Vorbereitung des Auslandsaufenthaltes
Ich habe mein Auslandssemester im Sommersemester 2023 in Poznan (Posen), Polen, an der Adam Mickiewicz Universität verbracht. Für das Erasmus-Programm habe ich mich bereits im Jahr zuvor beworben und im April 2022 die Nominierung der Universität Potsdam erhalten. Die endgültige Bewerbung für Polen schickte ich im November 2022 weg – Ende Februar 2023 sollte das Semester in Poznan losgehen. Die Bestätigung, dass ich wirklich in Polen mein Auslandssemester machen kann, kam erst Anfang Januar, sodass die Wohnungssuche und alle anderen Vorbereitungen in Windeseile getroffen werden mussten. Zum Glück war die Erasmus-Beauftragte in Poznan super nett und hilfsbereit. Sie half mir auch mit der Kurswahl. In Polen funktionieren fast alle Abläufe über die Online-Portale wie usosweb oder die eigene App. Der Kurskatalog war am Anfang nicht so einfach zu durchschauen, aber da ich einen Buddy aus Polen zur Seite gestellt bekam, habe ich das auch hingekriegt. In Poznan kann man sich für ein Zimmer im Wohnheim bewerben, allerdings stehen nur Zweier-Zimmer zur Verfügung. Da ich mein Zimmer nicht teilen wollte, musste ich mich alleine auf die Suche nach einem Zimmer machen. Durch den Angriffskrieg auf die Ukraine und den vielen Geflüchteten in ganz Polen war der Wohnungsmarkt in Polen angespannt, weshalb sich die Suche etwas schwieriger gestaltete als gedacht. Am einfachsten ist es wohl, wenn man vor Ort mit einer Person, die Polnisch spricht (und übersetzen kann), sucht. Ich bin dann über das Portal pepehousing fündig geworden. Allerdings kann ich diese Plattform nicht wirklich empfehlen, da teilweise hohe zusätzliche Gebühren auf einen zukommen, die Mieten etwas höher zu sein scheinen als bei privaten Anbietern und man zuerst nicht direkt mit dem Vermieter kommunizieren kann.
Studium an der Gastuniversität
Am 27. Februar nahm ich dann den blauen EC von Berlin nach Poznan. In Poznan erwartete mich zuerst eine Willkommensveranstaltung, abends war von der ESN ein Pub-Quiz organisiert. Erst im Nachhinein erfuhr ich, dass die Kurse bereits in dieser Woche starteten und nicht, wie in Deutschland, in der darauffolgenden Woche. Das war online nicht klar ersichtlich. Die Universität in Poznan ist in der ganzen Stadt verteilt. Da ich Kurse von unterschiedlichen Fachbereichen besuchen konnte (Kulturwissenschaften hat ein weites Spektrum an möglichen Kursen), konnte ich einige unterschiedliche Gebäude kennenlernen. Das Schönste ist das Collegium Maius, mit einer großen Aula, alten geschwungenen Treppen und Marmor-Säulen. Es war sehr schwierig, sich in den Universitätsgebäuden zurechtzufinden. Die Kursräume der einzelnen Veranstaltungen sind normalerweise online angegeben, aber bei manchen Kursen fehlten sie und bei manchen Kursen waren die Informationen nicht richtig. So irrte ich eine Weile umher und musste ein paar Leute fragen, bis ich schließlich dort ankam, wo ich hinwollte. Mein Buddy hat mir glücklicherweise auch helfen können. Hier wäre es am besten, man spräche schon ein paar Sätze Polnisch (obwohl ich auf duolingo fleißig geübt hatte, konnte ich mir die Aussprache der Sätze einfach nicht einprägen). Es empfiehlt sich auch, schon mal zuvor die Räume aufzusuchen. Das Morasko-Campus weit im Norden Poznan ist ganz neu aufgebaut und punktet mit wirklich schöner Architektur und technisch gut ausgestatteten Räumen und großen, gut ausgestatteten Bibliotheken (für die man sich allerdings nochmal extra registrieren muss). Im Collegium Maius gibt es auch eine kleinere Bibliothek, dort sind die Kursräume etwas schlechter ausgestattet. In beiden Gebäuden gibt es eine kleine Mensa, die unterschiedliche Gerichte (oft Fleisch-Gerichte) für einen günstigen Preis anbietet. Vegane Gerichte gab es allerdings kaum.
