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Vorbereitung des Auslandsaufenthaltes

„Und dann hab ich es versucht. Und es hat geklappt.“ So ungefähr würde ich das zusammenfassen. Das erste Mal für eine Hochschulpartnerschaft beworben habe ich mich 2020. Mein Wunsch: Memorial University, St. John’s, Neufundland, Kanada. Ich wurde abgelehnt, bekam aber stattdessen die Möglichkeit nach Regina, Saskatchewan, Kanada zu gehen. Wegen COVID hat die Universität jedoch jegliche Präsenzkurse abgesagt und ich hätte lediglich Online-Kurse machen können. Das wollte ich allerdings nicht, es geht ja nicht nur um die Kurse, sondern auch um die interkulturelle Erfahrung und das Lernen der Sprache vor Ort. Ich habe diese Option also schlussendlich abgelehnt. Im Sommer 2021 bewarb ich mich dann für Australien – und wurde abgelehnt. Und im Winter 2021 bewarb ich mich wieder für St. John’s – und wurde angenommen. Ein langer Weg, aber es hat sich gelohnt. In der Vorbereitung waren sowohl das deutsche als auch das kanadische International Office (IO) super hilfreich. Kontakt war schnell per E-Mail hergestellt, Fragen oftmals innerhalb einer Woche beantwortet. Natürlich gab es Unsicherheiten: wie funktioniert die Einreise, Visum oder lieber eTA, Impfstatus, Bescheinigungen, die zahlreichen Bewerbungsunterlagen, usw. Wo das deutsche IO nicht weiter wusste, hatte das kanadische die Ressourcen zu. Die Memorial University stellt auch einen Online-Kurs „MUN101“ bereit, der alles Wichtige zur Uni, dem Leben und der Organisation vor Ort erklärt. Darüber konnte man sich auch direkt bereits aus Deutschland vernetzen, Campus-Touren organisieren und vieles mehr. Kurse zu belegen war ein bisschen chaotisch, aber auch dort hilft das kanadische IO und erklärte das Schritt für Schritt.


Studienfach: Lehramt Mathematik und Biologie

Aufenthaltsdauer: 08/2022 - 12/2022

Gastuniversität: Memorial University of Newfoundland

Gastland:Kanada

Studium an der Gastuniversität

Beginnen wir mit dem Studium, schließlich ist das das, was mit der Hochschulpartnerschaft ursprünglich im Mittelpunkt stehen sollte. Kurzum: Studieren in Kanada war für mich sehr anders im Vergleich zu Deutschland. Nachfolgend die wichtigsten Punkte:

Zeiten: Aus Potsdam kenne ich 90-Minuten-Blöcke. Mal mehr bei Praktika, mal weniger. In Kanada haben wir typischerweise 50 min oder 75 min lange Kurse. Das führt zu einem kleineren, sich wiederholenden Stundenplan mit teilweise komischen Zeiten (von 10:30-11:45, 12:00-12:50, o.ä.). Allgemein fand ich das jedoch angenehmer und einfacher, um sich zu konzentrieren. So hatte ich etwa einen Kurs immer montags, mittwochs und freitags für jeweils eine Stunde und einen anderen immer dienstags und donnerstags für 75 min.

Allgemeiner Studienaufbau in Kanada: Generell gibt es zwar ein Bachelor- und Mastersystem, das unterscheidet sich jedoch etwas vom deutschen. Der Bachelor dauert fast immer vier Jahre und mehr, der Master meistens nur eines. Kurse kann man wiederholen so oft wie man möchte, man bezahlt ja schließlich auch tausende von Dollar dafür (theoretisch). Man hört viel die Begriffe „undergraduate“ und „graduate“ sowie „major“ und „minor“ oder „double major“, was praktisch Schwerpunkte im Studium sind. Die Studierenden haben oft eine große Auswahl an Kursen. So ist es nicht untypisch, dass jemand einen Literaturkurs oder Game Studies belegt, obwohl das eigentliche Studienfach naturwissenschaftlicher Natur ist. Die credits für die Kurse entsprechen in etwa unseren Leistungspunkten, wobei man aufpassen muss, da „labs“, also Labore, oder praktische Übungen nur selten zu den credits dazugezählt werden.

Organisation der LV: Am Anfang jeden Kurses habe ich einen Syllabus erhalten, mit allen Terminen verteilt über das Semester, wann welches Thema behandelt wird, bis wann welche Bücher zu lesen und Aufgaben zu erledigen sind. Meine Kurse waren alle eher interaktiv, unterrichtsähnlich gestaltet, wohingegen ich aus Deutschland eher vorlesungsähnliche Veranstaltungen kenne. Von anderen Austauschstudierenden habe ich allerdings auch von Vorlesungen, Laborübungen und anderem gehört. Was an der Memorial-Universität sehr typisch ist, ist dass die Studierenden und Dozenten eher auf die Kursnummern referieren als auf die Namen. Das heißt, statt „Introduction to Game Studies“ haben wir eher von CMST 2100 gesprochen. Dabei stehen die Buchstaben am Anfang für die Fakultät (hier Communication Studies, andere waren etwa MUS für Musik, ED für Education, MATH für Mathe, COMP für Computer Science, o.ä.). Je höher die Tausenderstelle, desto später im Studium nimmt man den Kurs. Das heißt 1000er-Kurse sind Einführungskurse, 2000er du 3000er Kurse macht man i.d.R. im zweiten oder dritten Jahr, 4000er Kurse sind meistens Aufbau-Kurse oder schon im Graduierten-Programm.

