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Vorbereitung des Auslandsaufenthaltes

Als ich mich dazu entschied ein Erasmussemester zu machen, war für mich von Anfang an klar, dass ich ein Auslandssemester in Italien machen möchte. Meine erste Wahl war Rom, als Zweitwahl gab ich Mailand an und als Drittwahl Verona. Da alle Plätze für Rom vergeben waren, wurde mir ein Platz in Mailand angeboten.


Studienfach: Psychologie

Aufenthaltsdauer: 09/2023 - 02/2024

Gastuniversität: Università degli studi di Milano-Bicocca

Gastland: Italien

Studium an der Gastuniversität

Das Studium war sehr theorielastig. Ich hatte einen Kurs aus dem ersten Masterjahr und 3 Kurse aus dem zweiten Masterjahr gewählt. Folgende Kurse habe ich belegt:
-    Cognitive Psychology (1. Jahr)
-    Applied Social Cognition to Public Policies (2. Jahr)
-    Applied Cognitive Development (2. Jahr)
-    Evaluation of Psychological Interventions Laboratory (2. Jahr)
Die Kurse haben mir alle leider, bis auf Evalution of Psychological Interventions Laboratory, nicht gefallen. Die Vorlesungen waren auch nicht gut besucht. Die Kurse sind alle sehr theoretisch. Inhaltlich fand ich den Kurs Applied Social Cognition to Public Policies interessant. Auch die Klausur war fair und machbar. Die beiden Kurse Applied Cognitive Development und Cognitive Psychology hatten sehr schwere Klausuren. Man muss sich viele theoretische Details merken und die Klausurfragen werden komplizierter gestaltet als notwendig. Grundsätzlich waren die Themen nicht schwer zu verstehen, aber in der Klausur werden sehr spezifische und unwichtige Details abgefragt. Die Klausur Applied Cognitive Development war zum Beispiel mündlich und ich habe sie letztendlich drei Mal wiederholen müssen, obwohl ich bereits bei den ersten beiden Versuchen viel Lernaufwand hineingesteckt hatte. In Deutschland hatte ich noch nie solche Probleme gehabt, eine Klausur zu bestehen.
Auch sind die Prüfungsleistungen bei jedem Kurs anders. Häufig bestehen sie aus Teilleistungen (z.B. Präsentation + mündliche/schriftliche Prüfung). Man hat fünf Versuche im Jahr. Als Erasmusstudent hat man natürlich weniger Versuche, da man nicht das ganze Jahr über da ist. Das Prüfungssystem war für mich ungewöhnlich und zum Teil fand ich nicht eindeutig, was ich machen muss, um die Prüfungsleistung zu erbringen. Selbst die italienischen Studenten hatten manchmal Schwierigkeiten, die Prüfungsanforderungen zu verstehen, sodass in einem Kurs ein wochenlanger E-Mail-Austausch mit der Professorin zustande kam.
Ich fand das Klima unter den Studenten aber sehr angenehm, es werden Lernmaterialien miteinander geteilt und die anderen Studenten sind sehr hilfsbereit. Grundsätzlich nahm ich den psychischen Leistungsdruck unter den Studenten als hoch war.

Kontakt zu einheimischen und internationalen Studierenden

Ich habe eher weniger Kontakt zu den einheimischen Studenten gehabt. Dies liegt aber auch daran, dass ich insgesamt nur vier Kurse - und dann auch noch aus unterschiedlichen Jahrgängen - hatte. Die einzelnen Kurse finden zwei bis drei Mal pro Woche statt, und da ich nicht jeden Kurs aus dem ersten und zweiten Masterjahr belegt hatte, hatten die „richtigen“ Studenten eines Jahrgangs natürlich viel mehr Zeit miteinander verbracht. Daher habe ich mich vor allem mit anderen Erasmus-Studenten angefreundet. Teilweise durch die Kurse, teilweise über den Sprachkurs und auch über die ESN-Events. Die Kontakte, die ich zu den italienischen Studenten hatte, waren angenehm, jedoch haben sich bis auf ein paar nette Unterhaltungen keine engeren Kontakte entwickelt. Meine anderen internationalen Freunde haben ähnliche Erfahrungen gemacht. Die Zeit, die man tatsächlich in der Uni verbringt, ist auch recht kurz. Denn die Vorlesungen finden nur von Oktober bis Dezember statt. Außerdem sprechen viele Italiener (wenn sie nicht auf Englisch studieren) meist kein Englisch oder nur sehr gebrochen. Die italienischen Studenten, die die ESN-Events organsiert haben, waren aber meist sehr offen und freundlich. ESN ist ein Netzwerk, bestehend aus Studenten, die Erasmuserfahrungen gemacht haben und in ihrer Heimatuni nun selbst Events organisieren.

