Vorbereitung des Auslandsaufenthaltes
Es ist offensichtlich, dass das Studienjahr 20/21 in fast allen europäischen Ländern aufgrund der Corona-Pandemie anders als gewohnt war. Insbesondere durch die nötige Umstellung auf die Online-Lehre wurde unser Studienerlebnis und alles rund um das Uni-Leben maßgeblich verändert und das schließt auch ein Auslandssemester mit dem Erasmus+ Programm ein. Im Folgenden berichte ich von meinem Aufenthalt in Prag und dem Studium an der Karls-Universität in dieser Zeit und möchte vorab darauf hinweisen, dass meine Erfahrungen ebenfalls maßgeblich durch diese Umstände beeinflusst wurden. Deswegen möchte ich die interessierten Studierenden, die dies lesen und ebenfalls in Zukunft an einem Auslandssemester an dieser Uni interessiert sind, darauf hinweisen, die gegebene Situation im Hinterkopf zu behalten. Ich berichte hierbei von meinen Erfahrungen an der Karls-Universität in den Zeiten einer sehr dynamischen Situation, wodurch vor allem typische kulturelle Erfahrungen, die Studierenden gerne machen, eingeschränkt wurden. Dennoch hoffe ich, mit meinen Erfahrungen hinsichtlich einiger Fragen weiterhelfen zu können.
Da ich bereits während meines Bachelor-Studiums an einem Austausch mit dem Erasmus+ Programm teilgenommen habe, war ich mir vorab schon bewusst, welche Aufgaben zur allgemeinen Vorbereitung auf mich zukommen. Dennoch gab es auch hier im Rahmen der Covid-19 Pandemie einige Besonderheiten, die zu beachten waren. Das International Office hat im April begonnen die zwei üblichen Infoveranstaltungen (auch pre-Pandemie) online per Zoom-Meeting abzuhalten, uns dabei mit den nötigen Informationen versorgt und versucht, all unsere Fragen hinsichtlich eines Auslandsaufenthaltes während der Pandemie im Rahmen ihrer Möglichkeiten zu beantworten. Aufgrund der sehr dynamischen Situation (insbesondere auch in den Gastländern) waren diese Informationen teilweise sehr unterschiedlich und konnten sich auch kurzfristig ändern. Dennoch hat das International Office versucht uns dahingehend aufzuklären, ob und wie ein Auslandsaufenthalt vor Ort möglich sein könnte und war jederzeit für Fragen erreichbar. Das Grant Agreement wurde uns auf postalischem Weg zugesendet (anders als wie üblich am Ende der 2. Informationsveranstaltung). Zu diesem Zeitpunkt war die pandemische Lage in der Tschechischen Republik noch weitestgehend unter Kontrolle, sodass ein Aufenthalt vor Ort grundsätzlich möglich war. Diese Möglichkeit nahm ich auch wahr, um trotz allem eine Austauscherfahrung vor Ort machen zu können. Nach meiner Nominierung wurde ich im April ebenfalls von der Austauschkoordinatorin der Karls-Universität per Mail angeschrieben und über den weiteren Bewerbungsablauf informiert, was mich sehr positiv überraschte, da ich so nicht lange selbst suchen musste. Im Folgenden erhielten wir bereits eine Übersicht mit voraussichtlich verfügbaren Kursen, mit der wir unser Learning Agreement rechtzeitig planen konnten. Die Bewerbung selbst läuft sehr unkompliziert online über ein Portal ab, bei dem auch gleichzeitig ein Learning Agreement durch die Universität erstellt wird. Normalerweise wird diese Bewerbung dann ausgedruckt und per Post zur Universität geschickt, jedoch konnten wir das diesmal ganz einfach per E-Mail erledigen.
