Vorbereitung des Auslandsaufenthaltes
Im Sommer 2019 habe ich einen Road Trip durch Mittel- und Osteuropa gemacht. Eine der vielen Stationen war dabei auch die slowenischen Hauptstadt Ljubljana. Die kleine und grüne Stadt hat mich von Beginn an begeistert. Ljubljana hat zwar nur 280.000 Einwohner, dafür aber eine Menge zu bieten! Begeistert hat mich vor allem die Natur. Ljubljana war 2016 die European Green Capital und ist umzingelt von Bergen. Nur 20 min mit dem Bus entfernt finden sich die schönsten Wander- und sogar Ski Routen. Und wer es etwas höher mag – bis in die Alpen dauert es nur 40 min. Außerdem ist Ljubljana der perfekte Startpunkt für Reisen, insbesondere in Richtung Balkan. Zagreb ist nicht weit und ein Ausflug an die slowenische Küste und insbesondere nach Piran lohnt sich. Aber auch kulturell hat „Laibach“ viele tolle Cafés, Ausstellungen und Theater zu bieten. Für mich stand damals fest – ich möchte zurückkommen, mehr Zeit hier verbringen und diese tolle Stadt besser kennenlernen.
Umso glücklicher war ich, als ich erfuhr, dass das Institut für Slawistik unserer Universität eine Kooperation mit der Universität in Ljubljana hat. Also habe ich den zuständigen Professor kontaktiert und den Platz auch sofort bekommen. Lange wollten keine Studienenden mehr nach Ljubljana, weshalb ich das Projekt also wiederbelebte. Der zuständige Professor hat mich direkt in Kontakt mit meinem Betreuer in Ljubljana gebracht, der mir bei der Zusammenstellung des Stundenplans und der Bürokratie vor Ort half. Nachdem ich den Platz sicher hatte, gab es eine Informationsveranstaltung des International Office der Universität Potsdam. Natürlich musste viel „Papierkram“ erledigt werden, doch dabei stand das International Office immer zuverlässig und unterstützend beiseite. Auch die Universität in Ljubljana hat immer schnell auf Mails geantwortet, offene Fragen geklärt und mich bei meinem Vorhaben unterstützt. Unsicherheiten gab es dabei vor allem durch die Corona-Pandemie. Für mich stand aber fest, dass ich auf jeden Fall nach Slowenien gehen werde. Im Nachhinein war diese Entscheidung die richtige. Nach den Prüfungen in Deutschland ging es Mitte Februar also direkt nach Ljubljana, wo das Sommersemester früher als in Deutschland beginnt. Das sollte bei der Planung des Aufenthalts unbedingt beachtet werden. Dafür endet das Semester aber auch schon im Juni und es gibt eine große Sommerpause.
Wohn- und Lebenssituation
Durch die Pandemie waren die Wohnheime geschlossen, weshalb die Wohnungssuche etwas schwieriger war und ich damit auch früh begonnen habe. Viele Wohnungen in Ljubljana werden nur für längere Zeiträume (ab 1 Jahr) vermietet und mir war eine gewisse Flexibilität wegen der Pandemie wichtig. So entschied ich mich dafür, in ein Hotel zu ziehen. Die Hotels durften während der Pandemie ihre Zimmer für Studierende öffnen. Für Gemeinschaftsküche und Lernräume wurde gesorgt. Auch der Preis war mit 250 EUR vollkommen ok. Hier konnte ich meinen Aufenthalt flexibel jeden Monat verlängern und das Beste: ich habe im Herzen von Ljubljana gewohnt. Allerdings sind die Lebenshaltungskosten in Ljubljana sonst nicht zu unterschätzen. Lebensmittel waren so teuer wie in Deutschland und Kosmetikartikel sogar teurer. In Ljubljana gibt es aber ein „Boni“-System. Studierende bekommen damit Rabatt auf alle teilnehmenden Restaurants in ganz Slowenien. Mein Favorit: „Abi Falafel“ in Ljubljana!
