Vorbereitung des Auslandsaufenthaltes
Ein Erasmus-Semester war schon von Anfang an als fester Bestandteil in mein Studium eingeplant. Unabhängig davon kann man aber den Angeboten und Hinweisen auf ein solches Semester schwer aus dem Weg gehen. Das International Office der Universität Potsdam macht dahingehend großartige Arbeit mit Informationsveranstaltungen, Flyern und auch einer übersichtlichen Webpage. Dementsprechend sind Informationen leicht zu finden und zugängig. Das ist ein kleiner, aber feiner Vorgeschmack auf den späteren Verlauf: Die Bewerbung und damit alle verbundenen Notwendigkeiten in Potsdam und Aarhus werden wie ein leichtes abzuarbeiten sein. Auch wenn sich meine erste Kontaktaufnahme mit der Aarhus Universitet etwas komplizierter dargestellt hat (aus dem einfachen Grund, dass es technische Komplikationen gab). Soll passieren. Beide Universitäten waren aber eine super Kontakt- und Anlaufstelle gewisse Schwierigkeiten zu beheben und in der Hinsicht eine große hilfsbereite Stütze.
Ein Nachteil war: Ich konnte mir keine Credits anrechnen lassen. Der daraus resultierende Vorteil: weniger Bürokratie. Die Unterlagen, die ich einreichen musste, werden größtenteils durch das International Office der Universität Potsdam abgedeckt. Alles weitere bekommt man mit einem Link aus Aarhus zugesendet, in dem alle weiteren Schritte präzise erklärt werden und man dem Ablauf einfach folgen kann. Es sind zahlreiche Verlinkungen zu allen möglichen Themen vorhanden und auch bei Nachfragen steht das International Office von beiden Universitäten parat.
Lediglich gewisse Fristen sollte man selbst im Hinterkopf behalten oder sich am besten in den Kalender eintragen.
Studium an der Gastuniversität
Dänemark bietet sich hervorragend als Option für ein Auslandssemester an.
Die Art und Weise wie Studieren in all seinen Facetten organisiert und strukturiert wird, ist einfach großartig. Studieren kann Spaß machen! Die Dänen sind sich bewusst wie wichtig Bildung und Wissenserwerb ist, aber eben auch wie alternative Lernmethoden und -konzepte erfolgreich dazu beitragen können.
Mir war es leider nicht möglich meine Module anrechnen zu lassen. Generell fiel das Angebot der möglichen Kurse sehr klein aus. Letztendlich wählte ich drei reine Psychologie-Seminare. Diese fanden alle in der gleichen Konstellation von International-Studierenden statt. Pro Kurs waren noch 2-3 dänischer Studierende. Aufgrund dieser eher exklusiven Aufteilung fand natürlich kein repräsentativer Einblick in die dänischen Kurse statt und wie deren Lernprinzip ansonsten organisiert und strukturiert ist, da dort vieles in Lerngruppen stattfindet. Die Einheiten waren sehr interaktiv gestaltet. Man musste regelmäßig Präsentationen halten, was eine gute Übung für die Abschlusspräsentation war.
Das Studienklima an der Universität könnte nicht anregender sein. Alles ist sehr informell und studentisch. Es summt und surrt an allen Ecken und doch immer in entschleunigter Harmonie. Es ist eine tolle Atmosphäre, in die man da reingeworfen wird. Leicht stimulierend, aber ohne den unterschwelligen Druck, Stress und vor allem Konkurrenz.
Alle sind sehr hilfsbereit und man darf sich nicht von der teilweise vorhandenen dänischen Reserviertheit einschüchtern lassen. Bei Fragen stehen alle immer gerne zur Verfügung und helfen mit Tipps und Tricks in jeglichen Angelegenheiten.
