Vorbereitung des Auslandsaufenthaltes
Schon im ersten Semester meines Studiums an der Universität Potsdam habe ich mich über mögliche Auslandsaufenthalte informiert und mich schnell dazu entschieden, das Erasmus+-Programm mit einem Aufenthalt in Spanien auszuwählen. Da die an meiner Fakultät verfügbaren Partneruniversitäten mich nicht überzeugt haben, bewarb ich mich für einen Platz über eine andere Fakultät, was glücklicherweise geklappt hat. Für Teneriffa entschied ich mich, weil ich mir davon eine besondere Erfahrung versprach: die Kanarischen Inseln sind kulturell mehr von Lateinamerika geprägt als das spanische Festland und auch die Universität selbst wirbt auf Ihrer Website mit sehr vielen attraktiven Angeboten, wie Theater, Kino und Sport. Die Kontaktaufnahme mit der Gasthochschule gestaltete sich durchwachsen. Es kam zu Missverständnissen wegen meines Zwei-Fach-Bachelors und die Antwortrate der spanischen Universität war eher dürftig. Rückblickend betrachtet habe ich auch zu viel Zeit damit verbracht, ein von mir perfekt geglaubtes Learning Agreement zu erstellen, denn dieses musste ich noch zwei mal ändern und später kam es ohnehin zu immensen Überschneidungen im Stundenplan, sodass ich bedauerlicherweise beinahe gar nichts von dem belegen konnte, was ich ursprünglich wollte. Positiv hierbei zu erwähnen gilt das International Office unserer Universität: die Ansprechpersonen nahmen stets geduldig auf alle Fragen und Sorgen Bezug und ebenso auf diversen Informationsveranstaltungen vermittelten sie Kompetenz und Gelassenheit. Weniger kommunikativ war man hingegen an meinem Institut: Fragen bezüglich der Anerkennung meiner zu erbringenden Leistungspunkte und der möglichen Fächer wurden mir nicht beantwortet. Auch auf mehrfaches Nachfragen meinerseits blieben meine E-Mails leider unbeantwortet, sodass ich schließlich selbst wählen und hoffen musste, dass die auswärts erbrachten Leistungspunkte meinem Studium zugute kommen würden.
Studium an der Gastuniversität
Die Organisation der Gastuniversität war für mich, sowie auch für viele andere Austauschstudenten, nicht transparent: so wurde der Zeitpunkt der Einführungsveranstaltung sehr knapp vorher angekündigt, und die Beantragung der nötigen Papiere gestaltete sich ebenfalls ziemlich kompliziert. Beispielsweise musste man für viele Angelegenheiten das Büro, welches sich in der Innenstadt von San Cristóbal de La Laguna befindet, aufsuchen. Sinnvoller und praktischer wäre es meines Erachtens, solche wichtigen Einrichtungen in den Campus zu integrieren. Das Studium an sich erinnert in seiner Form sehr an das Lernen in der Schule; auf Anwesenheit wird streng geachtet, Hausaufgaben werden erteilt und erworbenes Wissen wird in Form von Tests geprüft . Die spanischen Kommilitonen wirkten uns Gaststudenten gegenüber oft etwas verschlossen; spricht man allerdings Spanisch und überwindet sich, mit bereits bestehenden Gruppen das Gespräch zu suchen, so ist die Unsicherheit beider Seiten oft schnell überwunden. Der Unterricht und das Lernergebnis an sich ließen zu wünschen übrig, allerdings war das Niveau eines Kurses meist schwer vorher einzuschätzen. Positiv erwähnen möchte ich die Architektur der Universität, die dazugehörigen Parkanlagen sowie die zahlreichen Mensen, die mit preiswerten Tagesmenüs in regulärer, vegetarischer und veganer Variante aufwarten, den unterschiedlichen Bedürfnissen der Studierenden gerecht werden und den Studienalltag somit beispielgebend bereichern. Viele Mitarbeiter der Universität sind äußerst bemüht darum, den Gaststudenten gegenüber freundlich und hilfsbereit zu sein, sodass man sich, auch wenn man sich einmal verloren fühlt, relativ gut aufgehoben weiß.
