Vorbereitung des Auslandsaufenthaltes
Durch mein Französisch-Studium war mir zu Beginn der Uni-Zeit bereits klar, dass ich irgendwann ein Erasmus absolvieren werde. Durch die Corona-Einschränkungen kam ich jedoch erst im Master in den Genuss, ins Ausland zu gehen. Da Paris die historisch interessanteste Stadt der frankophonen Welt ist und ich gerne über die Historische Fakultät gehen wollte, fiel mir die Entscheidung nicht schwer. Nach dem normalen Bewerbungsprozess über die Universität Potsdam (welcher sich komplizierter darstellt, als er am Ende wirklich ist), wurde ich relativ zügig vom International Office meiner Gastuni kontaktiert. Der anschließende Bewerbungsprozess war ziemlich intuitiv und auch die Ansprechpartner vor Ort waren gut kontaktierbar. Gute Französischkenntnisse sind jedoch wirklich von Vorteil, denn mit Englisch tun sich die Franzosen tendenziell etwas schwer. Zu den einzureichenden Dokumenten gehörte das Übliche: Learning Agreement, Versicherungsnachweis, Leistungsübersicht, Personalausweis, … Seid ihr wie ich auch bei einer privaten Krankenkasse, bittet diese einfach um einen Versicherungsnachweis auf französischer Sprache. Solange die Franzosen alles lesen können, habt ihr keinen Stress. (Hier das sehr nützliche FAQ der Uni Nanterre: https://university.parisnanterre.fr/international-student-studying-at-paris-nanterre/incoming-exchange-students/faq-exchange-students) (Auf dieser Liste findet ihr eure Ansprechpartner an den verschiedenen Fakultäten und Studiengängen: https://www.parisnanterre.fr/nanterre-a-linternational/le-service-des-relations-internationales/annuaire-des-enseignants-coordinateurs-ri) Die WhatsApp-Gruppen der anderen Erasmusgängern hat sich außerdem als super hilfreich entpuppt, ihr könnt euch der Hilfe von Koordinatoren und Mitstudenten also sicher sein, auch wenn es mal wuselig und unübersichtlich wird im Bewerbungs- und Anmeldeverfahren. Falls ihr ebenfalls vom Grüner-Reisen-Zuschlag profitieren wollt, bucht den Zug so früh wie möglich, ansonsten wird es richtig teuer. Auch mit der Wohnungssuche kann man nicht früh genug beginnen.
Studium an der Gastuniversität
Die Kursbelegung war wohl das kniffligste Thema von meinem ganzen Aufenthalt. Von Tan-Listen und Online-Kursbelegung kann man an der Nanterre nur träumen. Stattdessen erfolgten die Anmeldung und Zulassung ganz klassisch über Listen und Sekretariate. Jeder Studiengang hat ein eigenes Büro, in welchem man sich im Anmeldezeitraum für die Kurse persönlich vorstellen muss. Dort schreibt man sich anschließend händisch in die Kurslisten ein. Belegt man Kurse an verschiedenen Fakultäten, multipliziert sich dieser Prozess. Die ganze Geschichte um die Kursanmeldung ist unnötig kompliziert gestaltet und wirklich nicht intuitiv, wenn man es zum ersten Mal macht. Es schadet nicht, die einheimischen Studis nach Hilfe zu fragen oder bei den Ansprechpartnern nach Hilfe zu bitten. Ich habe vor Ort nichts als Hilfsbereitschaft erlebt. Ich habe größtenteils Kurse im Master I Histoire belegt. Man kann sich darauf einstellen, dass Vorlesung und Seminar ineinander verschwimmen. Eine klare Trennung in der Art der Kursgestaltung oder Leistungsbewertung ist nicht wirklich zu erkennen. Das liegt aber auch an der sehr begrenzten Studentenanzahl in Geschichte, wodurch ein sehr kollegiales und familiären Kursklima entsteht. Nach ein paar Wochen kennt man alle Profs persönlich und ist allem Kommilitonen ein Begriff. Ich habe das kleine Team aus Profs und Studis an der historischen Fakultät sehr genossen. Dadurch fiel mir der Einstieg erheblich leichter als gedacht und auch das Finden neuer Freunde im gleichen Studiengang war überhaupt keine Herausforderung. Die Kursanforderungen sind vergleichbar: kleinere Vorträge, Essays, Artikelkritiken, vielleicht eine Hausarbeit. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass alle Profs sehr kulant und auch offen für alternative Prüfungsformate sind. Man sollte jedoch ein gutes Sprachniveau mitbringen, da es selten Skripte zum Nachlesen gibt und das Sprachtempo typisch pariserisch ziemlich schnell ist. Doch auch hier kann man jederzeit die Kommilitonen um Hilfe und Mitschriften bitten, oder den Prof kurz unterbrechen und nochmal nachhaken. Für die Abschlussleistungen gibt es auf dem Gelände sehr gute Bibliotheken und sogar ein Archiv, in dem jeder fündig wird. Man kann sich außerdem auf diverse Exkursionen freuen, diese fanden fast wöchentlich statt und gingen in Museen, Archive und andere historisch interessante Orte in Paris. Diese Exkursionen waren immer mein Highlight und ich finde es schade, dass Ähnliches bei uns nicht existiert. Insgesamt macht studieren an der Nanterre wirklich Spaß, auch wenn die Uni von außen nicht viel hermacht. Englischsprachige Angebote gibt es im Master Geschichte nicht (außer den Sprachkurs „Englisch für Historiker“).
