Vorbereitung des Auslandsaufenthaltes
Eine essenzielle Sache vorab, die für den ein oder anderen sehr relevant sein könnte.: Für Erasmus-Studenten, die BWL studieren, erfolgt die Nominierung an der Uni Malta NICHT für die Faculty of Economics, Management & Accountancy, sondern für das Edward de Bono Institute for creative thinking and innovation. Man erfährt dies nur in einem kurzen Satz am Rande in der Nominierungsmail seitens der Uni Malta. Die Konsequenz ist jedoch, dass man auch den Großteil der Kurse an diesem Institut wählen muss. Sofern Ihr also eine Vertiefung im Bereich Innovationsmanagement macht und im dritten Semester ggf. die drei Vertiefungsmodule bereits in Potsdam abgeschlossen habt, hat man ein kleines Problem. Nach etwas hin und her konnte ich vereinbaren, dass ich die Hälfte der Kurse an besagtem Institut belege und die andere Hälfte an der Wirtschaftsfakultät. Dies bedeutete jedoch, dass ich von Anfang an die Hälfte der gewählten Module nicht anrechnen lassen konnte, weil ich diese bereits in den vorherigen Semestern belegt und abgeschlossen hatte.
Ebenfalls relevant für die Kursauswahl sind die Kursnummern. Der euch in der Nominierungsmail zugesendete Link für das Kursangebot ist undifferenziert nach Bachelor und Master und zeigt alle für Internationals angebotenen Kurse an. Daher betrachtet hier die Kursnummer, diese verrät euch, für welches Jahr und Semester der Kurs eigentlich vorgesehen ist. Das Kürzel beginnt immer mit einer Buchstabenkombination, die den jeweiligen Lehrstuhl bzw. Department bezeichnet und dann die relevanten Zahlen. Informiert euch hier gezielt im Voraus, dass ihr nicht aus Versehen im Bachelor Masterkurse wählt oder eben andersherum. Die Bewerbungsunterlagen die Ihr benötigt werden euch von der Uni rechtzeitig mitgeteilt. Besonders ist, dass Ihr eine Auslandsreisekrankenversicherung für den Zeitraum benötigt, obwohl man eigentlich natürlich grundsätzlich versichert wäre.
Studium an der Gastuniversität
Das Studium und besonders die ECTS je Fach sind grundlegend anders als an der Universität Potsdam. An der Uni Malta gibt es für die meisten Module 4 ECTS statt wie bei uns 9 ECTS. Dies bedeutet natürlich, dass man sich auf etwas mehr Module und verschiedene Inhalte gleichzeitig einstellen soll. Das ist natürlich einerseits ein Vorteil, weil man verschiedene Themen in einem Semester behandelt und erlernt, andererseits rate ich euch, das natürlich in der Lernphase auch frühzeitig einzuplanen und zu berücksichtigen. Die Organisation der Lehrveranstaltungen variiert von Lehrstuhl zu Lehrstuhl. Generell würde ich aber sagen, dass besonders die Module des De Bono Institutes etwas interaktiver sind und die Semesterleistung in Form von Hausarbeiten und Präsentation erfolgt. Die Abschlussleistungen sind in den allermeisten Fällen zu 70% - 80% der Note als Hausarbeit oder Klausur angelegt und zu 20% bis 30% der Note als Präsentation oder eben auch Hausarbeit. Das Studienklima lässt sich objektiv recht schwierig vergleichen, da es nach wie vor in Zeiten der Coronapandemie stattfand. Alle von mir besuchten Kurse wurden in Präsenz abgehalten, was natürlich ein tolles Gefühl war und wieder an frühere Unizeiten erinnert hat. Eine studentische Betreuung, wie es sie in Potsdam in Form von „Buddys“ gibt, habe ich dort nicht kennengelernt. Dadurch wird es auch nicht unbedingt leichter, einen Draht zu heimischen Studenten herzustellen. Die Verwaltungsmitarbeiter würde ich generell eher als reaktiv bezeichnen, jedoch gibt es hier ebenfalls große Unterschiede, je nachdem, welchen Betreuer man aus dem International Office zugewiesen bekommt. Ein kleiner Tipp, den man hier anwenden kann: wenn man besonders in den ersten Wochen Probleme mit dem Learning Agreement hat und bereits über längere Zeit keine Rückmeldung oder Unterstützung bekommt, ist die Nutzung des cc in der E-Mail Korrespondenz. Setzt hier die Vorgesetzten ins cc und seht was für Wunder das bewirken kann. Benutzt dies aber natürlich nicht sofort, sondern erst wenn es wirklich nicht vorangeht. Bei den Dozenten habe ich große Rücksicht auf internationale Studenten wahrgenommen. Es gab Unterstützung, Entgegenkommen und Freundlichkeit. Die technische Ausstattung der Uni ist völlig in Ordnung. Mir ist nichts hochmodern vorgekommen, aber ebenso wurde nichts vermisst. Was am Unialltag deutlich anders ist als in Deutschland sind die Studenteninitiativen, aber auch -gruppen. Insgesamt wirkt der Campus lebendiger. Mal gibt es eine Kundgebung zu aktuellen politischen Themen, dann gibt es eine große „Fresher’s Week“ und dann sind plötzlich die Absolventen auf dem Campus und feiern laut ihren Abschluss.
