Vorbereitung des Auslandsaufenthaltes
Dank des Erasmus-Programms verbrachte ich das Wintersemester 2024/2025 in Südspanien, in der schönen Stadt Granada.
Da ich an der Universität Potsdam Jura studiere, ist die Bewerbung über das Team des Erasmus-Koordinators der Juristischen Fakultät gelaufen. Das ging schnell und unkompliziert: Im Dezember habe ich meine Unterlagen (Lebenslauf, Motivationsschreiben und Notenübersicht) abgeschickt und im April hatte ich schon die Zusage der Universität Granada.
Der langwierige Teil kam erst später. Das lag daran, dass die Universität in Spanien nicht die Plattform OLA nutzt, auf der man einfach und digital ein Learning Agreement erstellen kann, sondern alles manuell oder per E-Mail und Scans gemacht wird. So musste ich einige Male mit der Universität in Granada telefonieren, um zu erfahren, ob ich mir die Kurse aussuchen durfte, die mich am meisten interessieren. Da ich auch Kurse aus anderen Fakultäten wählen wollte (was ich nur empfehlen kann, wenn es die eigene Fakultät erlaubt), war es für die Mitarbeiter der Jurafakultät etwas umständlich, mit den anderen Fakultäten Kontakt aufzunehmen, um herauszufinden, ob in den entsprechenden Veranstaltungen noch Plätze für Erasmusstudenten aus anderen Fakultäten frei waren. So kam es, dass ich mein Learning Agreement erst eine Woche vor Beginn der Vorlesungen fertig hatte, was mich etwas ungeduldig machte.
Wichtig zu erwähnen ist aber, dass auch wenn die Organisation nicht so reibungslos wie in Deutschland abläuft, die Leute an der Uni alle zugänglich, nett und hilfsbereit sind und letztendlich alles sehr persönlich und locker geregelt wird. Es besteht also kein Grund zur Panik, wenn etwas länger dauert oder man ein paar Mal anrufen muss.
Ich bin zwei Wochen vor Vorlesungsbeginn mit dem Zug angereist. Obwohl es von Berlin aus ein paar Tage dauert, kann ich es nur empfehlen, da man durch viele verschiedene Regionen fährt und so viel zu sehen bekommt; zudem funktionieren die Züge in Spanien sehr gut und sind immer pünktlich. Um die Reise nicht ganz so anstrengend zu gestalten, nutzt man am besten ein Interrail-Ticket und macht ein paar Zwischenstopps.
Studium an der Gastuniversität
Als die Uni endlich losging, kannte ich die Stadt schon ziemlich gut und hatte die verschiedenen Campus der Uni, die über die ganze Stadt verteilt sind, schon erkundet. Das kam mir zugute, denn ich belegte verschiedene Kurse (Politik, Geschichte, Philosophie, Kriminologie und Jura) und besuchte deshalb drei verschiedene Fakultäten. Das war eine interessante Erfahrung: Ich habe viel gelernt und einen Einblick in verschiedene Fakultäten bekommen. In der Stadt kann man fast alles zu Fuß erreichen. So war es für mich kein Problem, von einer Vorlesung zur nächsten zu laufen. Das musste ich auch, denn in den meisten Kursen gab es eine Anwesenheitspflicht, die mit einem Anteil von 10 Prozent in die Note einging.
Die Vorlesungen unterschieden sich sehr von dem, was ich aus Deutschland kenne. Vielleicht lag es aber auch daran, dass ich nur eine einzige Jura-Vorlesung hatte. Auf jeden Fall war die Anwesenheitspflicht etwas Neues für mich, aber da die Vorlesungen Spaß machten und sehr interaktiv waren - mit Diskussionen, Präsentationen und kleinen Projekten - ging ich gerne zur Uni. Neu waren auch die persönlichen Tutorien der Professorinnen und Professoren, die von vielen Studierenden auch in Anspruch genommen wurden. Insgesamt waren die Lehrenden sehr ansprechbar und immer nett.
Für mich als spanische Muttersprachlerin war es schön, wieder in meiner Sprache zu studieren, daher kann ich nicht beurteilen, welches Niveau zum Verstehen und Folgen der Vorlesungen notwendig ist. Aber selbst bei den Erasmus-Studierenden, die erst dort Spanisch lernten, hatte ich den Eindruck, dass sie den Vorlesungen meistens gut folgen konnten. In den Klausuren haben die Professoren und Professorinnen immer Wörterbücher erlaubt und manchmal sogar extra Arbeiten für angeboten, die aufgrund der Sprache nicht so gute Noten in den Prüfungen erhielten.
In den Prüfungen haben die Professorinnen und Professoren immer Wörterbücher zugelassen und manchmal sogar Zusatzarbeiten für diejenigen angeboten, die aufgrund der Sprache nicht so gute Noten in den Prüfungen erhielten.
Noch ein Wort zu den Evaluationen: Die Art der Prüfungen hängt von den Professoren und Professorinnen ab. So gibt es einige, die jeden Monat eine Klausur anbieten, aus der sich dann die Gesamtnote ergibt, andere hingegen bieten eine kleine Klausur vor den Weihnachtsferien und eine größere am Ende des Semesters an. In jedem Fall bleibt immer genug Freizeit, um am Wochenende die südspanische Sonne zu genießen.
