Vorbereitung des Auslandsaufenthaltes
Der nachfolgende Bericht handelt von den Erlebnissen im Auslandssemester im Sommer 2020 der spanischen Stadt Almería, welche sich an der Südküste Spaniens befindet. Dieses Jahr war vor allem auch durch die Pandemie des Coronavirus COVID-19 betroffen, welches in erster Linie das Sozialleben einschränkte und die Lehre veränderte.
Bevor ich die Chance bekam, mein Auslandssemester anzutreten, war ich ein unentschlossener, interessierter Student, der aus dem Potsdamer Studienalltag heraus in die Welt wollte und nebenbei ambitioniert das Studium fortsetzen wollte. Eines stand für mich fest, es sollte ins Ausland gehen, um neue Kulturen kennen zu lernen und meinen Horizont auch sprachlich zu erweitern.
So kam mir beim International Day der Uni Potsdam der Gedanke mithilfe des ERASMUS+ Programms und der Mobilitätsförderung ein Semester in Spanien zu bestreiten und die Internetangebote des International Offices halfen mir, mich für 3 Universitäten in unterschiedlichen Standorten zu bewerben. Als guter Begleiter hilft in solchen Fällen das International Office der UP einem sicher weiter und setzt sich auch mit der Gastuni in Kontakt.
Almería betreffend sollte man die ERASMUS Veranstaltungen der Uni Potsdam im Vorhinein besuchen und das Grant Agreement, also den Vertrag zur Mobilitätsförderung, unterzeichnen und die Unterlagen in Form eines Learning Agreements und weiteren wichtigen Dokumenten bereitstellen.
Ein Visum ist für Spanien nicht erforderlich, man sollte stets Reisepass &/oder Personalausweis mit sich führen.
Die Kontaktaufnahme und die Immatrikulation für die Universidad de Almería muss EXTRA nochmal im Online Portal auf www.ual.es unter dem Punkt „Campus On-line“ mit dem Unterpunkt „Campus Virtual“ erfolgen. Mit dem an eure Uni-mail geschickten Benutzernamen und einem Passwort, welches ihr auf der Seite ändern MÜSST, könnt ihr nun auf die Online-Dienste der Universidad de Almería (UAL) klicken.
Die Uni verlangt als Bewerbung, dass man den Reisepass, Personalausweis hochlädt, ebenso, wie eine Auslandskrankenversicherung, welche man in Deutschland abschließen muss. Als letztes muss man das Learning Agreement before moblity hochladen.
Für alles gibt es Fristen und viele Erinnerungen, damit es auch der unorganisierteste Student schafft, alles rechtzeitig zu liefern.
Eine Beurlaubung im Semester ist optional.
Studium an der Gastuniversität
Der Campus ist sehr schön und nach ca. 2 Wochen ist es auch sehr einfach sich zurecht zu finden. Zu Beginn jedoch können die verschiedenen Gebäude noch ein wenig verwirren, es empfiehlt sich also, auch schon eine Woche vor dem Start der Uni den Campus zu erforschen und bestenfalls mit Studenten der Uni die verschiedenen Gebäude kennenzulernen. In der vielseitig gestalteten Einführungswoche der ESN (ERASMUS Student Network), gibt es aber auch eine Campustour.
Die Zeiten der Kurse, welche man vorher bekommt, wurden leider von den Dozenten beliebig geändert, so dass ich zwei Kurse abwählen musste und ich letztendlich nur noch 4 Kurse hatte. Durch Überlappungen und eventuelle Punkteinnbußen empfiehlt es sich, 4 Kurse + evtl. Sprachkurs zu belegen.
Diese fanden mehrmals in der Woche statt, da es jeweils eine Vorlesung und ein Seminar zu jedem Kurs gab. Man hat insgesamt 6 Leistungspunkte erhalten.
Das Niveau der Kurse war sehr unterschiedlich, jedoch einer Universität gerecht und auch nicht zu unterschätzen. Als Student der BWL suchte ich mir die Kurse Mikro und Finanzierung auf Englisch aus, welche gut strukturiert durchgezogen wurden. Diese Kurse hatten ein gutes Lehrkonzept, wurden in den Seminaren durch Zwischentests auch während des Semesters teilbenotet.
Ebenfalls belegte ich ein Vertiefungsmodul und Makroökonomik auf Spanisch. Hier empfiehlt es sich C1 Niveau in der Sprache zu haben, da man sonst wirklich kaum etwas von den Professoren/-innen versteht. Der spanische Dialekt Andalusiens ist eine sehr schnelle Sprache, welche behutsam gelernte Endungsregeln missachtet. Als B2 Sprecher verstand ich in den spanischen Kursen ca 5% jeder Vorlesung und musste so eine Menge zu Hause nachholen.
Man wird zudem auch in Mitarbeit bewertet, da der komplette Unterricht Face-to-Face im Raum erfolgt mit einer Maximalanzahl von 60 Studenten pro Kurs. Ebenso gibt es auch wieder Hausaufgaben, welche zum Zweck der Recherche aufgegeben werden. Es empfiehlt sich, trotz jeder Party, trotz jedem Tag am Strand, am Ball zu bleiben, da die Klausurenphase unglaublich schnell kommt und man so weniger Arbeit hat.
