Vorbereitung des Auslandsaufenthaltes
Bereits vor dem Studienbeginn entwickelte sich eine Faszination für die britische Kultur und Lebensweise. Mit der Durchführung des Brexits sah ich es als eine der letzten Möglichkeiten, innerhalb des Erasmus-Programmes Großbritannien zu besuchen, wodurch ich mich zu einer Bewerbung entschied. Auf der Website der Uni Potsdam selbst bekommt man einen guten Überblick über das Programm selbst, über die verschiedensten Partneruniversitäten und auch den allgemeinen Ablauf. Schon in den Anfängen wurde ich durch das International Office unterstützt und es wurde für mich der beste Weg gefunden, wie ich mit meiner Fächerkombination meinen Traum, nach London zu reisen und dort zu leben und zu studieren, verwirklichen kann. Nach der Zusage der Uni Potsdam und meiner Aufnahme in das Programm stand dann die Bewerbung an der Partneruniversität aus, die auch ohne Probleme vonstatten ging.
Durch den Brexit hat sich einiges geändert, was mehr Vorbereitung und Organisation erfordertet. Für meinen Aufenthalt über ein gesamtes akademisches Jahr benötigte ich ein Studentenvisum. Zur Beantragung dieses werden unter anderem auch das Dokument „Conformation of Acceptance for Studies (CAS)“ sowie ein Sprachnachweis benötigt. Dafür habe ich den TOEFL Test online absolviert, da die präsenten Termine für den IELTS Test für Monate ausgebucht waren. Ebenso habe ich eine Auslandskrankenversicherung abgeschlossen, die Pflichtversicherung der NHS, die man mit dem Visum selbst bezahlt, ergänzt hat. Ein weiterer wichtiger Teil war, mögliche lokale Abonnements und Verträge wie die des Fitnessstudios oder einer Musikschule zu pausieren bzw. zu kündigen, um diese nicht parallel zu bezahlen. Ich habe mich ebenso mit meinem Handyanbieter über mögliche Tarifoptionen auseinandergesetzt, die außerhalb der EU zur Verfügung stehen. Als kleine Randinfo: Beantrage nach Möglichkeit schnell eine NHS-Nummer. Dieses geht online, aber du benötigst sie im Krankheitsfall. Von dem International Office werden dir aber die wichtigen Informationen in den zwei Informationensveranstaltungen mitgegeben. Mein Koordinator der Partneruniversität hat mir dann auch eine Auswahl an wählbaren Veranstaltungen zugeschickt, die für das komplette akademische Jahr gewählt wurden und als Grundlage für das Learning Agreement before mobility dienten. Das Angebot stand mir relativ früh zur Verfügung, sodass noch vor dem Abflug meine Kurse feststanden.
Studium an der Gastuniversität
Die Erasmus-Betreuung hat leider im Laufe der Zeit stark abgenommen. Nach Trimesterbeginn habe ich mich teilweise hilflos gefühlt, gerade was den allgemeinen Ablauf der Veranstaltungen, als auch die Prüfungsanforderungen betraf, dadurch, dass die akademischen Anforderungen sich stark von denen der Universität Potsdam unterscheiden. Als Tipp kann ich dort anbringen, dass es auf Moodle einen Kurs gibt („Study Skills“ und „School of Arts Study Skills“ der sehr lieben Fleur Rothschild). In diesem Kurs bzw. Kursen kann man sich alle akademischen Grundlagen der Birkbeck University aneignen, um exzellente Essays schreiben zu können. Auch die persönlichen Sprechstunden mit ihr sind nur ans Herz zu legen. Das Studium selbst ist der Unterrichtsweise in Potsdam sehr ähnlich, wobei die Lehrkräfte häufiger wechseln, je nach Schwerpunkt der aktuellen Sitzung. Insgesamt hat mir aber auch die Arbeit mit multimedialen Präsentationen sehr gut gefallen. Auch positiv herausgestochen ist, dass jede Sitzung durch eine Kamera aufgezeichnet wird und später mit der PowerPoint einsehbar ist. So ist es nur halb so schlimm, sollte man eine Veranstaltung mal aufgrund von Krankheit verpassen, die Sitzung aufzuarbeiten. Der Stundenplan selbst war viel einfacher zu erstellen. Die Seminare und Vorlesungen haben insgesamt viel mehr ECTS, wodurch ich in dem gesamten Jahr vier Veranstaltungen über zwei Trimester belegt habe. Eine negative Erfahrung, die ich im Bereich des Studiums an der Gasthochschule gemacht habe, waren Streiks der Angestellten. Leider hatte ich dadurch und durch die Kombination des Onlineteachings Anfang des Jahres vielleicht nur zwei Wochen in Präsenz. Ärgerlich war es daher, dass nicht jede Lehrperson gestreikt hat und die Emails der Absage der Veranstaltung teilweise nicht an alle rausging, wodurch ich dreimal zu Seminaren gekommen bin, die im Nachhinein nicht stattgefunden haben. Da die Birkbeck University aufgrund ihres einzigartigen Modells der Veranstaltungen am Abend auch ein eher älteres Publikum anspricht, welches berufstätig ist, fand ich das umso schlimmer. Die Prüfungen an der Uni bestehen größtenteils aus Essays, die im Laufe der Trimester verfasst werden müssen. Die Richtlinien zur Abgabe sind dabei sehr strikt, also achtet dort genau darauf. Eine großartige Sache war das „Buddy Program“. Bei diesem kann man sich auf der Birkbeck Website registrieren und erhält einen Buddy an der Uni, der dich bei jeglichen Problemen unterstützen kann, der aber auch Tipps für das Leben in London zur Verfügung stellt. Auch war es für mich ganz hilfreich, mich mit den anderen Mädels des Erasmus -Programmes auszutauschen und Unterstützung zu erhalten.
