Vorbereitung des Auslandsaufenthaltes
Da für den Studiengang Patholinguistik ein Auslandssemester empfohlen wird und auch schon frühzeitig Informationen zum Erasmus+ Programm bereitgestellt wurden, war für mich schon früh klar, dass ich dieses Programm gerne nutzen würde. Beworben habe ich mich ein Jahr vor Beginn des Auslandssemesters und die Zusage von Seiten der Uni Potsdam kam bereits wenige Wochen nach Bewerbungsschluss. Informationen meiner Gasthochschule, der Åbo Akademi, waren unkompliziert auf der Webseite zu finden und die zuständigen Austauschkoordinatorinnen waren während des gesamten Prozesses gut per E-Mail zu erreichen. Zu meinen Bewerbungsunterlagen gehörten das Online Learning Agreement und eine selbsterstellte englische Übersetzung der Leistungsübersicht meiner bisher besuchten Kurse an der Uni Potsdam. Da die Bewerbungsfrist der Gasthochschule Mitte Oktober endete und ich die endgültige Zusage deshalb erst zu diesem Zeitpunkt bekam, war teilweise noch ein wenig Unsicherheit dabei, vor allem was die Buchung von Flügen und Bewerbung für eine Unterkunft anging. Nach der Zusage ging es dann also an die konkrete Vorbereitung, inklusive Stipendienvertrag, Versicherung, Planung der Anreise und Unterkunft. Auch dazu wurden vom International Office gut strukturierte Informationen bereitgestellt. Was außerdem zu dieser Zeit sehr geholfen hat, war der Kontakt mit den Tutorinnen und mit den anderen Austauschstudenten. Eine Gruppe von 5-8 Studenten hat einen bis zwei Tutoren zugeteilt bekommen. Dadurch, dass meine beiden Tutorinnen sehr engagiert waren (das kann individuell unterschiedlich sein), wurde schon ein paar Wochen vor Ankunft der Kontakt hergestellt und sie waren immer für Fragen jeglicher Art erreichbar.
Studium an der Gastuniversität
In der ersten Woche an der Åbo Akademi gab es eine Reihe an Orientierungsveranstaltungen, zum Beispiel zu allgemeinen Themen des Studiums, Sportangeboten, Wohnen in den Studentenunterkünften oder zum Gastland Finnland und der Stadt Turku allgemein. In dieser Woche wurden auch schon erste Kontakte zu den anderen Austauschstudenten geknüpft. Es gab zu Beginn viele organisatorische Dinge zu erledigen, vor allem rund um die Kurswahl. Die Möglichkeit, auch Kurse an der University of Turku zu belegen, war sehr praktisch, weil es da doch mehr Auswahl an englischsprachigen Kursen im Gebiet der Patholinguistik gab. Die Bewerbung für dieses "flexible study right" hat aber seine Zeit gedauert und teilweise wurde es dann knapp mit den Einschreibefristen für die Kurse. Das sollte man also im Hinterkopf behalten, wenn man auch an dieser Universität studieren möchte. Letztendlich habe ich teilweise Kurse aus meinem Fachgebiet gewählt, teilweise aber auch solche aus ganz anderen Fachrichtungen, zum Beispiel Sprachkurse oder einen Kurs zur finnischen Geschichte und Gesellschaft. Letzteres würde ich weiterempfehlen, da man normalerweise im Studium nicht die Zeit dazu hat. Die Organisation der Leistungsveranstaltungen ist vergleichbar mit der Uni Potsdam, da es ähnliche Bewertungsmethoden gibt und alle Materialien zum Kurs auch immer auf „Moodle“ bereitgestellt werden. Was für mich neu war, ist das „Learning Diary“, was hier recht verbreitet zu sein scheint. Außerdem ist mir aufgefallen, dass die Dozenten in der Regel sehr entspannt und bei Fragen oder Problemen auch immer gut erreichbar sind. Die technische Ausstattung der Uni ist sehr gut und die Bibliotheken sind sehr komfortabel. Es gibt viele Arbeitsplätze, auch für Gruppenarbeiten, das Ausleihen von Literatur ist unkompliziert und mit einem eigenen Schlüssel kann man die Bibliothek zu jeder Zeit nutzen.
