Vorbereitung des Auslandsaufenthaltes
Auf das Erasmus+-Programm bewarb ich mich durch die Universität Potsdam. Da ich bereits feste Kenntnisse im Spanischen hatte, beschloss ich mich für einen Auslandsaufenthalt in Portugal zu bewerben. Der Kontakt lief vor allem durch E-Mail-Verkehr ab. Darüber hinaus waren die angebotenen Info-Veranstaltungen sehr aufschlussreich und informativ. Mit der Gasthochschule stand ich durch E-Mail Austausch in Kontakt. Die Bewerbungsunterlagen bei der Gasthochschule werden über ein Online-Portal eingereicht.
Studium an der Gastuniversität
Aufgrund der Corona-Pandemie konnte ich nur ein paar Wochen an der Universität studieren, bevor der Universitätsbetrieb auf Onlineseminare umgestellt wurde. Zu Beginn des Mobilitätszeitraums wurde ein Informationsseminar von der Universität angeboten, bei welchem die Universität, die studentischen Initiativen, die administrativen Anforderungen und die Herangehensweise an die Kurswahl präsentiert wurde. Die Betreuung von internationalen Studierenden an der Universität ist nicht zu bemängeln.
Im Master Politikwissenschaft werden Module angeboten, welche meistens 3 Stunden dauern. Fast ausschließlich alle Master-Kurse fanden i.d.R. von 18 bis 21 Uhr statt. Die von der Uni (gegen eine Zusatzgebühr) angebotenen Sprachkurse fanden in unterschiedlichen Niveaus zu unterschiedlichen Zeiten statt. Grundsätzlich ist das Bildungswesen in Portugal sehr verschult, häufig wird die Anwesenheit geprüft und während des Semesters werden zusätzlich zur Modulabschlussprüfung in Form einer Hausarbeit, Essay-Abgaben und Präsentationen eingefordert. Nach einer Orientierungsphase konnten die internationalen Studierenden ihre Kurse belegen. Ähnlich wie in Deutschland variierten die Leistungsanforderungen und -ansprüche. Einige Dozierende hatten Probleme damit, klare Ansagen an die Anforderungen in Seminaren zu machen und sorgten dabei bei deutschen wie portugiesischen Studierenden für Verwirrung.
Das Studienklima war angenehm, aber auch unterkühlt. Von den portugiesischen Kommilitonen wird bei Bedarf geholfen, Freundschaften sind in den meisten Fällen allerdings nicht zu erwarten. Die Kurse wurden fast ausschließlich auf Portugiesisch angeboten, allerdings gab es die Möglichkeit, die Abgaben der Hausarbeiten und Essays in Absprache mit den Dozierenden auf Englisch einzureichen.
Die Universität verfügt über verschiedene Standorte mit Mensen, Bibliotheken und Computerpools, welche zu Werktagen meistens bis 20 Uhr geöffnet haben.
Kontakt zu einheimischen und internationalen Studierenden
Kontakt zu ausländischen Studierenden aufzubauen war leicht. Bekanntschaften und Freundschaften mit den einheimischen Studierenden aufzubauen ist – trotz Sprachkenntnissen - herausfordernd. Nichtsdestotrotz gibt es innerhalb und außerhalb der Universität genügend Möglichkeiten zum Austausch und Kennenlernen. Die zwei miteinander konkurrierenden Erasmus-Netzwerke ESN und ELN bieten Gelegenheit zum Kennenlernen anderer Studierender aus dem Ausland.
Einige Anlaufstellen dafür sind unten aufgelistet. Die aktuellen Öffnungszeiten und Angebote können über Google und Facebook gefunden werden:
Erasmus Life Lisboa
ESN Lisboa
RDA69
Anjos70
Sprachkompetenz vor und nach dem Auslandsaufenthalt
Privat habe ich vor meinem Aufenthalt in Lissabon eine Zeit lang in Brasilien verbracht, um Portugiesisch zu lernen. Persönlich habe ich es, trotz fehlender institutioneller Einbindung in einer akademischen Bildungseinrichtung, in Brasilien viel leichter gefunden Kontakte zur einheimischen Bevölkerung zu knüpfen, Portugiesisch zu lernen und zu verstehen. In Portugal wird an der Universität Portugiesisch angeboten, zum Sprechen bin ich allerdings eher ausschließlich mit in Portugal lebenden Brasilianern gekommen. Trotzdem würde ich mir aufgrund des intensiven Austauschs eine relativ hohe portugiesische Sprachkompetenz zurechnen.
Wohn- und Lebenssituation
Unterkünfte können über Facebook-Gruppen gefunden werden. Ich bin zunächst in einem muffigen Erdgeschosszimmer untergekommen und musste nochmals umziehen. Daher würde ich empfehlen, mir die Optionen selbst anzuschauen, da es auch in Lissabon manchmal große Divergenzen zwischen der versprochenen und tatsächlichen Unterkunft gibt. Empfehlen kann ich, LXPOD, wo ich später hingezogen bin. Diese Unterkunft befindet sich in guter Lage im Zentrum bei Martim Moniz.
Mit der Vielfalt an öffentlichen Verkehrsmitteln kommt man gut in Lissabon herum. Empfehlen kann ich das öffentliche Fahrradleihsystem GIRA, welches 20€ für ein Jahr kostet und auch elektronische Fahrräder im Angebot hat.
Es gibt viele Möglichkeiten, die Freizeit zu verbringen. Viele internationale Studierende nutzen die Nähe zum Meer und nutzen die Möglichkeit, günstige Surfstunden zu nehmen. Darüber hinaus bietet das Barrio Alto Ausgehmöglichkeiten.
Studienfach: Politikwissenschaft M.A.
Aufenthaltsdauer: 02/20-05/20
Gastuniversität: Universidade Nova de Lisboa
Gastland: Portugal
Rückblick
Aufgrund des eher ungewöhnlichen Auslandsaufenthalts, welcher nach kurzer Zeit durch COVID-19 gestört wurde, kann ich den Auslandsaufenthalt nicht so bewerten, wie es bei einem regulären Aufenthalt geschehen wäre. Lissabon ist eine wunderbare Stadt, um Perspektiven aus Europa aus einem anderen Winkel unseres Kontinents zu bekommen. Sicherlich hat das Land und die Stadt viele Möglichkeiten zu bieten, seine Freizeit abenteuerreich zu verbringen. Auch akademisch lassen sich die Vorzüge und Tücken eines anders gestalteten Bildungssystems erkunden. Leider sind viele andere Studierende aus dem Ausland häufig nicht allzu sehr daran interessiert, die Sprache zu lernen und sich ausführlicher mit der portugiesischen Geschichte und Kultur auseinanderzusetzen. Dadurch, dass der Anschluss zu Einheimischen nicht so leichtfällt, würde ich empfehlen, dass sich Erasmus-Studierende eine WG mit Portugiesen suchen oder sich an die Brasilianer in der Stadt halten, falls ihr in die portugiesische Sprache und das Leben des „Locals“ besser eintauchen möchtet.