Vorbereitung des Auslandsaufenthaltes
Direkt zu Beginn meines Masterstudiums habe ich mich auf die Suche nach passenden Gastunis und Programmen für einen Auslandsaufenthalt gemacht und bin dabei schnell auf die Hochschulpartnerschaft mit der Hebrew University in Jerusalem gestoßen. Da dort das zu meinem Studiengang passende Studienfach angeboten wird und die Lehre an der Universität einen guten Ruf genießt, habe ich mich mit den auf der Seite des International Office angegebenen Unterlagen und der gegebenen Frist auf einen Platz im Austauschprogramm beworben. Die International Week als Einblick und die Informationen des International Office fand ich sehr hilfreich, um schon einmal einen Überblick über Uni, Land und Studium zu bekommen. Sich frühzeitig, beispielsweise ein knappes Jahr im Voraus, nach passenden Kursen auf der Website der Gastuni umzuschauen kann ich nur empfehlen, um schon vorab herauszufinden, ob und in welchem Semester interessante Kurse angeboten werden. An der Hebrew University war das gut möglich, da auf der Website (shnaton.huji.ac.il) auch die Kurse aus den Vorjahren angezeigt werden, was sehr hilfreich war, um schonmal ein recht detailliertes Bild vom Studium vor Ort zu bekommen. Vor dem Auswahlgespräch habe ich mich dann noch durch Internetrecherche, Podcasts und Dokus tiefergehend über das Land und die Universität informiert, vor allem auch, da ich zuvor noch nicht in Israel war. Nach der Zusage kamen erstmal vor allem organisatorische Dinge auf mich zu, unter anderem die Übersetzung des aktuellen Transcripts der Uni Potsdam ins Englische sowie das Verfassen des Statement of Purpose. Unter anderem mit diesen Unterlagen konnte ich mich dann an der Gastuniversität, genauer gesagt über die Rothberg International School, bewerben. Der Einreichungsprozess ging dann recht schnell und unkompliziert, nachdem ich meine Unterlagen noch einmal auf Vollständigkeit anhand der Anforderungen, einzusehen auf overseas.huji.ac.il, überprüft hatte. Vor jedem Schritt der Bewerbung und Einreichung stand auch das International Office der Uni Potsdam mit rechtzeitigen Informationsgesprächen für die aktuellen Austauschstudis helfend zur Seite.
Als ich den Acceptance Letter der Hebrew University erhalten habe, habe ich mich um die Beantragung des Visums gekümmert. Auf den Websites der Botschaft in Berlin und des Generalkonsulats in München gibt es eine Übersicht der benötigten Unterlagen für die Beantragung eines Studentenvisums. In meinem Fall besonders war, dass ich pandemiebedingt meine Covid-Impfnachweise sowie den Abschluss einer Auslandskrankenversicherung, welche eine Covid-Erkrankung abdecken würde, mit einreichen musste. Ich habe mich dann entschlossen, etwas mehr als einen Monat vor Abflug einen persönlichen Termin bei der Botschaft in Berlin zu vereinbaren, da dies auch eine etwas schnellere Bearbeitung ermöglicht hat, als wenn ich die Unterlagen per Post geschickt hätte. Letztendlich gab es dann bei der Beantragung des Visums keine weiteren Probleme und ich konnte es gut eine Woche später abholen. Ein vielleicht hilfreicher Tipp wäre, sich rechtzeitig über die israelischen Feiertage zu informieren, da es sonst evtl. mit der Beantragung knapp werden könnte. 2021 waren viele israelischen Feiertage im September, weshalb ich den Großteil der Vorbereitungen versucht habe, schon im August zu erledigen, was zwar nicht ganz geklappt hat, aber schonmal einen Puffer gab, falls noch etwas gefehlt hätte oder schiefgegangen wäre. Außerdem ist es möglicherweise ratsam, eine Beurlaubung an der Uni Potsdam zu beantragen, da man sich so auch den Semesterbeitrag sparen kann. In meinem Fall habe ich das nicht gemacht, da ich nach meiner Rückkunft im selben Semester noch eine Prüfung in Potsdam schreiben musste. Eine ganze oder teilweise Erstattung der Semesterticketgebühr für die Zeit im Ausland kann man über den AstA der Uni Potsdam beantragen.
