Vorbereitung des Auslandsaufenthaltes
Mein Erasmusaufenthalt war jenseits des Alltags. Drei Monate Abenteuer, neue Kontakte und andere Perspektiven. Dies gilt jedoch nicht für das Bewerbungsverfahren, welches man zwischen Uni und Arbeit machen muss. Zugegebenermaßen war dieses der komplexe Part des Erasmus-Programms, welcher aber definitiv machbar ist. Ein Jahr vorher muss man sich für die Partneruni und das Gastland entscheiden. Am besten ist es jemanden zu finden, der auch ins Ausland möchte und den man um Rat fragen kann. Jedoch ist es auch nicht etwas, woran man verzweifelt, denn die Kontaktaufnahme mit den Austauschkoordinatoren und den Erasmus-Büros ist innerhalb von ein bis zwei Tagen möglich.
Bei der University of Birmingham war alles einfach nachzuvollziehen. Es gab tolle Zoom-Meetings, wo man sich immer reinschalten konnte, auch wenn man Informationen mal doppelt und dreifach gehört hat. Man sollte sich lieber die Infos mehrmals anhören, um auch die kleinen Details zu bekommen. Mir war zum Beispiel lange nicht klar, dass ich als Erasmus-Studentin nur bis Dezember in der UK bleibe, was ja ein wichtiger Punkt auch beispielsweise für die Finanzierung oder Wohnungssuche ist. Und dies ist mir untergegangen, obwohl ich ziemlich organisiert bin. So wurde es mir glücklicherweise auch nicht zum Verhängnis, dass mein Cambridge Zertifikat, welches nur zwei Jahre gültig ist, abgelaufen war. Mit einem Brief von meiner Englischdozentin an die Gasthochschule konnte dies geregelt werden. Solche Probleme werden in der ersten Zeit aufkommen, jedoch kann man so etwas dann in Zukunft leichter bewältigen, wenn man dann im Ausland mit weiteren organisatorischen Hindernissen konfrontiert wird.
Studium an der Gastuniversität
Das Studium an der University of Birmingham habe ich für dieses eine Semester in vollen Zügen genossen. Durch die verkürzte Zeit von drei Monaten, was einem Trimester entspricht, mussten wir nur 40 Credits absolvieren, was 20 Leistungspunkte nach Maßstäben der Universität Potsdam wären. Durch meine nicht voll erreichten Leistungspunkten in den vorherigen Semestern und dem Willen, so viel wie möglich mitzunehmen, entschied ich mich aber, die vollen 60 Credits und somit 30 Leistungspunkte zu machen, wie auch die Nicht-Erasmus-Student*innen. Tatsächlich fühlte es sich aber nach weniger Arbeit an, obwohl man in den Englisch-Literatur-Kursen um einiges mehr lesen musste als in den Kursen in Potsdam. Erklärbar ist dies durch den guten Ausgleich und damit der höheren Produktivität in den Stunden, in denen man in der Bibliothek arbeitet – eine gute Work-Life-Balance, wie man so schön sagt. Positiv hervorheben kann ich auch das Studienklima, da viele Student*innen wirklich gewillt sind, viel zu arbeiten und mitzuarbeiten. Es gab aber auch ein Seminar, wo der Dozent einem die Antworten aus der Nase ziehen musste, jedoch in der Vielzahl ist es mir angenehm in Erinnerung geblieben. Der Campus ist wirklich sehr gut ausgestattet. Die Bibliothek ist rund um die Uhr geöffnet, was für mich in der Anfangszeit sehr gelegen kam, da ich noch für die Universität Potsdam Abgaben zu beenden hatte. Dort konnte man am Computer arbeiten oder sich Laptops ausleihen. Mit den eigenen Geräten ist es auch kein Problem, denn an jedem Arbeitsplatz ist Strom vorhanden, jedoch mit britischen Steckern. Zudem sind Cafeterias auf dem ganzen Campus, welche auch beliebte Anlaufstellen zum Lernen sind. Insgesamt hatte ich aber den Eindruck, dass in fast allen Gebäuden auch Räume zum Arbeiten eingerichtet sind. Das Thema Mentales und Seelisches Wohlbefinden wird an der University of Birmingham großgeschrieben und so bekommt man auch sehr viele Anlaufstellen angeboten, falls man mit etwas nicht zurechtkommt. Sei es thematisch zum Modul, zum Studium oder im Zusammenhang mit persönlichen Fragen. Neben der Unterstützung der Angestellten der University of Birmingham ist der Zusammenhalt der Student*innen ebenfalls vielversprechend. Es mag an der von Kultur geprägten Freundlichkeit liegen, was einen schnell willkommen fühlen lässt. Nur das Tschüß sagen fällt dem oder der einen oder anderen britischen Student*in irgendwie schwer.
Kontakte zu einheimischen und internationalen Studierenden
Insgesamt ist der Kontakt zu Auslandsstudierenden eher gegeben als zu den Einheimischen. Man versteht manche Situationen des Auslandsaufenthaltes eher, möchte die Städte im Umland bereisen und manchmal hapert es dann doch an der Sprachkompetenz und der Schnelligkeit der Unterhaltung. Bei mir in der Wohnung waren drei Mädels aus Großbritannien, mit denen ich mich auch super verstanden habe, jedoch verstand man nicht gleich jeden Witz, und Witze erklären, macht ja doch keinen Spaß. In den Vorlesungen kommuniziert man automatisch mehr mit den Briten, wo man so auch Freundschaften schließt. Das Umherreisen habe ich aber doch mit meiner Truppe von Auslandsstudierenden gemacht, die aus Mexico, China, Spanien, Frankreich, Niederlande, Färöer-Inseln und Deutschland kamen. Also war somit auch der kulturelle Austausch noch um einiges erweitert worden, was ich total genossen habe. Man findet an englischen Unis schnell wirklich tolle Freunde, da es viele Angebote für Events und Ausflüge gibt, gerade in den ersten Wochen. Dafür muss man natürlich auch sein Zimmer öfter mal verlassen und gegen Heimweh oder ähnliches ankämpfen. Eine weitere Voraussetzung ist, sich etwas zu öffnen und sich anderen häufig vorzustellen. Den einen oder anderen Tag zu verpassen ist jedoch nicht schlimm, denn auch wenn die „FOMO“ (Fear Of Missing Out) einen übermannt, sollte man sich Auszeiten nehmen, um die Ereignisse zu reflektieren oder den „Freshers Flue“ bzw. die darauffolgenden Erkältungen auszukurieren.
