Erasmus+ Erfahrungsbericht - Uniwersytet Warszawski
Ich bin mit Hilfe des Erasmus+ Programms für ein Semester nach Warschau gegangen. Ich habe mich für Polen als Auslandserfahrung entschieden, da ich durch meinen familiären Hintergrund bereits die Sprache beherrsche und auch die Kultur bereits kennenlernen durfte. Ziel meines Auslandsaufenthalts war es, meine polnischen Sprachkenntnisse zu verbessern und mir das Leben in Polen und vor allem an der Universität Warschau anzuschauen.
Vorbereitung des Auslandsaufenthalts
Die Kontaktaufnahme zur Gastuniversität verlief problemlos und Mitarbeiter des International Office beantworten alle Anfragen recht zügig. Ich habe alle Anfragen auf Englisch verschickt und dies war für niemanden ein Problem und die Kommunikation verlief ohne Schwierigkeiten oder irgendwelche Missverständnisse. Das System mit welchem an der Universität Warschau gearbeitet wird, heißt USOSweb und entspricht unserem PULS System. Es ist meiner Meinung nach jedoch umfangreicher und es benötigt etwas mehr Zeit, um sich mit dem System vertraut zu machen. Schwierigkeiten ergeben sich vor allem bei der Erstellung des Learning Agreements bzw. bei der Zusammenstellung des Stundenplans. Das aktuelle Kursverzeichnis ist relativ spät online (Anfang Oktober), so dass das Learning Agreement in den meisten Fällen geändert werden muss. In einigen Kursen besteht ebenso die Möglichkeit des „first come, first served“ Prinzips und auch mehrere Anmeldungsrunden sind möglich. Es gibt Kurse, die drei Anmeldungsrunden haben und diese Kurse können dann bereits in der ersten Anmeldungsrunde vollausgelastet sein. Dies ist mir zum Glück nicht passiert und ich kann mir vorstellen, dass man in der zweiten oder ggf. dritten Runde meist noch einen Platz finden wird. Falls dies nicht der Fall sein sollte, kann man in der ersten Veranstaltungsstunde vorab mit dem Professor sprechen und die meisten von Ihnen sind Erasmus Studenten gegenüber sehr aufgeschlossen. Die Anzahl der Leistungspunkte bzw. ECTS ist in den meisten Fällen geringer als an der Universität Potsdam. Die meisten angebotenen Kurse haben zwei bis fünf ECTS. Eine Ausnahme stellen die Erasmuskurse dar, welche meist zwischen vier bis sieben ECTS haben. Alles Weitere stellt kein Problem dar, wenn das Learning Agreement erst einmal steht.
Studium an der Gastuniversität
Meines Erachtens war das Klima und das Umfeld an der Universität Warschau familiärer als an der Universität Potsdam, da zumindest in meinen belegten Kursen nicht so viele Studenten waren als in meinen Veranstaltungen an der Universität Potsdam. Es ist natürlich möglich, dass das bei anderen Veranstaltungen anders aussieht, aber diese Aussage wurde mir von anderen Erasmus Studenten bestätigt. Es ist leichter mit Dozenten ins Gespräch zu kommen und sie auch nach den Veranstaltungen zu treffen, um Unklarheiten zu klären oder Fragen zu stellen. Auch der E-Mail Kontakt verläuft problemlos und schnell und Anfragen werden zeitnah beantwortet.
Um sich für Klausuren vorzubereiten oder Hausarbeiten zu schreiben, kann man die Bibliotheken in Warschau nutzen. Während der Klausurenphase hat die Hauptbibliothek 24 Stunden am Tag geöffnet und dieses Angebot nehmen viele Studenten in Anspruch.
An der Wirtschaftsfakultät gibt es eine kleine Bibliothek mit relativ wenig Büchern und Materialien, aber dafür findet man dort separate Räume für Gruppenarbeiten und sogenannte silent rooms, welche mit Computern ausgestattet sind. Zum Arbeiten ist dort genügend Platz. Die Öffnungszeiten sind hier allerdings nicht so lang wie in der Hauptbibliothek und das Schließen der Wirtschaftsbibliothek variiert zwischen 15:00 und 19:00 Uhr.