Besonders toll war die Bibliothek – der Inbegriff der eben beschriebenen Studienkultur. Es gibt mehrere Gruppenbereiche, einen großen Grünbereich mit Wasserquelle, um die sich organisch Holzbänke zieren. Alles ist schlicht und minimalistisch gehalten, aber in einem klassisch dänischen Stil, der allem eine angenehme Atmosphäre verleiht. Hinzu kommen eine Tischtennisplatte und Boxsack, als auch mehrere Massagesessel und Ruhezonen. Hier werden also all die Bestandteile versucht fest zu integrieren und auch auszubalancieren.
Das trifft ebenso auf deren Mensa zu. Es gibt ein Buffet voller frischer Salate und meist einer warmen Speise. Die Auswahl ist riesig und kann mit zahlreichen Toppings verschönert werden. Mit solch einer Nährstoffzufuhr lässt sich der Bib-Tag auf jeden Fall leichter durchziehen.
Kontakt zu einheimischen und internationalen Studierenden
Wie eventuell schon deutlich wurde, ist die Universität, als auch Aarhus sehr lebendig.
Dennoch hat sich der Kontakt zu Einheimischen eher schwierig dargestellt. Das liegt zum einen daran, dass der persönliche Raum sehr groß geschrieben wird und auch eher gesellschaftliche Zurückhaltung gilt. Zum anderen an der Tatsache, dass der Großteil der Univeranstaltungen mit anderen Internationals stattfand. Da hier der Fokus aber viel auf Gruppenarbeit liegt, kommt man recht leicht ins Gespräch mit Anderen. Die Uni veranstaltet vor Start der Kurse auch eine große Kennlernwoche, die mir geholfen hat bereits ein paar Kontakte zu knüpfen. Mit ein wenig Offenheit und Geduld findet man aber guten Anschluss, es gibt viele Veranstaltungen über das Studenterhus, als auch beispielsweise einen Lauftreff, der sehr gut „durchmischt“ war.
Sprachkompetenz vor und nach dem Auslandsaufenthalt
Dänemark hat den Ruf einen exzellentem Englisch-Sprachgebrauch zu haben. Das war auch im Rahmen der Unikurse definitiv gegeben. Auch die Einheimischen sprechen ein unfassbar gutes Englisch und man kann sich mit jedem problemlos unterhalten. Dennoch muss man sagen, dass in Dänemark ein großer Kreis an deutschsprachigen Studiereden war. Ich musste größtenteils feststellen, dass meine Hoffnung vermehrt Englisch zu sprechen und dieses zu verbessern, nur bedingt gegeben war.
Das ist sicherlich aber auch sehr personen- und situationsabhängig.
Meine anfängliche Motivation Dänisch zu lernen, hat sich schnell verflüchtigt aus dem einfachen Grund, dass man es wenig braucht. Wirklich alle können in einem hohen Level auf Englisch kommunizieren. Hinzu kommt der Fakt, dass wenn man nicht längerfristig in Dänemark leben oder arbeiten mag, es eine Sprache ist, die wenig Anwendung findet.
Wohn- und Lebenssituation
Aarhus ist eine im Vergleich eher teure Stadt. Dementsprechend schwierig stellt sich auch die Zimmersuche dar. Die Zimmervermittlung über die Universität ist nicht wirklich verlässlich und selbst bei Zuteilung eines Zimmer ist es ein reines Glücksspiel in welcher Lage dieses liegt. Diesem Stress wollte ich aus dem Weg gehen. Zumal eine Zuteilung erst recht kurzfristig erfolgt und in meine damalige Klausurenphase gefallen wäre. Aufgrund dessen habe ich mich nach Alternativen umgeschaut. Es gibt wohl auch Angebote auf Facebook, wo einige Leute tolle Zimmer in zentrumsnähe gefunden haben. Ich bin auf ein privates Studierendenhaus gestoßen namens Basecamp. Das ist im Vergleich zwar deutlich teurer, aber man hat gute Chancen auf einen Platz. Die Unterkunft ist sehr modern und hat eine gute Lage (5min zur Uni), es ist alles vorhanden was man braucht, aber für viele Dinge fällt immer nochmal ein Aufpreis an. Daher würde ich es schon als eine kleine „Abzocke“ beschreiben, vor allem weil die Qualität des Interieurs eher billig war. Ich habe mich nicht 100% wohlgefühlt, aber es als sehr angenehm empfunden ein eigenes Zimmer mit kleiner Küche und Bad zu haben. Da kommt es ganz auf die eigenen Präferenzen an. Für die Zeit war es dennoch total vorteilhaft, aufgrund der hohen Dichte an Internationals und der eigenen Haus-Community, als auch der Nähe zur Uni.