Man kommt schnell und einfach mit dem International Office der Uni in Spanien in Kontakt, in dem man den Online Dienst der Uni nutzt und einen sogenannten CAU schreibt- eine elektronische Nachricht, welche innerhalb 2 Tagen beantwortet wird.
Wohn- und Lebenssituation
Bereits vor dem Start des Semesters aus Deutschland heraus, empfiehlt es sich, die Facebook Gruppen der Uni für Erasmus Leute zu betreten. Dort findet man allerlei Wohnmöglichkeiten. Wem das noch nicht reicht, der kann bei Idealista.com eine Wohnung in der Stadt suchen. Prinzipiell sind immer Wohnungen verfügbar und ich bin, ohne eine zu haben, angereist und habe am selben Tag vor Ort den Mietvertrag für eine der schönsten Wohnungen in „El Zapillo“ unterschrieben. Dieser Stadtteil Almerías ist der Standort, der sich für die Wohnungssuche für ERASMUS Studierende am meisten lohnt. Circa 70% der ERASMUS Leute wohnen hier, es ist direkt am Meer und von der Uni mit dem Bus gut zu erreichen. Auch das Zentrum mit größeren Einkaufsmöglichkeiten oder heiteren Clubbesuchen ist sowohl zu Fuß als auch mit dem Bus innerhalb 15 Minuten zu erreichen. Die durchschnittlichen Mietkosten für ein WG Zimmer belaufen sich zwischen 250-400€ und sind somit günstiger als deutsche Verhältnisse. Es wird eine Kaution bezahlt.
Man lebt in der Hafenstadt Almerías wirklich wunderschön. Es gibt selten Tage, an denen das Wetter schlecht ist, es ist manchmal nur übertrieben windig. Die Sonne beschert einem nicht nur Tag für Tag ein Lächeln und einen unverkennbaren Blick auf das Mittelmeer, sondern bringt abends auch einen unvergesslichen Sonnenuntergang über den Bergen der Sierra Nevada. Im Sommer kann es natürlich auch in dem mediterranen Klima sehr warm werden. Hier hilft dann ein Gang über die Strandpromenade, um sich mit einem Eis bei einer der vielen Lokalitäten abzukühlen oder man geht an den Strand vor der Haustür.
Das ERASMUS Partyleben gibt es natürlich auch, aber das sollte jeder seinem Ermessen nach selbst austesten. Hierfür sind die Bar FunCorner und das LaClasicá ein Paar Tipps. Auch auf dem Campus wird jeden Donnerstag in den Tapas Bars getanzt. Für einen Snack kann man die bar Tío Tom empfehlen (nicht geeignet für Vegetarier/Veganer).
Die Kosten im Monat belaufen sich auf circa 300€+ Miete ohne weitere Kosten. Die Lebensmittelpreise sind äquivalent zu deutschen Preisen. Viele Kosten entstehen jedoch für Angebote der Universität wie Reisen. Z.B Reise nach Marokko, Kurztrips nach Gibraltar… dafür sind nochmal bis zu 300€ im Monat einzuplanen.
Kontakt zu einheimischen und internationalen Studierenden
Kontakte zu ausländischen Studierenden zu knüpfen, gestaltet sich sehr einfach. Alle sind neu, alle sitzen im selben Boot und man sollte seine Schüchternheit nicht mit ins Semester nehmen. Die Studierenden kommen aus aller Welt und so kommt man mit einer Vielzahl von Studierenden aus Mexiko, Italien, Polen, Slowakei, Tunesien, Marokko und vielen mehr in Kontakt.
Da man auch mit der ESN kooperiert, kennt man dann auch viele der dort ansässigen spanischen Leuten, welche alle sehr nett und offenherzig sind.
Man kann sehr leicht und gut die Sprache mit den Spaniern lernen, wenn man möchte. Oft ist man jedoch auch an den Kulturen und Erlebnissen der anderen ERASMUS Teilnehmer/innen interessiert und man spricht vorwiegend Englisch.
COVID-19
Sicherlich habe ich mir nicht die beste Zeit ausgesucht, um ein Auslandssemester genießen zu können. Stattdessen konnte ich mich auf meine persönliche Entwicklung in einer extremen Situation konzentrieren.
Bereits bei meiner Reise nach Spanien und in den ersten Wochen wurde mir klar, dass das Coronavirus COVID-19 sich verstärkt auch in Europa ausbreiten würde. Die Leute kamen gesund aus ganz Europa in Almería zusammen und jeder hatte das Virus im Hinterkopf, jedoch wurde es von der blendenden Schönheit der Atmosphäre am Strand und dem guten Umfeld ausgeblendet. Nun gab es auch Fälle in Spanien und wir hatten uns eingelebt. Viele neue Bekanntschaften geschlossen, man hat Sportabos auf dem Campus abgeschlossen und man begann über das Virus besorgt zu sprechen. Viele Fälle waren es noch nicht im Süden Spaniens. Trotz den ersten Fällen im Süden beschloss ich an der Willkommensfahrt mit 300 Leuten Ende März (also nach 5 Wochen Aufenthalt) teilzunehmen und so noch ein wenig das ERASMUS Gefühl zu haben, teilzunehmen. Das hat sich auch voll gelohnt und die Fahrt war ein guter erster Verbund und gleichzeitig auch ungeahnt eine Abschiedsreise zugleich, denn das Virus bescherte 2 Wochen später den kompletten Regionen einen 2 – monatigen Lockdown.
