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Vorbereitung des Auslandsaufenthaltes

Ich hatte schon während meines Politikwissenschafts- und Medienkommunikationsstudiums im Bachelor erfolgreich am Bewerbungsverfahren für einen Erasmus-Platz in Plymouth teilgenommen. Leider kamen dann durch die Covid-Pandemie viele Komplikationen dazwischen, die den Aufenthalt unmöglich machten. Jetzt studiere ich in Potsdam Angewandte Kulturwissenschaften und Kultursemiotik im Master und wollte die Erasmuserfahrung unbedingt nachholen. Zu meinem Glück waren unter den sehr zahlreichen Partneruniversitäten von Potsdam auch zwei Universitäten in Portugal. Ich habe Portugal bereits vier Mal besucht und das Land und die Leute sehr ins Herz geschlossen. Nach meinem ersten Auslandsaufenthalt nach der Schule auf Island sollte es für mich außerdem in eine sonnigere Region am Meer gehen, Portugal war also das perfekte Ziel. Im Austausch mit den Erasmuskoordinatorinnen Frau Ippolito und Frau Weilandt war schnell geklärt, dass ich zwei Bewerbungen formulieren würde, eine über die Romanistik für den Platz in Lissabon und eine weitere Bewerbung über AVL / Kulturwissenschaft für den Platz in Porto. Die Bewerbungen selbst waren überraschend unkompliziert und noch einfacher als meine erste Bewerbung für Plymouth. Ich musste lediglich die Online-Formulare ausfüllen und einen kurzen Text über meine Motivationen für den Auslandsaufenthalt schreiben. Die Plätze in Portugal waren in meinem Fall nicht so heiß begehrt wie z.B. in Spanien. Ich habe Zusagen für beide Bewerbungen bekommen, so dass ich meinen Wunschplatz aussuchen konnte. Es schadet trotzdem nicht, sich um alles zeitig zu kümmern. Bis auf wenige Emails der Gastuniversität hatte ich bis zu meiner Anreise kaum Kontakt mit der Gastuniversität und alle Formalitäten wurden über das International Office geregelt. Die Informationsveranstaltungen des International Office im Vorfeld des Aufenthalts waren sehr hilfreich, um auch die kleinsten individuellen Fragen zu klären. So konnte ich z.B. noch 250 Euro zusätzliche Unterstützung durch eines der vielen Social Top ups erhalten. Die Funkstille der Gastuniversität hatte mich im Vorfeld etwas nervös gemacht, war aber retrospektiv überhaupt nicht schlimm, da sich vor Ort alles schnell geklärt hatte. Obwohl die Universität in Lissabon keinen Sprachnachweis verlangte, gab es trotzdem die Empfehlung für ein A2-Niveau. Deshalb und auch, um im Land selbst besser zurechtzukommen, habe ich im Vorfeld den Portugiesisch-Kurs an der Universität Potsdam belegt und hatte dabei auch sehr viel Spaß.