Sprachkompetenz vor und nach dem Auslandsaufenthalt

Es sind keine italienischen Sprachkenntnisse notwendig, um an der Gastuni zu studieren, da es viele englische Studiengänge gibt. Es gibt aber keinen Master-Psychologie-Studiengang auf Englisch, daher habe ich Kurse aus dem Masterstudiengang „Applied Experimental Psychological Sciences“ gewählt. Aus Zeitgründen habe ich vor meinem Aufenthalt leider keinen Italienisch-Kurs gemacht, würde dies aber sehr empfehlen. Ich habe aber einen Online-Sprachkurs von der Universität Bicocca gemacht, der im September anfing. Die ersten zwei Wochen waren online und die letzten beiden Wochen waren vor Ort. Der Kurs wurde von Martina Bianchi geleitet und ist sehr zu empfehlen. Die erworbenen Italienischkenntnisse waren im Alltag hilfreich, da viele Italiener kein Englisch sprechen. Daher fand ich es nützlich, zumindest Kaffee auf Italienisch bestellen zu können. Im Laufe des Semesters gab es einen anderen Online-Sprachkurs, der aber von einer anderen Dozentin geleitet wurde, den ich persönlich weniger effizient fand.

Wohn- und Lebenssituation

Wohnungssuche
Ich habe mich erst sehr kurzfristig (etwa zwei Monate vorher) um eine Wohnung in Mailand gekümmert, was ich nicht nochmal so machen würde. Zu diesem Zeitpunkt waren alle zentral gelegenen Wohnungen bereits belegt. Ich habe dann doch noch ein Zimmer für 450 Euro in einer Familienwohnung in Novate Milanese über Uniplaces gefunden. Diese Seite wird auch von dem ESN-Netzwerk empfohlen, was ich persönlich nicht nachvollziehen kann. Meiner Meinung nach ist die Seite unprofessionell, denn es werden einem keine Bewertungen von vorherigen Mietern angezeigt und man muss eine Bearbeitungsgebühr zahlen. Ich habe eine Bearbeitungsgebühr in Höhe von 270 Euro gezahlt. Außerdem muss man aufpassen bei der Buchung, denn der Buchungsprozess ist nicht ganz eindeutig, sodass man schnell „aus Versehen“ ein Zimmer oder eine Wohnung buchen kann. Eine Buchungsanfrage kann man nicht mehr storniert werden. Außerdem hat man nur am ersten Tag des Einzugs Zeit, Mängel zu melden. Danach hat man keinerlei Ansprüche oder Rechte mehr. Das war auch der Grund, wieso ich direkt am Einzugsdatum angereist bin, um mir die Wohnung anzuschauen und gegebenenfalls zu melden, falls es sich um einen Scam handelt. Ich kenne aber auch Leute, die eine solide Wohnung darüber gefunden haben. Man muss wie gesagt nur etwas aufpassen. Ich bin bei einer dreiköpfigen Familie untergekommen. Der Aufenthalt in dieser Wohnung hat sich leider als Albtraum herausgestellt. Zunächst hat im ersten Monat die Küche gefehlt. Die Vermieterin hatte mir versichert, dass diese eine Woche nach meiner Ankunft kommen würde. In den ersten zwei Wochen hatte ich auch keinen Kühlschrank zur Verfügung, was Ende Sommer schon eine Herausforderung war. Allgemein war die Wohnung nie aufgeräumt und messihaft, was am ersten Tag nicht auffiel, da es da noch relativ sauber war. Außerdem war es sehr laut, denn die Kinder haben von morgens bis spät in die Nacht laut Fernseher geguckt. Auch die Vermieterin gab mir oft das Gefühl, dass ich nicht willkommen war. Da ich mich dort nicht wohlgefühlt habe, habe ich die meiste Zeit versucht mich woanders