Vorbereitung des Auslandsaufenthaltes
Ich habe mein Auslandssemester von März bis August 2022 in Costa Rica an der Universidad de Costa Rica (UCR) verbracht und dort Politikwissenschaften und Wirtschaft studiert. Die Zeit war für mich sehr schön und ich habe das Land mit seiner beeindruckenden Natur und den tollen Menschen recht gut kennenlernen können.Ich habe direkt im ersten Semester damit angefangen, mich mit einem Auslandsaufenthalt zu beschäftigen, da ich von Anfang an wusste, dass ich innerhalb meines Bachelor-Studiums ein Auslandssemester machen wollte. Meine Wahl ist auf Costa Rica gefallen, da es eine Partnerschaft von der Uni Potsdam mit der UCR gibt und ich sehr fasziniert war von den politischen Entscheidungen, die das Land in seiner Vergangenheit getroffen hat. Die Bewerbung an der Uni Potsdam für das Studium an der Uni in Costa Rica lief sehr einfach ab, die Bewerbungsformulare sind übersichtlich und einfach zu verstehen. Außerdem steht einem das International Office bei jeder Frage zur Seite. Nach der Bestätigung, dass ich für das Auslandssemester sowohl von der Uni Potsdam als auch von der UCR angenommen wurde, habe ich mein Visum für Costa Rica schon von Deutschland aus vorbereitet.
Ein Studierendenvisum ist für alle internationalen Studierenden an der UCR Pflicht und mit viel bürokratischem Aufwand verbunden. Angefangen von dem vorläufigen Visum, das in Deutschland beantragt werden muss, bis zu den Terminen mit Notar*innen, Anwält*innen und Finanzberatenden in Costa Rica. Es ist ein recht mühsamer Prozess, der auch durchaus kostenintensiv ist (ich habe am Ende ca. 500€ für alle anfallenden Kosten ausgegeben), man wird aber bei allen Schritten vom dortigen International Office unterstützt und kann sich mit Fragen immer dorthin wenden.
Studium an der Gastuniversität
Die Universidad de Costa Rica ist die größte Uni in Costa Rica und hat drei Campi im Zentrum San Josés, von denen einer einen eigenen kleinen Dschungel hat. Die Standorte nicht so super nah beieinander, aber um von einem zum anderen Campus zu kommen, gibt es einen internen Bus, den man als Studi gratis nutzen kann. Die Kurse sind deutlich länger als in Deutschland, nämlich 180 Minuten. Das ist durchaus anstrengend, die meisten meiner Dozierenden haben aber nicht die 180 Minuten ausgenutzt bzw. zwischendurch Pausen gemacht. Die Evaluierung erfolgt kontinuierlich, bedeutet keine Klausurenphase am Ende des Semesters, dafür aber wöchentliche Abgaben oder Vorträge. Die Menge an Literatur, die ich für meine Kurse lesen musste war sehr beeindruckend groß, mit der Zeit habe ich mich aber gut daran gewöhnt, auch lange Texte auf Spanisch zu lesen. Im sozialwissenschaftlichen Bereich sind Klausuren insgesamt nicht sehr üblich, vielmehr werden Hausarbeiten das ganze Semester über geschrieben, teilweise auch in Gruppen. Der Unterricht ist deutlich schulischer als in Deutschland, vielleicht am ehesten vergleichbar mit Seminaren, in denen viel diskutiert wird. Gruppenarbeiten sind an der Tagesordnung und eine gute Möglichkeit, mit Ticos und Ticas (so nennen sich die Costaricaner*innen selber) in Kontakt zu kommen.
Sprachkompetenz vor und nach dem Auslandsaufenthalt
So wie in allen Lateinamerikanischen Ländern gibt es auch in Costa Rica einen eigenen Akzent, der Wörter beinhaltet, die in anderen spanischsprachigen Gegenden nicht bekannt sind. Das war am Anfang etwas gewöhnungsbedürftig, aber ich habe mich schnell daran gewöhnt und diese costa-ricanischen Wörter auch in meinen Wortschatz aufgenommen. Außerdem ist eine Besonderheit des Costa-ricanischen, dass das r bei einigen Worten nicht gerollt wird, sondern ein bisschen US-amerikanisch anwirkend ausgesprochen wird.