Kontakt zu einheimischen und internationalen Studierenden
Die Kontaktfindung gestaltet sich über die vielseitigen Angebote der Uni und natürlich der Stadt recht einfach. Neben der Kurse und Seminare gibt es unzählige kostenlose Sportkurse und Arbeitsgemeinschaften, durch welche man super schnell Anschluss finden kann. Über die Erasmus-Sprachkurse kann man ebenfalls Kontakte zu anderen ausländischen Studenten knüpfen, zudem gibt es nahezu jede Woche Veranstaltungen und Partys, welche sich an Erasmus-Studis richten. Ich habe meine französischen Mitstudenten als sehr kommunikativ und interessiert erlebt, Freunde unter Einheimischen zu finden empfand ich daher nicht als Problem. Doch auch hier sei gesagt: Je besser das Sprachniveau, desto einfacher.
Sprachkompetenz vor und nach dem Auslandsaufenthalt
Durch mein Studium habe ich bereits Grammatik und Vokabular hoch und runter lernen müssen, jedoch bot sich selten die Gelegenheit, in authentischen Sprachaustausch zu treten. Solche Möglichkeiten ergeben sich im Erasmus eigentlich täglich, vor allem wenn man sich nicht nur mit anderen Erasmusstudenten trifft. Mein Sprachniveau hat sich durch die 6 Monate Aufenthalt im Schriftlichen sehr verfestigt und im Mündlichen stark verbessert.
Wohn- und Lebenssituation
Ich habe mein Appartement mit Hilfe einer Maklerin gefunden. Diese hat sich für 600€ Provision um wirklich alles Mögliche gekümmert und wir (2 Bewohner) hatten einen sehr überschaubaren Aufwand für eine wunderschöne, helle und möblierte Wohnung im Herzen von Paris. Hauptstadttypisch hat das natürlich seinen Preis. Man sollte mit mindestens 650€ monatl. rechnen für ein Zimmer/Studio in Paris, in den Vororten wird es etwas günstiger, aber auch weniger begehrenswert. Die Wohnheime der Uni Nanterre habe ich nur kurz von innen gesehen. Es handelt sich um sehr kleiner Zimmer mit Hochbett, einem kleinen Bad und geteilter Küche auf dem Gang. Ich empfand die Wohnheime als recht ungepflegt und unwohnlich, jedoch dienen sie ihrem Zweck, sind deutlich günstiger, man ist direkt am Campus und hat schnell Kontakt zu anderen Studenten. Man sollte jedoch bedenken, dass die Uni Nanterre nicht in Paris, sondern in Nanterre liegt und man daher auf Zug und Bus angewiesen ist. Eine Metro zu den Wohnheimen auf dem Campus gibt es nicht. Tagsüber ist das kein Problem, der abendliche Nachhauseweg sollte jedoch gut geplant sein. Die Suche nach WG-Zimmern soll laut Freunden nicht leicht gewesen sein, da das Wohnkonzept der WG nicht so häufig vertreten ist wie in Deutschland. Viele junge Pariser wohnen ihre gesamte Ausbildungs- oder Studienzeit bei ihren Eltern, da der Wohnungsmarkt in Paris eine kostspielige Katastrophe ist. Sicherlich findet man Zimmer zur Untermiete, man sollte aber früh genug anfangen zu recherchieren und eventuell einen Zimmer-Swap in Erwägung ziehen. Öffis sind in Paris sehr gut ausgebaut. Es gibt überhaupt keine Notwendigkeit für Auto etc. Die Metro fährt alle Pariser Stadtteile an, kommt in hoher Frequenz und ist das perfekte Transportmittel (wenn nicht grade wieder gestreikt wird). Ein Monatsticket, welches du auf deinen Pass NaviGo lädst, kostet 85€ und ist sein Geld wert, wenn man vor hat viel in der Stadt zu unternehmen. Darin ist auch der Zug zur Universität einbegriffen. Wohnt man in der Innenstadt, sollte man gute 40 Minuten für den Weg zu Uni einplanen (Metro + RER). Ich habe