Durch meinen persönlichen Vorgeschmack des Lockdowns, konnte ich mich bei vielen Bekannten und Freunden nicht verabschieden. Doch entschied ich mich in Spanien zu bleiben und die Erfahrung, den täglichen Blick aufs Meer und ERASMUS 2020 nicht aufzugeben, auch wenn mir klar war, dass es noch lange dauern würde, bis man wieder etwas freier Leben kann.
Nun kam also der offizielle Brief der Uni, dass wir nun Online Veranstaltungen hatten und ein Brief der Regierung, dass man das Haus nun weder zum Spazieren, noch zum Müll wegbringen noch für das Baden im Meer verlassen durfte. Zwei Monate war ich also nun gefangen im Paradies mit dem Blick auf den leergefegten Strand. Dort, wo vorher tausende das Meer genossen, in den Cafés Leute trafen und das Leben stattfand, war nun nichts, außer die Vögel. Die Strände waren voller Treibgut, wenige Leute auf den Straßen und wenn, dann mit Maske und Handschuhen unterwegs. In den ersten Wochen wurden frische Lebensmittel knapp und ich dachte über mögliche Konsequenzen der Pandemie nach.
Die Online-Lehre war erstaunlicherweise in Rekordtempo eingerichtet und so gab es fast übergangslos den Wechsel von Präsenz- zu Onlineveranstaltungen über das Blackboard-Portal. Einige Vorlesungen waren so weit vorangeschritten, dass es nicht nötig war, noch Unterricht zu machen und es wurden die letzten Vorlesungen im Selbststudium erledigt. Ein Grund zur Freude, denn nicht nur hatte ich sinnvolle Tagesbeschäftigung, sondern konnte die spanischen Fächer in meinem eigenen Tempo erarbeiten, was mir in der Folge sehr, sehr viele Punkte bringen sollte.
Die Lehre der Professor/innen verbesserte sich teilweise sogar über die Online-Plattformen, da jedes Verständnis für die Situation aufbringen konnte, teilweise hat man persönlich mit einer kleinen Gruppe auch nach der Vorlesung noch mit der Lehrperson sprechen können (über persönlichere Dinge).
Das Aufgabenpensum der Lehrpersonen für uns Studierende war teilweise deutlich mehr, als das normale Pensum für das Erreichen der ECTS. Die Klausuren waren auch im Onlineformat mit einem sehr sinnvollen Anti-Cheat-Tool- trotzdem waren die Klausuren sehr schwierig.
Letztendlich habe ich alle Fächer bestanden, war mit einer 3,0 in den spanischen Fächern der erfolgreichste ERASMUS Student und hoffe nun, alles anerkennen lassen zu können. Auch meine Sprache hat sich durch das Büffeln während der Zeit in der Wohnung verbessert.
Im Juni wurden die Auflagen zur Pandemie gelockert. Man durfte erst wieder einen Tag spazieren, dann durfte man wieder länger raus, eine Person treffen und letztendlich sogar in eine andere Region fahren. Mit noch da gebliebenen ERASMUS Studierenden aus Polen und der Niederlande, fuhr ich auf verschiedene Wandertrips mit dem nötigen Abstand. Diese Trips waren durch die schöne Wüsten- und Oasennatur Südspaniens gekennzeichnet und zu bewundern. Durch verschiedene Flüsse wateten wir uns den Weg zu abgelegenen Orten und man hatte wieder das Gefühl von einer Freiheit, bevor man beim Erkunden der Stadt wieder mit Abstandsregeln, Masken und Handschuhen konfrontiert wurde.
Studienfach: Betriebswirtschaftslehre
Aufenthaltsdauer: 02/20-06/20
Gastuniversität: Universidad de Almería
Gastland:Spanien
Rückblick
Falls ihr vor habt ein Semester im Ausland zu verbringen oder eine neue Kultur kennenzulernen oder einfach mal raus aus Potsdam zu kommen, dann zögert nicht den Mut zu haben, euch für ein Semester mit ERASMUS+ oder der Hochschulkooperation zu bewerben. Die Erfahrungen, die ihr macht, sind unbezahlbar und schulen euch vor allem im täglichen Leben und der Selbstständigkeit. Man lernt viel in kurzer Zeit und kommt gestärkt wieder zurück mit einer Hand voll Geschichten, die andere voller neuer guter Bekanntschaften. Seid also nicht schüchtern und begegnet den internationalen Kontakten offenherzig und betrachtet ERASMUS als ein Geschenk der Bildung.
Kümmert euch rechtzeitig um alles und seit immer besser zu früh und zu gut organisiert, als zu spät und chaotisch. So kann man auch vielen anderen Studierenden helfen und neue Leute kennenlernen.