Wohn- und Lebenssituation
Granada ist eine der Städte mit den meisten Erasmus- und Austauschstudierenden. Laut der Uni waren wir zu Beginn des Wintersemesters ca. 1.300 und das merkt man auch in der Stadt und an der Uni.
Daher kann ich empfehlen, rechtzeitig mit der Wohnungssuche zu beginnen. Ich selbst habe das bis Juli gemacht und dementsprechend waren weniger Angebote auf dem Markt. Trotz der Beliebtheit bei internationalen Studenten war es für alle relativ einfach, eine bezahlbare Wohnung zu finden. Die Preise variieren sehr stark, aber man kann schon für ca. 300 Euro etwas Schönes im Stadtzentrum finden.
Durch Seiten wie Idealista oder Piso Compartido finden die meisten Studenten ihre Zimmer oder Wohnungen in Spanien und in Granada gibt es oft sehr internationale WGs mit lateinamerikanischen oder spanischen Mitbewohnern. Ich selbst habe mit zwei Mexikanerinnen zusammengewohnt und hatte ein schönes Zimmer in einer alten Wohnung im Zentrum für nur 320 Euro. Es gibt auch einzelne - etwas teurere - Häuser, die explizit nur an Erasmusstudenten vermietet werden. Dort wird zwar oft nicht so viel Spanisch gesprochen, aber es ist auch sehr schön, um die Erasmus-Welt in vollen Zügen zu genießen.
Das Leben in Granada ist im Allgemeinen sehr erschwinglich und ich habe oft gehört, dass es eine der günstigsten Städte in Spanien ist und deshalb auch von vielen Spanier*innen gerne zum Studieren gewählt wird. Da Granada eine große Tapas-Kultur hat, ist auch das Ausgehen günstig: Zu jedem Getränk gibt es gratis etwas zu essen. Auch sonst ist das Leben günstiger als in Deutschland, zum Beispiel ist der Almanjáyar-Markt (Sonntagmorgen) einer der beeindruckendsten Orte, um frisches Obst und Gemüse von der nahen Costa Tropical günstig einzukaufen.
Verkehrstechnisch ist Granada mit vielen Bussen und einer Straßenbahnlinie gut vernetzt. Ich persönlich habe Bus und Bahn kaum genutzt, aber für Studenten, die an einer der Fakultäten etwas außerhalb des Zentrums studieren (und keine Lust haben, 30 Minuten zu laufen), gibt es Busse, die mit dem Studentenausweis nur 30 Cent pro Fahrt kosten. Auch um Andalusien zu erkunden oder weiter weg zu reisen, sind die Busse von ALSA die beste Wahl, da die Züge sehr teuer sein können.
Eines der einfachsten Dinge im Erasmus-Leben ist es, Kontakte zu knüpfen. Wenn man an den Einführungsveranstaltungen von ESN teilnimmt und vielleicht ein bisschen vor Vorlesungsbeginn in die Stadt kommt, lernt man viele Leute kennen, die auch neu in der Stadt sind. Auch in den Vorlesungen habe ich schnell Kontakt zu Erasmus- und anderen Austauschstudenten gefunden und gute Freundschaften geschlossen. Mit den spanischen Studenten ist es dagegen schwieriger, in tieferen Kontakt zu kommen: Alle waren sehr nett und hilfsbereit, hatten aber ihre eigenen, sehr festen Freundesgruppen und waren meiner Meinung nach nicht so sehr daran interessiert, sich mit ausländischen Studenten anzufreunden.
Studienfach: Rechtswissenschaften
Aufenthaltsdauer: 09/2024 - 01/2025
Gastuniversität: Universidad de Granada
Gastland:Spanien
Rückblick
Zusammenfassend würde ich meine Zeit in Granada als sehr prägend, spannend und erfüllend beschreiben. Ich habe es sehr genossen, wieder einmal einen sonnigen Winter zu erleben - das Wetter war fast jeden Tag schön -, ganz in die spanische Sprache einzutauchen und die andalusische Kultur kennenzulernen.
Auch so viele unterschiedliche und offene Menschen aus aller Welt kennenzulernen, war sehr inspirierend und ich habe tolle Freundschaften geschlossen, die mich sicher noch lange begleiten werden.
Daher kann ich jeder und jedem nur sehr empfehlen, sich auf eine solche Erfahrung einzulassen. Am Anfang fiel es mir etwas schwer, mein Leben in Deutschland zu verlassen und obwohl es für mich ganz klar war, dass ich dieses Semester in Spanien machen wollte, hatte ich Zweifel, ob es wirklich so gut werden würde, wie ich es mir vorgestellt hatte. Jetzt fällt es mir schwer, mich von Granada zu verabschieden und ich denke, dass ich bald wieder zurückkommen werde. Ich bin mir sicher, dass es euch auch so gehen wird, wenn ihr ein Auslandssemester macht, sei es in Südspanien oder wo auch immer.