Kontakt zu einheimischen und internationalen Studierenden
Da die Universität Malta die zentrale Universität ist, ist sie auch ein zentraler Treffpunkt. Durch die Lage zwischen den wichtigsten Städten Maltas ist sie also für alle gut zu erreichen. Im Herzen der Universität ist ein großer Platz, der ein super Kennenlernort ist. Insbesondere in den ersten Wochen hat man hier mit etwas Initiative die Gelegenheit, viele Leute kennenzulernen. Besonders leicht ist jedoch der Austausch mit anderen internationalen Studenten, da natürlich alle aktiv auf der Suche sind. Seid hier auf jeden Fall aktiv, dann habt ihr die Chance, viele Leute am Anfang kennenzulernen. Je mehr Zeit vergeht, umso schwieriger wird es mitunter auch. Leider war die Kontaktherstellung zu einheimischen Studenten etwas schwieriger. In den Kursen hätte man schon mindestens genauso viel Initiative gebraucht. Auch auf dem Campus selbst herrscht meiner Erfahrung nach eher eine unbewusste Trennung zwischen heimischen und internationalen Studenten. Das ist jedoch meiner Erfahrung nach meistens so. In diesem Kontext ist auch noch die maltesische Sprache zu erwähnen. Die heimischen Studenten kommunizieren in aller Regel in Maltesisch miteinander. Mitunter werden auch Fragen in den Kursen von Studenten an den Dozenten in Maltesisch gestellt und beantwortet. Das Ganze hat nie zu Problemen geführt und die Dozenten haben selbstverständlich darauf geachtet, dass ansonsten Englisch gesprochen wird.
Sprachkompetenz vor und nach dem Auslandsaufenthalt
Es ist kein Geheimnis, dass die Unterrichtssprache Englisch ist. Obwohl Malteser untereinander meist Maltesisch sprechen, spricht jeder ebenfalls sehr gutes Englisch. Man sollte hier wegen eines teilweise stärkeren Akzentes fälschlicherweise nicht denken, dass dies kein gutes Englisch wäre. Vor dem Auslandsaufenthalt war mein Englisch auf C1 Niveau. Leider habe ich keinen Englischsprachkurs gemacht, da ich dachte, dass insbesondere die täglichen Konversationen zum Verbessern der Sprache ausreichend sind. Ich würde jedem jedoch empfehlen, auch bei gutem Sprachniveau einen Englischkurs in Betrachtung zu ziehen, da man dort meines Erachtens doch noch wesentlich mehr lernen könnte und auch etwas gezielter dem Spracherlernen ausgesetzt wird. Falls es nicht der Englischkurs sein sollte und man Lust hat eine sehr besondere Sprache zu lernen, dem würde ich maltesisch Kurse empfehlen. Die Sprache ist sehr einzigartig und hat einen sehr interessanten Klang, da es sowohl Arabisch als auch Englisch und Italienisch vereint. Nach den knapp fünf Monaten kann ich jedoch sagen, dass sich mein Englisch verbessert hat und man doch noch mit mehr Selbstverständlichkeit Englisch spricht.