Studium an der Gastuniversität
Das Studium vor Ort fand ich insgesamt wirklich gut und die Lehre war in Qualität und Inhalt eine Bereicherung zu meinem Studium in Potsdam. Es gab die Möglichkeit, Kurse an der Rothberg International School (insbesondere für Austauschstudierende) und/oder an den restlichen Fakultäten der Uni zu belegen. Ich habe mich dazu entschlossen ausschließlich Kurse an der Landwirtschaftlichen Fakultät zu belegen. Diese befindet sich nicht mehr in Jerusalem selbst, sondern auf dem Campus in Rechovot, der etwa eine Stunde westlich von Jerusalem liegt. Der Campus ist übrigens bekannt dafür, dass hier zum ersten Mal die Cherrytomate gezüchtet wurde, die mittlerweile weltweit bekannt und beliebt ist. Insgesamt habe ich sechs Kurse aus drei verschiedenen Masterprogrammen in den Bereichen Biochemie und Ernährung belegt, die allesamt sehr interessant und auch fordernd waren. Ich fand, dass sich die Dozierenden sehr viel Mühe um eine gute Vermittlung ihrer Inhalte gegeben haben und Diskussionen auf Augenhöhe stets willkommen waren, zumal meiner Erfahrung nach auch die Mehrheit am liebsten mit dem Vornamen angeredet wurde. Auch habe ich die Kursteilnahme als sehr aktiv und ausgewogen empfunden, da die Prüfungsleistungen sich meistens aus verschiedenen Teilen, z.B. Midterm-Prüfung, Abschlusspräsentation und Kursmitarbeit zusammengesetzt haben. Alle von mir ausgesuchten Kurse waren auf Englisch, was mir deshalb eine gute Teilnahme ermöglicht hat. Meiner Beobachtung nach war an der landwirtschaftlichen Fakultät die Auswahl an englischen Kursen auf Bachelorniveau allerdings deutlich geringer als im Master, weshalb es sich hier sicher empfiehlt, vorher genau nachzuschauen bzw. nachzufragen. Oft sind die Lehrenden auf Nachfrage auch bereit, ihre Kurse auf Englisch anstatt auf Hebräisch zu halten. Allgemein hatte ich den Eindruck, dass man einiges erreichen konnte in Bezug auf die eigene Kurswahl, wenn man die jeweilige Lehrperson direkt per Mail kontaktiert hat, um zu fragen, ob man teilnehmen kann. So kann man dann oft auch zum Kurs hinzufügt werden, wenn dies über das Kursanmeldungssystem Rishum-Net nicht gehen sollte, was in meinem Fall bei einigen Kursen so war.
Kontakt zu einheimischen und internationalen Studierenden
Der Campus Rechovot ist zwar von allen Campus der Hebrew University am weitesten von der Innenstadt von Jerusalem entfernt und im Vergleich sind hier weniger Studierende unterwegs, allerdings fand ich, dass es nach einer gewissen Zeit gut möglich war, andere Studis kennenzulernen. Zudem war durch den landwirtschaftlichen Schwerpunkt am Campus die Atmosphäre insgesamt sehr naturverbunden, was in meinen Augen für einen sehr gemeinschaftlichen Umgang miteinander gesorgt hat. So gibt es zum Beispiel einen Campusgarten, auf dem man sich semesterweise ein Beet mieten und bepflanzen kann. Da die Student Union vor Ort regelmäßig Aktivitäten anbietet und auch eine Bar namens The Dripper (angelehnt an das weitverbreitete Tröpfchenbewässerungssystem) im Studentenwohnheim betreibt, kam ich neben meinen (hauptsächlich internationalen) Mitstudierenden auch sehr viel mit israelischen Studis in Kontakt. Außerdem gibt es auf dem Campus eine extra Person, die die soziale Koordination in die Hand nimmt und ab und zu Ausflüge für die Studierenden organisiert. So konnte ich an einem Ausflug mit geführter Tour nach Jerusalem, an einer weiteren nach Capernaum am See Genezareth und nach Nazareth und schließlich noch an einer Tour zu einer nahegelegenen Ausgrabungsstätte in Yavne teilnehmen. Im März fand zudem ein Ausflug in die Negev-Wüste nach Masada und ans Tote Meer statt, zu dem Zeitpunkt war ich allerdings leider schon nicht mehr vor Ort. Während meiner Zeit am Campus in Rechovot war ich die meiste Zeit tatsächlich der einzige Austauschstudierende, was sicher auch der Pandemie geschuldet war. Dadurch war der Austausch mit einheimischen Studis möglicherweise umso stärker, was großartig war. Nur zu Beginn hat es etwas gedauert, bis ich auch gemeinsame Ausflüge mit meinen Mitstudierenden außerhalb der Stadt unternehmen konnte, da ich als Austauschstudent natürlich gerne möglichst viele Eindrücke in den wenigen Monaten sammeln wollte, was für viele, die ihren kompletten Abschluss an der Uni vor Ort gemacht haben und deshalb mehrere Jahre dort verbringen, verständlicherweise etwas anders war. Im Austauschprogramm hatte ich durch den Status als Non-Degree Student leider auch nicht die Möglichkeit der Student Union beizutreten, was ansonsten deutliche Rabatte im campuseigenen Fitnessstudio und Swimming-Pool ermöglicht hätte. Zum Zeitpunkt meines Aufenthalts wurde an dieser Regelung jedoch schon gearbeitet.
