Vorbereitung des Auslandsaufenthaltes
Da ich gerne in meinem 5. Semester im Ausland studieren wollte, fing ich im 2. Semester damit an, mich über die bestehenden Möglichkeiten auf der Internetseite des International Office zu erkundigen. Darüber hinaus gab es mehrere Veranstaltungen über das Semester verteilt, in welchen Mitarbeitende des International Office über Partneruniversitäten informierten oder Studierende, die schon im Ausland gewesen waren, über ihre Erfahrungen sprachen. Insbesondere der Austausch mit den Studierenden, die schon in San José studiert hatten, half mir damals sehr, meine Entscheidung zu treffen. Als ich mich für die Universität in Costa Rica entschieden hatte, fing ich rechtzeitig mit der Vorbereitung meiner Bewerbung an. Welche Unterlagen hierzu benötigt werden findet man auf der Seite des International Office. Ein paar Wochen später wurde ich zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen, in dem man noch einmal ein bisschen genauer seine Motivation für das Auslandssemester erklären und seine Spanischkenntnisse kurz ein wenig unter Beweis stellen musste. Nachdem ich die Zusage von der Uni Potsdam bekommen hatte, musste man einige Zeit später noch einmal ein paar Bewerbungsunterlagen auf Spanisch an die Uni in Costa Rica schicken. Neben dem Einreichen der ganzen Bewerbungsunterlagen für die Gasthochschule sollte man auf keinen Fall vergessen, genug Zeit für die Bewerbungsunterlagen für das Studierendenvisum in Costa Rica einzuplanen!
Studium an der Gastuniversität
Die verschiedenen Fakultäten und Lehrstühle an der Uni Costa Rica genießen viele Freiheiten bzgl. der Ausgestaltung ihres Systems, der Organisation von LV und Leistungsanforderungen. Da ich nur an der sozialwissenschaftlichen Fakultät am Politikwissenschafts-Lehrstuhl Kurse belegt habe, beziehen sich meine persönlichen Erfahrungen nur auf diesen Lehrstuhl.
Wenn man als Austauschstudierender an der Uni in Costa Rica studieren möchte, ist es obligatorisch, mindestens 12 costa-ricanische Leistungspunkte zu belegen (das sind meistens drei bis vier Kurse). Welche Kurse man belegen kann und wie man sich für diese anmeldet wird einem alles spätestens in der Einführungsveranstaltung in San José erklärt. Hat man danach noch Fragen, kann man sich immer an das International Office, welches sich auf dem Hauptcampus in San José befindet, wenden. Das schöne an der Uni in Costa Rica war, dass ich eine sehr große Auswahl an interessanten Seminaren hatte – viele Kurse haben sich speziell mit Themen, die sich auf Mittel- oder Südamerika, die Karibik oder Costa Rica beziehen, befasst. Solch eine Möglichkeit hätte ich in Deutschland natürlich nicht gehabt.
Die Kurse (die alle auf Spanisch sind) gehen entweder 180min oder 240min, je nachdem wie viele Leistungspunkte man dafür bekommt. Der große Vorteil daran ist, dass die Dozierenden dadurch natürlich viel mehr Zeit haben, unterschiedliche Aktivitäten in ihren Unterricht miteinzubauen – so empfand ich den Unterricht teilweise doch sehr viel interaktiver und abwechslungsreicher als in Deutschland. Ein Highlight war, dass man eigentlich fast in jedem Kurs mindestens einen ein- oder mehrtägigen Forschungsausflug“ (gira de campo) während des Semesters macht, um das Theoretische aus dem Kurs mit der Praxis zu verbinden. So sind wir beispielsweise u.a. in einem Kurs nach Panama-City gefahren, um mehrere Aktivitäten mit der costa-ricanischen Botschaft in Panama zu absolvieren, welche sich mit der Geopolitik des Landes befassten. In einem anderen Kurs haben wir eine Frauenrechtsorganisation in Costa Rica besucht, die für die Rechte von indigenen Frauen kämpfen.
