zu Deutschland ist es eine Welt für sich. Ich werde nie von der unglaublichen Architektur, den bunten Altbauhäusern und den monumentalen Kirchen an jeder Straßenecke müde werden. Prag ist eine Stadt zum genießen. Am schönsten war es, durch diese strahlende Stadt zu laufen, die mit jeder Jahreszeit nur noch schöner wird. Den Spätsommer, Herbst und besonders Winter und Weihnachten hier erleben zu können, war eine ganz besondere Erfahrung. Sich jeden Tag in dieser traumhaften Straßen zu denken „Wow, hier wohne ich jetzt“, ist ein wunderschönes Gefühl und ein Privileg. Ich kenne keine Person, die nicht genauso über ihren Aufenthalt hier denkt und spricht. Es ist eine Erfahrung, die ich immer wieder machen wollen würde. Ich kann den Aufenthalt in Prag wirklich nur jedem einzelnen in jedem Aspekt - sei es das Studium oder die Freizeitgestaltung - gänzlich empfehlen. Rückblickend gibt es nichts, was ich nicht wieder genauso machen würde. Ich lege es jedem ans Herz, diese Stadt aus einem alltäglichen, nicht-touristischen Blickwinkel kennen und lieben zu lernen.