Sprachkompetenz vor und nach dem Auslandsaufenthalt
Zur Vorbereitung auf meinen Aufenthalt habe ich etwa ein halbes Jahr vorher einen Hebräisch-Einsteigerkurs an der vhs in Berlin angefangen, was ich nur weiterempfehlen kann. So konnte ich mit nicht allzu hohem Zeitaufwand die Grundlagen des Lesens und Schreibens und ein paar Umgangsfloskeln und Wörter lernen. Gerade das angenehme Tempo des Kurses fand ich sehr gut, um erstmal ein grundlegendes Verständnis für die Sprache zu bekommen, da ich für das Lernen des Alef-Bet und die Schreibrichtung von rechts nach links anfangs etwas Zeit gebraucht habe. Insbesondere das Lesen und ein paar Wörter und Begrüßungsfloskeln zu kennen, fand ich sehr hilfreich. Während meines Auslandssemesters habe ich außerdem noch einen Hebräisch-Kurs vor Ort gemacht, welcher in einer kleinen Gruppe von einer Sprachlehrerin am Weizmann-Institut angeboten wurde. Dieser Kurs war deutlich schneller im Tempo und auch mehr auf Sprechen ausgelegt, wodurch ich noch einige Fortschritte machen konnte. Längere Gespräche habe ich allerdings während meines Aufenthalts nicht führen können, aber die Verständigung im Supermarkt und z.B. beim Bestellen hat nach einiger Zeit ganz gut geklappt. Auch über die Rothberg International School wird ein mehrwöchiger Intensivkurs angeboten, zu diesem kann ich allerdings selbst keine Erfahrungen teilen. Meine Kurse in der Universität waren jedoch fast ausschließlich auf Englisch, sodass ich Hebräisch wirklich nur im Alltag gebraucht habe. Das ständige Sprechen auf Englisch in der Uni und mit meinen Mitstudierenden hat natürlich enorm geholfen, die Sprache auch noch weiter zu festigen und mich sicherer damit zu fühlen.
Wohn- und Lebenssituation
Ich hatte mich für das Wohnen in den campuseigenen Dorms entschieden, was auf jeden Fall sehr stressfrei war, da ich mich nur einmal online über ein Formular „bewerben“ musste und auch rechtzeitig eine Zusage bekommen habe. So habe ich dann in einem Zimmer in einem Zweier-Apartment gewohnt, was umgerechnet etwas unter 500€ gekostet hat. Wenn man lieber in einer WG oder Wohnung in der Stadt wohnen möchte, empfiehlt sich die Suche über das Internet, Facebook oder WhatsApp-Gruppen und funktioniert wahrscheinlich am besten, wenn man schon vor Ort ist, um auch kurzfristig zu Besichtigungen kommen zu können. Auf dem Campus in Rechovot gibt es außerdem noch die Möglichkeit in der Reisfeld Residence, einem Gästehaus, welches gut ausgestattete Zimmer hat, zu wohnen, welche allerdings auch deutlich teurer als im Wohnheim sind. In dieser Unterkunft habe ich direkt nach Ankunft meine Quarantänewoche verbracht, die zu dieser Zeit noch nötig war. Das öffentliche Verkehrssystem bietet gute Zug- und Busverbindungen zwischen und innerhalb der Städte, weshalb ich fand, dass man sehr gut auch selbstständig große Teile Israels bereisen kann. Dazu sollte man sich möglichst direkt nach der Ankunft eine Rav-Kav besorgen, welche man in vielen Geschäften bekommt und die man entweder am Automaten oder per NFC am Handy mit Geld aufladen kann. Diese muss man dann beim Einsteigen in den Bus einfach an das Lesegerät halten, um zu bezahlen und man muss so kein extra Ticket kaufen. Zur Suche von Verbindungen fand ich die App Moovit sehr praktisch, die mit sehr hoher Genauigkeit Busse und Züge anzeigt. Sobald man seine Student-ID hat, kann man auch noch einen Rabatt auf die Aufladungen der Rav-Kav beantragen, um etwas Geld zu sparen. Generell ist der öffentliche Verkehr aber recht günstig. Die einstündige Busfahrt von meinem Campus in Rechovot nach Jerusalem hat beispielsweise umgerechnet etwa fünf Euro gekostet. Zeitnah nach Ankunft sollte man sich außerdem eine israelische SIM-Karte besorgen, um das Handynetz nutzen zu können, was wie ich fand wirklich gut und weitreichend war. Dies kann man vor Ort in einem Handyladen von Pelephone, Golan, Hotmobile oder anderen Anbietern machen. Ich habe mir eine Prepaid-SIM-Karte