Vorbereitung des Auslandsaufenthaltes
Nachdem mein Auslandssemester in Portugal in 2021 coronabedingt ausfallen musste, habe ich mich umso mehr gefreut, dass ich in 2022 erneut eine Zusage für die Universität Porto erhalten habe. Die Bewerbung an der Universität Porto verlief komplikationslos und das International Office vor Ort beantwortete alle meine Fragen schnell und zuverlässig. Auch das International Office der Universität Potsdam war eine große Unterstützung mit Informationsveranstaltungen und im Email-Kontakt.
Studium an der Gastuniversität
Das Studium an der Universität Porto selbst war spannend, allerdings wurde ich von der Sprachbarriere überrascht. Obwohl bei der Kurswahl bei vielen Kursen steht „suitable for english speaking students“ bedeutet dies nicht, dass der Kurs auf Englisch unterrichtet wird, sondern lediglich, dass die Klausuren auf Englisch gestellt werden können. Das war mir vor Semesterbeginn nicht bewusst und so habe ich nicht alle Kurse, die ich belegt habe, abschließen können. In den Kursen, die ich abgeschlossen habe, habe ich mich gut aufgehoben gefühlt: die Dozierenden waren stets erfreut über internationale Studierende und haben wiederholt ihre Hilfe angeboten sowie alle Fragen in persona oder per Mail beantwortet. Was mir zunächst Schwierigkeiten gemacht hat ist die Aufteilung des International Office an der Uni Porto. Es gibt nämlich nicht nur ein generelles International Office., sondern auch eines für alle jeweiligen Fakultäten, sodass die Ansprechpartner*innen zu Beginn des Semesters wechseln. Ich war an der „Faculty of Science“ (FCUP) und kann berichten, dass auch hier alle Fragen stets beantwortet wurden.
Sprachkompetenz vor und nach dem Auslandsaufenthalt
Die einheimischen Mitstudierenden, mit denen ich in Kontakt war, waren alle aufgeschlossen und freundlich – allerdings ist es in Portugal keine Selbstverständlichkeit, dass alle Englisch sprechen. Weder in der Uni noch beispielsweise im Krankenhaus. Ich habe einen Portugiesisch-Sprachkurs belegt, durch den ich die Basics im Portugiesischen ganz gut draufhatte, aber die Sprache ist schnell und dadurch manchmal schwer verständlich – mit Händen und Füßen kann man sich aber auch mit Einheimischen verständigen. Letztendlich ist mein Portugiesisch hier definitiv besser geworden, aber am Ende verbringt man doch am meisten Zeit mit anderen Erasmus-Studierenden, sodass man viel Englisch spricht und ich die Landessprache definitiv nicht fließend beherrsche. Allerdings ist das auch kaum der Anspruch, mit dem man in einen halbjährigen Aufenthalt gehen kann.
Wohn- und Lebenssituation
Die Bibliotheken der Universität Porto haben zwar nicht bis spät abends geöffnet, aber dafür sind sie aber sehr gemütlich. An manchen Fakultäten, die über die ganze Stadt verteilt sind, gibt es in den Mensen sogar Abendessen (zum Beispiel an der „Faculdade de Letras“ (FLUP), hier finden auch alle Sprachkurse statt). Da es nicht einen großen Campus, sondern nach Fakultäten aufgeteilte Campusse in ganz Porto gibt, macht es Sinn, bei der Kurswahl darauf zu achten, wie lange man Zeit für einen Campuswechsel zwischen zwei Seminaren hat. Porto ist zwar nicht riesig, aber dafür sehr hügelig. Ich habe mir vor Ort ein Fahrrad gekauft, aber sich die Berge hochquälen macht weder bei der Sommerhitze noch beim Regen Spaß. Wer sich ein Fahrrad anschaffen möchte, kann dies entweder über die lokalen Ebay-Kleinanzeigen-Ersatzplattformen namens „Custo justo“ oder „olx“ tun, es gibt aber auch einen Fahrradhändler mit einem Erasmusangebot: man kauft zu Beginn des Aufenthalts ein Fahrrad (zwischen 70-100 Euro) und wenn man es am Ende des Erasmus wieder abgibt, kriegt man den halben Kaufpreis wieder: „Velurp – Rent a Bike“. Auch was das Essen angeht wurde ich überrascht. Ich ernähre mich vegan und da Portugal eine sehr fleischlastige Küche hat, habe ich mich schon darauf eingestellt, auf vegetarisch umzusteigen. Allerdings gibt es immer mindestens ein veganes Mensaessen und mittlerweile viele vegane Bäckereien und Restaurants („Odete Bakery“; „Apuro“, „Vegana By Tentúgal“, „Duh vegan“). Auch beim Einkaufen hatte ich keinerlei Probleme dank des vielseitigen veganen Angebots in allen Supermärkten, aber insbesondere bei Lidl. Eine Wohnung habe ich über „idealista.de“ gefunden – leider haben nicht alle Vermieter*innen, die ich kontaktiert hatte, geantwortet. Wichtig: ich brauchte für die Vertragsunterzeichnung eine portugiesische Steuernummer („NIF“). Was zuerst wie eine große Hürde wirkte, war dann schnell gemacht: einfach schauen, wo das nächste Finanzamt ist und eine Mail hinschicken für einen Termin. Dort wurde nur mein Personalausweis kopiert und ich habe die Nummer bekommen. Ich weiß aber auch, dass das nicht bei allen Erasmusstudis notwendig war – kommt vermutlich auf die Vermieter*innen an. Es gibt auch die Möglichkeit, sich für ein Studierendenwohnheim zu bewerben (das muss man direkt bei der Bewerbung an der Uni Porto ankreuzen), allerdings gibt es wenige Plätze und ein portugiesischer Kommilitone hat mir erzählt, dass die Plätze meist an Studierende gehen, die einen ganzen Bachelor oder Master in Porto studieren.
