Vorbereitung des Auslandsaufenthaltes
Ein Höhepunkt meines Bachelorstudiums der Inklusionspädagogik sollte ein Auslandsaufenthalt an einer europäischen Hochschule sein. Hierfür bot sich das Erasmus+ Programm der Europäischen Union für mich als perfekte Gelegenheit an, die ich auf jeden Fall nutzen wollte. Erste Informationen bekam ich während der International Week des International Office. Genauere Informationen habe ich mir dann später noch einmal während eines persönlichen Gesprächs mit einer Mitarbeiterin des International Office eingeholt, welche Möglichkeiten es für mich gäbe, im Ausland zu studieren. Die Wahl fiel schlussendlich auf Dänemark bzw. genauer gesagt auf Kopenhagen. Zum Einen war mir Kopenhagen noch aus einem Urlaub in guter Erinnerung und ich fand die Stadt und ihre Menschen schon damals sehr sympathisch. Zum Anderen wollte ich gerne einen tieferen Einblick in das Bildungssystem eines skandinavischen Landes bekommen und mir selbst ein Bild davon machen, ob es seinem fortschrittlichen Ruf entspricht.
Die Professionshøjskole København bot in meinem Erasmussemester ein für mich sehr interessantes Kursangebot an. Besonders die Kurse „Deutsch als Fremdsprache: Interkulturelle Kommunikation“ und „Musical expression in Teaching and Learning“ hörten sich sehr spannend für mich an. Ersteres, weil Deutsch eines meiner Studienfächer ist und ich mir dadurch erhoffte, eine neue Perspektive auf dieses Fach zu erhalten. Letzteres, da ich ein sehr musikaffiner Mensch bin und ich gerne einmal die Chance nutzen wollte, das Studienfach Musik zu studieren, um das Studium gleichzeitig mit meiner Leidenschaft zu verbinden. Nachdem ich die Zusage der Universität Potsdam für ein Erasmusstipendium erhielt, folgte als nächster Schritt das Einreichen einiger Bewerbungsunterlagen in Kopenhagen. Dazu gehörten ein Bewerbungsformular, ein Motivationsschreiben sowie ein „Transcript of Records“ bisher erbrachter Leistungen an der Universität Potsdam. Anschließend erhielt ich einen„Letter of Acceptance“, der bestätigte, dass ich für das Semester in Dänemark angenommen wurde.
Studium an der Gastuniversität
Das Studiensystem an der Professionshøjskole in Kopenhagen unterscheidet sich zu dem an der Universität Potsdam erheblich. So belegt man an der Hochschule in Kopenhagen regulär nur drei Kurse pro Semester, die jeweils 10 ECTS erbringen. Die Kurse sind mit einem Seminar der Universität Potsdam vergleichbar, nur dass die Dauer nicht 90 Minuten beträgt, sondern in der Regel zwischen drei und vier Stunden. Vorlesungen gibt es so gut wie gar keine und der Fokus liegt eindeutig auf gruppenarbeitsbasierten Methoden. Es ist durchaus vorgekommen, dass ich mich in einer Woche mehrmals mit verschiedenen Gruppen aus unterschiedlichen Kursen für eine Projektarbeit getroffen habe. Dies stellt jedoch an der Professionshøjskole in Kopenhagen kein Problem dar, da die Uni immer für die Studierenden zugänglich ist. Diesen Zugang erhält jeder Studierende mithilfe des Studierendenausweises, mit dem man theoretischerweise 24 Stunden am Tag die Hochschule betreten kann. Ab einer gewissen Uhrzeit sind allerdings Security-Mitarbeitende vor Ort, denen man über seine Anwesenheit berichten sollte, wenn sich eine Gruppenarbeit verlängert. Als Musikstudent hatte ich sogar Zugang zu allen Musikräumen, sodass ich jederzeit an den Instrumenten üben konnte. Das war großartig! Der Campus der Universität ist sehr hell und modern. Es gibt genug Arbeitsplätze und Sitzgelegenheiten, um sich mit einer Gruppe zu treffen. Wenn man allerdings individuell an einer Seminararbeit schreiben möchte, empfehle ich auf jeden Fall Kopfhörer mitzunehmen, da die Grundlautstärke selbst in der Bibliothek auch mal etwas lauter sein kann. Die Ausstattung, besonders in den Musikräumen, hat mich sehr beeindruckt. Es gibt eine Vielzahl von Instrumenten, die für die Studierenden jederzeit frei zugänglich sind. Außerdem gibt es für Lehramtsstudierende sowie für Austauschstudierende eigene Bereiche auf dem Campus, die gerne als Treffpunkt genutzt werden. Generell ist die Atmosphäre an der Hochschule sehr freundlich, vertrauensvoll und kreativ. Auch der Kontakt zu den Lehrenden der Hochschule spiegelte flache Hierarchien wider. Der Fokus lag häufig auf kreativen, spielerischen Ansätzen und eigenverantwortlichen Lernprozessen und wurde als weniger lehrerzentriert und autoritär zu den in Deutschland gemachten Erfahrungen empfunden. So gab es z. B. anstelle von zensierten Klausuren Lernentwicklungsberichte, die die Studierenden am Ende des Semesters selbst formulieren mussten.
