Vorbereitung des Auslandsaufenthaltes
Wenn man Regina googelt, wird einem schnell klar, dass es eine recht kleine Stadt im Herzen einer wenig bevölkerten Provinz ist und gerade die Landschaft nichts mit Seen, Wäldern und Bergen zu tun hat, wie man sich Kanada vielleicht vorstellt. Nichtsdestotrotz waren die letzten vier Monate eine unglaublich intensive Zeit mit vielen neuen Erfahrungen – und vor allem den besten neuen Freund:innen. Ein Spruch hat meine Abschiedszeit in Regina geprägt: „It’s the people“. Mir war von Anfang an klar, dass ich nach Kanada möchte. Auf der International Week habe ich von Hochschulpartnerschaften der UP erfahren, leider gibt es nur zwei mit Kanada. Eine Freundin wollte an die MUN und somit habe ich mich für die U of R entschieden. Die Internetseiten des International Office und der U of R bieten unheimlich viele Informationen und helfen einem beim Bewerbungsprozess. Mit anderen Studis sich auszutauschen während der Bewerbung wegen der Dokumente hilft auch ungemein. Im Prinzip gibt es zwei Bewerbungen: am International Office im November und dann direkt bei der Gastinstitution im April. Da ich die deutsche Staatsbürgerschaft besitze, nicht in Kanada arbeiten wollte und unter sechs Monaten im Land geblieben bin, brauchte ich kein Visum, sondern konnte ein ETA beantragen. Krankenversicherungen sind etwas teurer als z.B. in Europa, aber ich habe eine temporäre für die Zeit gekauft.
Studium an der Gastuniversität
Das System in Kanada unterscheidet sich drastisch von dem deutschen. Das Studium dauert vier Jahre und hat jeweils zwei Semester, die vier Monate dauern. Man hat drei Monate Vorlesungen und einen Monat Prüfungen und Abgaben. Es gibt Assignments, die teilweise auch echt lange und aufwändig sein können. Im Durchschnitt gibt es von diesen drei bis fünf pro Kurs, also hat man Abgaben so alle zwei bis vier Wochen, teilweise überschneiden die sich auch und dann kommen ggf. noch Quizzes hinzu, was sehr stressig sein kann. Es gibt in jedem Kurs mindestens einen Midterm (Klausur, die weniger wert ist als ein Final und nur die Themen, die man bereits hatte, beinhaltet), manchmal sind es auch zwei. Dazu kommen Final Papers und Essays, die üblicherweise um die fünf Seiten lang sein sollen und zum Ende des Semesters fällig sind, und zum Schluss die Klausur. Ich würde fünf Kurse nicht empfehlen, wenn man noch an den Veranstaltungen der Uni teilnehmen, reisen oder Freunde treffen möchte. Ich war mit vier Kursen sehr zufrieden, muss aber auch sagen, dass ich im 5. Fachsemester nur ein 300er Kurs gewählt habe, zwei 200er und einen 100er, d.h. die fachlichen Ansprüche waren definitiv machbar. Ich habe drei Wirtschaftskurse belegt und da das Schulsystem nicht „Calculus“ als Pflichtfach vorsieht, kamen z.B. Ableitungen oder Lagrange nur am Rande in meinem Mikro 300er Kurs vor (den man im dritten Jahr belegt). Dadurch, dass so viele verschiedene Noten mit unterschiedlicher Gewichtung in die Endnote einfließen, ist es definitiv schwieriger, eine sehr hohe Prozentzahl zu bekommen, was aber in der Notenumrechnung berücksichtigt wird. So bekommt man z.B. schon ab 87 % eine 1,0 und das ist mit Vorwissen und Arbeit machbar. Jedes Modul ist 3,000 Punkte wert, was mit 6 LP anerkannt wird. Gerade die höheren Klassen sind super klein, ich hatte einen Kurs, in dem wir zu viert waren und deswegen lernt man die Dozenten viel schneller und näher kennen, was diese auch wollen. Wenn man Fragen hat, kann man immer zu den Profs gehen, die alle extrem hilfsbereit sind, aber auch das dortige International Office ist sehr engagiert und kümmert sich um sämtliche Belange. Insgesamt sind alle Menschen sehr hilfsbereit, ich wurde in der ersten Woche oft einfach angesprochen und gefragt, ob ich Hilfe brauche und dann meistens sogar noch dahin begleitet, wo ich hinmusste. Die Uni ist (abgesehen von den Kisik Towern, wo ich gewohnt habe) wie ein Ring aufgebaut, sodass man gerade im Winter nicht raus gehen muss, was man auch echt nicht möchte bei minus dreißig Grad. Die Bibliothek hat viele Computer und verschiedene Ruhezonen (in einer kann man z.B. normal reden, in einer anderen gar nicht), was einem beim Arbeiten hilft. Gerade in der Klausurenphase hat sie verlängerte Öffnungszeiten bis um zwei Uhr, was man definitiv gebrauchen kann, wenn man wie ich eine Nachteule ist. Das Student Success Centre bietet viele Workshops und Kurse an, die einem helfen, sich generell in dem anderen Studiensystem zurechtzufinden.
Kontakt zu einheimischen und internationalen Studierenden
Im Fall Semester, was ich empfehlen würde, weil es noch warm ist im August und September und man rausgehen kann, kommen sehr viele neue Studierende an die Uni, weswegen es auch eine Welcome Week gibt und auch danach viele Veranstaltungen, was es einem super leicht macht, neue Kontakte zu knüpfen. Es gibt drei Gruppen von Studierenden an der U of R: Exchange students, Internationals (ausländische Studis, die 4 Jahre bleiben) und Kanadier:innen. Mein Freundeskreis in Regina ist ein bunter Mix aus allen möglichen Ländern und es war sehr interessant, so viele unterschiedliche Menschen mit unterschiedlichsten Perspektiven zu treffen. Die gemeinsame Sprache war immer Englisch, weswegen man sich schnell eingefunden hat.