mich recht schnell an das Pendeln gewöhnt und empfand es schließlich als typische „Paris-Erfahrung“. Stellt euch auf rammelvolle Metros ein! Die Metros fahren bis 1/1:30 Uhr nachts, danach kann man sich ein Leihrad oder E-Roller nehmen, Uber rufen oder die völlig überfüllten Nachtbusse nehmen (sollte man einmal gemacht haben, einzigartige Atmosphäre). Ich habe darauf verzichtet ein französisches Bankkonto zu eröffnen oder meinen Handyvertrag zu wechseln und bin damit sehr gut klargekommen. Für die meisten Sachen reichte meine normale deutschen Girokarte, jedoch ist man ab und zu (z.B. für Konzertkarten, Museumtickets, Aufladen von Studentenausweis, …) auf eine Kreditkarte angewiesen. Die Franzosen bezahlen generell alles mit Karte, Cash braucht man eigentlich nie. Zu den Kosten generell lässt sich nur sagen was alle sagen: Paris ist sündhaft teuer. Die Erasmusrate von 390€ reicht zum Leben vorne und hinten nicht und ist wirklich „nur“ ein Taschengeld. Wenn man in Paris nicht nebenbei arbeiten gehen möchte, sollte man sich vor Anreise ein gutes Polster angespart haben. Zwar sind viele kulturelle Veranstaltungen und Museen für Studenten kostenlos, jedoch kostet alles andere was Spaß macht richtig Geld. Bars, Clubs und Restaurants sind gefühlt mind. 50% teurer als Vergleichbares in Berlin. Es lohnt sich immer Einheimische nach Tipps zu fragen, selber nach Angeboten und Aktionen zu recherchieren und achtsam zu bleiben, um in keine Touristenfallen hineinzutappen. Außerdem würde ich nach Möglichkeit die französischen Supermärkte vermeiden und auf Aldi, Lidl oder die Großmärkte in Chinatown zurückgreifen. Deren Angebot ist zwar überschaubarer und es gibt weniger „Premiummarken“, dafür ist es aber signifikant günstiger. Zu empfehlen sind außerdem die vielseitigen Möglichkeiten zur Lebensmittelrettung (TooGoodToGo, etc.), die genialen Flohmärkte (marché aux puces) und 2hand-Läden. Wenn man bewusst mit seinem Geld umgeht, kommt man zurecht. Man sollte sich trotzdem auf heftige Preissteigerungen einstellen. Paris bietet alles, was das Herz begehrt und man wird niemals Langeweile bekommen. Daher sei zum Thema Freizeitgestaltung nur gesagt: Mach worauf du Lust hast, hier findet jeder was.
Studienfach: Geschichte und Französisch auf Lehramt
Aufenthaltsdauer: 09/2022 - 02/2023
Gastuniversität: Université Paris Nanterre
Gastland: Frankreich
Rückblick
Rückblickend war der Auslandsaufenthalt in Paris viel zu schnell vorbei. Ich habe überwiegend positive Erfahrungen gemacht, sei es mit der Uni, der Stadt oder den Leuten und kann es kaum erwarten zurückzukehren. Im Nachhinein hätte ich direkt ein Jahr draus machen sollen, obwohl das nicht leicht zu finanzieren gewesen wäre. Wenn man unternehmungslustig und interessiert ist, wird man Paris nach einigen Wochen „richtig“ kennenlernen. Fernab der Touristenhochburgen und Reisebusse erwartet einen das authentische Leben in der Großstadt mit allen Vor- und Nachteilen. In Paris zu leben ist nicht vergleichbar mit einem Paris-Urlaub, das merkt man spätestens, wenn die Touristen beginnen einen selbst zu nerven. Ich kann nachfolgenden Studenten nur raten, jedes Angebot mitzunehmen und überall mitzumachen. So lernt man am besten die Sprache, neue Leute kennen, die Kultur zu verstehen und den Pariser Lebensstil zu leben. Und macht euch nicht verrückt wegen der Universität, das könnt ihr auch zuhause noch machen!