Kontakt zu einheimischen und internationalen Studierenden
Da eine Vielzahl von Kursen extra für Austauschstudierende angeboten werden, kann es sich ehrlich gesagt als äußerst schwierig erweisen, Kontakt zu den einheimischen Studierenden zu bekommen. Ich hatte allerdings in zwei von drei Kursen das Glück, dass ich mit einheimischen Studierenden der Hochschule zusammen studieren konnte. Besonders in dem Deutschkurs hatte ich sehr viel Kontakt zu dänischen Studierenden. In diesem Kurs waren ungefähr 20 dänische und 5 Erasmusstudierende. Da wir fünf Erasmusstudierenden alle aus deutschsprachigen Ländern kamen, waren wir natürlich als Native Speaker sehr gefragt und es hat die Hürde einer Kontaktaufnahme deutlich reduziert. Im Musikkurs hatten wir auch einmal mit dänischen Studierenden zusammen einen Workshop. Ich empfehle, unbedingt an dem Chor der Lehramtsstudierdenden teilzunehmen, wenn man gerne musiziert. Hierbei konnte ich recht schnell Kontakt zu einheimischen Studierenden knüpfen. Und die Konzerte an den unterschiedlichsten Orten (Kirchen, Konzertsäle, Preisverleihungen), waren unter anderem ein persönliches Highlight meines Aufenthaltes in Kopenhagen.
Sprachkompetenz vor und nach dem Auslandsaufenthalt
Im Hinblick auf meine sprachlichen Kenntnisse kann ich sagen, dass sich meine Englischkenntnisse auf jeden Fall verbessert haben. Dadurch, dass ich praktisch täglich Englisch sprechen musste, verbesserten sich meine Sprachkenntnisse zwangsläufig von alleine. Anfängliche Zweifel, ob ich alles verstehen würde und ich mich verständlich genug ausdrücken kann, haben sich schnell gelegt. Ich habe gemerkt, dass man recht schnell hineinfindet, in einer anderen Sprache zu studieren. Außerdem gab es die Chance, an einem Sprachkurs für Dänisch teilzunehmen. Weil ich gerne mehr über die Sprache und das Land erfahren wollte, in dem ich zu diesem Zeitpunkt studierte, habe ich dieses Angebot ebenfalls genutzt. Während des Sprachkurses erwirbt man erste Grundkenntnisse und schließt diesen mit einer mündlichen Prüfung ab, bei dem man ein Zertifikat für das Sprachniveau A1 nach europäischen Referenzrahmen erhält. Wie oft ich die dänische Sprache in meinem Leben noch gebrauchen kann, ist eine andere Frage. Eine Menge Spaß hatte ich aber auf jeden Fall!
Wohn- und Lebenssituation
Bezüglich der Wohnsituation kann ich sagen, dass ich auch hier das Gefühl hatte, relativ viel Glück gehabt zu haben. Die Professionshøjskole in Kopenhagen bietet auf ihrer Website ein Housing-Service an, auf den man sich nach erfolgreicher Annahme als Erasmusstudierender bis zu einer bestimmten Frist bewerben kann. Dann erhält man ein Angebot der Uni und kann dieses annehmen oder ablehnen. Im Falle einer Ablehnung erhält man allerdings kein erneutes Angebot. Ich empfehle also das Angebot der Uni auf jeden Fall anzunehmen. Denn die Wohnungssituation in Kopenhagen ist sehr angespannt und bezahlbarer Wohnraum ist eher schwer zu finden. So auch in meinem Fall: Ich habe ein Angebot der Uni bekommen und dieses angenommen. Es handelte sich um eine sehr ordentliche Unterkunft in einem Studentenwohnheim (Håndværkerkollegiet) in Emdrup, welches in unmittelbarer Nähe zu einer S-tog Station lag und ungefähr 25 Minuten mit dem Fahrrad vom Campus entfernt war. Ich war also sehr gut angebunden. Zu dem Thema Fahrrad kann ich noch sagen, dass Kopenhagen die Stadt der Fahrräder ist. Es ist meine absolute Empfehlung, sich ein Fahrrad in Kopenhagen zu mieten. Es gibt überall Fahrradwege und man ist sehr schnell überall in Kopenhagen. Und da es kein Semesterticket in Dänemark gibt, ist es zudem auch noch preiswerter, mit dem Fahrrad zu fahren.
Studienfach: Inklusionspädagogik (B.Ed.)
Aufenthalsdauer: 08/2022 - 12/2022
Gastuniversität: University College Copenhagen (UCC)
Gastland:Dänemark
Rückblick
Abschließend möchte ich sagen, dass ich ein Erasmussemster in Kopenhagen und vor allem an dem University College Copenhagen (UCC) / der Københavns Professionshøjskoleunbedingt sehr empfehlen kann. Die Kombination dieser sympathischen Stadt am Meer und einer sehr fortschrittlichen und zukunftsorientierten Universität haben mich wirklich begeistert und mir unglaublich viele schöne Erinnerungen geschenkt. Und noch einmal der Tipp am Ende: Unbedingt ein Fahrrad mieten!
Nützliche Links:
Housing der KP:
https://www.kp.dk/en/how-to-apply/housing-for-exchange-students/
Fahrradvermietung: