Erasmus+ Erfahrungsbericht - Universitat Rovira i Virgili
Vorbereitung des Auslandsaufenthalts
Vor dem Antritt an der Universitat Rovira i Virgili (URV) sollte man versuchen, einen Spanischkurs zu belegen, da im Master einige Veranstaltungen lediglich auf Spanisch angeboten werden. Die Organisation des Erasmus-Programms bedarf aus meiner Sicht keiner weiteren Vorbereitung, mal sollte sich ggf. schon mal mit dem Vorlesungsverzeichnis auseinandersetzen, um das Learning-Agreement auszufüllen. In der ersten Woche vor Ort muss man sich im International Office melden, welches weitere Formalitäten vorgibt.
Studium an der Gastuniversität
Die Anforderungen an der URV in BWL sind insgesamt geringer als an der Uni Potsdam.
Es gibt viele Haus- und Gruppenarbeiten, sowie Vorträge. Klausuren sind meist weniger umfangreich und zählen auch häufig weniger als die Hälfte der Gesamtnote. Das Klima habe ich als sehr angenehm empfunden und wir haben auch regelmäßig gemeinsam etwas neben der Uni zusammen unternommen. Die Atmosphäre ist entspannt und eher etwas lockerer als in Deutschland. Die Kurse werden auch nie also von mehr als 30 Studenten besucht, was ein Kennenlernen vereinfacht. Die Organisation der Uni ist insgesamt in Ordnung und Moodle wird von den meisten Profs mehr oder weniger aktuell gehalten. Dennoch nicht auf dem Niveau wie in Deutschland. Die Erreichbarkeit und Zuverlässigkeit der Professoren variiert ebenfalls sehr stark. Teilweise wurden Emails einfach nicht beantwortet, erhebliche Verspätungen zu wichtigen Terminen nicht weiter kommentiert usw. Man muss sich eben ein bisschen auf eine spanische Herangehensweise einstellen. Die Bibliothek, WLAN, Cafeteria und Vorlesungsräume am Campus in Reus (Standort von BWL) sind im Großen und Ganzen in Ordnung.Der zuständige Erasmus-Koordinator hingegen ist leider fast gar nicht zu erreichen. Emails verlaufen im Sande, Anrufe werden nicht entgegengenommen, die Sprechzeit ist einmal pro Woche für 2 Stunden; und auch diese werden teilweise nicht eingehalten! Mein Tipp: bei wichtigen Anliegen ins International Office gehen und um Support bitten – dort ist man sehr fix und hilfsbereit.
Kontakte zu einheimischen und ausländischen Studierenden
Der einfachste Weg ein paar Einheimische kennenzulernen ist definitiv durch die Uni. Durch Gruppenarbeiten, Uni-Dinner o.ä. Events lernt man auch ein paar locals kennen. Einfacher ist es jedoch ein paar Gleichgesinnte kennenzulernen. Dies sind natürlich andere Erasmus-Studenten (durch org. Erasmus-Events etc.), aber auch viele Südamerikaner, die ihren kompletten Master an der URV absolvieren. Man befindet sich in einer ähnlichen Situation und freundet sich daher schneller an. Die meisten Erasmus-Studenten kommen aus Italien, gefolgt von Deutschen. Zumindest war das in meinem Semester der Fall.
