Vorbereitung des Auslandsaufenthaltes
Alle Informationen zum Erasmus+ Programm sind auf der Website des International Office erhältlich. Insgesamt ist es wichtig, sich frühzeitig über Bewerbungs- und Auswahlverfahren zu informieren, da diese Prozesse oftmals sehr früh beginnen. Man sollte sich daher bereits ein Jahr im Voraus über die bestehenden Partnerschaften/Fristen und das Erasmus+ Programm informieren. Das Einreichen erster Unterlagen (Motivationsschreiben) erfolgte in meinem Fall ungefähr 8 Monate vor dem Erasmusaufenthalt.
Bewerbungsunterlagen für die Gasthochschule beinhalten Motivationsschreiben und andere Formalitäten (Nachweis Krankenversicherung etc.). Zudem müssen über das Sciences Po Online-Portal rechtzeitig diverse administrative „Fragebögen“ ausgefüllt werden. Hierbei handelt es sich um Wohnsitzangabe, Kontakt zu Eltern im Notfall etc.
Die Kontaktaufnahme zur Gasthochschule erfolgt grundsätzlich erst nach der Auswahl der eigenen Universität. Insgesamt gestaltete sich der Kontakt zur Sciences Po Paris sehr einfach bzw. man erhielt relativ zügig eine Rückmeldung.
Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Sciences Po Paris sich das Recht nimmt, den Bewerber in eine andere „Schule“ bzw. in einen anderen Studiengang zu platzieren als es ursprünglich vorgesehen war. Zwar wird einem diesbezüglich eine Auswahlmöglichkeit zur Verfügung gestellt, jedoch ist ein Bestehen auf den ursprünglichen Platz nicht möglich. In meinem Fall war ein Aufenthalt an der Schule für öffentliche Verwaltung vorgesehen. Schlussendlich besuchte ich einen Masterstudiengang an der Schule für Management. In diesem Zusammenhang ist es wichtig sich sehr früh und intensiv über eine mögliche Anrechnung Gedanken zu machen bzw. sich mit der zuständigen Person der eigenen Fakultät abzustimmen. Hierbei muss berücksichtigt werden, dass es sehr schwer sein kann, die ausgewählten Kurse, welche zwingend absolviert werden müssen, auch besuchen zu können. Als hilfreich können sich die „Common Courses“ erweisen, die man unabhängig von seiner „Schule“ besuchen kann. Bei der Kursauswahl herrscht zudem das Windhundprinzip. An einem Stichtag kann man seine Kurse über eine Online-Plattform auswählen. Dabei geht es im wahrsten Sinne des Wortes um Sekunden. Innerhalb von 5 Minuten können alle Kurse vollständig belegt sein, mit Ausnahme von sehr wenigen Kursen die tatsächlich niemand belegen will. Man muss sich daher sehr gut auf diese ersten Minuten vorbereiten und sich selbst Prioritäten bzgl. der Kursauswahl setzen. Diesbezüglich sollten Kurse, die man zwingend absolvieren sollte, immer die höchste Priorität haben. Zudem muss man sich von Anfang an bewusst sein, dass Erasmus-Studenten nicht die Möglichkeit haben, sämtliche Kurse eines Studiengangs zu besuchen. 1-2 Monate vor Anmeldungsbeginn erhält man eine Liste von Kursen auf die man sich bewerben kann. Die ersten Wintersemester war diese Liste an Auswahlmöglichkeiten noch relativ lang. Im nächsten Sommersemester jedoch nur noch sehr kurz, was das Belegen von Kursen umso schwieriger gestaltet, insbesondere wenn man mit der Anrechnung Probleme haben könnte.
Studium an der Gastuniversität
Insgesamt ist der Empfang an der Gastuniversität sehr gut strukturiert und man findet sich gut zurecht. Die Betreuung durch dortige Studenten/Verwaltungsmitarbeiter/Dozenten ist ebenfalls gut.
Sollte man Kurse auf Französisch besuchen wollen, ist C1 vorgeschrieben. Das Englischniveau der anderen Studenten und Dozenten ist gut, jedoch selbstverständlich nicht vergleichbar mit Universitäten in England. Sowohl die Anforderungen als auch der Arbeitsumfang unterscheiden sich teilweise sehr stark in den unterschiedlichen Kursen. Diesbezüglich sollte man sich die Kursinformationen durchlesen, weil dort oftmals bereits Leistungsanforderungen etc. dargelegt werden. Diese Anforderungen können sich aber auch nochmals ändern bzw. sind teilweise etwas untransparent. Insgesamt sind verhältnismäßig gute Noten (13-15 Punkte) immer erreichbar. Dennoch wird in einigen Kursen auch sehr streng bewertet, was bedeutet, dass es kaum für mehr als 14-15 Punkte reichen wird. In einigen Common-Kursen kann man auch definitiv mehr als 16 Punkte erreichen. Insgesamt ist der Arbeitsumfang sehr hoch, da man oftmals pro Woche bis zu drei Präsentationen/Aufgaben abzugeben hat. Es gilt zudem eine Anwesenheitspflicht in allen Kursen, die auch teilweise sehr streng kontrolliert wird. Zudem müssen vor den Semesterferien alle Hausarbeiten etc. abgegeben werden, wodurch man durchgehend beschäftigt ist und man solche Dinge nicht aufschieben sollte.