Anforderungen: Die Anforderungen über das Semester hinweg waren für mich deutlich höher und mehr als ich aus Deutschland gewöhnt bin, dafür aber verteilter. Üblicherweise habe ich eine Klausur oder Hausarbeit am Ende des Semesters, manchmal auch wöchentliche Hausaufgaben und Protokolle, die dann die Note ausmachten. In Kanada hatte ich etwa 4-6 Essays oder Vorträge in unterschiedlicher Länge verteilt über die drei Monate Vorlesungszeit, die sich dann zu unterschiedlichen Teilen zur Gesamtnote zusammensetzten.

Leistungsbewertung: Statt Noten wie 1.0, 1.3, 1.7, 2.0, usw. bekommt man hier sehr akkurate Prozentangaben, z.B. 87% für eine Aufgabe. Es gibt zudem auch immer einen Bewertungsbogen („rubrics“) dazu, wo man genau festmachen kann, wo man Punkte verloren hat. Gleichermaßen fand ich es persönlich auch schwieriger, sehr gute Noten zu bekommen.

Studienklima: In meinen Kursen war das Klima immer sehr positiv und persönlich. Sehr schnell kannte man sich untereinander und war vernetzt über Facebook oder Discord. Man hat sich in der Mensa begrüßt und zusammen gegessen, gemeinsam an assignments und Aufgaben gesessen, und auch nach dem Kurszeitraum sich einfach mal so getroffen. Insgesamt war das weniger von Konkurrenzdenken, sondern eher von gegenseitigem Austausch, Hilfe und Unterstützung geprägt – und sei es emotionale Unterstützung, wenn der eine Professor uns wieder komplett missverstanden hatte.

Betreuung: Ich hab immer Hilfe finden können, wenn ich nach Hilfe gefragt habe. Die meisten Dozent:innen haben auch regelmäßige Sprechzeiten sowie Betreuung per E-Mail oder persönlich nach Veranstaltungen angeboten. Zudem gibt es Hilfszentren mit wissenschaftlichen und studentischen Hilfskräften, die Aufgaben durchgehen und üben. Sogar Sprachlernzentren und Schreibunterstützungen können aufgesucht werden – besonders auch für internationale Studierende. Das hat alles sehr gut funktioniert.

Technische Ausstattung: Das kommt bei der Memorial University wirklich stark auf das Gebäude an. Was es aber gibt, sind Computerpools in jedem Universitätshaus und zu jedem Studentenwohnheims-Komplex (Paton College, MacPhersonCollege, Burton’s Pond). In den Räumen, die ich gesehen habe, gab es meistens immer ein Whiteboard oder Tafel, einen Beamer und PC, Dokumentenkamera und Smartboard. Die Anmeldung bei allen Services der Universität (E-Mail, Leistungsübersicht, Bibliothek, Computer, WLAN, uvm.) funktioniert mit der Universitätsemail und dem selbstgewählten Passwort sehr einfach.

Bibliothek: Online kann man 24h/7 Tage die Woche auf die Dokumente zugreifen. Vor Ort in St. John’s kann man in die Queen Elisabeth Library von 8 Uhr morgens bis 2 Uhr nachts gehen. Es gibt da auch einen Kaffee-Laden „Jumping Beans“, wo man sich Snacks und Getränke für zwischendurch mit Flex-Dollar kaufen kann. Günstiger ist es jedoch im Tim Horton’s im Arts and Administration-Building.

Sprachkompetenz vor und nach dem Auslandsaufenthalt

Meine Sprachkompetenz hat sich allein in diesen vier Monaten unglaublich verbessert, das tut sich allerdings auch nicht von allein. Wer nur in Gruppen seiner oder ihrer eigenen Muttersprache Zeit verbringt, wird nicht so viel Englisch reden – was nicht heißt, dass man nicht auch täglich nach Hause telefonieren kann, auf Deutsch redet und am Ende doch auf Englisch denkt. Alle meine Kurse in der Uni waren auf Englisch, meine insgesamt über 20 Essays und Präsentationen waren auf Englisch. Da meine Mitbewohnerin und auch meine engste Freundesgruppe vor Ort aus Kanada kamen, war ich gezwungen sehr viel auf Englisch zu reden. Auch der Kontakt mit internationalen Studierenden führt zu einer intensiven Auseinandersetzung mit Sprache. In den ersten Wochen war ich abends super müde, einfach weil es so viel Konzentration gekostet hat, den ganzen Tag Englisch zu hören, zu verstehen und selbst Sätze zu bilden. Nach etwa drei Wochen hatte sich das dann aber schon automatisiert. Wo ich früher Untertitel bei Filmen gebraucht habe, kann ich die jetzt auslassen und selbst der stärkste Dialekt macht mir nichts mehr aus. Ich bin mir nicht sicher, ob sich mein Vokabular so sehr vergrößert hat, aber ich kann jetzt auf jeden Fall alles umschreiben – in Tabu wäre ich spitze. Immer, wenn mir Worte gefehlt haben, haben andere geholfen. Auch Bedeutungen kann man ganz einfach nachfragen. Obwohl ich selbst mein Englisch als eher mittelmäßig eingeschätzt habe, haben sie mir vor Ort viele Komplimente gemacht – auch zur Aussprache. Daher bin ich überzeugt, dass egal welches Sprachniveau man selbst besitzt, man kann sich vor Ort mit Händen und Füßen verständigen und alle unterstützen. Keine Sorge, das geht.