Welche Leistungsanforderungen in einem Kurs gestellt werden, hängt sehr von dem Dozierenden ab. In den vier Kursen, die ich belegt hatte, hatten wir im Durchschnitt ungefähr 10-15 schriftliche Abgaben pro Kurs, was einerseits bedeutet hat, dass ich viel dazugelernt habe und mein Spanisch sehr verbessern konnte, andererseits das ganze Semester über ziemlich viel Stress hatte. Die meisten schriftlichen Abgaben sind in Form von kurzen kritischen Essays oder längeren Hausarbeiten abzugeben, wir mussten jedoch auch des Öfteren Infografiken erstellen oder Präsentationen halten und diese dann nochmal schriftlich ausarbeiten und abgeben. Die Mehrheit der Abgaben sind Gruppenarbeiten, das heißt man schreibt nicht alleine eine Hausarbeit, sondern meistens mit zwei bis vier weitere Personen, die einem zugeteilt werden. In jedem Kurs wird genau wie in Deutschland vorausgesetzt, dass man sich anhand der im Unisystem hochgeladenen Literatur auf das Seminar vorbereitet, in Costa Rica haben jedoch die meisten Dozierenden jede Woche anhand von unangekündigten Kurztests überprüft, ob man die Pflichttexte tatsächlich gelesen hat.
Wenn man irgendwelche Fragen bzgl. der Kurse hatte, konnte man immer mit den Dozierenden nach der Stunde sprechen, in ihre Sprechzeiten gehen oder eine Email an ihre Assistenten und Assistentinnen schreiben. Die meisten Dozierenden hatten zu Beginn des Semesters in ihren Kursen erklärt, Austauschstudierende nicht anders zu bewerten als costa-ricanische Studierende, trotz alldem waren die meisten Lehrpersonen sehr freundlich und entgegenkommend, wenn man Probleme oder Zweifel bzgl. des Kurses hatte.
Ich würde jedem empfehlen, sich zu Anfang für mehr Kurse anzumelden als man eigentlich belegen möchte, um die Einführungsstunden jedes Seminars zu besuchen, in denen Dozierende ein Semesterprogramm austeilen, in dem ganz klar erklärt wird, was die Ziele und Anforderungen (Anzahl und Form schriftlicher Abgaben etc.) jedes Kurses sind. Diese Informationen kann man davor als Austauschstudierender leider nicht sehen, da man nicht im technischen System registriert wird. Danach hat man dann noch ein paar Wochen Zeit, um sich wieder von den Kursen, die man nicht belegen möchte, abzumelden.
Da die sozialwissenschaftliche Fakultät sich auf dem Campus II “Ciudad de Investigación“ befindet, welcher der neuste und modernste Campus von allen drei existierenden in San José ist, gab es eigentlich in jedem Raum und Saal eine sehr gute technische Ausstattung sowie Computerpools, moderne Bibliotheksbereiche und eine sehr, sehr leckere und günstige Mensa.
Kontakte zu einheimischen und internationalen Studierenden
Kontakt zu einheimischen Studierenden zu finden hat sich als sehr einfach erwiesen, da man spätestens durch die schon oben erwähnten Gruppenarbeiten in jedem Kurs in Kontakt mit anderen Studierenden gekommen ist. Außerdem waren die meisten costa-ricanischen Studierenden sehr offen und hilfsbereit. Darüber hinaus werden sehr viele Veranstaltungen durch das Mentoren- und Mentorinnen Programm und durch einzelne Fakultäten während des Semesters organisiert, während derer man immer die Gelegenheit hat neue Leute kennen zu lernen.
Durch die vielen Veranstaltungen insbesondere am Anfang des Semesters, die speziell für die Austauschstudierenden sind, (Einführungsveranstaltungen, internationales Picknick, Sprachtandems, Welcome-Party, Bar-Abende etc.), lernte man auch sehr schnell alle anderen Austauschstudierenden kennen.
Sprachkompetenz vor und nach dem Auslandsaufenthalt
Da ich nach meinem Abitur damals schon ein FSJ in Ecuador gemacht hatte, hatte ich von Anfang an eigentlich keine großen Probleme in den Kursen mitzukommen. Trotz alldem habe ich natürlich deutlich länger gebraucht, um beispielsweise wissenschaftliche Texte zu lesen, als auf Deutsch oder Englisch.
Mehr oder weniger alle Kurse an der Uni in Costa Rica sind komplett auf Spanisch (somit muss man auch alle Leistungen (schriftlich oder mündlich) auf Spanisch erbringen), daher würde ich jedem empfehlen, sein Spanisch vor Beginn der Reise noch einmal etwas aufzubessern.
Wohn- und Lebenssituation
Die Wohnungssuche in Costa Rica gestaltete sich um einiges entspannter und einfacher als in Deutschland, man findet eigentlich relativ schnell ein günstiges und schönes Zimmer in einer WG in der Nähe der Uni!
Da mir einige Studierende, die vor mir in Costa Rica waren, empfohlen hatten, erst in Costa Rica auf Wohnungssuche zu gehen, um Zimmer und Wohnungen besichtigen zu können (da diese auf Fotos doch oft anders aussehen als in der Realität!), habe ich mir für die erste Woche ein Hostel in San José gebucht. Von dort aus habe ich dann angefangen WGs zu suchen und anzuschreiben.
