Vorbereitung des Auslandsaufenthaltes
Da ich mein Erasmussemester im Januar begonnen habe, aber ich bereits im Frühjahr des vorherigen Jahres meine Zusage bekommen habe, gab es erstmal eine längere Zeit in der ich noch nicht viel vorbereiten konnte. Am liebsten hätte ich mich schon sofort um eine Wohnung gekümmert, aber für die meisten Wohnmöglichkeiten in Paris brauchte man einen Nachweis, dass man dort studiert oder arbeitet. Diesen hatte ich noch nicht, da die Bewerbung an der EFREI für das Sommersemester erst im Herbst stattfand. Für diese Bewerbung bekam ich eine Email von der Erasmus-Koordinatorin der Gastuni mit Informationen über alles, was ich einreichen musste. Auf der Website steht, dass man mit offiziellem Zertifikat sein Englisch Niveau nachweisen muss bzw. sein Französisch Niveau, falls man Kurse auf Französisch belegen möchte. Das wurde dann allerdings sehr entspannt gesehen, ich hatte zum Beispiel kein offizielles Englisch-Zertifikat (z.B. TOEFL) und das war in Ordnung. Angeblich muss man auch für englische Masterprogramme ein Französischlevelvon A2 haben ( https://eng.efrei.fr/international-admission/language-requirements/), ich hatte allerdings kein Zertifikat dafür und ich weiß auch von einigen internationalen Kommilitonen, die nicht mal Sprachlevel A1 hatten. Da muss man sich also keine Sorgen machen, auch wenn es natürlich trotzdem hilfreich ist, ein bisschen Französisch zu können.
Irgendwann mussten wir dann auch das Learning Agreement erstellen. Da lohnt es sich, wenn möglich, früh mit anzufangen, da es manchmal dauern kann, bis man von allen zuständigen Parteien die Bestätigungen bekommt. Von der EFREI habe ich leider zu manchen Kursen keine genauen Beschreibungen bekommen und generell war es anfangs nicht so leicht zu verstehen, welche Kurse ich belegen kann. Man kann nämlich zwischen verschiedenen Schwerpunkten wählen und hat dann mit derselben Klasse alle seine Kurse. Wenn man zum Beispiel Data Engineering wählt, hat man alle Kurse, die in dem Semester für diesen Schwerpunkt angeboten werden. Zusätzlich kann man dann zum Beispiel noch einen Französischkurs machen. Die französischen Studierenden haben in manchen Semestern Praktika, da sollte man auch drauf achten, wenn man seine Kurse wählt.
Studium an der Gastuniversität
Ich habe den Data Engineering Track gewählt und habe Kurse aus M1, also dem ersten Jahr des Masters gewählt. Die M2 Studierenden haben im Sommersemester ein langes Praktikum, deshalb gab es da keine Kurse für mich. Das Sommersemester ist für M1-Studierende in 2 Teile geteilt. Von Januar bis März hatten die französischen Studierenden ein Pflichtpraktikum und von April bis Juli hatten sie Kurse. Seit 2023/24 also dem Studienjahr, in dem ich an der EFREI war, gibt es im ersten Jahr des Masters nochmal besondere Kurse für internationale Studierende, um diese auf denselben Stand zu bringen, wie die Studierenden, die vorher schon an der EFREI waren. Ich hatte deshalb im ersten Teil meines Semesters, während die französischen Studierenden ihr Praktikum gemacht haben, Kurse mit den internationalen Studierenden. In diesem Kurs war eine andere Erasmus Studentin vom HPI, die auch das Semester an der EFREI verbracht hat und ansonsten 13 Studierende, die den kompletten Master an der EFREI machen. Diese kamen zum Bespiel aus China, Marokko, Tunesien und weiteren Ländern. Unsere Kurse waren auf Englisch bis auf einen Managementkurs, den ich nicht belegt habe. Viele aus der Klasse kamen aus Ländern, in denen auch Französisch gesprochen und hatten deshalb kein Problem mit Kursen auf Französisch. Alle anderen haben einen Französischkurs belegt, den ich auch belegt habe.
Dadurch, dass ich in dieser internationalen Klasse war und die französischen Studierenden die ersten drei Monate nicht da waren, habe ich zunächst über die Uni keine französischen Studierenden kennengelernt. Das fand ich aber gar nicht schlimm, da die internationalen Studierenden super offen waren und einen sehr gut aufgenommen haben. Da wir eine kleine Klasse (15 Leute) waren, mit der wir fast alle Kurse hatten, war es einfach mit den anderen in Kontakt zu kommen. Ab April hatte ich dann Kurse in einer Klasse mit etwa 20-30 französischen Studierenden. Hier war es schwieriger Anschluss zu finden, da sie sich alle untereinander schon lange kannten und miteinander Französisch geredet haben. Mein Französischlevel ist leider nicht gut genug, um da einfach einzusteigen. Außerdem habe sie deutlich weniger Interesse an einem gezeigt als die Studierenden in der internationalen Klasse.