Wohn- und Lebenssituation

Ich bin eine Woche vor Studienstart nach Kanada geflogen und habe in einem AirBnB in der Innenstadt gewohnt. Mit meiner AirBnB-Frau habe ich jetzt noch Kontakt. Sie hat mir geholfen, mich zurechtzufinden, mein Jetlag zu überstehen, mich vom Flughafen abzuholen, meine kanadische Handykarte (bei Koodo eine Prepaid) zu holen, erste kanadische Erfahrungen zu machen (Cod Tongue oder Cod au Gratin zu essen – sehr neufundländisch). Generell gibt es viel (guten) Fisch. Gewohnt habe ich am Ende auf dem Campus. Man kann sich dazu online beim Student Residence Portal anmelden, sobald man die Zugangsdaten von der Universität hat. Ein Zimmer in Paton College zu bekommen ist nicht schwer – man teilt sich dann aber auch das Zimmer (zwei Betten, ein Zimmer), hat keine Küche und teilt sich das Bad mit dem ganzen Flur. Funktioniert. Und der Zusammenhalt ist riesig. Und da hab ich zuerst auch nur ein Zimmer bekommen. Erst etwa 4 Wochen bevor ich flog, habe ich eine Rückmeldung bekommen, dass meine Bewerbung für Burton’s Pond angenommen wurde. Da habe ich mein eigenes Schlaf- UND Arbeitszimmer und teile mir Wohnzimmer, Küche und Bad mit einer anderen Person. Ja, Student Residences sind jetzt nicht die günstigsten Optionen, aber mit Abstand die einfachsten, was Organisation und Menschen kennenlernen betrifft. Für mich persönlich gab es nichts Besseres. Meine Mitbewohnerin kam aus Nova Scotia (einer anderen kanadischen Provinz an der Ostküste) und ich hab sie geliebt. Wir haben praktisch alles zusammen gemacht und sie hat mir alle möglichen Traditionen gezeigt. Gegessen haben wir in der Dining Hall, aber da wir ja eine Küche hatten, konnten wir uns auch selbst noch abends perogies machen, Late-Night-Brownies und Plätzchen backen. Tanzabende in der Küche. Laut Musik hören in der Dusche. Einziger Nachteil: du musst raus. Alle Gebäude bis auf Burton’s Pond sind über Tunnel (liebevoll „MUNnnels“ gennant) mit der Uni verbunden. Das war auf jeden Fall hilfreich, wenn es kalt und regnerisch war. Und das war es ziemlich oft. Trotzdem habe ich mir in der ganzen Zeit nicht einen einzigen Regenschirm gekauft, bei dem Wind bringt das nichts. In meinem ersten Monat (September) hatte ich zwei Hurricanes mit über 120 km/h Wind. Da läuft man nicht, da wird man geschoben. Lieber investiert man in eine sinnvolle Jacke.

Studienfach: Lehramt Mathematik und Biologie

Aufenthaltsdauer: 08/2022 - 12/2022

Gastuniversität: Memorial University of Newfoundland

Gastland:Kanada


Rückblick

Abschließende Tipps:

  • Geht in die George Street, in die Christian’s Bar zum Screech In. Kostet $40, es lohnt sich.

  • Schaut euch das Musical „Come From Away” an. Das erzählt euch alles, was ihr über Newfoundland wissen müsst.

  • eTA reicht für 4 Monate (kostet auch nur $7 statt über $100 fürs Visum).

  • Steuern kommen nach dem Preis an der Kasse erst dazu. Steht im Laden ein Produkt für $5, bezahlt ihr ca. $7 an der Kasse. Nicht wundern. Das ist normal.

  • Das Ding zum Dusche anmachen und Wärme einstellen: man dreht das. Eine komplette Runde drumherum für warmes Wasser. Man zieht das nicht weg. Eine komplette Runde drum herum. (Ja, ich hab kalt geduscht am Anfang, weil ich nicht wusste wie.)

  • Macht ganz viele Bilder. Fragt nach Selfies.

  • Go for it. Talk to them. Meet them. Go outside.

Dies ist nur ein Auszug des Berichts. Hier finden Sie den kompletten Bericht inklusive vieler Fotos.

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