Sprachkompetenz vor und nach dem Auslandsaufenthalt
Ich bin mit einem Sprachniveau von B2 in mein Auslandsjahr gestartet. Einen vorbereitenden Sprachkurs habe ich weder an meiner Heimatuniversität noch an der Gasthochschule absolviert, daher kann ich nicht von Erfahrungen berichten. Ich glaube mich aber doch zu erinnern, dass es welche zur Auswahl gab.
Wohn- und Lebenssituation
Die Wohnsituation war leider etwas komplizierter bei mir. Ich konnte im Vorfeld leider nichts Passendes finden und für die Studentenwohnheimplätze muss einerseits rechtzeitig eine Bewerbung erfolgen und andererseits sind diese unheimlich kostenintensiv. In London sind viele Immobilien durch private Makler oder Privatpersonen in Umlauf, daher wäre ich auch vorsichtig damit, Verträge für Räume zu unterzeichnen und diese anzuzahlen, ohne die Wohnmöglichkeit vorher zu sehen. Mein späterer Vermieter hat mich auch darauf hingewiesen, dass viele Betrugsfälle in London dazu bekannt sind. Als Tipp würde ich daher eher dazu raten, nach der Anreise für eine oder zwei Wochen ein Airbnb oder ein Hostel zu besuchen und die Wohnungsbesichtigungen vor Ort wahrzunehmen. Die Wohnungsverfügbarkeit in London ist sehr rar. Ich habe für ein paar Tage erst einmal bei einem Bekannten in Bournemouth gewohnt und habe mir dann ein paar Zimmerbesichtigungen in London für den gleichen Tag terminiert. Fündig wurde ich durch die Website www.spareroom.co.uk und habe damit dann auch meine Traum-WG entdeckt. Mein Zimmer selbst war unglaublich klein, hat mich dafür aber auch nur 400 Pfund gekostet. Wir hatten einen kleinen Garten und ein gemeinsames Wohnzimmer. In dem Preis selbst waren alle Nebenkosten enthalten, sowie ein Sky TV-Zugang. Das Haus befand sich in Zone 3, 7 min von der U-Bahn-Haltestelle entfernt, wodurch ich in etwa 50 Minuten auf dem Uni-Campus war. Insgesamt kann man sagen, dass egal wohin man fährt man immer mindestens 1 Stunde unterwegs ist, dadurch, dass London auch eine unfassbar große Stadt ist, aber das war ich schon vom Pendeln von Berlin nach Potsdam gewohnt. Als Hauptverkehrsmittel ist die U-Bahn in London unerlässlich. Die Kosten dafür sind nicht gerade günstig. Ich empfehle daher eine Student Oyster Karte zu beantragen, die du dann mit einer Railcard (ca. 35 Euro/Jahr) kombinieren kannst. So erhältst du nicht nur einen Rabatt auf die Busfahrten, sondern auch auf die Bahnfahrten, was sich bei mir enorm rentiert hat. Als Navigationsapp kann ich dazu auch Citymapper empfehlen. Als Einkaufsmöglichkeiten gibt es das Westfield Stratford Center, in dem du eigentlich alles bekommst, was du nur suchst. Für den alltäglichen Einkauf ist Lidl am günstigsten, aber auch Sainsburys habe ich sehr gerne besucht. Wenn es mal etwas anderes sein sollte, gibt es auch total schöne Märkte, wie der Borough Market zum Beispiel, auf dem es viele Stände mit frischen Broten, Aufstrichen, Gemüse und Weiteres zu finden gibt. Viele Geschäfte bieten Vergünstigungen für Student*innen an (teilweise in Verbindung mit einer Mitgliedskarte). Auch dort spart man eine Menge (Superdrugs: 10 Prozent auf den gesamten Einkauf). Was die Freizeitmöglichkeiten anbelangt, steht London Berlin in nichts nach. Ich bin ein totaler Musicalfan und habe dort unter anderem Hamilton, Wicked, Les Miserables und Dear Evan Hansen gesehen, die ich alle ausnahmslos empfehlen kann. Eine gute App für günstige Tickets für Theater, Ballett und Musicals ist Todaytix. Auch das West End Live ist zu empfehlen als eine Art kostenloses Musical Open-Air-Festival. Des Weiteren empfehle ich die Anschaffung eines Student Art Passes. Dieser kostet einmalig 5 Pfund, gibt dir aber auf viele Kunstausstellungen 50 Prozent Rabatt. Ich besuchte das Tate, Tate Modern, die National Gallery, das Design Museum und einige mehr, um auch einen kulturellen und künstlerischen Input für mein Studium zu erhalten. Auch mit meinen Mitbewohner*innen habe ich viel unternommen, unter anderem einen Komnata Escape Room, eine Stadtrallye durch London und viele Spaziergänge durch die unterschiedlichsten Parkanlagen.
Studienfach: Lehramt Deutsch und Kunst
Aufenthaltsdauer: 09/2021 - 07/2022
Gastuniversität: Birkbeck University of London
Gastland: Großbritannien
Rückblick
Ich nehme aus dem Auslandsaufenthalt auf jeden Fall ein Stück mehr Lebenserfahrung, Persönlichkeitsentwicklung und eine Handvoll Freunde fürs Leben mit und würde diese Zeit um nichts tauschen wollen. Gerade durch das Erasmus-Programm hat jede*r Student*in die Möglichkeit, seinen oder ihren Horizont zu erweitern, aktiv in den internationalen Austausch zu gehen und an diesen Erfahrungen zu wachsen. Habt keine Angst und lasst euch von den Formalitäten nicht abschrecken!