Vorbereitung des Auslandsaufenthaltes
Schon im Bachelor, den ich ebenfalls an der Universität Potsdam absolviert hatte, habe ich mich für ein Erasmus-Semester interessiert. Da ein Austauschsemester an der Hebrew University in Jerusalem jedoch zuerst geklappt hat, habe ich das Erasmus-Semester damals nicht weiter verfolgt, wollte es dann aber unbedingt im Master nachholen. So habe ich mich bereits vor Beginn meines Masterstudiums im Januar 2019 für das Sommersemester 2020 an der WiSo-Fakultät beworben und war sehr glücklich, als ich für meinen Erstwunsch nominiert wurde!
Das International Office hat ab April mehrere Informationsveranstaltungen für alle Nominierten durchgeführt und uns regelmäßig mit den neusten Informationen versorgt.
Positiv überrascht von der Karls Universität war ich, als sie sich bereits Ende April bei mir gemeldet haben, dass sie meine Nominierung erhalten haben und ich mich bald schon offiziell fürs Sommersemester bei ihnen würde bewerben können. Die Kontaktaufnahme verlief also sehr unproblematisch, auf Nachfragen wurde schnell und zumeist unkompliziert geantwortet! Auch die offizielle Bewerbung dort war schnell zu erledigen, es gibt ein online Portal, wo man einfach seine Daten eingibt und eine erste Kurswahl trifft und dann muss der ausgedruckte Antrag nur noch per Post versendet werden. Nach knapp vier Wochen habe ich die offizielle Bestätigung für meinen Aufenthalt zum Sommersemester im Briefkasten gehabt!
Studium an der Gastuniversität
Auf Grund von COVID-19 und der strengen Regeln, die Tschechien zur Bekämpfung erlassen hat, bin ich Ende März aus Prag abgereist, dementsprechend werden die folgenden Punkte zum Teil davon geprägt sein, sodass ich beispielsweise nicht viel über das Studienklima berichten kann, da es online natürlich alles etwas anders war, als es ansonsten gewesen wäre. Auch Bibliotheken etc. habe ich in meinen ersten Wochen noch nicht benötigt.
Überaus positiv, auch im Vergleich zur Universität Potsdam, ist zunächst hervorzuheben, dass an einem Dienstag im März per Mail verkündet wurde, dass alle Kurse von nun an auf Grund der Pandemie online stattfinden werden. Da ich mittwochs keine Kurse hatte fand also donnerstags, zwei Tage später, mein erster online Kurs statt. Von meinen fünf belegten Kursen haben vier weiterhin online mit wöchentlichen Sitzungen quasi „ganz normal“ aus der Ferne weiter stattgefunden. Nur ein Kurs wurde als Selbststudium weitergeführt.
Wie in Potsdam belegt man die Kurse über ein Online Tool, das sich SIS nennt. Hier kann man sich alles auf Englisch anzeigen lassen. Durch gute Filterfunktionen kann man sich die Kurse auswählen, im Master mit Politik Schwerpunkt gab es wirklich sehr viel (Englische) Auswahl! Sogar mehr, als im Bachelor. Auch einige Kurse auf Deutsch oder Französisch habe ich gesehen, jedoch nicht gewählt.
Hinsichtlich der Leistungsbewertung und der Anforderungen würde ich sagen, dass diese Aspekte mit jenen an der UP vergleichbar sind. Von meinen fünf Kursen wurde einer hauptsächlich auch von Bachelorstudenten gesucht, was man doch etwas am Niveau gemerkt hat, da noch einmal einige Grundlagen besprochen wurden. Ein anderer Kurs hatte ein für mich etwas seltsames zweigeteiltes System: in der ersten Woche gab es eine Vorlesung zum Thema, in der Woche danach wurde ein MC Test geschrieben, für den zusätzlich einiges an Lektüre gelesen und gelernt werden musste. Diskussionen über die jeweiligen Themen fanden nicht statt und die Tests haben am Ende 75% der Note ausgemacht. Ansonsten wurden, wie ich es auch aus Potsdam kenne, als Haupt-Leistung Essays erwartet und ich habe in den meisten Kursen auch eine kurze Input-Präsentation gehalten und eine kurze Diskussion dazu geleitet.
