Vorbereitung des Auslandsaufenthaltes
Ich hatte schon früh in meinem Studium in Potsdam für mich beschlossen ein Semester im Ausland zu verbringen. Ich hatte bereits vorher von Freunden und meinem Umkreis von Erasmus+ gehört und weitere Informationen von der Uni erhalten. Hierbei waren die Informationstage der Uni zum Studium und Praktikum im Ausland sehr wichtig und informativ, aber auch Dozierende hatten immer mal wieder das große Potential eines Auslandsstudiums erwähnt. Zunächst hatte ich ein Jahr früher im Wintersemester 2020/21 gehen wollen. Meine Bewerbung war bei der Northumbria schon eingereicht und ich musste nur noch auf eine Zusage warten, bevor Covid19 mir einen Strich durch die Rechnung machte. Nachdem ich meinen Aufenthalt erst nur ein Semester und dann ein ganzes Jahr nach hinten verschieben musste, fing der gesamte Bewerbungsprozess wieder von vorne an. Da ich das Jahr zuvor aber schon gut bei meinem Bewerbungsprozess unterstützt wurde, ging es auch dieses Mal relativ leicht und schnell vonstatten. Nachdem meine Bewerbung von der Uni Potsdam akzeptiert wurde, fehlte nur noch die erneute Bewerbung an der Northumbria University. Das Ausfüllen ist hierbei selbsterklärend und bei auftauchenden Fehlern hat mir das Service Team (bc.applicantservices@northumbria.ac.uk) in Newcastle gut weitergeholfen. Als einziges Hindernis möchte ich den Visumsantrag erwähnen, welcher nun aufgrund von Brexit bei einem ganzjährigen Aufenthalt im Vereinigten Königreich gefordert wird. Der Antrag ist sehr lang und ist in einigen Bereichen etwas unklar. Hier hat es geholfen, dass ich mich mit einer weiteren Studierenden austauschen konnte, die wie ich ebenfalls ein Jahr an die Northumbria ging. Die restlichen Bewerbungsunterlagen lassen sich den Emails und den Informationen der Gasthochschule entnehmen und sind gänzlich unproblematisch (https://www.northumbria.ac.uk/international/incoming-students/how-to-apply). Wer anders als ich keine Sprache noch studiert, muss sich allerdings rechtzeitig um einen Nachweis zur eigenen Fremdsprachenkompetenz im Englischen bemühen.
Studium an der Gastuniversität
Das Studium der Humanities an der Northumbria University ist in Module a 10 ECTS aufgeteilt. Die Studierenden belegen 3 Module pro Semester, wobei ein Modul jeweils aus zwei Veranstaltungen besteht. Je nach Modul kann es sich hierbei um ein Seminar und eine Vorlesung zum Seminarthema oder um zwei Seminare handeln. Im ersten Semester waren hierbei die Vorlesungen noch online als hochgeladene Videos zu finden, die man sich immer wieder angucken konnte. Im Sommersemester fanden aber wieder alle Kurse in Präsenz statt. Zusätzlich zu den 3 Modulen pro Semester findet noch ein verpflichtender Kurs für alle Erasmus-Studierende statt, der einem das wissenschaftliche Arbeiten und Schreiben im englischen Sprachraum näherbringen soll. Man kann sich aus diesem allerdings freitesten lassen. Je nach Modul sind die Anforderungen unterschiedlich hoch. Erstjahreskurse sind selbstredend leichter als Drittjahresjurse. Hierbei lohnt es sich auch, die jeweiligen Beschreibungen durchzulesen (https://www.northumbria.ac.uk/international/incoming-students/constructing-your-programme & https://nuweb2.northumbria.ac.uk/live/webserv/mod.php?_ga=2.252785793.901025836.15427000). Das Studium selbst an der Northumbria ist wirklich sehr zu empfehlen. Es gibt eine Vielzahl von spannenden Kursen und die Dozierenden sind alle sehr zuvorkommend und helfen gerne auch bei privaten Problemen. Ich hatte das Gefühl, dass Erasmus-Studierende sehr gern gesehen werden und es den Dozierenden auch am Herzen liegt, dass wir eine gute Zeit in unserem Studium in Newcastle haben. Das Gleiche gilt auch für die Verwaltungsmitarbeiter:innen. Bei meiner Kurswahl für das zweite Semester vor Ort gab es einige Probleme, aber mit der Unterstützung der Erasmus-Koordinatorin Dr. Monika Smialkowska ließ sich alles in Kürze beheben, sodass ich meine Wunschmodule bekommen konnte. Im Allgemeinen gilt, bei Fragen immer gerne persönlich mit den Betroffenen reden. Da ich fast ausschließlich Drittjahreskurse belegt habe, hielt sich die Kursgröße ziemlich im Rahmen, wodurch eine intensive und spannende Kursarbeit möglich wurde. Reading Lists und Blackboard wurden dabei genutzt, um das Studium übersichtlich und leicht zugänglich zu gestalten. Etwas, was mir deutlich positiver aufgefallen ist als bei all meinen Kursen in Potsdam. Zum Lernen und Bearbeiten der Leistungsabgaben bin ich immer gerne in die große Bibliothek gegangen, die 24/7 geöffnet hat und auch einen Ask4help Service vor Ort anbietet. Hier gibt es viele unterschiedliche Arbeitsplätze und eine große Auswahl an Literatur. Was es nicht in der Bibliothek als hardcopy gibt, findet man dann meistens online. Generell möchte ich betonen, wie absolut toll und ausgiebig das Online-Angebot der Northumbria ist. Digitalisierung ist in Großbritannien wirklich viel weiter als in Deutschland! An dieser Stelle auch mein Tipp, sich einen Bibliotheksausweis der British Library in London zu holen. Zwar muss man den vor Ort beantragen, aber solange man einen festen Wohnsitz im Vereinigten Königreich nachweisen kann, erhält man den Ausweis mit einer Gültigkeit von drei Jahren anstelle der sonstigen Ein-Jahres-Gültigkeit (ich habe das leider zu spät mitbekommen).