Kontakt zu einheimischen und internationalen Studierenden
Die meisten Kurse waren von Erasmus-Studierenden besucht, vereinzelt waren auch polnische Studierende dabei. Es war schwierig, Kontakt zu polnischen Studierenden aufzubauen. Zwei meiner Seminare waren sehr klein, sodass auf einzelne Anmerkungen eingegangen wurde und wir viel diskutieren konnten. Das Studienklima war angenehm, der Umgang der Dozierenden war sehr freundlich und hilfsbereit, auch wenn man manche Mails länger auf sich warten ließen. Ein Seminar (Theories of Intercultural Communication) fiel mir negativ auf, da der Dozent sehr gehobene Monologe hielt und mit fadenscheinigen Beispielen (denen niemand folgen konnte) sehr komplexe Sachverhalte versuchte zu erklären. Obwohl ich bei fast allen Vorlesungen anwesend war und die Texte lies, konnte ich nicht wirklich verstehen, was er uns beibringen wollte. Meinen Kommiliton:innen ging es genauso. Am Ende war die Prüfung sehr schwer, ein paar sind auch durchgefallen. Die anderen Prüfungen und Hausarbeiten waren mit einem angemessenen Arbeitsaufwand zu bewältigen (bei Rückfragen waren die Dozierenden auch sehr hilfsbereit) und habe ich mit sehr guten Noten abschließen können.
Sprachkompetenz vor und nach dem Auslandsaufenthalt
Alle meine Kurse fanden auf Englisch statt. Rückblickend kann ich auf jeden Fall sagen, dass sich mein Englisch verbessert hat, besonders mein Wortschatz hat sich erweitert. Dadurch, dass die meisten Erasmus-Studierenden in Poznan keine Englisch-Muttersprachler sind, verbessert sich die Grammatik vielleicht nicht unbedingt. Ich habe an der Universität auch einen Polnischkurs besucht und dort die wichtigsten Sätze für den Alltag gelernt. Die Sprache ist mega schwer zu lernen und die Aussprache super kompliziert. Trotzdem würde ich das jedem empfehlen, denn die ältere Generation in Polen spricht so gut wie kein Englisch.
Wohn- und Lebenssituation
Die ESN glänzte mit einer großen Auswahl an Aktivitäten (Bar-Abende, Ausflüge zu Burgen etc., Wochenendausflüge nach Katowice, Gdansk, etc., Bastelangebote, Filmabende uvm.). So konnte man einfach andere Erasmus-Studierende kennenlernen, dort habe ich auch meine Erasmus-Gruppe gefunden. Mit meinen Freunden hatte ich in Polen eine tolle Zeit. Treffpunkt war meistens mittwochabends der kleine Club Prywatka in der Innenstadt. Das machte immer großen Spaß. Das polnische Bier ist wirklich zu empfehlen! Poznan an sich war zum Zeitpunkt meines Auslandssemester in einem Ausnahmezustand und (leider) hauptsächlich eine große Baustelle. Abgesehen davon ist es wirklich eine süße, polnische Stadt mit schönen, urigen Häusern, tollen Kirchen und Burgen. Besonders schön waren die vielen grünen Parks und Wälder. Es gab süße Cafés und Restaurants, die wirklich preiswertes und leckeres Essen anbieten. Man sollte unbedingt die Pierogi probieren. Poznan hat eine eigene Pierogi-Version mit einer Füllung aus Ente und Apfel, die ich sehr empfehlen kann. Eine Tasse Cappuccino kostet etwa 2,50€, eine Pizza 7€, Bier kriegt man in manchen Bars für nur 1€. Mit den Trams und Bus ist in der Stadt alles gut zu erreichen, in der Innenstadt kommt man überall fußläufig hin. Ab 01:00 nachts fährt kaum noch etwas. Es lohnt sich, eine Studi-Fahrkarte für mehrere Monate zu holen, das kann man vor Ort bei den Customer Service Stellen der ZTM machen. Zum Glück ist Uber in Polen supergünstig, so kommt man auch nach einem Clubbesuch nach Hause. Wenn man schon mal in Polen ist, lohnt es sich, andere polnische Städte zu erkunden. Besonders empfehlen kann ich Gdansk (Danzig) und Wroclaw (Breslau), aber auch Warschau ist wirklich sehenswert. Das geht alles mit dem Zug, der für junge Erwachsene sehr günstig ist. Allerdings muss man sich auf Verspätungen einstellen.
Studienfach: Angewandte Kulturwissenschaft und Kultursemiotik (M.A.)
Aufenthaltsdauer: 02/2023 - 08/2023
Gastuniversität: Adam Mickiewicz University Poznan
Gastland: Polen
Rückblick
Rückblickend war das Auslandssemester in Poznan trotz einiger Herausforderungen eine schöne und lehrreiche Zeit. Es ist spannend, unser Nachbarland mal genauer kennenzulernen. Osteuropa hat so viel zu bieten. Ich würde allerdings empfehlen, im Sommersemester nach Polen zu gehen, da die Wintermonate wirklich kalt und dunkel sind.