Vorbereitung des Auslandsaufenthaltes
Nach meinem Entschluss, ein Erasmus-Semester in Spanien zu absolvieren, fiel meine Wahl schnell auf die Universidad de Zaragoza, für die als Austauschkoordinator Herr Professor Zimmermann zuständig ist. Über ihn und seine Mitarbeiterin Frau Schiller läuft der gesamte Bewerbungsprozess, der auf der Webseite https://www.uni-potsdam.de/de/ls-zimmermann/erasmus gut erklärt wird. Sie boten vorab auch ein hilfreiches Zoom-Meeting an, um offene Fragen zu klären. Generell empfehle ich jedem, alle möglichen Info-Angebote, wie z. B. die sehr detaillierte Erasmus-Seite https://www.uni-potsdam.de/de/international/outgoing/studium/erasmus, die International Week oder auch individuelle Beratungen des International Office wahrzunehmen. Am Ende fühlte zumindest ich mich sehr gut vorbereitet. Nachdem die Bewerbung in Deutschland abgeschlossen war, ging in der weiteren Vorbereitung alles relativ einfach – man bekommt zeitnah vom dortigen Austauschkoordinator eine Mail mit allen wichtigen Informationen und Links hinsichtlich der Anmeldung, Fristen, Fächer, etc. Im Voraus muss man einzig ein Online-Formular zur Registrierung für Erasmus-Studenten ausfüllen, alles andere wird dann vor Ort geregelt, wie z. B. den Stundenplan zu erstellen. Dafür wählt man sich dann die Kurse und lässt sie im International Office eintragen. Schließlich bleibt noch, das (vorläufige) Learning Agreement anzufertigen, wofür man die Kursübersicht (https://estudios.unizar.es/estudio/asignaturas?anyo_academico=2022&estudio_id=20220132¢ro_id=102&plan_id_nk=421&sort=curso) zur Hilfe nehmen kann. Zur Anreise sei gesagt, dass es in Zaragoza nur einen sehr kleinen Flughafen gibt, der von Deutschland aus nicht angeflogen wird. Man muss daher über Madrid oder Barcelona reisen und von dort per Bus (ALSA) oder Zug (Renfe oder Ouigo, oft sehr günstig) weiter nach Zaragoza fahren.
Studium an der Gastuniversität
Die Universidad de Zaragoza hat mehrere Campus, wobei die Jurafakultät auf dem Campus San Francisco liegt. Nach Anfang des Semesters hat man ca. zwei Wochen Zeit, um sich die verschiedenen Kurse anzuschauen und auszuprobieren, bevor man sich dann endgültig festlegt. Das kann sinnvoll sein, weil u. U die Zeiten nicht passen oder einem ein anderes Fach mehr zusagt. Das Studiensystem in Spanien unterscheidet sich wesentlich von dem in Deutschland. Alles erinnert zunächst mehr an die Schulzeit, da es zum einen kleinere feste Gruppen gibt und der Kontakt zu den Professorinnen und Professoren familiärer ist als in Deutschland. Zum anderen gibt es in jeder Vorlesung einen vierstündigen theoretischen und einen zweistündigen praktischen Teil (wie Vorlesung und AG), in dem man sich beteiligen muss und es Gruppen- sowie Einzelhausaufgaben gibt (oft Falllösungen). Diese sog. „Evaluación continúa“ ist nicht Pflicht, ist man aber anwesend, arbeitet kontinuierlich mit und besteht sie, nimmt der Umfang der Endklausur etwas ab und die erlangte Teilnote wird dann mit der Note der Semesterabschlussklausur verrechnet. Unterrichtet wurde ausschließlich auf Spanisch und auch die Klausuren mussten auf Spanisch geschrieben werden. Die Dozierenden waren stets freundlich sowie offen und haben meiner Meinung nach auch auf die Erasmus-Studierenden Rücksicht genommen, z. B. konnte ich eine schriftliche Abschlussklausur durch eine mündliche Prüfung tauschen, die in diesem Fall einfacher war. Auch allgemein ist die Atmosphäre zwischen Studenten und Professoren an der Uni sehr angenehm und ich habe mich von Anfang an wohlgefühlt.