Kontakte zu einheimischen und internationalen Studierenden
Kontakte zu ausländischen Studierenden fallen wirklich sehr leicht. Die gut organisierte ESN Newcastle Gruppe bietet viele Möglichkeiten an, andere internationale Studierende kennenzulernen. Wer gleichzeitig zum Wintersemester anfängt, kann an der Freshers Week teilnehmen, wo von der Uni aus viele Möglichkeiten geboten werden andere Studierende (auch einheimische!) kennenzulernen. Hierbei gibt es echt eine breite Auswahl, neben Ausflügen zum Strand, Spieleevents, Campustouren und natürlich Partys ist eigentlich alles dabei. Dabei kann man übrigens auch gerne an den Veranstaltungen der University of Newcastle teilnehmen, der anderen stadteigenen Universität (die tatsächlich mit einer größeren Zahl an Erasmus-Studierenden auffährt). Kontakt zu einheimischen Studierenden fand ich allerdings über die Freshers Week hinaus etwas schwieriger aufzunehmen. Das lag auch sicher daran, dass die Studierenden in meinen Kursen bereits in ihrem letzten Jahr waren und bereits ihre festen Freundesgruppen hatten. Darüber hinaus gibt es aber auch leider nicht wirklich die Angewohnheit nach einem Kurs noch auf dem Unigelände zu verweilen, um zusammen zu mensen oder einfach zu schnacken. Eine Mensa gibt es nämlich übrigens nicht an der Northumbria University. Dafür zwei relativ günstige Studierendencafes, welche aber nicht so stark in Anspruch genommen werden, wie wir das aus Deutschland kennen. Ich habe natürlich einige Kontakte geknüpft, allerdings hatte ich mir das ganze etwas einfacher erhofft. Dafür war das ganze mit ausländischen Studierenden quasi ein Selbstläufer. Ich habe viele tolle Leute kennengelernt und Freundschaften geformt, die auch über mein Studium in England hinaus anhalten.
Sprachkompetenz vor und nach dem Auslandsaufenthalt
Da ich in meinem Zweitfach Englisch studiere, hatte ich keinerlei Bedenken was die Sprache angeht und würde auch sagen, dass meine Sprachkompetenz vor meinem Aufenthalt schon sehr gut war. Dies hat sich durch mein Auslandsjahr natürlich nur verstärkt. Gerade das Schreiben der vielen Essays hat mir geholfen in meiner schriftlichen Kompetenz nochmal deutlich besser zu werden. Das Schreiben von Essays in der englischen Sprache fällt mich mittlerweile kaum bis gar nicht schwerer als im Deutschen. Dennoch sollte man erwähnen, dass der Newcastle-und Umgebung-eigene Dialekt Geordie seine Schwierigkeiten mit sich bringt, da er in seiner stärksten Form echt schwer verständlich sein kann. Als ich zu Beginn in Newcastle mit dem Flieger gelandet bin, hatte ich zunächst deutliche Probleme den Taxifahrer zu verstehen, da dieser den definitiv stärksten Akzent hatte, den ich bis dahin und auch seitdem je gehört habe. Darüber hinaus gabs aber keine Probleme. An der Uni sprechen alle klar verständlich. Und ein bisschen Geordie ist auch nicht weiter problematisch und hat sich sogar in meine eigene Aussprache eingeschlichen.