Mit meinen Noten bin ich sehr zufrieden, die Dozenten haben fair bewertet und im Vergleich zu Potsdam auch sehr schnell korrigiert. Zudem haben sie von sich aus direkt Feedback gegeben, was ich so auch (leider) nicht gewöhnt war.
Auf Mails mit Nachfragen zu Organisation oder später hinsichtlich Themenbesprechung des Essays wurde sehr schnell geantwortet! Auch das IO dort hat, trotz Corona, schnell auf meine Nachrichten reagiert. Von daher bin ich mit beiden Bereichen hinsichtlich der Kommunikation sehr zufrieden!
Kontakt zu einheimischen und internationalen Studierenden
Durch eine Gruppenarbeit in einem meiner Kurse habe ich zwei „reguläre“ Studierende der Karls Universität etwas näher kennenlernen können. Jedoch kam dann Corona dazwischen, sodass wir uns nicht persönlich treffen konnten, um unsere Arbeit zu planen und zu schreiben. Online haben wir uns dann nicht so gut kennengelernt, wie es wohl sonst der Fall gewesen sein könnte.
Weiterhin in Kontakt geblieben bin ich nur mit einigen Erasmus-Studierenden, die ich während der Einführungswoche kennengelernt habe. Darunter waren (leider) auch viele Deutsche, aber auch Französinnen und Holländerinnen. Während wir alle wieder zurück in unseren Heimatländern waren, haben wir einige Male geskypt, um uns auf dem neusten Stand zu halten, wie wir mit der Situation zurechtkommen und wie unsere Online Kurse laufen.
Sprachkompetenz vor und nach dem Auslandsaufenthalt
Meine Sprachkompetenz hat sich nicht verändert, was auch der OLS Test bestätigt hat. Allerdings hatte ich zuvor schon ein sehr hohes Niveau und so habe ich den Erasmus-Aufenthalt von Anfang an nicht zur Verbesserung meines Englischs angetreten sondern, um Prag als Stadt kennenlernen zu können und wegen der „allgemeinen Erasmus-Erfahrung“, die ich im Bachelor noch nicht gemacht hatte.
Wohn- und Lebenssituation
Eine Unterkunft zu finden, gestaltete sich als schwieriger als gedacht, da die Preise in der Hauptstadt wirklich sehr hoch sind. Man bekommt schnell den Eindruck, dass es einige Agenturen, aber auch Private, gibt, die an Austauschstudenten ordentlich Profit machen und am Ende alles in jedem Zustand überteuert vermieten.
So habe ich einige Wochen gesucht, bis ich kurz nach Weihnachten, tatsächlich über die deutsche Platform WG-gesucht, ein Zimmer gefunden habe. Dort musste ich keine Vermittlungsgebühren und keine Kaution sondern nur eine Anzahlung tätigen. Die Vermieterin lebt schon lange in Deutschland, so konnten wir uns auf Deutsch unterhalten und auch einen Deutschen Vertrag aufsetzen. In Prag hatte ich dann Kontakt mit ihrer Schwester, die für Fragen und Probleme erreichbar war. Meine WG war im Stadtteil Prag 5, also in Smichov bzw. Andel. Den Stadtteil kann ich wirklich empfehlen! Er liegt auf der Burg-Seite etwas südlich davon. Der Standort, wo die Politikkurse stattgefunden haben war in zwei Metro Stationen zu erreichen. Mit der Tram war man auch super schnell am Prager Hauptbahnhof, in der Altstadt oder sonst eigentlich überall, wo man hin wollte. Für schöne Spaziergänge an der Moldau hat sich der Stadtteil ebenfalls angeboten.
Für Bezahlungen etc. habe ich vermehrt meine DKB-Kreditkarte genutzt und konnte auch gefühlt häufiger als in Deutschland damit zahlen. Das Abheben von Kronen war für mich bei eigentlich allen gängigen Tschechischen Banken kostenlos.
Auf Grund von Corona habe ich keine besonderen Freizeitangebote wahrnehmen können. Einige Freunde berichteten von einem Fitnessstudio, das Studententarife angeboten hat und dementsprechend vor der Pandemie beliebt war. Auch die Uni hat wohl Schwimmbad und Fitnessstudio zur kostenfreien Nutzung, allerdings etwas außerhalb der Innenstadt.