In Aarhus fahren überwiegend Busse, am meisten jedoch Fahrräder. Ich habe mir einfachheitshalber ein Swapfiets-Abo geholt. Das ist simpel, unkompliziert und für die kurze Zeit empfehlenswert. Aber ähnlich wie die Unterkunft ein wenig zu teuer. Die Räder sind zudem schwer, was im hügeligen Aarhus schon eine kleine extra Herausforderung ist. Je nachdem wie sehr man an Radfahren gewöhnt ist, ist es nicht das beste Fahrgefühl. Optional bieten sie aber auch E-Räder an und es gibt auch gute Secondhand-Räder, die teilweise günstiger sind.
Dänemark ist ansonsten sehr effizient und modern. Man braucht für normale Geschäfte, Cafés, Bars etc. kein Bargeld. Für Flohmärkte kann es ganz hilfreich sein, da es kein PayPal gibt. Ansonsten ergibt es Sinn Revolut zu nutzen. In meinem Fall habe ich mir noch eine Kreditkarte zugelegt.
Mit der offiziellen Anmeldung im Bürgeramt und der einem zugewiesenen CPR-Nummer bekommt man auch automatisch einen Hausarzt zugeteilt. Ich habe das Gesundheitssystem als sehr gut laufend wahrgenommen, musste aber keine Leistungen in Anspruch nehmen.
Die Lebenshaltungskosten sind schon deutlich teurer, aber auch hier kommt es sehr auf individuelle Bedürfnisse an. Der Einkauf kostet beispielsweise nicht so auffällig mehr, aber auszugehen und immer mal einen Kaffee oder all das leckere Gebäck zu essen, kann sich schon schnell aufsummieren. Vor allem, weil sich Arhus perfekt anbietet an all die tolle Ecken zu schlendern. Es gibt Cafés an Cafés, viele Strickläden, das MEEEER, man hat viele tolle Grünflächen und Wälder, Museen - erkundet einfach selbst. Die Stadt ist sehr übersichtlich und hat die perfekte Größte, um allen Vorlieben nachzukommen. Dabei scheint alles unterschwellig geregelt und kontrolliert zu sein, aber es ist einfach eine harmonische Leichtigkeit, die überall mitschwingt.
Studienfach: Psychologie
Aufenthalsdauer: 08/2024 - 01/2025
Gastuniversität: Aarhus University
Gastland:Dänemark
Rückblick
Alles in allem ist man in Dänemark mit wenig Negativen konfrontiert.
Mein Aufenthalt war demnach überwiegend von positiven Eindrücken und Erfahrungen geprägt.
Ich hatte Aarhus explizit wegen seiner akademischen Vorzüge gewählt. Letztendlich war es gut zu sehen, dass auch dort vieles in der Theorie gut und innovativ klingt, aber die Umsetzung wie so oft nicht ganz dem Ideal entspricht. Sicherlich war meine Zeit aber auch aufgrund der internationalen Klassen nicht ganz repräsentativ. Dennoch habe ich – ganz klassisch – persönlich viel dazu-, neu- und umgelernt. Es war eine Zeit, die mir sehr geholfen hat, eine gewisse Ruhe und Zufriedenheit in mir zu finden. Das Semester dient hoffentlich als gutes Polster für die verbleibenden Studienjahre.