Über Erasmus-Facebookgruppen werden auch manchmal Zimmer in WGs angeboten. Während die Preise im Studierendenwohnheim wohl sehr niedrig sind, ist das Wohnen im Rest der Stadt leider ähnlich teuer wie in Potsdam. Ein WG-Zimmer beginnt bei 300 Euro aufwärts – leider sind die etwas günstigeren Zimmer oft mit Schimmel im Bad o.ä. verbunden. Ich hatte Glück mit meinem Zimmer (nicht günstig, aber schimmelfrei), habe aber bei Freund*innen Zustände gesehen, in denen ich mich kaum wohl gefühlt hätte. Eine Bekannte hatte sich hier zunächst ein Hostel gebucht und dann richtig Wohnungen besichtigt, denn ein Zimmer über Fotos einzuschätzen ist meist schwierig. Die Anbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist gut, das Metro-System sehr gut ausgebaut. Ein Monatsticket für ganz Porto kostet 40 Euro (wenn man unter 23 ist, 30 Euro) und ein Monatsticket für 3 Zonen (Porto ist in verschiedene Metro-Zonen eingeteilt) kostet 30 Euro. Mit Bus und Metro ist man in 25 Minuten am Strand und auch das Erasmus Student Network (ESN) ist in Porto gut aufgestellt und veranstaltet viele Aktionen für die Erasmusstudis. Es gibt außerdem den Unisport – ich habe mir für 65 Euro ein Trimester-Abo gekauft, das heißt so viele Sportkurse wie ich möchte in diesen drei Monaten. Anders als in Potsdam wählt man nicht einen Kurs, den man dann regelmäßig für einen bestimmten Zeitraum hat, sondern man kann einzelne Kurse tagesabhängig besuchen. Beim Unisport habe ich vor allem Schwimmen und Laufen gemacht, außerhalb des Unisports bietet es sich am Atlantik natürlich an, Surfen zu lernen. Es gibt zahlreiche Surfschulen, die Erasmusstudierenden einen Rabatt einräumen. Auch Bouldern ist hier im Trend und es gibt viele Boulderhallen. Für meinen Aufenthalt habe ich einen Tag vor meiner Abreise eine Auslandskrankenversicherung bei der Envivas abgeschlossen – das war unkompliziert und auch die Rückerstattung für eine Schiene am Fuß wegen einer Bänderüberdehnung hat funktioniert. (Bei einer Auslandskrankenversicherung sind oft auch private Krankenhäuser eingebunden, statt 6 Stunden wartet man hier nur eine Stunde in der Notaufnahme – I tested both). Nicht nur die Miete in Porto ist ähnlich wie in Potsdam, auch die Lebensmittel haben ähnliche Preise – nur Richtung Sommer kriegt man in den „Frutarias“, die es an jeder Ecke gibt, sehr günstig Obst und Gemüse. Ansonsten kam die Inflation hier etwas später als in Deutschland an.
Studienfach: Umweltwissenschaft
Aufenthaltsdauer: 02/2022 - 07/2022
Gastuniversität: Universidade do Porto
Gastland: Portugal
Rückblick
Im Großen und Ganzen habe ich keine schlechten Erfahrungen in Porto gemacht (bis auf die Sprachbarriere in manchen Kursen) und blicke auf ein tolles und abwechslungsreiches Semester zurück. Einen Tipp, der am Ende noch erwähnt werden sollte: so richtig warm wird es in Porto erst ab Mitte Mai. Ich dachte, wenn ich im Februar ankomme, reicht ein warmer Pullover mit Jeansjacke und eine lange Hose und ich habe mich damit maßlos verschätzt – denn in Portugal ist es eher selten gegeben, dass eine Wohnung eine Heizung hat. Sollte euch aber das gleiche passieren, gibt es zahlreiche Humana-Secondhand-Läden, die alle 5 Wochen ihr ganzes „Sortiment“ für einen Euro das Kleidungsstück verkaufen. Und auch Flohmärkte gibt es hier jeden Samstag – hier kriegt man nicht nur günstig und nachhaltig Kleidungsstücke, sondern auch jegliches Equipment, das die eigene WG-Küche gegebenenfalls noch nicht hergibt.