Wohn- und Lebenssituation
Um die Unterkunft kümmert man sich bestenfalls vorab. Die erste Frage, die man sich hier stellen sollte, ist, ob man im Studentenwohnheim wohnen will oder in einer WG bzw. allein. Meine Wahl fiel auf das Studentenwohnheim. Mein Hauptgrund war, dass ich etwas Sorge hatte, nicht genügend Leute kennen zu lernen, da es ja nach wie vor Pandemiezeiten waren. Das neu eröffnete Campus Hub liegt hier direkt neben der Uni. Es handelt sich um ein sehr modernes und sehr sauberes riesiges Studentenwohnheim. Die Preise sind jedoch auch sehr hoch. Zweifelsohne lernt man im Studentenwohnheim leicht Leute kennen und es entsteht schon eine eigene Community. Allerdings ist diese meiner Erfahrung nach relativ abgeschottet nach außen. Es gibt also alle nicht in der Unterkunft lebenden und die Studenten aus dem Studentenwohnheim. Da ich in den ersten zwei Wochen in einem Hostel und nicht der Unterkunft war und in dieser Zeit einen Großteil meiner Freunde kennenlernte, partizipierte ich in der Studentenunterkunft nicht vollumfänglich und daher war es nicht die beste Wahl für meine Situation. Selbstverständlich kann dies jeder anders einschätzen und bewerten. Überlegt euch jedoch, bevor ihr eine Wahl trefft, was ihr wollt und sucht. Das Studentenwohnheim wirkt etwas leichter zum Kennenlernen, dann aber hinten raus auch etwas unflexibel, was Leute angeht. Eine eigene WG oder Wohnung benötigt sicher mehr Initiative, man ist aber auch etwas flexibler sowohl in der Wahl der Freundeskreise als auch dem Empfang von Besuch. Das Studentenwohnheim ist hier dann auch sehr teuer und Leute von außen können quasi nicht rein. Sofern ihr euch erst vor Ort eine Unterkunft suchen wollt, ist das zweifelsfrei gut möglich. Über die gesamte Zeit gab es immer wieder relativ viele Möglichkeiten irgendwo zu wohnen und es sollte kein Problem sein auch erst vor Ort eine Wohnung zu finden, weil Malta sehr auf die internationalen Studenten eingerichtet ist. Von einigen Freunden hatte ich jedoch teilweise auch schlechte Erfahrungen mit privaten Vermietern mitbekommen. Informiert euch hier so gut es geht, was vorherige Erfahrungen angeht. Insbesondere die Kaution zurückzuerhalten kann vereinzelt schwierig sein. Mobilität ist in Malta mitunter etwas schwieriger als man es aus den meisten deutschen Großstädten gewohnt ist. Zentral ist der öffentliche Nahverkehr, der ausschließlich mit Bussen funktioniert. Direkt vorab empfehle ich jedem Studenten, sich direkt am Anfang, bestenfalls schon 1 -2 Wochen bevor man ankommt, von Deutschland aus die Tallinja Student Card zu besorgen (https://www.publictransport.com.mt/student). Mit dieser Karte zahlt man für eine Fahr lediglich 0,75 € statt der üblichen 2 €. Zusätzlich ist der Betrag monatlich auf 21€ gedeckelt und man erhält monatlich ein gewisses Guthaben vom Land zur Nutzung. Man fährt also fast kostenlos. Lediglich für Nachtbusse und einen extra shuttle Service zahlt man einen Aufschlag. Legt euch auch die Tallinja App zu, mit der ihr gut eure Routen planen könnt und auch den sehr günstigen Rufbus Service nutzen könnt (ähnlich wie BerlKönig). Neben dem öffentlichen Nahverkehr gibt es grundsätzlich die Möglichkeit Fahrrad zu fahren. Ehrlich gesagt würde ich das aber relativ schnell vergessen. Erstens ist der Verkehr teilweise sehr gefährlich und es wird teilweise chaotisch und manchmal etwas rücksichtslos gefahren. Zweitens sind die Straßen in einem sehr schlechten Zustand und das macht das Fahren zusätzlich gefährlich. Drittens ist es teilweise sehr hügelig und die Straßenführung sehr undurchsichtig, sodass ein Vorankommen doch erschwert wird. Die beste aber natürlich auch teurere Alternative zum öffentlichen Nahverkehr sind ride hailing services a la Uber. Die drei üblichsten sind hier „eCab“, „Bolt“ und „Cool“. Es ist wesentlich günstiger