Sprachkompetenz vor und nach dem Auslandsaufenthalt
Meine Sprachkompetenzen waren schon vor Kanada auf C2 -Niveau, weswegen ich nicht sagen würde, dass ich mich stark verbessert habe. Ich bin allerdings jetzt definitiv gewöhnt daran, hauptsächlich Englisch zu sprechen im Alltag und selbstbewusster im Sprechen. Zudem haben mir einige Leute einen kanadischen Akzent nachgesagt (oder besser den aus Saskatchewan, google mal Wörter wie bunnyhug, kerfuffle oder skidoo).
Wohn- und Lebenssituation
Man kann auf dem Campus oder außerhalb leben. Wie schon erwähnt habe ich auf dem Campus gewohnt, weswegen ich wenig zu dem außerhalb Leben sagen kann. Die Busanbindungen zum Campus (ja, es gibt nur Busse, die auch tlw. nur einmal die Stunde kommen) können aber sehr nervig sein, gerade im Winter, wenn es kalt ist. Leben auf dem Campus ist wegen der Nähe zu allen Leuten und zu den Classrooms sehr praktisch, aber auch deutlich teurer als außerhalb zu leben. Es gibt verschiedene Häuser. LaCité ist das französischsprachige Haus und Teil des Rings. College West ist am nächsten zu den Busstationen, Teil des Rings und auch vom Aussehen am schönsten. Die Paskwa und Wakpa Türme sind Teil des Rings, haben mich persönlich am wenigsten überzeugt, die Wohnungen sind sehr dunkel und verwinkelt. Ich habe in Kisik gelebt, was ausschließlich für Studis ist, die im ersten Jahr studieren. Weil viele Kanadier:innen mit 17/18 anfangen zu studieren, gibt es eine Rezeption, die 24/7 offen ist. Es gibt in allen Häusern monatliche Cleaning Inspections und Ruhestunden, in denen Parties z.B. aufgelöst werden können. Es gibt auch Einzelzimmer, aber nur ohne Küche, weswegen man einen MealPlan braucht, den ich wirklich nicht empfehlen kann, gerade wenn man kein Fleisch isst. Zudem ist es schön, wenn man sich mit den MB gut versteht und so von Anfang an Freunde findet. Ich habe mich im Mai beworben und bin im August eingezogen. Ich habe meine Kreditkarte genutzt, die ich davor schon hatte, musste allerdings immer 2 % Gebühr auf den Transaktionswert umgerechnet in Euro zahlen. Zu den wichtigsten Supermärkten (Empfehlung: Canadian Real Superstore) kommt man mit dem Bus in 15 Minuten, andere Gegenden in der Stadt dauern mit Öffis deutlich länger, weswegen ein Auto von Vorteil ist. Abends kann man sich mit Freunden ein Uber teilen, die kosten i.d.R. um die ~10€ - 15€, ansonsten habe ich auch genügend kanadische Freund:innen mit Auto gehabt, mit denen ich einkaufen gehen konnte. Regina ist wie gesagt für uns eher eine Kleinstadt und nicht die größte Stadt in Saskatchewan (Saskatoon), aber trotzdem die Provinzhauptstadt und hat somit eine Auswahl an Freizeitangeboten. Clubbing ist schwierig, es gibt einen Club, „Gabbo’s“, den alle nur Stabbo’s nennen und das nicht ohne Grund, ansonsten eine sehr sehr sehr empfehlenswerte Bar namens „Leo’s Tavern“ und andere Bars, Shopping Centers, Kinos, Museen oder Theater. Lebenshaltungskosten sind grundsätzlich ähnlich wie in Deutschland, da die Preise höher sind, aber der Wechselkurs vorteilhaft ist. Man muss mindestens mit um die 600 € im Monat rechnen, wenn man selber kocht und trotzdem mal ausgeht. Gerade Lebensmittel und Alkohol sind irre teuer in Saskatchewan, dagegen ist Weed legal und sehr erschwinglich.
Studienfach: Politik und Wirtschaft
Aufenthaltsdauer: 08/2022 - 12/2022
Gastuniversität: University of Regina
Gastland:Kanada
Rückblick
Im Nachhinein würde ich Regina empfehlen, wenn man in eine ruhige Stadt möchte und in einem sehr begrenzten Radius studieren möchte. Freunde findet man super schnell und dann hat man auch immer etwas zu tun. Die Parties sind legendär gewesen!!! Da Regina im Westen Kanadas liegt, kann man auch sehr coole Reisen machen. Die größeren Städte wie Toronto, Montréal, Ottawa, New York, Vancouver liegen alle in Flugweite (Züge gibt es eh nicht so wirklich), den Yellowstone National Parc kann man mit dem Auto erreichen, wenn man gewillt ist 12 Stunden zu fahren und ich war zum Beispiel mit Freund:innen auf Maui, Hawaii. Ich wäre gerne für zwei Semester geblieben und kann die Bubble, in der man lebt, gar nicht so richtig beschreiben. Das Auslandssemester hat mir auf jeden Fall sehr viel Spaß gemacht und ich würde es gerne nochmal wiederholen!!! Wenn Du Fragen hast, frag das International Office gern nach meinen Kontaktdaten. :)