aufzuhalten und nur zum Schlafen in der Wohnung zu sein. Nach etwa 2,5 Monaten, die ich dort verbracht hatte, hat die Vermieterin aus dem Nichts Streit gesucht. Nach einer Diskussion hat sie mir dann gesagt, dass sie eigentlich nicht dazu bereit war, eine weitere Person bei sich aufzunehmen und sie mir freistelle, eine andere Unterkunft zu suchen. Man braucht nämlich die Zustimmung des Vermieters, um eine Wohnung über Uniplaces früher als vertraglich festgelegt wieder zu verlassen und die Kaution wiederzubekommen. Die Hälfte der Kaution (200 €) hat meine Vermieterin jedoch ohne Grund behalten, aber Uniplaces hat in dem Fall nicht viel geholfen. Glücklicherweise war die Kaution nicht ganz so hoch, wie es üblich ist in Mailand. Die meisten Vermieter fordern eine Kaution in einem Bereich zwischen 1.000 und 2.000 Euro, was für mich persönlich zu riskant war.
Ich habe dann auch nach einer anderen Unterkunft geguckt und mit einer großen Portion Glück spontan ein WG-Zimmer über Airbnb gefunden, was auch näher an der Uni war. Meine neue WG war deutlich teurer (700€), aber von der Lage super. Ich habe nur 30 Minuten zu Fuß und 20 Minuten mit der Bahn zur Uni gebraucht. Ich habe in Bresso, einem Randgebiet von Mailand, gelebt. Die Wohnung war auch nicht ideal (es gab beispielsweise einen Club direkt nebenan und Kakerlaken), aber die herzlichen Mitbewohner haben dies wieder gut gemacht. Es war eine große, internationale WG, bestehend aus circa 10 Leuten. Einige haben fest dort gelebt und einige waren nur für eine kurze Zeit da. Einige Mitbewohner sind zu sehr guten Freunden geworden. Ich kann jedem nur wärmstens empfehlen, sich frühzeitig um eine Wohnung zu kümmern und möglichst in eine WG zu ziehen, da man immer Leute um sich herum hat und leichter Anschluss findet. Außerdem fühlt man sich nicht so einsam, was gerade in der Anfangszeit, wo hin und wieder Heimweh aufkommt, hilfreich ist.

Verkehrsmittel
Ich bin mit dem Auto nach Mailand gefahren, da meine erste Unterkunft relativ weit entfernt von der Uni war und ich mit den öffentlichen Verkehrsmitteln drei Mal so lange zur Uni gebraucht habe wie mit dem Auto. Wer sich dazu entscheidet mit dem Auto nach Mailand zu fahren, muss beachten, dass es Umweltzonen (Area B und C) gibt, die man mit bestimmten Dieselmotoren nicht befahren darf, da sonst eine Strafe droht. Außerdem muss man auf der Autobahn eine kleine Mautgebühr zahlen, zum Teil vor Ort, zum Teil gibt es aber auch eine Online-Maut auf bestimmten Strecken. Da muss man auch sehr aufpassen, da die Schilder zum einen auf Italienisch sind und außerdem nicht auffallen. Wenn man die Online-Maut nicht bezahlt, kann auch eine Strafe drohen. Grundsätzlich ist die Fahrweise der Italiener deutlich temperamentvoller als in Deutschland. Man muss wirklich vorsichtig sein, denn die Italiener nehmen es mit den Verkehrsregeln nicht so genau. Man gewöhnt sich aber daran und solange man wachsam ist, passiert auch nichts. Ansonsten ist das öffentliche Verkehrssystem in Mailand gut. Man kann sich eine ATM-Karte holen, mit der man durch die gesamte Stadt mit allen öffentlichen Verkehrsmitteln fahren kann. Diese kostet 22 € monatlich + 10 € für die Karte für unter-27-Jährige.


