Hochschulpartnerschaft Erfahrungsbericht - Russische Universität der Völkerfreundschaft
Vorbereitung des Auslandsaufenthalts
Im Dezember 2016 bewarb ich mich auf zwei Semester Studium an der Universität der Völkerfreundschaft in Moskau. Im Januar fand mein Auswahlgespräch statt, zwei Wochen später hatte ich eine positive Rückmeldung. Der Kontakt mit dem International Office der Universität Potsdam gestaltete sich unkompliziert. Gleichzeitig wurde ich dort vorgewarnt, dass die RUDN (Российский Университет Дружбы Народов) nicht immer ganz einfach sei – eine Warnung, die sich kurz darauf bewahrheiten sollte. Im Februar schickte ich alle benötigten Unterlagen an die RUDN, und bekam trotz mehrfacher Nachfrage bis Ende Juni keine Antwort. Insbesondere die offizielle Einladung für das Visum ließ auf sich warten und war leider, als ich sie endlich bekam, fehlerhaft. Eine neue Einladung ließ weitere sechs Wochen auf sich warten, was dafür sorgte, dass ich erst Anfang September, nachdem das Semester schon begonnen hatte, mein Visum beantragen und verspätet einreisen konnte.
Das International Office der RUDN ist meiner Erfahrung nach unterbesetzt und überfordert, Emails werden nicht beantwortet, die Englischkenntnisse einiger Mitarbeiter*innen sind mittelmäßig, so dass die Antworten (wenn sie mal kommen), oft nicht die Fragen beantworten, die man gestellt hat. Darauf sollte man sich einstellen.
Studium an der Gastuniversität
Nachdem ich endlich einreisen konnte, und im International Office vorstellig wurde, mussten diverse bürokratische Hürden überwunden werden. Auch hier zeigte sich, dass es an der RUDN anders zugeht, als an deutschen Universitäten. Genaue Aussagen, welche Unterlagen man wo bekommt, was man wo einreichen muss, oder wer für was zuständig ist, kann man nicht erwarten. Am Ende und nach viel Nachfragerei und Gesprächen mit den Mitstudierenden regelt sich aber üblicherweise alles. Man sollte sich aber darauf einstellen, dass die ersten Monate an der RUDN mit viel warten, Schlange stehen und Papierkram erledigen gefüllt sind. So benötigt man direkt nach der Ankunft eine Registration des Visums (die über das Visa Department der RUDN erstellt wird), einen vorläufigen Studienausweis (damit man von den Sicherheitsleuten in die Gebäude gelassen wird), einen elektronischen Studienausweis (um die Drehkreuze zu öffnen), einen weiteren Studienausweis auf Papier (der auch als Nachweis für Studierendenrabatte gilt, bspw. bei der Bahn, nicht aber bei der Metro!), dann die Visumsverlängerung und die erneute Registrierung.
Außerdem müssen im medizinischen Zentrum der Universität diverse Tests abgelegt werden, die sich aber unterscheiden je nachdem wie lange man bleibt und ob man im Wohnheim wohnt oder nicht. Wenn man zwei Semester bleibt ist außerdem eine Krankenversicherung über die RUDN nötig, diese kostete 2017 umgerechnet circa 170€.
Die Studienorganisation verlief für mich relativ einfach, ich konnte aus allen angebotenen Kursen an der sozialwissenschaftlichen Fakultät frei wählen und entschied mit für diverse Kurse im Bereich Internationale Beziehungen, darunter u.a. Russian Foreign Policy, Security Policy und Human Rights, alle auf Englisch. Gleichzeitig zeigte sich auch hier wieder, wie unnötig kompliziert die Verwaltung gemacht wird – ich musste zunächst auf einen Termin mit meinem Tutor warten, der mit mir einen Stundenplan erstellen sollte. Als ich nach zwei Wochen konstanten Nachfragens im International Office endlich seine Kontaktdaten erhielt, traf ich mich mit ihm, nur damit er mit den ausgehängten Seminarplan der Fakultät zeigte.
Die Kurse, die ich in meinem ersten Semester belegte, waren Kurse aus dem englischsprachigen Masterstudiengang Internationale Beziehungen. Dieser wurde in meiner Zeit von internationalen Studierenden aus der ganzen Welt besucht, circa 20 Studierende bildeten eine feste Gruppe. In der Regel handelte es sich um jeweils 90-minütige Seminare, die wöchentliche Lektüre, einen Midterm sowie einen Final Test und mindestens eine Präsentation umfassten. Das Studiensystem an sich ist verschulter als an der Universität Potsdam, trotzdem ließen sich meine Seminare nach meinen Interessen mitgestalten, da sich die Dozierenden über thematische Inputs zum jeweiligen Thema und kontroverse Diskussionen freuten.
Die Leistungsbewertung empfand ich nach meinem ersten Semester als fair und denen an der Universität Potsdam entsprechend.
Die Ausstattung der RUDN ist spartanisch, es gibt zwar an der sozialwissenschaftlichen Fakultät eine kleine Bibliothek mit Computerarbeitsplätzen, allerdings öffnet diese an Werktagen erst um 14 Uhr und schließt schon um 19 Uhr, und ist am Wochenende geschlossen. Ich verlagerte deswegen meine Lerneinheiten nach Hause oder in Cafés.