Kontakt zu einheimischen und internationalen Studierenden
Die Erasmus-Organisation AEGEE (https://www.aegee-zaragoza.org/programa-tutor) bietet das „Buddy Pair“-Programm an, das sich lohnt, um besonders die ersten Tage und Wochen jemanden zu haben, der sich an der Uni und in der Stadt schon auskennt. Mein Buddy gab mir beispielsweise viele Tipps zum Uni- und Nachtleben und teilte auch Skripte aus vergangenen Kursen mit mir. In der Uni ist es insgesamt ziemlich leicht, spanische Studierende kennenzulernen. Ich wurde immer sehr freundlich aufgenommen, auch wenn ich manchmal der einzige Erasmusstudent in einer „Klasse“ war. Engeren Kontakt zu knüpfen war dann aber doch schwieriger, da die meisten schon feste Freundesgruppen hatten. Andere Erasmusstudierende lernt man jedoch sehr schnell kennen, sowohl an der Uni (auch wenn man manchmal der Einzige ist) als auch durch die unzähligen Veranstaltungen von ISA (https://isazaragoza.es)und Happy-Erasmus Zaragoza, vor allem in den ersten Wochen (Kennenlernabende, Partys, Ausflüge). Besonders hervorzuheben sind wegen der Kontaktmöglichkeiten und des Preis-Leistungs-Verhältnisses die organisierten Reisen. Diese dauern meistens mehrere Tage (bspw. Valencia, Salamanca, Porto, Marrakech) und finden in der Regel am Wochenende oder Brückentagen statt. Allerdings gibt es auch Tagesausflüge in die Pyrenäen zum Wandern, in die Bergdörfer oder Kloster, wie z. B. das Monasterio de Piedra.
Sprachkompetenz vor und nach dem Auslandsaufenthalt
Mein Spanisch-Niveau war bereits vor dem Auslandsaufenthalt ziemlich gut, hat sich im Rückblick aber nochmals verbessert, besonders im Hinblick auf das Sprechen und Verstehen. Nichtsdestotrotz ist es gerade am Anfang schwierig gewesen, den Vorlesungen zu folgen, und ich fühlte mich etwas überfordert. Hat man sich aber erstmal gewöhnt und kennt die fachspezifischen Vokabeln, kommt man gut durch die Zeit. Natürlich ist es nicht notwendig, schon besonders gut Spanisch sprechen zu können, da auch (kostenpflichtige) Intensivkurse zum Semesterstart angeboten werden und man einfach durchs Sprechen im Alltag in die Sprache hineinfindet. In Zaragoza ist man praktisch gezwungen, sich auf Spanisch zu verständigen – die Stadt ist nicht so touristisch wie z. B. Barcelona, wo an jeder Ecke Englisch gesprochen wird. Außerdem sprechen auch viele andere Studierende neben Englisch auch Spanisch, sodass man seine Spanischkenntnisse leicht ausbauen kann. Was meines Erachtens aber schwierig ist, ist, ohne Sprachkenntnisse in Zaragoza Jura zu studieren, da die Vorlesungen, Übungen und Prüfungen auf Spanisch absolviert werden.
Wohn- und Lebenssituation
Die Wohnungssuche gestaltete sich in Zaragoza deutlich einfacher als in Deutschland. Einerseits besteht die Möglichkeit, schon im Voraus ein Zimmer zu mieten, um es bei der Ankunft sicher zu haben – wobei man auch Pech haben kann. Andererseits, und das haben die Meisten gemacht, mietet man die Unterkunft erst vor Ort. Viele Erasmus-Studenten ziehen für ein paar Tage ins Hostel oder AirBnB und begeben sich dann auf die Suche. Hilfreich sind dabei die Internetseiten https://erasmusu.com oder https://idealista.es. Darüber wird auch der Kontakt mit den Vermietern hergestellt, die anschießend leicht über Whatsapp und vor allem oft auch spontan für eine Besichtigung erreichbar sind. Eine bis zwei Wochen vor Semesterbeginn da zu sein ist ausreichend, jedoch ist die Nachfrage zu diesem Zeitpunkt auch sehr hoch. Die Mieten belaufen sich im Durchschnitt und je nach Lage auf 200 bis 450 € warm pro Monat. Die Wohnungen sind dafür in der Regel gut ausgestattet und mehr oder weniger modern. Alle weiteren Lebenshaltungskosten sind abhängig vom Lebensstil, allerdings kamen mir die Preise