Mitte Februar, gleich in der Einführungswoche, habe ich an einer Fahrt nach Kutna Hora organisiert durch das ESN Team teilgenommen. Die Stadt lohnt sich auf jeden Fall! Sie ist berühmt für ihre zwei riesigen Kirchen von denen eine die so genannte „Knochenkirche“ ist.
Insgesamt hat sich das ESN Team viel Mühe für die Einführungswoche gegeben, es waren auch Fahrten für März in Skigebiete und nach Polen geplant, die dann leider ausfallen mussten. Während eines „normalen“ Erasmus-Semesters ist aber denke ich ein sehr gutes Freizeitangebot dort gegeben!
Ende Februar habe ich noch einen selbstorganisierten Ausflug nach Brno (Brünn) mit dem Bus gemacht. Mit der ISIC Karte, die sich auch ansonsten sehr lohnt (kostet 200 CZK, hier weitere Infos), hat die Fahrt, hin und zurück, nur knapp 3,5 Euro gekostet. Denn RegioJet bietet mit der Karte 70% Rabatt. So wäre ich sicherlich noch in einige weitere Tschechische Städte gefahren und auch nach Wien und Bratislava.
Weitere Rabatte bekommt man mit der ISIC auch in Prag selbst, das Studententicket für den ÖPNV (jedoch nur bis 26 Jahre möglich) kostet für drei Monate 360 CZK (aktuell etwa 13,50 Euro), man kann es auch nur Monatsweise kaufen für 130 CZK (4,85 Euro).
Die Lebenshaltungskosten sind grob geschätzt 20% weniger als in Potsdam/Berlin. In Supermärkten kann man günstig kaufen, wenn man sich die Preise umrechnet, denn manchmal gibt es schon einige teure Produkte und bei Lidl, den es tatsächlich oft und mit quasi-deutschen Produkten gibt, kostet das meiste gleich viel, wie in Deutschland. Weitere große Supermärkte sind Albert, Billa und Tesco.
Extrem günstig ist natürlich das Bier, was durchschnittlich unter 2 Euro kostet. Auch Cocktails und andere alkoholische Getränke sind in den meisten Bars viel günstiger als in Deutschland, Softdrinks etc. dementsprechend auch. So kann man für einem Restaurantbesuch mit Hauptgericht, einem Getränk und Trinkgeld 10 Euro einplanen. Weniger und mehr ist natürlich auch möglich.
In Prag findet man eigentlich alle Restaurants, die sich in einer Großstadt finden können, es gibt landestypische Küche (natürlich sollte man herausfinden, wo die Einwohner selbst auch essen und nicht nur die Touristen-Restaurants auswählen), Italiener, Asiaten und auch einige vegane Restaurants.
Außerdem gibt es tausend hübsche Cafés mit leckerem Kaffee und kleinen Snacks oder Kuchen. Hier variieren die Preise schon mal, in der Innenstadt kann ein Stück Kuchen gern mal 100 CZK kosten, in Randbezirken auch mal nur 50 oder 55 CZK. Für Cappuccino habe ich meist 60-70 CZK gezahlt.
Studienfach: M.A. Verwaltungswissenschaft
Aufenthaltsdauer: 02/20-06/20
Gastuniversität: Univerzita Karlova
Gastland: Tschechien
Rückblick
Auch, wenn ich während Corona in Prag war, kann ich es jedem nur empfehlen! Durch die Nähe zu Berlin und Brandenburg waren viele wahrscheinlich schon mal dort, aber die Stadt bietet weitaus mehr als nur ein Party-Wochenende mit günstigem Bier. Kultur und einfach nur die Sonne in den zahlreichen Parks bei bester Aussicht auf die Wahrzeichen genießen sollte definitiv nicht zu kurz kommen!
Ich werde definitiv immer wieder zurückkommen, um den Rest auf meiner To-Do-Liste abzuarbeiten, es stehen auch noch einige Städte und Ausflugsziele im Umkreis darauf. Mit der ISIC und dem ÖPNV ist das meiste davon super einfach und kostengünstig zu erreichen.
Als Tipp kann ich noch mal mitgeben, dass man sich bei der Zimmer-Suche Zeit nehmen sollte, damit nicht schon ein Großteil der Erasmus-Förderung für die Vermittlungsgebühr drauf geht.
Auch die Uni selbst hat bei mir einen sehr guten Eindruck hinterlassen, die Kursauswahl ist riesig und ich hatte wirklich nirgends negative Erfahrungen bzw. Probleme.