Die technische Ausstattung der Universität ist sehr gut, wobei die Öffnungszeiten der Bibliotheken nicht herausragend sind. Sonntags ist die Bibliothek geschlossen. Computerpools existieren in der Bibliothek. Sollte man sicher ein Platz finden wollen, muss man um 9 Uhr vor Ort sein. Bis 19 Uhr ist es andernfalls durchaus sehr schwer einen Platz zu finden.
Kontakt zu einheimischen und internationalen Studierenden
Die Kontaktaufnahme zu einheimischen Studenten ist durchaus schwierig. Das Studienklima ist gut, jedoch ist es durchaus schwer, mit Einheimischen in Kontakt zu treten. Das Engagement in einem der vielen Studentenorganisationen ist hierbei hilfreich. Dennoch bleiben die Erasmus-Studenten oftmals unter sich. Eine weitere Alternative ist die Teilnahme an Sportkursen. Der Kontakt zu ausländischen Studenten gestaltet sich einfacher. Über Facebook- und WhatsApp-Gruppen werden viele Aktivitäten etc organisiert.
Wohn- und Lebenssituation
Das Finden einer Unterkunft ist schwer! Der freie Wohnungsmarkt ist eine Option. Informationen diesbezüglich sind auch über die Sciences Po Website zu finden. Es gibt ein „deutsches Haus“ für Studenten, welches etwas außerhalb von Paris liegt. Andernfalls sind über gängige Social-Media-Kanäle zu suchen. Es gibt auch eine Facebook-Gruppe von Deutschen in Paris. Es sollte nach dem Zulassungsbescheid umgehend eine Wohnung gesucht werden.
Der Preis für ein Zimmer oder Einzimmerwohnung kann zwischen 450-1000 Euro liegen. 600 Euro für ein Zimmer/Einzimmerwohnung (15qm) ist ein durchaus durchschnittlicher Preis. Strom und Internet sind typische Kosten, die zu der Miete teilweise noch hinzukommen.
Als Student kann man ein vergünstigtes Monatsticket bekommen, welches fast zwingend notwendig ist. Eine normale Metro-Fahrt kostet andernfalls nur 1,80. Am Beginn des Semesters bieten Banken die Eröffnung eines französischen Bankkontos mit einer Prämie von 100 Euro an. Hiervon kann ich nur abraten. Die Prämienzahlung erhält man in der Regel nicht. Zudem ist es umständlich das Konto ggf. wieder zu schließen.
Es kann eine Krankenversicherung vor Ort abgeschlossen werden. Auslandskrankenversicherungen sind eine weitere Option. Auch die eigene einheimische Krankenversicherung kann für Kleinigkeiten ausreichend sein. Insgesamt ist es übers Internet möglich englischsprechende Ärzte zu finden. Das Warten auf Terminen ist etwas kürzer als in Deutschland, allerdings ist es auch bei Fachärzten schwer einen Termin zu erhalten. Die Sciences Po hat aber auch einige Ärzte, die man besuchen kann.
Die reinen Lebenshaltungskosten dürften zwischen 300-400 Euro liegen. Die Preise in Paris für Lebensmittel sind teilweise bis zu 20% höher. Auch in Paris ist es vorteilhaft, wenn sich ein Lidl in der Nähe befindet. Insbesondere CarrefourExpress und andere kleine Supermärkte sind teuer. In der Sciences Po gibt es keine Mensa. Eine Mensa ist zwar in der Nähe, allerdings essen die meisten nur ein Sandwich oder gehen zum Essen nach Hause.
Freizeitangebote sind in Paris, insbesondere im kulturellen Bereich, sehr groß. Dennoch sind die Eintrittspreise auch für Studenten noch sehr hoch. Um den Aufenthalt ein wenig genießen zu können, ist ein monatliches Budget von 450 Euro sicherlich notwendig. Paris ist einfach sehr teuer!
Studienfach: Verwaltungswissenschaften
Aufenthaltsdauer: 08/18-06/19
Gastuniversität: Sciences Po Paris
Gastland: Frankreich
Rückblick
Rückblickend lässt sich festhalten, dass die Auswahl der Kurse über das Online-Portal sehr entscheidend ist. Im Worst-Case Szenario sitzt man das gesamte Semester in Kursen, die einen nicht besonders interessieren. Allerdings sollte es man schaffen, zumindest zu der Hälfte der Wunschkurse angemeldet zu sein.
Wer besonderen Wert darauf legt, mit einheimischen Studenten in Kontakt zu kommen, sollte versuchen in eine französische WG zu kommen.
Besonders gute Erfahrung ergaben sich aus den praxisnahen Kursen und deren Durchführung. Insgesamt sollte man versuchen den Aufenthalt an der Sciences Po zum „Netzwerken“ zu nutzen. Die einheimischen Studenten nutzen sehr stark Linkedin.