beim Einkaufen und in Restaurants recht hoch vor (was auch dem Ukraine-Krieg sowie der Inflation geschuldet war). Ob man eine private Krankenversicherung benötigt, ist jedem selbst überlassen, da unsere deutsche Karte grundsätzlich auch in Spanien (EU-Ausland) akzeptiert wird. Ich selber hatte eine solche abgeschlossen und auch benötigt – der Vorteil war, in einer Privatklinik sofort einen Termin zu bekommen. Zaragoza ist zwar eine große Stadt mit mehr als 650.000 Einwohnern, trotzdem ist alles gut zu Fuß zu erreichen. Kennt man erst einmal die „Hauptzonen“ wie das Univiertel, die Altstadt/ das Zentrum sowie die Flussgegend, kommt die Stadt einem fast schon klein vor. Für alle weiteren Wege bietet es sich jedoch an, die die Stadt durchkreuzende Tranvía sowie die Stadtbusse zu nutzen, die bis Mitternacht durchgängig fahren und einen überall hinbringen. Die Preise sind mit 1,40 € bzw. 0,76 € für Karteninhaber (Tarjeta Bus, Tarjeta Lazo) sehr günstig. Generell ist Zaragoza verkehrsmäßig gut angebunden. Am Hauptbahnhof fahren die ICEs Richtung Madrid und Barcelona sowie weitere Züge in andere Teile Spaniens. Außerdem befindet sich dort auch der Fernbusbahnhof. Die Tickets sind häufig sehr günstig zu bekommen – wenn man Glück hat, schon für 9 € pro Strecke. Ich habe die Chance oft genutzt und von dort aus verschieden Ausflüge in den Rest Spaniens unternommen. Aber auch Zaragoza hat viele schöne Ecken wie den Parque Grande oder die Altstadt mit der Basílica. Das Wetter war von Februar bis Juni eine Mischung aus kalt und regnerisch sowie heiß und trocken. Im Februar war es vergleichsweise warm und sonnig, während es von März bis Anfang Mai ziemlich kalt, regnerisch und windig war – genau das Gegenteil, was man sich unter Spanien vorstellt und erhofft. Danach wurde es aber richtig heiß, im Juni stiegen die Temperaturen sogar auf 45 Grad. Der Nachteil an Zaragoza ist dann sicher, dass es kein Meer oder Badeseen gibt, sondern lediglich Freibäder. Spanien ist bekannt für seine Nachmittagsruhe, die „Siesta“. In Zaragoza wird diese besonders intensiv praktiziert, sodass in der Regel viele Geschäfte von 13 bis 17 Uhr geschlossen sind. Abends gibt es dennoch viele Möglichkeiten auszugehen in die unzähligen (Tapas-) Bars und Restaurants. Zu nennen wäre die Altstadt (Casco Antiguo), der Plaza de San Francisco oder auch der „Tubo“. Es gibt darüber hinaus viele Clubs wie das „Kenbo“ oder „Oasis“, welche vor allem von Erasmus-Studierenden besucht werden, da man über die Erasmus-Gruppen kostenlosen Eintritt bekommt. Auch sonst tun die Erasmus-Organisationen (ISA, Happy-Erasmus) viel, um die Austauschstudierenden zusammenzubringen, wie eben Partys und zahlreiche Ausflüge sowohl in Zaragoza als auch weiter weg. Wer Sport machen möchte, kann am Hauptcampus San Francisco außerdem eine Mitgliedschaft im unieigenen Fitnessstudio beantragen, welche einmalig 20€ für ein Semester kostet.
Studienfach: Rechtswissenschaft
Aufenthaltsdauer: 02/2022 - 06/2022
Gastuniversität: Universidad de Zaragoza
Gastland:Spanien
Rückblick
Abschließend kann ich nur empfehlen, für ein Semester ins Ausland zu gehen – auch und gerade während des Jurastudiums. Man lernt viel neues, sowohl in rechtlicher als auch persönlicher Hinsicht, trifft tolle Leute, schließt internationale Freundschaften und sammelt Energie für alles, was danach in Deutschland noch auf einen zukommt. Die Universidad de Zaragoza bietet dabei eine sehr gute Lehre und auch die Stadt eignet sich perfekt zum Leben (wenn man nicht gerade den heißen Sommer dort verbringt). Auch wenn es gerade am Anfang nicht einfach ist und man vielleicht das ein oder andere Mal zweifelt, es lohnt sich auf jeden Fall und hinterher ist man dankbar für die schöne Zeit!