Man merkt vielleicht schon, bei diesen Klassen, mit denen man seine ganzen Kurse hat, hört sich das fast ein bisschen wie in der Schule an. Tatsächlich hat sich die Uni in vielen Aspekten ein bisschen wie Schule angefühlt, da es an der EFREI Anwesenheitspflicht gibt. Das war die Sache, die ich am wenigsten an der Uni mochte. Da ich nicht so viel Auswahl an Kursen hatte, die ich belegen konnte, hatte ich vor allem anfangs einige Kurse, die für mich sehr einfach waren, weil ich die Themen schon kannte. Ich bin aus Deutschland gewohnt, dass ich nicht gezwungen bin zu einer Vorlesung zu gehen und wenn ich weiß, dass ich da sowieso nichts neues lerne, bleibe ich normalerweise auch zuhause. In Frankreich hatte ich teilweise wochenlang jeden Tag von acht oder neun bis fünf Uhr Vorlesungen. Wenn ich in der Zeit nicht mal etwas gelernt habe, sondern nur meine Zeit absitzen musste, war das sehr frustrierend.
Ich hatte zum Glück nicht immer so viele Vorlesungen, aber insgesamt war die Verteilung der Veranstaltung sehr schlecht geplant. Die ersten paar Monate hatte ich viele Kurse. Dann eine Zeit lang fast gar nichts und ganz am Ende gab es ein paar Wochen, in denen ich nochmal extrem viele Veranstaltungen hatte (jeden Tag von 8 Uhr bis 18:20) und gleichzeitig noch Projektabgaben und Klausuren. Ich hätte mich gefreut, wenn das ganze besser aufgeteilt worden wäre. Organisatorische Probleme sind aber auch echt keine Seltenheit an der EFREI. Manchmal fällt ganz spontan mal ein Kurs aus oder man möchte eine Lehrveranstaltungsbelegung ändern und erhält wochenlang keine Antwort von den zuständigen Personen in der Verwaltung. Auch den Studiausweis zu bekommen, dauert bei internationalen Studierenden auch gut mal einige Monate.
Aufgrund all dieser Probleme war ich nicht superglücklich mit der Uni. Ich hatte zwar ein paar interessante Kurse, aber auch viele die ich nicht so gerne mochte. Häufig waren die Lehrschwerpunkte ganz anders als ich es gewohnt bin. Das ist aber vielleicht auch Geschmackssache. Ich habe mir meine Erasmus-Gastuni aber auch nicht nach Kursen oder Lehrqualität, sondern rein nach der Stadt ausgesucht und meine Motivation für das Erasmussemester war auch eher, einfach mal in einem anderen Land in einer interessanten Stadt zu leben und Leute aus verschiedenen Ländern kennenzulernen. Deshalb finde ich es auch nicht so schlimm, dass ich mit der Uni nicht so zufrieden war. Ich hatte trotzdem eine sehr schöne Zeit in Paris. Allerdings würde ich empfehlen, dass man sich genauer mit den Gastunis beschäftigt, wenn es einem wichtig ist, im Erasmussemester auch akademisch voranzukommen und interessante Kurse zu belegen.
Sprachkompetenz vor und nach dem Auslandsaufenthalt
Ich hatte vor meinem Aufenthalt ein Französisch-Sprachlevel von B1. Das hat auf jeden Fall gereicht, um im Alltag, wenn es nötig war mit Leuten zu kommunizieren. Da ich aber vor allem mit internationalen Studierenden meine Zeit verbracht habe und meine Kurse auf Englisch waren, hat sich mein Französisch Level auch nicht super viel verbessert. In meinen Französischkurs and der Uni waren einige, die gerade erst angefangen hatten, Französisch zu lernen, deshalb sind wir da auch nicht so schnell vorangekommen. Da ich aber dauernd mit der Sprache umgeben war, fällt es mir jetzt auf jeden Fall einfacher gesprochenes Französisch zu verstehen. Um auch das Sprechen mehr zu verbessern, hätte ich mich wahrscheinlich häufiger zwingen müssen, mich in Situationen zu begeben, in denen ich Sprechen muss. Aber gerade Franzosen in meinem Altern sprechen meistens auch Englisch, sodass das dann meistens komfortabler war.