Wohn- und Lebenssituation
Nachdem ich mehrfach gelesen hatte, dass es nicht sonderlich viel Sinn macht, bereits vor dem Studium online nach Unterkünften zu suchen, buchte ich mir eine Übernachtung in einem Hostel im Süden Teneriffas, wo alle internationalen Flüge stattfinden. Mit der ESN-Card gab es bei Ryanair auf 8 Flüge 15% Rabatt sowie kostenlose Gepäckmitnahme. Ich kam am 3. September an, und hatte somit 13 Tage bis zu Beginn des tatsächlichen Studiums. Genug Zeit, um Grundlegendes zu regeln und sich etwas einzugewöhnen. Ich würde allen Austauschstudenten auch dringend dazu raten, diese Zeit am Anfang zu nutzen, um die Insel besser kennenzulernen und Kontakte mit anderen Austauschstudenten zu knüpfen. Da ich aufgrund des Klimas unbedingt in der Hauptstadt Santa Cruz de Tenerife wohnen wollte, gestaltete sich die Wohnungssuche für mich etwas schwieriger als für diejenigen, die in Wohngemeinschaften in San Cristóbal de La Laguna gezogen sind. Wer vor Ort allerdings fleißig recherchiert und auch diversen WhatsApp-Gruppen wie “TNF International” oder auf Facebook “Erasmus,Sicue, Au Pair Y Gente internacional Tenerife” und “Te lo vendo Tenerife” beitritt, wird schnell fündig werden. Santa Cruz de Tenerife bietet eine breite Auswahl an Aktivitäten, so zum Beispiel das Auditorium, in dem ich für den Preis von sechs Euro eine italienische Oper besuchte, den mit dem Bus erreichbaren Strand “Las Teresitas”, einige Discos und Bars sowie zahlreiche gute Restaurants und Einkaufsmöglichkeiten und nicht zuletzt natürlich den berühmten Karneval am Ende des Monats Februar. Die Stadt ist außerdem durch Straßenbahn und Busse bestens mit San Cristóbal de La Laguna verbunden. Wer Wert auf Party und Studentenleben legt und sich mit kühleren Temperaturen anfreunden kann, der sollte nach San Cristóbal de La Laguna ziehen. Gegen Ende des Semesters zog ein Freund nach Bajamar, einen beschaulichen und warmen Ort, circa 20 Autominuten von der Universität entfernt. Diese Ortschaft bietet außerdem einen der schönsten Strände der Insel, der auch Anfang Februar bei bis zu 27 Grad zum Surfen und Entspannen einlädt, jedoch ist ein Auto aufgrund der mäßigen Anbindung an den ÖPNV dringend ratsam. Ganz egal, wo man am Ende wohnt, man wird immer nah an beeindruckenden Wandermöglichkeiten und Unternehmungen in der Natur sein, denn das ist das, was die Insel letztendlich am meisten ausmacht. Die Lebenshaltungskosten auf Teneriffa sind zudem sehr studentenfreundlich; für gutes Essen und vor allem für das örtliche Nachtleben wird man unerwartet wenig ausgeben. Auch die Spritpreise lagen während meines Aufenthalts konstant unter einem Euro pro Liter; wer sich kein Auto kaufen möchte, kann seine Unternehmungen auch in einem Mietwagen für etwa 10 Euro täglich bewältigen.
Studienfach: Zwei-Fach-Bachelor Kulturwissenschaft und Philosophie
Aufenthaltsdauer: 09/2019 - 02/2020
Gastuniversität: Universidad de La Laguna
Gastland:Spanien
Rückblick
Ich bin sehr froh, diese Erfahrung gemacht zu haben, auch wenn sie gänzlich anders verlief als erwartet. Jedem Naturliebhaber kann ich Teneriffa wärmstens empfehlen; wer sich von seinem Erasmus-Aufenthalt allerdings viele Feiern erhofft, dem lege ich in Spanien eher Hotspots wie Valencia, Madrid und Barcelona ans Herz. Mein Studium hat der Auslandsaufenthalt leider nicht nennenswert bereichert, doch für meine persönliche Entwicklung möchte ich ihn keinesfalls missen.