Wohn- und Lebenssituation
Ich habe mich dagegen entschieden, eine WG von Deutschland aus zu finden, sondern dafür, die erste Woche meines Aufenthalts in einem Hostel zu verbringen und mich von dort aus auf Wohnungssuche zu begeben. Es gibt viele Facebook-Gruppen, die Wohnungen in der Nähe der Universitäten vermieten, teilweise auch möbliert oder als WGs (z.B. Alojamientos cerca de la UCR). Ansonsten gibt es einige internationale Studierendenhäuser, in die man ebenfalls einziehen kann. Als wohl bekannteste Beispiele sind dafür Casa Banana, Casa Stolas und Campus Costa Rica zu nennen. Die Preise der Unterkünfte variieren stark. Von 250$ bis 600$ im Monat ist alles dabei. Ich habe mich allerdings gegen alle die vorher genannten entschieden und habe ein Zimmer bei Urban Colife für 390$ im Monat gemietet. Die Unterkunft war schön, hat einen eigenen Garten und ist sehr sauber, meine Mitbewohnis und ich hatten allerdings mehrfach Probleme mit der Vermieterin (Kameraüberwachung in den Gemeinschaftsräumen und nur zwei mal im Monat waschen können, es sei denn man zahlt mehr,...).Die Lebensmittelpreise in Costa Rica sind vor allem im Supermarkt sehr hoch. Besonders Milchprodukte und Hygieneartikel sind teuer. Um wirklich frisches Gemüse zu einem guten Preis zu bekommen, sind wir deshalb immer Sonntags auf die Féria del Agricultor in Zapote gegangen. Das waren etwa 15 Minuten zu Fuß, die wir mit einem großen Rucksack bepackt gegangen sind, damit wir nicht immer die dort angebotenen Plastiktüten verwenden mussten. Die Preise von Gemüse sind dort wirklich sehr günstig, so haben wir häufig drei Kilo Mangos für 1000 Colones, also umgerechnet ungefähr 1,60€ bekommen, aber auch anderes Gemüse gibt es en mas und zu wirklich guten Preisen. Essen gegangen in Restaurants bin ich in Costa Rica nicht sehr häufig, die Preise sind aber vergleichbar mit Deutschland und wenn man wirklich günstige und landestypische Küche genießen möchte, sollte man in ein Soda gehen, ein meist kleines Lokal, das nur costa-ricanische Küche anbietet. Als Alternative kann man aber auch sehr entspannt Essen bestellen bei z.B. Uber eats oder DiDi. Vegetarische Ernährung war für mich keine große Herausforderung in Costa Rica. Bei den meisten Restaurants gibt es vegetarische Alternativen schon im Menu, oder man fragt danach. Vegan ist leider ein bisschen schwieriger, es gibt zwar vegane Restaurants in San José, besonders um die Universität herum, das Essen ist dann aber auch relativ teuer. Beim alleine kochen ist das natürlich weniger kompliziert, allerdings ist das Angebot an veganen Fleischalternativen recht überschaubar (wir haben nur Sachen im Automercado gefunden) und auch teuer. Ich habe mich in Costa Rica immer recht sicher gefühlt, habe mich aber meistens auch in Gruppen und mit Einheimischen bewegt. Grundsätzlich würde ich zu Fuß laufen (vor allem alleine) ab Einbruch der Dunkelheit meiden. Mir ist nie etwas passiert, wenn ich abends von der Uni nach Hause gelaufen bin, ich habe aber von meinem costa-ricanischen Mitbewohner gesagt bekommen, dass gerade die Region um die Uni im Dunkeln nicht ungefährlich ist und häufiger Studierende wegen ihrer Laptops überfallen werden. Ansonsten ist das sicherste Fortbewegungsmittel abends sicherlich einfach ein Uber zu nehmen. Das ist in Costa Rica sehr sehr günstig (zwischen 2€ und 4€ für Strecken bis 15 Minuten) und wird insgesamt viel genutzt. Tagsüber kann man sonst auch gut die Busse nehmen, die etwas gewöhnungsbedürftig sind, wenn man einen geregelten Fahrplan gewöhnt ist, aber