Kosten
Was Drogerieprodukte und Lebensmittel angeht, ist Mailand teurer als Deutschland. Die Restaurants sind vergleichbar mit den Preisen in Deutschland. In Italien ist es nicht üblich Trinkgeld zu geben, dafür zahlt man aber eine Servicegebühr, „Coperto“ genannt. Der Kaffee ist außerdem viel günstiger als in Deutschland. Fitnessstudios sind sehr teuer. Die Preise gehen los von 50 € aufwärts pro Monat. Ich bin zu Vibe-Fitness in Paderno Dugnano gegangen. Für 6 Monate habe ich insgesamt 250 € bezahlt. Das Fitnessstudio hat mir gut gefallen, es war nicht zu überlaufen und die Trainer waren nett. Es gab auch die Möglichkeit einen monatlich kündbaren oder einen Dreimonatsvertrag zu wählen.


Freizeitaktivitäten
Von Mailand kann man unkompliziert und günstig andere Städte bereisen. In unmittelbarer Nähe liegen Como, Bergamo und Monza. Diese Städte sind meiner Meinung nach ein Muss, wenn man in Mailand lebt. Außerdem habe ich noch Verona, Florenz und Rom besucht. Viele Erasmusstudenten haben auch Kurztrips ins Ausland gemacht, da die Flüge von Mailand oft billig sind. Ich persönlich wollte die begrenzte Zeit allerdings nur in Italien verbringen. Am ersten Sonntag des Monats sind die Museen in Italien oft kostenlos. Aber auch sonst sind die Eintrittspreise für unter 25-jährige Studenten meist preiswert.

Studienfach: Psychologie

Aufenthaltsdauer: 09/2023 - 02/2024

Gastuniversität: Università degli studi di Milano-Bicocca

Gastland: Italien

Rückblick

Rückblickend bin ich sehr froh, dass ich dieses Auslandssemester gemacht habe. Mailand ist eine tolle Stadt. Es fiel mir nicht leicht, wieder nach Hause zu fahren und mich wieder an Deutschland zu gewöhnen. In Mailand hatte ich mir eine Routine aufgebaut und es ist nicht einfach, diese plötzlich wieder umzustürzen. Auch sind mir die Leute, die ich dort kennengelernt habe, wirklich ans Herz gewachsen. Es sind einfache Dinge, die ich rückblickend sehr zu schätzen weiß. Ich konnte mich in die Metro setzen und war in wenigen Minuten am Dom und konnte durch die Galleria laufen. Oder die langen, spontanen Gespräche mit meinen Mitbewohnern. Oder der tägliche Cappuccino, den ich mir zwischen den Lernpausen geholt habe. Auch wenn nicht jede Situation immer leicht war, blicke ich positiv auf die letzten sechs Monate zurück. Italien ist ein tolles Land und habe für mich persönlich viel mitgenommen. Ich habe gemerkt, wie strapazierfähig ich bin und ich habe in kurzer Zeit viele Menschen aus unterschiedlichen Ländern kennengelernt.

Sonstige  Hinweise
Es gibt für Erasmusstudenten/internationale Studenten diverse Whatsappgruppen, wo regelmäßig Veranstaltungen gepostet werden. Es gibt zwei Netzwerke, die diese Veranstaltungen organisieren. Einmal das ESN-Netzwerk und „Internationalweek Milano“. Gerade am Anfang werden mehr Veranstaltungen angeboten, was hilfreich ist, um erste Kontakte zu knüpfen. Über Instagram kann man weitere Informationen finden.
Link für Internationalweek Milano: https://linktr.ee/internationalweek
Link für ESN: https://milanostatale.esn.it/

 


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