Studienfach: Angewandte Kulturwissenschaften und Kultursemiotik

Aufenthaltsdauer: 02/2023 - 06/2023

Gastuniversität: Universidade Nova de Lisboa

Gastland: Portugal

Studium an der Gastuniversität

Die Universidade Nova ist ganz generell sehr vielfältig, da sie drei unterschiedliche Standorte hat. Ich habe am Campus Avenida da Berna studiert, ein etwas älteres Gelände, das in Zukunft auch mit dem moderneren Campus in Campolide zusammengelegt werden soll. Es gibt auf dem Gelände eine Mensa und auch eine kleine Cafeteria, zu denen ich nicht viel sagen kann, da ich sehr selten dort gegessen habe. In meiner ersten Woche musste ich direkt feststellen, dass meine für das Learning Agreement gewählten Kurse leider nicht, wie auf den Webseiten der Nova angegeben, auf Englisch unterrichtet wurden (und es mit dem A2 Niveau unmöglich war, der Veranstaltung zu folgen). Einige Kurse fanden überhaupt nicht statt. Hier hätte ich mir gewünscht, dass die Informationen auf der Onlinepräsenz der Uni aktuell gehalten werden, um diese stressige Überraschung vor Ort zu vermeiden. Von vielen Bekannten habe ich gehört, dass die Organisation in Portugal und auch Spanien etwas chaotisch sein kann, doch ebenso entspannt auch eine alternative Lösung gefunden wird. So konnte ich schnell andere Veranstaltungen finden und mit Hilfe der Erasmuskoordinatorin vor Ort auch die nötigen Änderungen im Learning Agreement vornehmen. Meine beiden Veranstaltungen waren grundsätzlich sehr verschieden. Meine erste Veranstaltung „North American Media“, war eher eine Vorlesung als ein Seminar. Zwei Mal in der Woche gab es für zwei volle Stunden trockenen Frontalunterricht mit Powerpoint Präsentation und sehr wenig Beteiligung der Studierenden. Als Leistungserfassung musste während des Semesters ein kleines Referat über einen kleinen Text gehalten werden. Außerdem musste ein vier Seiten umfassendes Response Paper zu einer selbst gewählten Lektüre oder einem Film verfasst werden, das 40% der Gesamtnote ausmachte. Die restlichen 60% ergaben sich aus einer schriftlichen Abschlussprüfung, die mit etwas Aufmerksamkeit in der Vorlesung und ein wenig Wiederholung der Präsentationen kein Problem darstellte. Die Präsentationen und alle Materialien wurden im Studienportal hochgeladen. Meine zweite Veranstaltung war das Seminar „Culture and Society in the English Speaking World“. Eine Veranstaltung, die an werdende Englischlehrer gerichtet ist und ein Mal in der Woche für drei volle Stunden stattfand. Überraschenderweise war das Seminar deutlich interessanter für mein Studium als „North American Media“, was vor allem an der großen Beteiligung der Studierenden lag. Die Veranstaltung war ein klassisches Lektüreseminar, im Vorfeld gelesene Texte wurden besprochen und in einem sehr freien Modus durch die Studierenden diskutiert, unter Moderation der Dozentin. Während des Semesters gab es immer wieder kleine Hausaufgaben. Die Abschlussnote setzte sich hier aus einem Gruppenreferat und schriftlicher Prüfung zusammen. Die Prüfung war deutlich anspruchsvoller als im anderen Seminar, aber auch kein Problem. Die Materialien wurden auch hier im Studienportal hochgeladen, auch wenn manchmal eine Erinnerung für die Dozentin nötig war. Grundsätzlich war das Seminar sehr angenehm, vor allem weil es die Möglichkeit gab, mit den Studierenden aus Lissabon ins Gespräch zu kommen. Außerhalb der Seminare hatte ich jedoch nicht viel Kontakt zu den Mitstudierenden, was wohl daran liegt, dass alle Beteiligten sich bewusst sind über das fünfmonatige Ultimatum.

Sprachkompetenz vor und nach dem Auslandsaufenthalt

Mein Fortschritt mit der portugiesischen Sprache hält sich ehrlich gesagt in Grenzen. Da das A2-Niveau nicht annähernd ausreichend für die portugiesischsprachigen Seminare war, fand mein Alltag im Studium auf Englisch statt. Mit Maria habe ich zu Beginn noch oft versucht Portugiesisch zu sprechen, ab der zweiten Hälfte des Aufenthaltes habe ich hauptsächlich Englisch mit ihr gesprochen. Da sie aber überwiegend Portugiesisch mit mir gesprochen hat, hat sich zumindest mein Hörverständnis stark verbessert. Im Alltag ist es (leider) oft so, dass die Leute, selbst wenn man auf Portugiesisch fragt, oft auf Englisch antworten. Lissabon ist eine sehr internationale Stadt und oft haben die Einheimischen keine Lust auf eine umständliche Unterhaltung im gebrochenen Portugiesisch, wenn Englisch die leichtere Option ist.