Kontakte zu einheimischen und ausländischen Studierenden
Der Kontakt zu ausländischen Studierenden gestaltete sich durch das Klassenverbands-ähnliche System als sehr einfach. Einheimische Studierende waren meist wesentlich zurückhaltender, aber wenn man diese mehrfach traf tauten auch diese auf. Allerdings ist hier die Sprache oftmals ein Hindernis: Viele einheimische Studierende sprechen nur wenig Englisch und meine Russischkenntnisse waren weiterhin ausbaufähig. Mir wurde von der Fakultät zwar ein Sprachkurs angeboten, dieser beschränkte sich aber auch auf 90 Minuten in der Woche.
Da die Universität Potsdam B2 Russischkenntnisse fordert, war ich überrascht, dass ich diverse Austauschstudierende traf, die keinerlei Russischkenntnisse hatten und auch nicht motiviert waren, sich die Grundzüge der Sprache anzueignen. Irgendwie scheint das schon zu funktionieren, empfehlenswert finde ich das aber nicht. Gerade in der Universitätsverwaltung sprechen viele Angestellte ausschließlich Russisch und werden auch schnell unfreundlich, wenn man sich nicht versteht.
Wohn- und Lebenssituation
Obwohl die RUDN Wohnheimplätze sehr günstig zur Verfügung stellt, habe ich mich für eine private Unterbringung entschieden. Die Wohnheime sind in 2- bis 3-Bettzimmern organisiert, normalerweise teilen sich zwei Zimmer ein Bad und ein ganzer Flur (je nach Gebäude 10 Wohneinheiten aufwärts) eine Küche. Diverse Besuche im Wohnheim haben mich davon überzeugt, dass so eine Wohnsituation für mich trotz des geringen Preis (ca 100€ für das ganze Semester), keine Lösung für mich wäre.
Stattdessen habe ich mir vor meiner Ankunft in Moskau über eine von diversen Facebookgruppen (hierbei unbedingt nach russischen Namen suchen!) ein Zimmer in der Nähe der Universität gesucht. Der Bezirk ist nicht sonderlich teuer, da er relativ weit außerhalb des Zentrums liegt, und so bezahlte ich für ein ca. 12m² großes Zimmer in einer Zweier-WG mit einer russischen Mitbewohnerin 17.500RUB (ca. 250€).
Wer sich für eine Unterbringung außerhalb des Wohnheims entscheidet, sollte sich darüber bewusst sein, dass eine Registrierung des zweiten, verlängerten Visums nach den ersten 90 Tagen, nicht über die RUDN erfolgt (obwohl andere Universitäten das machen). Es gibt also entweder die Möglichkeit, über den*die Vermieter*in angemeldet zu werden, oder für ein Wohnheimzimmer zu bezahlen um an eine Registrierung zu gelangen. Sich nicht registrieren zu lassen ist nicht empfehlenswert, die Strafen hierfür sind exorbitant.
Der öffentliche Nahverkehr in Moskau ist sehr gut ausgebaut. Busse stehen oft im Stau, verbinden aber die diversen Metrostationen miteinander. Über die Uni kann man eine Sozialkarte beantragen, dafür darf man aber wieder Schlange stehen und diverse Dokumente einreichen, weswegen ich mir das sparte. Ein 3-Monats-Ticket kostet umgerechnet circa 90€ ohne Sozialkarte.
Die meisten meiner Kommiliton*innen, die länger in Russland blieben, entschieden sich für eine Karte bei der russischen SBER-Bank. Ich hingegen habe meine deutsche DKB-Kreditkarte genutzt, die kostenloses Geldabheben ermöglicht. Da ich auch meine Miete bar zahlte, war das kein größeres Problem.
Da ich zwei Semester blieb, musste ich über die RUDN eine weitere Krankenversicherung abschließen. Diese berechtigt im Behandlungsfall allerdings nur zur Versorgung im Uniklinikum. Daher verlängerte ich meine Auslandskrankenversicherung bei der HUK-Coburg, die ich sowieso für mein erstes 90-Tage-Visum benötigte, für den ganzen Aufenthalt.
Studienfach: M.A. Politikwissenschaft
Aufenthaltsdauer: 09/2017 - 06/2018
Gastuniversität: Russische Universität der Völkerfreundschaft
Gastland:Russland
Rückblick
Wer sich für Russland und insbesondere für die RUDN entscheidet, entscheidet sich für ein Abenteuer. Gute Nerven, eigene Organisationsfähigkeit und eine positive Grundeinstellung sind meiner Erfahrung nach nötig, um Freude an dem Aufenthalt zu haben. Dann wird man aber auch durch ein Studium an einer äußerst internationalen Universität und das Leben in der faszinierenden Metropole Moskau belohnt. Und wie heißt ein russisches Sprichwort: Никто не обещал, что будет легко – Niemand hat versprochen, dass es einfach wird! Obwohl der Auslandsaufenthalt nicht immer leicht war, würde ich ein Studium an der RUDN dennoch weiterempfehlen, wenn man sich den Herausforderungen stellen mag. Moskau ist eine einzigartige Stadt mit einem großartigen Freizeitangebot. Außerdem habe ich viel über Russland, seine Kultur und Politik, sowie die Menschen gelernt. Empfehlenswert ist, sich frühzeitig um das Visum und eine Unterkunft (falls man nicht im Wohnheim wohnen möchte) zu kümmern. Außerdem empfiehlt es sich auch, alle bisherigen Unterlagen auszudrucken und mitzubringen und nicht davon auszugehen, dass die Mitarbeiter*innen an der RUDN über irgendetwas Bescheid wissen. Passfotos für die ersten Tage mitzubringen spart den Stress, vor Ort welche machen zu müssen (min. 8 Stück). Und alle Unterlagen, die man an der RUDN ausgehändigt bekommt, aufbewahren und zu den Terminen in der Verwaltung mitnehmen – irgendwas davon braucht man am Anfang immer.