Studium an der Gastuniversität
Da sich die Corona-Lage zu Beginn des Semesters im September verschlechtert hatte, wurde kurzfristig entschieden, die Kurse doch nur online abzuhalten, anstatt wie ursprünglich vorgesehen in Hybrid-Funktion. Diese Nachricht wurde uns am Tag der Anreise mitgeteilt, was bei mir zunächst Fragen aufwarf hinsichtlich der Möglichkeit eines weiteren Aufenthalts. Nach weiteren Informationen durch die Universität habe mich dennoch dazu entschieden, den Aufenthalt in Prag fortzusetzen und meine Kurse von meinem Zimmer im Studentenwohnheim aus zu verfolgen. Die Anforderungen in den Kursen waren insgesamt eher von der lehrenden Person abhängig. Der Großteil der angebotenen Master-Kurse sah eine Teilnahmeleistung, wie etwa eine Präsentation, Textzusammenfassungen oder Buchrezensionen vor, sowie eine Prüfungsleistung in Form von Essays, schriftliche oder mündliche Klausuren. Der Aufwand bzw. der Schwierigkeitsgrad der Prüfungen in den jeweiligen Kursen waren teilweise jedoch sehr unausgeglichen, sodass relativ früh geplant werden musste, wie viel Aufwand für welche Kurse aufgebracht werden soll. Die Leistungsbewertung durch die DozentInnen war insgesamt sehr positiv. Insbesondere in den Kursen mit hohen Anforderungen fiel die Gesamtbenotung sehr gut aus, sodass ich letztendlich das Gefühl hatte, dass sich die Mühe bezahlt machte. Außerdem erfolgte die Benotung innerhalb kürzester Zeit und war über das zentrale System SIS einsehbar. Ein Punkt, der mir in Bezug auf die Betreuung bzw. die Unterrichtsvorbereitung negativ aufgefallen ist, ist eine geringe Nutzung von zentralen Online-Plattformen wie Moodle, zur allgemeinen Kommunikation und der Verteilung der Arbeitsmittel. Die Universität verfügt zwar über Moodle-Plattformen, in denen die meisten Kurse sporadisch angelegt sind, jedoch wurde die Seite nur von einer meiner DozentInnen intensiv im Laufe des Semesters gepflegt und genutzt, sowohl für die Literaturen als auch für organisatorische Kommunikation. Die anderen DozentInnen waren vorwiegend per E-Mail erreichbar und das Lehrmaterial über das zentrale SIS-System verfügbar, wodurch eine zentrale Bündelung aller unterrichtsbezogener Kommunikation verkompliziert wurde. Dies führte öfters zur Misskommunikation, bei denen wichtige Informationen entweder nur verbal in den Online-Vorlesungen mitgeteilt wurden oder relativ spät per E-Mail. Ich denke, dass dies vor allem der Online-Lehre geschuldet ist, wodurch die Wichtigkeit einer gebündelten Online-Kommunikation offensichtlicher wird, im Gegensatz zum Präsenzunterricht, bei der eine kurze Rücksprache mit den DozentInnen besser möglich ist und vor allem ein besserer Kommunikationskanal zu den anderen Studierenden besteht.
Kontakt zu einheimischen und internationalen Studierenden
Der Kontakt zu einheimischen Studierenden ist generell schwer herzustellen, da die englischsprachigen Kurse zumeist von ausländischen Studierenden besucht werden und auch bei der Vergabe von Zimmern in den Studierendenwohnheimen die Erasmus-Studenten häufig zusammen eingeteilt werden. Aufgrund der Einschränkungen durch die Pandemie und bedingt durch die Online-Lehre wurde diese Tatsache weiterhin bestärkt, sodass ich leider berichten muss, dass ich abgesehen von ein paar Diskussionsrunden online in einigen ausgewählten Kursen keinen Kontakt zu einheimischen Studierenden hatte. Hinzu kommt, dass bis auf Ausnahmen, ab Oktober alle einheimischen Studierenden mit Wohnsitz im Land aus den Wohnheimen ausziehen mussten, sodass tatsächlich nur die ausländischen Studierenden vor Ort blieben. Der Kontakt zu den ausländischen Studierenden war um einiges leichter herzustellen. Insbesondere, da zu Beginn des Semesters vor den Einschränkungen noch ein paar Veranstaltungen der Welcome Week stattfanden, wie zum Beispiel Führungen durch Prag oder Ausflüge in andere (sehr schöne) tschechische Städte, bei denen man noch ein paar Kontakte knüpfen konnte. Da später persönliche Treffen nur noch eingeschränkt möglich waren, habe ich vor allem zusammen mit meiner türkisch-belgischen Mitbewohnerin viele Dinge unternommen. Mit ihr habe ich mich sehr gut verstanden, aufgrund einiger Gemeinsamkeiten und wir werden auch in Zukunft in Kontakt bleiben. Weitere enge Kontaktpersonen waren drei Studierende aus Rumänien und Deutschland. Grundsätzlich ermöglicht die Universität viele gemeinsame Treffen für Erasmus-Studierende, wie Filme-Abende, Theaterbesuche, Ausflüge in die Umgebung, Pub-Besuche etc., die natürlich aufgrund der Situation auf der Strecke bleiben mussten. Deswegen bin ich sehr zufrieden, dass ich trotz allem die Möglichkeit hatte, ein paar Kontakte zu knüpfen.