gekauft, welche in der Basisvariante mit 70GB Daten und Telefonieren inklusive für etwa 15€ monatlich anfängt, was für meine Zwecke mehr als ausreichend war. Viele Angelegenheiten des täglichen Bedarfs sind außerdem weitgehend digitalisiert und werden oft über Apps gelöst. Praktisch überall kann man außerdem mit Kreditkarte zahlen, weshalb es sich empfiehlt, eine zu besitzen, die gute Auslandskonditionen bietet. Ein Konto in Israel habe ich für die Zwecke meines Aufenthalts nicht gebraucht. Was ich nochmal erwähnen möchte, da es mich, obwohl ich es vorher wusste, trotzdem noch überrascht hat, sind die recht hohen Kosten für Lebensmittel, Produkte im allgemeinen, Hostel-Zimmer sowie Restaurants und Bars, welche in der Zeit meines Aufenthalts je nach Ort etwa das Doppelte oder noch mehr gekostet haben als in Deutschland. Dies sollte man bei der Planung im Voraus versuchen zu beachten, um dann nicht plötzlich während des Auslandssemesters das Sparen anfangen zu müssen, was dann vielleicht den Spaß am Reisen etwas verderben könnte. Günstige Alternativen sind beispielweise das Einkaufen von Obst und Gemüse auf dem Markt statt im Supermarkt und das Nutzen von Studi-Angeboten in Museen oder touristischen Orten. Ein Ort, den ich während meines Aufenthalts besichtigt habe und welche wirklich beeindruckend waren, war die Altstadt von Jerusalem mit den verschiedenen Vierteln, vielen kleinen Läden, in denen man gut essen und einkaufen kann, sowie den zahlreichen religiösen Stätten. Auch in Akko, was ganz im Nordwesten ein paar Kilometer vor der libanesischen Grenze am Mittelmeer liegt, gibt es eine sehr sehenswerte Altstadt, welche viele geschichtliche Orte aus der Zeit unter den Templern und Mamluken besitzt. Nach Akko kommt man z.B. auf einem Tagesausflug von der auch sehr sehenswerten Mittelmeerstadt Haifa aus mit dem Zug. Ein beeindruckender Kontrast dazu ist Tel Aviv, was eine sehr moderne Stadt ist und dadurch unglaublich viele Möglichkeiten zum Weggehen sowie sehr viele schöne Restaurants und Cafés zu bieten hat. Dadurch, dass die Stadt direkt am Mittelmeer liegt und eine sehr lange Strandlinie hat, habe ich hier eine fast durchgehende Urlaubsatmosphäre empfunden, auch während der Wintermonate, welche nicht wirklich kalt aber unter Umständen sehr regnerisch werden können. Außerdem fand ich es sehr beeindruckend, die Negev-Wüste zu sehen und ans Tote Meer zu fahren, wohin mich ein Freund im Auto mitgenommen hat. Mit dem Bus kann man von Tel Aviv aus außerdem bis nach Eilat ganz im Süden am Roten Meer fahren, was einige Stunden dauert, aber auch auf jeden Fall zu empfehlen ist, wenn man noch mehr Lust auf Sonne, Strand und Meer hat. Insbesondere zum Schnorcheln oder Tauchen ist Eilat ein guter Ort. Während der Zeit, in der ich dort war, waren allerdings durch die noch geltenden Beschränkungen kaum Reisende aus dem Ausland in Israel, weshalb die meisten touristischen Orte, wie zum Beispiel Eilat, sehr leer und dadurch angenehm zu erkunden waren.
Studienfach: Ernährungswissenschaft (M.Sc.)
Aufenthaltsdauer: 09/2021 - 01/2022
Gastuniversität: Hebrew University of Jerusalem
Gastland: Israel
Rückblick
Rückblickend war mein Auslandsemester überaus bereichernd, da ich zum einen akademisch sehr viele interessante Einblicke gewinnen konnte und zum anderen viele besondere Erinnerungen machen und Freundschaften schließen konnte. Insbesondere habe ich den sehr offenen Umgang mit den meisten Israelis, die ich kennengelernt habe, schätzen gelernt. Gerade die sehr lebhafte Gastfreundschaft vieler Leute, die ich getroffen habe, hat in meinen Augen für einen echten Austausch gesorgt, weshalb ich Israel und die Hebrew University für ein Austauschsemester nur weiterempfehlen kann. Zudem habe ich mich oft in einem sehr internationalen Umfeld wiedergefunden, was interessante Gespräche über das eigene Herkunftsland, Sprachen und Reisen ermöglicht hat und wie ich fand eine sehr kostbare Erfahrung war.