Kontakte zu einheimischen und internationalen Studierenden
Den meisten Kontakt hatte ich während meines Aufenthalts hier mit den anderen Austauschstudenten. Das lag vor allem daran, dass das Wohnheim, in dem ich untergebracht war, vor allem für die ausländischen Studierenden gedacht ist. Außerdem war ich an den beiden Unis auf englischsprachige Kurse angewiesen und diese waren natürlich aufgrund der Sprache generell bei den Austauschstudenten beliebt. Kontakt zu einheimischen Studenten und Finnen allgemein hatte ich vor allem durch das studentische Orchester der Åbo Akademi, in dem ich für dieses Semester mitgespielt habe. Rückblickend wäre es sicherlich schön gewesen, auch mehr Kontakt zu finnischen Studenten zu haben. Es ist aber auch eine einzigartige Erfahrung, Leute aus so vielen verschiedenen Ländern kennenzulernen und mit ihnen die Zeit hier zu verbringen.
Sprachkompetenz vor und nach dem Auslandsaufenthalt
Da Englisch während meines Auslandsaufenthalts die wichtigste Sprache an der Uni und im Alltag war, würde ich meine Sprachkompetenz und vor allem die Sicherheit in der Sprache als höher bezeichnen, verglichen mit der Situation vor dem Auslandssemester. Ich habe außerdem einen Schwedischkurs für Anfänger belegt, der meiner Meinung nach sehr hilfreich war. Im Nachhinein habe ich allerdings festgestellt, dass es doch nützlicher gewesen wäre, auch ein wenig Finnisch zu lernen. Die Stadt Åbo/Turku ist zwar offiziell zweisprachig, im Alltag wird Schwedisch aber nur von wenigen Leuten genutzt.
Wohn- und Lebenssituation
Um eine Unterkunft zu finden, habe ich mich (wie die allermeisten anderen Austauschstudenten auch) im Vorfeld bei der entsprechenden Organisation beworben. Es ist aufgrund der generell hohen Nachfrage empfehlenswert, das so früh wie möglich zu tun. Letztendlich hatte ich mein eigenes Zimmer inklusive Bad und Kühlschrank und eine Küche, die von den 12 Studenten eines Flurs gemeinsam genutzt wurde. In anderen Wohnheimen gab es auch die Möglichkeit, in einer WG zu leben. Auf öffentliche Verkehrsmittel ist man hier nicht so sehr angewiesen, da Turku nicht ganz so groß ist und man von der Unterkunft zum Campus und ins Stadtzentrum gut zu Fuß kommt. Dennoch gibt es ein sehr gut ausgebautes und zuverlässiges öffentliches Nahverkehrssystem: Die Föli-Busse, beziehungsweise in den wärmeren Jahreszeiten auch die Föli-Fahrräder. Diese können mit dem Studententarif zu annehmbaren Preisen genutzt werden. Generell ist Finnland aber eher teuer, vor allem was die Lebensmittel angeht. Da kommt einem das Mensaessen für 2,95€ pro Mahlzeit sehr zugute. Freizeit und soziale Aktivitäten neben der Uni sind für die Finnen sehr wichtig. In diesem Punkt war für uns Austauschstudenten das „Erasmus Student Network“ hilfreich, das vor allem zu Beginn des Semesters, aber auch während unseres gesamten Aufenthaltes unterschiedliche Aktivitäten und Events organisiert hat: Willkommens-und Abschiedspartys, Picknick und Rallyes durch die Stadt, Tagesausflüge in Nationalparks, … Vor allem die organisierten Touren, zum Beispiel nach Lappland oder ins Baltikum, waren eine gute Gelegenheit, mehr von Finnland und der Umgebung zu erkunden. Ansonsten gibt es natürlich auch die Möglichkeit, über die Uni Sportkurse zu belegen oder einem Orchester, einer Band oder einem Chor beizutreten.
Studienfach: Patholinguistik
Aufenthaltsdauer: 01/2023 - 05/2023
Gastuniversität: Åbo Akademi
Gastland: Finnland
Rückblick
Alles in allem ist ein Auslandssemester über das Erasmus+ Programm eine wertvolle und nützliche Erfahrung, die ich jedem empfehlen würde. Neben der Möglichkeit, eine andere Uni und andere Studieninhalte und Lehrmethoden kennenzulernen, trifft man auch Leute aus vielen unterschiedlichen Ländern und kann dadurch seine sprachlichen und kulturellen Kompetenzen erweitern. Abhängig von der individuellen Persönlichkeit kann es natürlich auch etwas Überwindung kosten, diesen Schritt zu gehen und vor allem in den ersten Tagen und Wochen ist man teilweise etwas überfordert mit den vielen neuen Eindrücken. Man ist damit aber nie allein und kann sich sicher sein, dass es den anderen Austauschstudenten um einen herum genauso geht.