recht schnell und günstig. Eine Fahrt kostet zwischen 300 und 700 Colones, also nicht mal einem Euro und die Busfahrer*innen sind meist sehr nett und sammeln einen auch zwischen Haltestellen ein. Der Preis und die Richtung stehen immer vorne an dem Bus dran und es gibt wenige Busse, die sich zwischen den äußeren Bezirken bewegen, vielmehr muss man meistens mit einem Bus ins Stadtzentrum fahren und dann mit einem anderen Bus von dort aus wieder zentrumsauswärts fahren. In den Stoßzeiten ist es auf den Straßen San Josés meist sehr voll und es staut sich stark, dementsprechend ist dann mit längeren Wartezeiten zu rechnen. Ich habe während meines Auslandssemesters dank vieler Online-Kurse die Möglichkeit gehabt, relativ viel vom Land kennenzulernen und kann es auf jeden Fall empfehlen, sich möglichst viel anzuschauen. Es ist unglaublich, welche Artenvielfalt und auch unterschiedliche Vegetationen es gibt. Mein persönlicher Favorit ist der Süden der Karibikküste, bei Puerto Viejo. Ich habe mich jedes Mal so gefühlt, als wäre ich in einem Film, so traumhaft schön ist es dort (außerdem gibt es dort mein liebstes costa-ricanisches Essen: Rice and Beans). Zusammen mit meinen Mitbewohnis war ich auch in den beiden Nachbarländern Costa Ricas, Panama und Nicaragua, beide sind auf jeden Fall einen Besuch wert und ich hätte sie gerne noch näher kennengelernt. Die Fortbewegung während des Reisens ist auch ohne Auto sehr einfach. Zu allen größeren Touristenorten gibt es regelmäßig Busse, die nicht viel Geld kosten und meist auch recht komfortabel sind. Die Kosten für Hostels oder Airbnb sind auch bezahlbar, vergleichbar mit Reisen in Deutschland, vielleicht sogar etwas billiger (wir haben meistens so um die 12$ pro Nacht gezahlt). Und dank des Studierendenvisums sind auch die Eintritte in die Nationalparks nicht teuer. Costa Rica hat einen enorm hohen Anteil an Luftfeuchtigkeit, das ganze Jahr über. In der Regenzeit ist der nochmal um einiges höher, aber es ist immer sehr sehr feucht. Klamotten trocknen teilweise nur sehr langsam oder werden nach dem Trocknen wieder klamm. Leider verschimmelt vieles auch schnell, ich empfehle deshalb, keine Holzzahnbürsten mitzunehmen. Es hilft aber meistens, Sachen in die Sonne zu legen zum Trocknen. Das geht recht schnell und ist praktisch, man muss nur darauf achten, dass es nicht plötzlich anfängt zu regnen. Ansonsten ist das Klima sehr angenehm. Meistens ist es (zumindest in San José) nicht zu heiß und der Regen kühlt ab. Abends kann es aber durchaus auch mal kälter werden. Es gibt sehr viele Sachen, die man in seiner freien Zeit in Costa Rica machen kann. Ich bin viel bouldern gegangen, bei einem Boulder-Gym in der Nähe von San Pedro (pura roca), dem Stadtteil, in dem sich auch die Uni befindet und wo ich gewohnt habe und hab mich dort sehr wohl gefühlt. Ansonsten gibt es aber auch viel anderes Freizeitangebot. Wir waren ab und zu Rollschuhfahren bei einem Salon de Patines, man kann aber auch einige Museen besuchen und es gibt viele Angebote von der Uni, die zu Workshops einlädt und viele Sachen organisiert. Aber so wie in Deutschland hängt man viel auch einfach mit Freund*innen zu Hause oder im Park rum, geht essen oder zusammen feiern.
Studienfach: Politik und Wirtschaft (B. Sc.)
Aufenthaltsdauer: 03/2022 - 08/2022
Gastuniversität: Universidad de Costa Rica
Gastland: Costa Rica
Rückblick
Insgesamt hat mich mein Auslandssemester sehr bereichert und ich kann auf jeden Fall empfehlen, in dieses wunderschöne, kleine Land in Mittelamerika zu reisen!