Da es in Costa Rica keine Internetseiten wie „WG gesucht“ etc. gibt, werden komplett alle Angebote bzgl. freien Zimmern in WGs in San José in Facebook-Gruppen inseriert. Hierzu gehören u.a. die Gruppen „Apartamentos cerca d UCR, Latina, Fidelitas.“ und „Apartamentos y Habitaciones San Pedro UCR ULatina Fidelitas”.
Darüber hinaus wird einem per Email vom International Office der UCR zu Anfang des Semesters ein Link zur aktuellen „Estudiantes Internacionales“-Gruppe geschickt, in welcher ich beispielsweise meine WG gefunden habe.
Neben privaten kleineren WGs gibt es natürlich auch die Möglichkeit in so etwas wie „International-Student-Häusern“ zu wohnen, in denen nicht zwingend nur Austauschstudierende wohnen, sondern auch Costa-Ricaner und Costa-Ricanerinnen. Solche Häuser haben auch oftmals Facebook-Seiten, durch die man dann auch schonmal vorab aus Deutschland aus nachfragen kann, ob Zimmer frei wären.
Da das öffentliche Verkehrssystem in San José insbesondere während der Stoßzeiten nicht besonders gut funktioniert, war ich sehr froh in Fußnähe der Uni gewohnt zu haben!
Mit Kreditkarten (ich hatte eine VISA) kann man eigentlich so gut wie an jeder Bank Colones oder auch Dollar abheben. Die meisten costa-ricanischen Banken verlangen jedoch eine Gebühr (drei bis fünf Euro pro Abhebung). Um die monatliche Miete für sein Zimmer auf das costa-ricanische Bankkonto des Vermieters oder der Vermieterin zu überweisen, hebt man immer erst das Geld an einem Automaten ab und zahlt es dann in der Bank am Schalter auf das Konto ein.
Eine internationale Krankenversicherung abgeschlossen zu haben für den Zeitraum, in dem man an der Uni in Costa Rica studiert, ist obligatorisch. Die Uni fordert vor Semesterbeginn den Beleg einer Krankenversicherung.
An Freizeitangeboten mangelt es an der Uni und in San José sicherlich nicht! Neben sehr vielen und preiswerten Unisport-Kursen gibt es auch ein uniinternes Fitness-Studio, ein Schwimmbad, organisierte Wandergruppen, regelmäßige Konzerte, jede Woche kostenloses Kino (sehr empfehlenswert da oftmals costa-ricanische Filme gezeigt werden) und vieles mehr. Ansonsten befinden sich sehr viele Cafés, Bars und Discotheken direkt neben der Uni. Einige Studierende haben auch während des Semesters ihre eigenen Aktivitäten geplant und organisiert, so gab es zum Beispiel zeitweise eine Sprach-Tandem-Gruppe und eine Gruppe, die sich wöchentlich getroffen hat, um sich über feministische Themen auszutauschen. Außerhalb der Uni gab es insbesondere in Vierteln wie dem Barrio Amón oder dem Barrio Escalante oftmals kostenlose Kunstausstellungen, kleine Konzerte, Flohmärkte etc.
Ein großes Highlight für mich waren jedes Wochenende die ferias (Wochenendmärkte) auf welchen man bestens seinen Wocheneinkauf erledigen und sehr schön frühstücken kann!
Studienfach: Politikwissenschaft
Aufenthaltsdauer: 07/2018 - 12/2018
Gastuniversität:Universidad de Costa Rica
Gastland: Costa Rica
Rückblick
Im Großen und Ganzen war mein Auslandssemester an der Uni in Costa Rica eine unglaublich tolle und wichtige Erfahrung. San José ist sicherlich nicht die schönste Stadt Mittelamerikas, aber eine, in der es sich sehr gut aufgrund der vielen Freizeitangebote leben und studieren lässt. Für mich war es eine große Bereicherung, neue tolle Leute, ein ganz anderes Uni- bzw. - Bildungssystem kennen zu lernen und mehr über politische Themen, die sich auf Mittelamerika oder Costa Rica im speziellen beziehen, zu erfahren. Tipps zum Visum: Auf jeden Fall früh genug nachschauen, welche Dokumente, welche Beglaubigungen und welche Apostillen für die Beantragung des vorläufigen Visums in Deutschland gebraucht werden, jedoch auch für die richtige Beantragung in Costa Rica!!!