Wohn- und Lebenssituation

Bezüglich meiner Wohnsituation kann ich nur sagen, dass ich ausgesprochen glücklich war. Der Wohnungsmarkt in Lissabon ist in den letzten Jahren, ohne jede Übertreibung, zu einer absoluten Katastrophe geworden und es ist unfassbar schwierig ein Zimmer zu einem stemmbaren Preis zu finden. Während meines Aufenthaltes gab es etliche Demonstrationen, inklusive Ausschreitungen, wegen des Mangels an Wohnraum. Die politische Lage zur Wohnraumsituation und dem sehr eng damit verknüpften Tourismusproblem ist sehr angespannt. Ich hatte sehr früh mit der Suche begonnen (Oktober 2022) und alle mir zugänglichen Kanäle genutzt. Das heißt: Kontakt zu Erasmusstudierenden voriger Jahre, Social Media, persönliche Bekannte oder deren Bekannte, Infos der Gastuniversität und vor allem das in Portugal viel genutzte Portal Idealista, über das ich schließlich auch erfolgreich war. Letztendlich habe ich gemeinsam mit einer Anfang 60-jährigen Portugiesin Maria und ihrem Sohn Antonio zusammen gewohnt. Ihre Anzeige habe ich auf Idealista gefunden, als sie noch keine halbe Stunde online war. Nach einem kurzen Kennenlernen und Klären der Details per Videotelefonat gab es kurz darauf eine Zusage und einen Tag später war alles abgemacht. In ihrer Wohnung hatte ich ein kleines, aber schönes Zimmer mit Balkonzugang, Bad und Küche wurden gemeinsam genutzt. Ich habe die beiden, aber vor allem Maria sehr dolle ins Herz geschlossen und werde sie vermissen. Vor Ort war unser Zusammenleben fast familiär und Maria hat sich rührend um mich gekümmert. Sie war immer da, wenn ich etwas gebraucht habe. Als ich z.B. mit meiner Freundin zu Besuch ins Krankenhaus musste, hat sie sich um alles gekümmert und uns begleitet. Außerdem waren wir zusammen wandern, sie hat mir die Geheimtipps rund um Lissabon und ihren Heimatort gezeigt und mich mit Tipps für die Kulturlandschaft Lissabons versorgt. Maria hat einen großen Anteil daran, dass ich mich in Lissabon so wohlgefühlt habe und ich werde sie auf jeden Fall bald wieder besuchen und den Kontakt pflegen. Ansonsten habe ich schnell einen Freundeskreis aus anderen Erasmusstudierenden aufgebaut, die ähnliche Interessen und Pläne für das halbe Jahr hatten wie ich. Ich habe sehr viel Zeit am Strand verbracht, um meine Surffähigkeiten zu verbessern, das war ein großer Traum von mir und hat mich sehr glücklich gemacht. Ich hatte außerdem viel Besuch aus der Heimat und habe viele Ausflüge durch das Land unternommen, z.B. für Wanderungen in Naturreservaten. Lissabon und seine Bewohner:innen sind mir sehr doll ans Herz gewachsen und ich kann mir vorstellen, eventuell zu einem späteren Zeitpunkt in meinem Leben dauerhaft zurückzukehren. Doch bis dahin werde ich die Stadt des Lichts noch öfter besuchen.

Studienfach: Angewandte Kulturwissenschaften und Kultursemiotik

Aufenthaltsdauer: 02/2023 - 06/2023

Gastuniversität: Universidade Nova de Lisboa

Gastland: Portugal


Rückblick

Tipps:

  • Mach dir keine Sorgen, wenn du wenige oder keine Informationen von der Gastuniversität bekommst bevor du dort ankommst. Sei einfach 1-2 Wochen vor Semesterbeginn da und frag dich durch, es wird sich alles klären! Lass dich nicht stressen, es ist zu heiß dafür. In der Uni haben alle Verständnis und es wird immer eine (individuelle) Lösung gefunden

  • Kümmere dich (sehr) frühzeitig um eine Wohnung, um nicht die ersten Monate alle Hostels kennenlernen zu müssen.

  • Wenn dir die Sprachkompetenz wichtig ist: Versuche eine WG mit Einheimischen zu finden und nutze jede Gelegenheit für den Kontakt, z.B. Unisport. Sonst ist es schwierig.

  • Schuhe mit Profil sind wichtig, bei Regen wird das allgegenwärtige Pflaster sehr gefährlich.

  • Die Temperaturen nicht unterschätzen. Auch wenn es tagsüber sehr heiß und sonnig ist, wird es auch im Sommer nach Sonnenuntergang sehr kühl und oft windig.

  • Man kann die Kontakte mit Einheimischen nicht erzwingen und es ist besser mit anderen Erasmus-Studierenden Zeit zu verbringen als allein!

  • Mach dir nicht zu viel Stress mit dem Learning Agreement: Du wirst so oder so einiges nochmal ändern.

  • Die Zeit geht schnell vorbei, also nicht bummeln, sondern direkt mutig sein und das Haus verlassen! Der Strand ist im Zweifel immer ein guter Anfang.

  • Unternimm Ausflüge! Lissabon ist wunderschön, aber der Rest von Portugal auch. Es gibt unfassbar schöne Natur in unmittelbarer Nähe.

  • Falls du beabsichtigst die Monatskarte (Navegante) zu kaufen, mach dir auf der Webseite von Carris vorher einen Termin (am besten Arco do Cego) und nimm ein Passbild mit, die Wartezeiten sind sonst lang und frustrierend.

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