Wohn- und Lebenssituation
Was die Lebenserhaltungskosten angeht, ist England doch schon deutlich teurer als Deutschland. Gerade was die Miete angeht. Ich habe über Erasmus Living eine noch relativ günstige Unterkunft gefunden mit £410 in Monat (https://www.erasmusliving.co.uk/). Des Weiteren ist es wichtig sich bewusst zu machen, dass die Mietsituation in Großbritannien auch weniger gut ist als in Deutschland. Die Wohnungsstandarts sind deutlich geringer (Schimmel in der Wohnung und kaputte Ausstattung war in meinem Freundeskreis leider normal). Dafür sind eigentlich alle Wohnungen möbliert, was es Erasmus-Studierenden natürlich leichter macht. Ich habe sehr dicht am Campus und der Innenstadt gewohnt, wodurch ich eigentlich überall hin zu Fuß gegangen bin und absolut nichts über das Busnetz sagen kann. Wenn ich mal zu den Stränden nach Tynemouth oder South Shields wollte, habe ich dann die Metro genommen, welche meiner Meinung nach echt gut aufgebaut ist und mit einem Tagesticket von £5.40 sich schon bei zwei Fahrten lohnt. Zum Einkaufen lohnt sich eine Clubkarte bei Tesco, mit der man vieles günstiger bekommt, ansonsten kann ich unbedingt Grainger Market empfehlen – eine bedachte Markthalle, wo man neben vielen anderen Läden besonders Obst und Gemüse für deutlich günstiger als im Supermarkt kriegen kann. Absolute Pflichtadresse für alle in Newcastle! Gezahlt wird eigentlich alles mit Karte, Bargeld hat nahezu keiner mehr. Um eine Auslandskrankenversicherung sollte man sich natürlich kümmern. Ich habe sie zwar nie in Anspruch nehmen können, aber bei Ankunft sollte man sich möglichst schnell beim NHS um eine Hausarztstelle bewerben, damit man im Notfall abgesichert ist. Wenn ihr hierbei Probleme habt, helfen Dozierende und Hilfsdienste der Uni gerne weiter. Übrigens gibt es auch von der Uni verschiedene Hilfsangebote zu mentalen Gesundheit und Co. Was Freizeit angeht, ist Newcastle wirklich der place to be! Bekannt ist die Stadt natürlich für sein ausgiebiges Partyleben mit vielen Pubs und Clubs, aber auch darüber hinaus hat die Stadt vieles zu bieten. Gerade auch die ESN-Gruppe hat entweder eigene Angebote oder immer wieder tolle Tipps zu bieten. Eine wichtige Adresse ist auch Lundgren Tours (https://lundgrentours.com/). ESN-Mitglied Robb hat hierbei sein eignes kleines Tourunternehmen aufgemacht und bietet viele tolle Tripps an die unterschiedlichsten Orte an. Ob Städtetrips (York, Edinburgh, Glasgow…) oder weitere Abenteuer (Lake District, Alnwick Castle, Schottland Rundtrip …) - die Touren sind nicht nur toll organisiert und bringen einen an viele Orte, die man sonst verpassen würde, sie sind auch eine tolle Möglichkeit, Kontakte zu knüpfen.
Studienfach: Lehramt Geschichte und Englisch
Aufenthaltsdauer: 09/2021 - 06/2022
Gastuniversität: Northumbria University
Gastland: Großbritannien
Rückblick
Abschließend lässt sich ganz klar sagen, dass mein Auslandsjahr eine der besten Erfahrungen meines Lebens war. Dass ich nach den anfänglichen Problemen wegen Covid19 mich für ein ganzes Studienjahr und nicht mehr nur noch für ein Semester beworben habe, war hierbei die beste Entscheidung. Die meisten Erasmus-Studierenden sind nur ein Semester geblieben und haben mir immer wieder gesagt, dass sie das im Nachhinein deutlich zu kurz fanden. Das Jahr hat mir stattdessen genug Zeit gegeben, mich richtig in Newcastle einzufinden und alles zu unternehmen und zu erleben, was die Stadt, aber auch das Land zu bieten hat. So habe ich das Jahr über, aber gerade auch die zwei Monate nach dem Studium, in denen ich noch auf der Insel geblieben bin, viele Tripps gemacht, besonders nach Schottland, aber auch in den Süden Englands. Und genug Zeit zum Studieren hatte ich natürlich auch. Übrigens, nach dem trüben Winter Englands ist der Sommer dann auch umso schöner. Besonders gefallen haben mir die Stadtteile Ouseburn und Jesmond, wo es viele nette Cafés und Pubs gibt, aber auch eine kleine Farm im Zentrum der Stadt und das Kunst- und Kulturzentrum Biscuit Factory. Die Quayside ist natürlich auch nicht zu vergessen. Das Flussufer der Tyne hat immer viel zu bieten. Nicht nur das tolle Brücken-Panorama ist wunderschön, jeden Sonntag gibt es auch den tollen Quayside Markt mit vielen kleinen Ständen und tollem Essen. Gerade kulinarisch hat Newcastle aber auch wirklich viel zu bieten. Alles in allem hatte ich ein fantastisches Jahr in Newcastle und ich würde es nicht ausschließen, jederzeit wiederzukommen!