Sprachkompetenz vor und nach dem Auslandsaufenthalt
Manche Tage sind gut, manche schlecht, das ist vor, während und nach dem Aufenthalt so. Im Hinblick auf die Sprache gilt dies genauso. Trotz eines vorherigen Auslandsaufenthaltes in England gab es für mich noch so viel Neues zu lernen und zu verbessern. Die Einstellung zur englischen Sprache ist bei mir im zentral liegendem Birmingham sehr gewachsen, da ich vorher oft nicht genug Selbstvertrauen fürs Sprechen hatte. Mit diesen drei Monaten ist mein Bewusstsein für das perfekte Unperfekte gestiegen, denn jeder Versuch bringt einen weiter und hilft einem, besser zu werden. In Sachen Sprache und auch in Form von Freundschaft, Kommunikation, Selbstvertrauen, Verständnis, Akzeptanz und so weiter. Die Sprachkompetenz öffnet einem so viele weitere Türen, wenn man es denn einfach versucht.
Wohn- und Lebenssituation
Die Türen, die ich am meisten öffnete, waren die des Studentenwohnheims. Ich war froh, einen Platz dort bekommen zu haben, da ich mir sicher war, dass ich keine Probleme alleine klären musste, jedoch hatte die Unterkunft der Uni einige Lücken mit sich gebracht. Es war an wenig gedacht, viele Sachen musste man sich extra kaufen und sie waren sehr teuer. Insgesamt bin ich zwar froh, dort gewohnt zu haben, empfehlen kann ich aber das „Wesley‘s International House“. Eine Freundin hat in dieser hostel-ähnlichen Wohngemeinschaft gelebt, wo die Anonymität größer war als im Studentenwohnheim, aber die Ausstattung und der Preis um einiges besser war. Diese privat vermietete Unterkunft wird nicht offiziell von der Uni geführt, hat aber viele Studierende, Promovierende und einige Professoren zu bewohnen. Es ist auch nicht allzu weit vom Campus entfernt, etwa 15 Minuten Fußweg, was fünf Minuten länger ist, als ich gehen musste. Der größte Unterschied befindet sich im Preis, der etwas über 100 Pfund fasst, da ich 630 Pfund pro Monat zahlen musste und laut der Website das Wesley House bei etwa 520 Pfund liegt (https://www.bish.org.uk/accommodation/wesley-house). Von jeglichen Unterkünften sind die Bushaltestellen nicht allzu weit entfernt. Mit dem Studierendenausweis kostet eine Busfahrt auch nur 1 Pfund, was man über die Nxbus Appa mit etwas Rabatt bekommt. Den Zug kriegt man auch ermäßigt mit der Railcard, die man bei UniDays unter 30 Pfund erhalten kann. Die Reisebusse von Nationalexpress sind ziemlich gut, günstiger sind manchmal aber auch Flixbus und Megabus. Eine weitere Empfehlung ist für ein Bankkonto, nämlich die Revolut App, ein Konto auf dem Handy. Jedoch kann man genauso gut mit der eigenen Bankkarte oder Kreditkarte in der UK bezahlen. In Sachen Krankenversicherung habe ich mich bei meiner Krankenkasse gemeldet und einen extra Vertrag abgeschlossen, jedoch kann man im Internet mit etwas Mühe noch Günstigere finden. Finanziell ist man schon gut ausgestattet mit dem Erasmus-Geld, sparen muss man aber schon vorher etwas, um sich sorglos die Partys, Gym-Membership und Societies (Interessensgruppen) zu leisten. Ansonsten gibt es noch andere finanzielle Stützen, wie das Auslands-Bafög oder Stipendien, auf die man sich bewerben kann. An so etwas soll es nämlich nicht scheitern, sich den Traum von einem Auslandsaufenthalt zu nehmen, denn es ist wirklich immer eine gute Idee, selbst wenn es dafür da ist, mit Rückschlägen umzugehen, aber die positiven Erinnerungen wiegen die anderen Sachen umso mehr auf. Ich selbst bin in einer Beziehung und auch das sollte in meinen Augen keinen davon abhalten, diese Erfahrungen zu machen.
Studienfach: Lehramt Englisch und Geschichte
Aufenthaltsdauer: 09/2022 - 12/2022
Gastuniversität: University of Birmingham
Gastland: Großbritannien
Rückblick
Es sind rückblickend viele schöne Reisen, die ich unternommen habe – unter anderem in den günstigen YHA Hostels - und mit denen man verschiedenste Eindrücke gesammelt und Flairs der Städte eingesogen und aufgenommen hat. Zu den Besten zählte natürlich London, aber auch Bristol, Oxford, Exeter, Liverpool, Brighton, Edinburgh, Manchester, Canterbury und Cambridge. Am schönsten sind aber immer die Begegnungen und die Erinnerungen an die Personen, die man kennlernen durfte. Abgesehen vom Essen und dem Wetter in der UK spricht meiner Meinung nach nicht viel gegen ein Auslandsstudium in Birmingham.