Wohn- und Lebenssituation
Während des Bewerbungsprozesses im April konnte man ebenfalls den Wunsch äußern in einem der Studierendenwohnheime unterzukommen. In Prag werden vier verschiedene Wohnheime für Erasmus-Studierende angeboten, bei denen man sich grundsätzlich ein Zimmer und Badezimmer mit einer weiteren Person teilt, sowie eine gemeinsame Küche mit weiteren Zimmern. Die Miete wird monatlich an der jeweiligen Rezeption gezahlt und beträgt ca. 145 €. Ich wurde im Wohnheim Hostivar untergebracht, das in Prag 10 liegt und ca. eine halbe Stunde von der Stadtmitte entfernt ist. Das Wohnheim befindet sich in unmittelbarer Nähe zu den Tram-Linien 22/26, welche auf dem direkten Weg zu zentralen Orten und den Universitätsgeländen in der Innenstadt führen. Im Wohnheim direkt gibt es die Möglichkeit, unten an der Rezeption gegen einen geringen Aufpreis Zugang zu den zahlreichen Räumen mit den Waschmaschinen und einem Staubsauger zu erhalten, was ich persönlich als etwas lästig empfand, aufgrund des logistischen Aufwands, jedoch durch die Strukturierung des Wohnheims nicht zu umgehen war. Das öffentliche Verkehrsmittelsystem in Prag ist sehr gut ausgestattet und man erreicht über zahlreiche Bus-und-Tramlinien und den drei zentralen Metro-Linien jeden Winkel in der Stadt. Fahrkarten erhält man an den meisten Bahnhöfen und auch in den Bussen und Trams (Bezahlung über einen Automaten per Bankkarte möglich). Als Studierende an der Karlsuniversität erhält man außerdem über seine bereitgestellte ISIC-Karte Ermäßigung bei den Tickets. Ich selbst habe mir damit während meines Aufenthaltes an der Metrostation „Mustek“ Langzeittickets über drei Monate für umgerechnet 14€ gekauft, mit denen ich wie mit einer Monatskarte jedes Verkehrsmittel unbegrenzt benutzen konnte. Hinsichtlich Krankenversicherung habe ich mich vor meinem Aufenthalt dazu entschieden, eine Auslandskrankenversicherung für den gesamten Zeitraum abzuschließen. Normalerweise ist dies als EU-Student/In nicht unbedingt nötig, da man über die Europäische Krankenkassenkarte versichert ist. Jedoch wurde diesmal von der Karls-Universität ausdrücklich gefordert eine Krankenversicherung mit Versicherung gegen Covid-19 vorzuweisen, sodass ich mich zu diesem Zusatzschritt entschieden habe. Freizeitangebote waren in diesem Semester logischerweise wenig bzw. nur eingeschränkt vorhanden. Die Erasmus-KorrdinatorInnen haben dennoch versucht, uns Studierenden einige Angebote zu machen. Dazu gehörten vor allem Online-Aufführungen von Theaterstücken, deren Links uns bereitgestellt wurden. In der Vorweihnachtszeit wurde für kurze Zeit der Lockdown wieder aufgehoben, was den Besuch von Museen und Restaurants wieder ermöglichte.
Studienfach: Verwaltungswissenschaften
Aufenthaltsdauer: 09/20 - 02/21
Gastuniversität: Univerzita Karlova
Gastland: Tschechien
Rückblick
Rückblickend kann ich sagen, dass ich in diesem Semester an der Karls-Universität einige Erfahrungen gemacht habe, die sich von den Vorherigen sehr unterschieden haben. Dennoch hatte ich die Möglichkeit, für einige Monate in einer Stadt zu leben und auch zu studieren, die sonst sehr für ihre starke Anziehungskraft für Touristen bekannt ist. Durch die allgemeine Lage war die Stadt fast frei von Touristen und somit werte ich es als eine besondere Erfahrung und einzigartige Möglichkeit, die Stadt in einer anderen Atmosphäre erlebt zu haben. Allen nachfolgenden Studierenden kann ich daher sagen, dass diese Stadt definitiv einen Aufenthalt wert ist, da sie kulturell sehr viel zu bieten hat und auch für Studierende preiswert ist. Wenn sich in Zukunft also die Lage wieder verbessert, wird es vor allem im Bereich Freizeitaktivitäten mehr Angebote geben, die dann hoffentlich auch wieder mit mehreren Personen gemeinsam erlebt werden können. Abschließend möchte ich noch darauf hinweisen, dass ich im Allgemeinen sehr von dem Engagement der Universität und insbesondere den Erasmus-KoordinatorInnen begeistert war, da sie trotz allem versucht haben, uns Möglichkeiten der Erfahrung zu bieten und bei Fragen und Unsicherheit zu jeder Zeit erreichbar waren. So hat die Universität z.B. vor der Weihnachtszeit und gegen Semesterende allen ausländischen Studierenden ein kostenloses Test-Angebot für Covid-19 aus den eigenen Universitäts-Kapazitäten angeboten, um uns zu schützen und gleichzeitig ein Weihnachtsfest mit der Familie zu ermöglichen. Durch die ununterbrochene Kommunikation über die neuen Entwicklungen und den starken Einsatz bei allen Problemen habe ich mich sehr gut aufgehoben und informiert gefühlt.