Kontak zu einheimischen und ausländischen Studierenden
Abgesehen vom Lernen und Hausarbeiten schreiben, hat man in seinem Auslandsaufenthalt in Warschau viele Möglichkeiten etwas zu unternehmen und zu erleben. Der Kontakt zu einheimischen Studenten ist das ganze Semester gegeben, da der ESN (Erasmus Student Network) an der Universität Warschau überaus aktiv ist und diverse Veranstaltungen organisiert. Von Partys und Kneipentouren über Besuche in Tierheimen und Kitas bis zu Polish your Polish Sprachabenden ist alles dabei. Auf diese Weise hat man ersten Kontakt zu polnischen Studenten, die meines Erachtens immer freundlich und aufgeschlossen waren und einem sehr gerne bei Problemen oder Schwierigkeiten geholfen haben. Vor dem Start des Auslandssemesters gab es auch die Möglichkeit sich für einen Tutor zu bewerben, der sich anschließend um einen bis drei Erasmus Studenten gekümmert hat. Nachdem man einen Tutor zugeteilt bekommen hat, fand der Kontakt ausschließlich privat statt und so konnte man sich vor dem Start der Uni treffen und sich einige Sachen erklären und zeigen lassen. Auch in späteren Veranstaltungen waren viele polnische Studenten anwesend, die ihr Studium auf Englisch absolvieren. Diese sind meist sehr ehrgeizig, da z.B. der Data Science Masterstudiengang ein kostenpflichtiger Studiengang mit hohen Erwartungen und vielen Aufgaben und Projekten ist. Die Deadlines sind sehr knapp und die meisten Klausuren, Abgaben und Vorträge finden innerhalb von zwei Wochen statt. Man lernt jedoch sehr viel in dieser kurzen Zeit und kann dieses Wissen dann in der Universität Potsdam in einigen Veranstaltungen einbringen.
Sprachkompetenz vor und nach dem Auslandsaufenthalt
Meine Sprachkompetenzen haben sich während meines Auslandsaufenthalts sehr verbessert. Ich konnte bereits vor meiner Abreise gut polnisch sprechen und auch vieles verstehen, aber ich habe während der fünf Monate in Warschau viel gelernt. Ich hatte vorher nie Unterricht und habe Polnisch ausschließlich durch meine polnischen Verwandten gelernt. Auf diese Weise kannte ich die Grammatik auch nicht und wusste nicht, warum man gewisse Sachen sagt oder weglässt oder warum ein Satz auf diese oder jene Weise aufgebaut ist. Ich redete und schrieb so wie ich dachte, dass das richtig sei. In den ersten zwei Wochen in Warschau (18.09.2017 bis 29.09.2017) habe ich einen Intensivkurs belegt und diesen kann ich sehr empfehlen. Ich habe mich auch mit anderen Erasmus Studenten über den Intensivkurs unterhalten und Einsteiger waren ebenso von dem Kurs begeistert. Man bekommt vorab ein gutes Gefühl für die Sprache und kann sich mit dem Wortschatz und der Grammatik vertraut machen. Die polnische Sprache ist schwer zu lernen und besteht aus vielen Ausnahmen, aber in einem Semester kann man bereits viel lernen. Meine Englischsprachkenntnisse konnte ich selbstverständlich auch verbessern aufgrund von angebotenen Kursen auf Englisch und durch den Kontakt mit anderen Erasmus Studenten. Viele Leute in Polen sprechen Englisch und mit der englischen Sprache kommt man in Warschau sehr gut zurecht.