Studium an der Gastuniversität
Das Studium an der Universität in Ljubljana fand größtenteils online statt. Die letzten vier Wochen des Semesters wurden die Türen der Universität aber wieder geöffnet und Präsenzunterricht wurde erlaubt. Ich habe während des Semesters zwei Kurse an der Philosophischen und zwei an der Sozialwissenschaftlichen Fakultät besucht. Die Philosophische Fakultät befindet sich direkt im Zentrum. Zur Sozialwissenschaftlichen musste ich etwa 20 min fahren. Hierfür bietet sich vor allem das Fahrradverleihsystem in Ljubljana an. Für die Registrierung müssen für ein Jahr einmalig 2 EUR gezahlt werden und anschließend können die Räder immer für eine Stunde kostenlos genutzt werden. Die beiden Kurse an der Philosophischen Fakultät waren Sprachkurse, mit denen ich sehr zufrieden war. Vor allem der Slowenisch Sprachkurs hat mir sehr gefallen, da es für mich die zweite slawische Sprache war und mir einen interessanten Einblick ins Südslawische gegeben hat. An der Sozialwissenschaftlichen Fakultät habe ich einen Kurs zum Crisis Management und einen zu EU Development besucht. Crisis Management war vor allem im Kontext der Pandemie sehr interessant, allerdings war der Unterricht oft eintönig und frontal. EU Development war sowohl inhaltlich als auch methodisch sehr gut. Es wurde viel anhand aktueller Ereignisse diskutiert und alle Studierenden hatten die Möglichkeit, eigene Schwerpunkte zu setzen. In allen Kursen war die Leistungsbewertung am Ende des Semesters sehr großzügig. Das Studium an der Universität in Ljubljana war eine große Bereicherung für mich, weil ich mir schon bekannte Themen nochmal aus einem ganz neuen Blickwinkel kennenlernen konnte. In der EU-Politik standen zum Beispiel der Balkan, Beitrittsperspektiven und die Osterweiterung im Fokus, welche sonst oft zu kurz kommen. Auch Crisis Management wurde anhand der Überschwemmungen in Slowenien, Erdbeben in Kroatien und der Jugoslawienkriege erläutert. Außerdem hat mir der Auslandsaufenthalt den Balkan und Ex-Jugoslawien nähergebracht. Durch das Reisen und die Besuche von Museen und Veranstaltungen vor Ort habe ich viel über die Geschichte, Kultur und Gesellschaft dieser besonderen Region gelernt. Diesen Fokus möchte ich in Zukunft weiter ausbauen. Aber auch meine Sprachkenntnisse konnte ich während des Auslandssemesters verbessern. Insbesondere für mein Englisch war der Auslandsaufenthalt eine große Bereicherung. Die Slowenen sprechen oft sehr gut Englisch (viele auch Deutsch) und die Lehrveranstaltungen fanden auf Englisch statt. Neben meinen neuen Slowenisch Kenntnissen habe ich im Alltag überwiegend Englisch gesprochen, was mir sehr geholfen hat. Da das Studieren im Hotel oft schwer war, habe ich viele Bibliotheken in Ljubljana besucht und ausprobiert. Mein absoluter Favorit ist dabei die slowenische Nationalbibliothek (NUK), die sich direkt im Zentrum befindet. Das Gebäude wurde, wie vieles in Ljubljana, von Plečnik gebaut und bietet eine perfekte Lernatmosphäre. In Ljubljana hat auch jede Fakultät nochmal eine eigene Bibliothek. Hier besuchte ich oft die der Juristischen und die der Sozialwissenschaftlichen Fakultät, die für alle Studierenden geöffnet sind. Die technische Ausstattung und Öffnungszeiten der Bibliotheken sind gut. Ein Problem ist allerdings das Ausleihen von Büchern. Dadurch, dass jede Fakultät eine eigene Bibliothek hat, muss man auch in jeder angemeldet sein, um ein Buch ausleihen zu können. Das hat das Ausleihen von Büchern oft erschwert.
Kontakt zu einheimischen und internationalen Studierenden
Während meines Auslandssemesters kam ich sowohl mit Einheimischen als auch mit der berühmten „Erasmus-Bubble“ in Kontakt. Meinen Russisch Kurs hatte ich ausschließlich mit Slowenen und da die Gruppe klein war, konnten auch schnell Kontakte geknüpft werden. Die anderen Kurse waren gemischt, wodurch eine interessante internationale Arbeits- und Lernatmosphäre entstand, an der ich interkulturell wachsen konnte. In den Diskussionen wurden oft Beispiele aus verschiedenen europäischen Ländern gebracht, mit ganz unterschiedlichen Perspektiven. Da der Unterricht jedoch online stattfand, musste ich selbst die Initiative ergreifen, um Kommilitonen auch mal „live“ kennenzulernen. In meiner Freizeit spiele ich leidenschaftlich gerne Fußball, weshalb ich mir in Ljubljana einen slowenischen Fußballverein gesucht habe. Dies ist mir auch für drei Monate gelungen, allerdings hat im Mai der Trainer gewechselt und die Mannschaft sollte nach der Corona-Unterbrechung noch den Titel holen. Kein Platz also mehr für einen Erasmus Studenten ohne Spielergenehmigung, der zwei Monate später wieder das Land verlässt. Dennoch war diese Erfahrung eine große Bereicherung. Der Verlust des Teams war aber halb so wild. Ich habe eine neue Mannschaft gefunden, die sich regelmäßig auf einen Bolzplatz im Tivoli, der große Park im Zentrum Ljubljanas, getroffen hat. Hier haben internationale und einheimische Studierende immer zusammen gekickt.
Studienfach: Interdisziplinäre Russlandstudien
Aufenthaltsdauer: 02/2021 - 07/2021
Gastuniversität: Universität Ljubljana
Gastland: Slowenien
Rückblick
Zusammenfassend war der Aufenthalt in Ljubljana eine große Bereicherung für meine persönliche Entwicklung während des Studiums. Fachlich habe ich insbesondere neue Eindrücke von einer für mich neuen Region gesammelt. Diese Eindrücke und Kontakte vor Ort waren insbesondere für das Schreiben meiner Bachelorarbeit eine große Bereicherung. Die Betreuung durch die Dozenten in Ljubljana war sehr gut und die Universität hat mich immer schnell und zuverlässig unterstützt. Persönlich habe ich vor allem durch den interkulturellen Austausch und das Reisen im Land sowie auf dem Balkan dazugewonnen. Ich nehme viele tolle Erfahrungen mit aus Ljubljana und werde definitiv zurückkommen. Ein großes Ziel habe ich noch vor Augen – ich möchte den Triglav, den höchsten Berg Sloweniens und Nationalsymbol, besteigen. Ein Auslandsstudium an der Universität in Ljubljana kann ich nur empfehlen!
Hier findet ihr einen Radiobeitrag, in dem ich von meiner Zeit in Ljubljana berichte.