Sprachkompetenz vor und nach dem Auslandsaufenthalt
Das benötigte Sprachlevel hängt sehr stark von den Kursen ab, die man zu belegen gedenkt. Im Master kann man tatsächlich auch fast gänzlich ohne Spanisch-Kenntnisse durch das Semester kommen, sofern man ausschließlich Englisch-Sprachige Kurse belegt. Zumindest hatte ich auch Kommilitonen, die quasi kein Wort Spanisch konnten. In Tarragona oder Reus sollte man im Zweifel auch mit Englisch überleben, wobei Spanisch natürlich immer hilfreich ist. Sollte man jedoch auch Spanische Kurse belegen, sieht das Ganze anders aus. Hier muss man sich darauf einstellen, dass Paper, Vorlesung, Vorträge und die Klausuren komplett auf Spanisch sind. Ich kam mit A2/B1 Niveau und hatte die ersten 4-6 Wochen stark zu kämpfen, den Anschluss in den VL nicht zu verlieren. Letztendlich gewöhnt man sich aber auch daran und ich konnte die Kurse erfolgreich abschließen. Der Aufwand hierfür sollte aber nicht unterschätzt werden: 1-2 Paper pro Woche müssen zum Teil auf Spanisch abgegeben werden!
Das Englisch-Niveau der Professoren ist teilweise erschreckend schwach und nicht ansatzweise mit dem aus Deutschland zu vergleichen, daher sind in diesen Kursen Spanisch-Grundkenntnisse zwingend notwendig. Auf den Straßen und in den Geschäften reden die Leute Katalan mit einander, jedoch versteht jeder selbstverständlich Spanisch und antwortet auch auf Spanisch, wenn notwendig.
Wohn- und Lebenssituation
Ich wohnte in Tarragona und kann daher nur über die dortige Wohnsituation berichten. Unterkünfte sind in Tarragona recht günstig und im Allgemeinen auch nicht allzu schwer zu finden. Er sollte ausreichen, sich vor Ort (aus dem Hostel o.ä.) umzuhören, bzw. Webseiten zu checken. Mietkosten pro WG-Zimmer sollten in der Regel zwischen 180-280 Euro liegen. Der Standard der Wohnungen ist jedoch nicht mit dem in Berlin zu vergleichen. Zugige Fenster, defekte Heizungen, Wackelkontakte und schlechte Ausstattungen (kein Staubsauger, kein Wasserkocher, etc.) gehören leider zur Regel – muss man sich halt mit abfinden. Aufgrund der überschaubaren Größe ist es nicht allzu wichtig, wo man wohnt. Die Nähe zum Busbahnhof wollte evtl. bedacht werden, wenn der Uni-Campus (wie in meinem Fall) in Reus liegt. Die Busfahrt dauert ca. 15-20min und kostet mit Busfahr-Karte ca. 0,80€ pro Fahrt.
Die Lebenshaltungskosten sind mit denen in Berlin zu vergleichen. Die Freizeitangebote in Tarragona sind überschaubar. In den warmen Monaten bietet sich natürlich der Strand an. Man kann problemlos bis Ende Oktober im Meer schwimmen gehen und sich sonnen! Ansonsten ist der Leben vor Ort recht entspannt und locker. Die Umgebung bietet jedoch viele 1-2 Tagesauflüge an. Mit dem Bus oder Auto kann man nach Cambrills, Salou, Barcelona oder in das bergigere Hinterland Kataloniens, welches im Sommer/Herbst wirklich traumhaft schön ist. Auch Montserrat und weitere Orte sind definitiv einen Besuch wert.
Studienfach: M.Sc. Betriebswirtschaftslehre
Aufenthaltsdauer: 09/2017 - 02/2018
Gastuniversität: Universitat Rovira i Virgili
Gastland:Spanien
Rückblick
Ich hatte eine sehr gute Zeit in Tarragona! Man kann ein sehr gutes halbes Jahr an der Mittelmeerküste verbringen und sein Spanisch verbessern. Ich habe jede Menge coole Leute kennengelernt und würde es daher weiterempfehlen. Man muss sich auf ein Kleinstadt-Leben einstellen, da Tarragona wirklich überschaubar groß ist. Man läuft ständig Leuten über den Weg, die man nach einer Weile kennt. Mir persönlich hat ein halbes Jahr gereicht, da mir nach einer Weile ein wenig die (Großstadt-)Möglichkeiten und Abwechslungen gefehlt haben – aber das sollte jeder für sich entscheiden.