Wohn- und Lebenssituation
Ich hatte das Glück, dass ich mit einem Kommilitonen aus der Universität Potsdam nach Warschau gekommen bin und wir haben uns zu zweit eine Wohnung geteilt. Die Suche war nervenaufreibend und gar nicht so leicht, aber am Ende hatten wir sehr großes Glück und hatten eine tolle und relativ günstige Wohnung und einen tollen Vermieter. Mit polnischen Sprachkenntnissen ist es definitiv leichter eine Unterkunft in Polen zu finden, wenn man nicht ins Studentenheim möchte. Wir hatten beide auch einen Platz im Studentenwohnheim, allerdings befanden sich sowohl Bad als auch die Küche auf dem Flur und ich wollte mir nur ungern das Badezimmer mit rund 20 anderen Studenten teilen. Es gibt verschiedene Studentenwohnheim und einige hatten auch ein Badezimmer für etwa drei bis vier Personen, aber man konnte es sich leider nicht aussuchen, in welches Studentenwohnheim man kommt und tauschen ist relativ schwierig. Die meisten Zimmer waren Doppelzimmer, so dass man sich das Zimmer mit einer weiteren Person teilen musste. Im Wohnheim kosten die Zimmer etwa 300 bis 500 Złoty im Monat, das wären ungefähr 75 bis 120 Euro pro Monat. Die Preise sind davon abhängig in welchem Wohnheim man wohnt und ob man ein Einzel- oder Doppelzimmer hat. Ein privates Zimmer in einer Wohngemeinschaft in Warschau kostet etwa 600 bis 900 Złoty, die Preise sind stark abhängig vom Stadtbezirk.
Die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel ist relativ günstig und man zahlt für ein Dreimonatsticket etwa 155 Złoty, das entspricht etwa 38 Euro und mit dieser Fahrkarte kann man mit allen Bussen, Trams und Metros fahren. Allerdings gibt es bisher nur zwei Metrolinien, welche derzeit ausgebaut werden. Die Fahrkarte wird auf das Studententicket geladen, so dass man, ähnlich zu der Universität Potsdam, das Ticket und den Studentenausweis in einem hat. Taxis und UBER sind sehr beliebt in Warschau. Eine Taxifahrt im Stadtzentrum kostet etwa 30 bis 40 Złoty (ca. 8 bis 10 Euro). Die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel sowie Lebensmittel sind in Polen verhältnismäßig günstig, Kleidung und Miete entsprechen den Preisen in Deutschland, Kosmetika und Drogerieartikel sind meiner Auffassung nach im Schnitt 10 % bis 20 % teurer und Arztbesuche sollten aus meiner Sicht vermieden werden.
Ich hatte eine zusätzliche Auslandskrankenversicherung und ich würde jedem empfehlen, der in Polen studieren möchte, sich bei seiner Krankenversicherung zu informieren wie es mit der Bezahlung von Auslandsbehandlungen aussieht. Ich hatte kurz nach Neujahr starke Zahnschmerzen und musste einen Zahnarzt aufsuchen und die meisten Zahnarztpraxen sind Privatpraxen. Es gibt eine gesetzliche Krankenversicherung in Polen, allerdings wird sie von kaum jemandem in Anspruch genommen und die meisten Behandlungen und Arztbesuche werden privat bezahlt. Die Preise sind erschreckend und vielleicht habe ich mir nur die falsche Arztpraxis rausgesucht, aber die Prognose also auch die Behandlung waren fragwürdig und teuer. Etwa einen Monat später war ich in Deutschland bei meinem Zahnarzt und dieser teilte mir ein anderes Ergebnis mit und es ging mir danach um einiges besser. Eine Auslandsversicherung kann ich demnach sehr empfehlen.
Studienfach: M.Sc. Betriebswirtschaftslehre
Aufenthaltsdauer: 09/2017 - 02/2018
Gastuniversität: Uniwersytet Warszawski
Gastland: Polen
Rückblick
Alles in allem war es eine tolle Erfahrung in Warschau zu studieren und ich kann diesen Aufenthaltsort für ein Semester oder länger sehr empfehlen. Die Stadt ist toll und es gibt viele Dinge, die man sehen und unternehmen kann: es gibt diverse spannende Museen (Museum des Warschauer Aufstandes, Nationalmuseum Warschau, Museum der Geschichte der polnischen Juden, Frédéric-Chopin-Museum etc.), tolle Parks und Grünanlagen, eine große Bar- und Restaurantlandschaft, eine wunderschöne Altstadt, die zur Weihnachtszeit besonders schön aussieht und im Großen und Ganzen ist Warschau eine wunderschöne Stadt, die ich jedem sehr empfehlen kann. Ich war und bin immer noch hellauf begeistert.