Ein bisschen Französisch zu können oder dort zu lernen ist aber sicherlich sinnvoll. Im Alltag gibt es immer mal Situationen, in denen jemand kein Englisch spricht. Man kann schon auch überleben ohne Französisch, aber es hilft auf jeden Fall.
Wohn- und Lebenssituation
Ich habe in Paris in einem Studioapartment gelebt, dass ich über studapart.fr gefunden habe. Ich konnte leider erst spät anfangen nach Wohnungen zu suchen, da es gedauert hat, bis ich die offizielle Zusage von der EFREI hatte, die ich meistens brauchte, um etwas zu mieten. Die Wohnung war sehr teuer, aber es war auch schwierig etwas Günstigeres zu finden, da es mir auch wichtig war in Paris und nicht außerhalb zu leben. Die EFREI ist in Villejuif, einem Vorort von Paris, der aber über die Metro sehr gut angebunden ist. Die meisten Studierenden dort wohnen auch in Villejuif oder einem der umliegenden Vororte, da es dort günstiger ist. Da ich mit Studierenden von verschiedenen Pariser Unis Zeit verbracht habe, fand ich es gut in Paris zu leben und überall schnell hinzukommen. Zur Uni habe ich 35-40 Minuten mit der Metro gebraucht, aber dafür in die Innenstadt von Paris nur 20 Minuten. Wenn man in Paris ist, kommt man generell eigentlich fast überall in etwa 30 Minuten mit der Metro hin. Ich habe im 12. Arrondissement gewohnt und es hat mir dort echt gut gefallen. Es ist nicht so touristisch, sondern eher eine Gegend, in der Leute wohnen. Es gibt trotzdem sehr schöne Cafés, Bars, Restaurants und gute Bäckereien.
Studienfach: IT-Systems Engineering
Aufenthaltsdauer: 01/2024 - 07/2024
Gastuniversität: École d’Ingénieurs Généraliste du Numérique - EFREI
Gastland: Frankreich
Rückblick
Wie schon erwähnt war ich mit der Uni nicht 100% zufrieden, aber insgesamt hatte ich eine sehr schöne Zeit in Paris. Ich habe viele interessante Leute aus allen möglichen Ländern kennengelernt und ich habe Paris als Stadt sehr liebgewonnen. Man kann eine beliebige Straße entlanglaufen und immer sieht man diese typischen Pariser Häuser, findet eine Boulangerie mit den leckersten Croissants, die man je gegessen und sieht Leute draußen auf den Terrassen der Bars und Restaurants sitzen und das Leben genießen. Es ist immer irgendwo was los und einem wird nie langweilig. Selbst nach sechs Monaten hatte ich noch nicht alle Orte besucht, an die ich hinwollte. Es lohnt sich auch sehr, mal aus Paris rauszufahren. Ich habe zum Beispiel Reisen nach Marseille, Lyon, Nizza und in die Normandie gemacht. Besonders Südfrankreich war im Frühling und Sommer wunderschön. Teilweise kriegt man auch echt günstige Zugtickets. Nach Marseille bin ich zum Beispiel für 19 Euro gefahren und es hat nur 3 Stunden gedauert.
Sonstige Hinweise
- Wenn man unter 26 ist und Bürger*in der EU, kann man in Paris ist sehr viele Museen kostenlos rein, darunter auch bekannte Museen wie der Louvre oder das Musée d’Orsay.
- Es kann sinnvoll sein, sich schon früh damit zu beschäftigen, ob man für die Metro eine Abokarte holen möchte und welche. Ab etwa 5 Monaten kann sich zum Bespiel die Jahreskarte Navigo Imagine R (für unter 26-Jährige) gegenüber Monatskarten mehr lohnen. Häufig dauert es aber lange, bis die verschickt wird, deshalb sollte man sich lieber früher darum kümmern.
- Ich kann das Quartier Jeunes sehr empfehlen, wenn man einen Ort sucht, wo man zum Lernen hingehen kann. Das ist eine Art Jugendzentrum mit Beratungsangeboten, aber auch Räumen, die zum Lernen oder Arbeiten genutzt werden könnten. Das Quartier Jeunes ist in einem wunderschönen alten Gebäude nah am Louvre.
- Um andere internationale Studierende kennenzulernen, gibt es zum Beispiel ESN. ESN veranstaltet viele schöne Aktivitäten und manchmal auch Reisen in andere Teile Frankreichs. Jeden Montag haben sie auch „Café des Langues“ veranstaltet, einen Bar-Abend, bei dem man sehr einfach neue Leute kennenlernen kann.