als Taxi oder Uber in Deutschland zu nutzen. Besonders wenn Ihr also in Gruppen unterwegs seid, ist es mitunter billiger als der Bus. Was Bankgeschäfte angeht, ist man in Malta am besten mit einer Kreditkarte gut aufgehoben. In der Regel kann man in den meisten Geschäften damit zahlen. Für kleinere alttägliche Käufe ist jedoch auch immer etwas Bargeld von Vorteil. Geldautomaten gibt es auch an vielen Stellen und somit ist die Versorgung kein Problem. Die Uni Malta macht eine Auslandsreisekrankenversicherung obligatorisch bei den einzureichenden Bewerbungsunterlagen. Grundsätzlich ist man im europäischen Ausland auch über die normale Krankenversicherung versichert, jedoch nur zu den Abrechnungssätzen, die in Deutschland üblich sind. Daher können bei einer Behandlung hier Differenzen anfallen, die dann selbst zu zahlen wären. Ein Auslandskrankenversicherung ist insofern sinnvoll. Lebenshaltungskosten sind in Malta im Allgemeinen teurer als hier, was mich sehr überrascht hat. Insbesondere Lebensmittel sind deutlich teurer als in Deutschland. Selbst wenn man bei Lidl und Co. einkauft, habe ich für den vergleichbaren Einkauf wie zuhause gefühlt das Doppelte bezahlt. Bei den Mieten sieht es ähnlich aus. Die Mieten sind gleich zu Deutschland, mit etwas Suche kriegt man auch etwas günstigere Wohnungen. Besonders Restaurants sind im Schnitt teurer als mein Vergleich zu Berlin. Empfehlenswert ist es, sich etwas über Restaurants im Süden oder im Landesinnern zu informieren, da es hier oftmals wesentlich günstiger sein kann. Auch Fitnessstudios und Sportangelegenheiten sind teurer. Hier solltet ihr euch bei der Uni über „Degree Plus“-Kurse informieren. Hier gibt es neben Sport auch viele weitere interessante Kurse wie Fotografie, Kunstkurse, aber auch Sprachkurse (https://www.um.edu.mt/study/degreeplus/). Neben den universitären Angeboten bietet euch ESN (Erasmus Student Network) viele Sportmöglichkeiten an. Kümmert euch sobald ihr da seid um eine ESN Karte und Mitgliedschaft (kostet 10€). Damit kommt ihr in große WhatsApp-Gruppen, die gut zum Leute kennenlernen sind sowie für eben jene Sportangebote und regelmäßige Parties.
Studienfach: Betriebswirtschaftslehre (M.Sc.)
Aufenthaltsdauer: 09/2021 - 02/2022
Gastuniversität: University of Malta
Gastland: Malta
Rückblick
Malta ist ein wunderschönes Land mit wunderschönen drei Inseln. Man kann hier einen sehr guten Mix aus Party und Sightseeing machen. Insbesondere empfehle ich, viel wandern zu gehen und insbesondere von der Küste so viel wie möglich zu sehen. Nutzt insbesondere im Wintersemester die Monate September, Oktober und November, da das Wetter doch auch etwas kühler wird im Winter. Seid aktiv und lernt viele Leute kennen, da sich im Verlauf doch Gruppen bilden und diese dann auch immer fester zusammenwachsen. Insgesamt habe ich großartige Freunde kennengelernt, wenn leider auch keine Einheimischen. Während meiner Zeit hatte ich manchmal das Gefühl, dass manche Einheimischen etwas genervt sind von den vielen Touristen. Das sollte einen jedoch nicht beeinflussen oder irgendwie entmutigen. Besonders, wenn man sich respektvoll verhält, ist das Ganze kein Problem. Selbstverständlich hat man ebenfalls sehr viele freundliche und aufgeschlossene Einheimische. Auch kann einem die Insel an manchen Stellen etwas vermüllt vorkommen. Zum Wetter ist noch zu sagen, dass die Luftfeuchtigkeit sehr hoch ist. Das bedeutet einerseits, dass es einem noch etwas heißer vorkommt, wenn es heiß ist, aber andererseits auch, dass es einem kälter vorkommt, wenn es kühl ist. Selbst wenn also im Winter von Temperaturen zwischen 14 – 18° die Rede ist, fühlt es sich trotzdem deutlich kühler an. Sobald die Sonne untergegangen ist, wird es daher auch auf Malta kalt. Nehmt euch also, wenn ihr zum Wintersemester dort seid, trotzdem eine warme Jacke mit!