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Vorbereitung des Auslandsaufenthaltes

Vorbereitung des Auslandsaufenthalts

Im Rahmen meines Masterstudiums habe ich mich bereits früh mit dem Gedanken beschäftigt, im dritten Semester einen Auslandsaufenthalt zu absolvieren. Dementsprechend habe ich bereits im ersten Semester an den Infoveranstaltungen des International Offices teilgenommen und meine Kurse entsprechend geplant. Ich habe den Fokus daraufgelegt, meine Vertiefungen sowie das Pflichtmodul „Advanced Research Methods“ in den ersten beiden Semestern zu bestehen, sodass ich im Auslandssemester noch die Wahlpflichtmodule und ein oder zwei Research Seminare belegen kann. Letztendlich habe ich eines der Research Seminare bereits im zweiten Semester in Potsdam absolviert, sodass insgesamt 24 CP vor Antritt des Auslandssemesters offen waren.

Nun aber zur eigentlichen Vorbereitung: Obwohl es spannende Ziele durch Hochschulkooperationen oder andere Programme außerhalb Europas gab, war für mich klar, dass ich über Erasmus+ ins europäische Ausland gehen möchte. Nachdem ich mich mit den möglichen Zielen sowie den damit verbundenen (Sprach-)Anforderungen und Fakultätskooperationen auseinandergesetzt habe, bin ich auf die Universiteit Gent in Belgien gestoßen. Eine kurze Google-Suche hat den exzellenten international Ruf der Uni sowie die Attraktivität von Gent als Studierendenstadt bestätigt, weshalb das Ziel für mich immer interessanter wurde. Ich habe dann schnell beschlossen, dass Gent mein Erstwunsch in der Bewerbung werden wird.

Der eigentliche Bewerbungsprozess ist sehr gradlinig und gut strukturiert aufgebaut, das Durchlaufen des Prozesses sollte aber, wie vermutlich bereits bekannt, mit genug Vorlauf geplant werden. Zunächst bewirbt man sich mit Motivationsschreiben sowie weiteren persönlichen und akademischen Angaben bei der Uni Potsdam unter Nennung der drei Wunschziele für den Erasmus+-Aufenthalt. Dies habe ich im Dezember erledigt. Die meiste Zeit habe ich in das Motivationsschreiben investiert, und versucht, großen Fokus darauf zu legen, wie ein Aufenthalt in Gent insbesondere meinem akademischen und beruflichen Werdegang helfen würde, aber auch meine Soft Skills verbessern würde. Hervorzuheben sind bereits hier die exzellenten Ressourcen, die die Uni Gent bereitstellt. Ich kann dies nur für die wirtschaftswissenschaftliche Fakultät beurteilen, gehe aber davon aus, dass dies für alle Fakultäten gleichermaßen gilt. Folgende Seite informiert über allgemeine Punkte zur Vorbereitung: https://www.ugent.be/eb/en/exchange-student. Besonders hilfreich ist die Übersicht über alle Kurse, die man im Rahmen des Aufenthalts, ohne weitere Genehmigungen einholen zu müssen, absolvieren kann: https://studiekiezer.ugent.be/2024/exchange-programme-in-economics-and-business-administration/programma. Im Nachhinein kann ich bestätigen, dass die Modulbeschreibungen, die für die englischen Kurse (auf welche ich mich beschränkt habe, da ich kein Niederländisch spreche) als englische PDF abrufbar sind, sehr genau die Anforderungen sowie die Inhalte der Module wiedergeben. Auch die Vorlesungszeiten, welche im Kalender hinterlegt sind, wurden während meines Gastsemesters fast genauso gelegt wie im Jahr zuvor, weswegen ich bereits in der Planung Überschneidungen vermeiden konnte. Diese Ressourcen haben also eine gute Planung bereits in der Bewerbungsphase ermöglicht, und ich habe fast alle Kurse genauso absolviert, wie ich sie im Vorfeld geplant hatte.

Nachdem Ende Februar die Bestätigung und Mitte März die Nominierung durch die Uni Potsdam erfolgte, konnte ich mich im Bewerbungsportal der Uni Gent registrieren. Das Portal heißt OASIS und ist übersichtlich gestaltet. Nicht nur die Bewerbung, sondern auch alles Administrative während des Aufenthalts wird hierüber abgewickelt, das Portal ist also vergleichbar mit PULS der Uni Potsdam. Auch hier muss man Angaben zur eigenen Person, zum Hintergrund sowie zur akademischen Leistung einreichen. Ein weiteres, kurzes Motivationsschreiben ist ebenfalls nötig. Außerdem muss man bereits das unterschriebene (!) Learning Agreement hochladen, welches angibt, welche Kurse man besuchen und anrechnen lassen möchte, weswegen es sich doppelt lohnt, dies bereits im Bewerbungsprozess zu durchdenken. Ein Passfoto braucht man ebenfalls in diesem Schritt.

Auch hier muss ich die Organisation der Uni Gent loben. Nach der Nominierung wurde ich unmittelbar per Mail kontaktiert, und es wurden alle weiteren Schritte übersichtlich aufgeführt, inklusive der Deadlines. Die Bewerbung an der Uni Gent musste bis Mitte Mai abgeschlossen sein, weswegen insbesondere für das Learning Agreement und das Einholen der Unterschriften (sowohl von der Uni Potsdam als auch durch die betreuende Fakultät an der UGent, an der wirtschaftswissenschaftlichen war dies Frau Elke de Vidts) genug Zeit eingeplant werden sollte. Zu beachten ist, dass die UGent eine Mindesterbringung von 24 ECTS und eine Anrechnung dieser voraussetzt. Ich habe die Erfahrung gemacht, und auch von anderen Studierenden bestätigt bekommen, dass es hier selbstverständlich ein wenig Spielraum gibt und persönliche Hintergründe stark einbezogen werden, weswegen man verschiedenste Entwürfe zur Absolvierung von Kursen während des Aufenthaltes jederzeit mit dem International-Team rund um Frau de Vidts unkompliziert besprechen kann. Auch alle weiteren Fragen kann man jederzeit stellen und diese werden schnell geklärt, was den Kontakt im Vorfeld mehr als angenehm gestaltet hat.

Zu erwähnen ist noch, dass bereits ab dem 1. Mai, sprich vor Ende der offiziellen Bewerbungsphase und Zusage durch die UGent, das Bewerbungsportal für das University Housing öffnet. Da der Wohnungsmarkt in Gent sehr angespannt ist (mehr dazu später), würde ich empfehlen, auf jeden Fall eine Bewerbung auf einen Platz in den Wohnheimen einzureichen. Auch wenn die Vergabe offiziell nicht nach First Come, First Serve-Prinzip erfolgt, empfiehlt es sich die Bewerbung schnellstmöglich abzuschicken. Dies geht unkompliziert ebenfalls über OASIS. Ich habe meine Bewerbung am 03.05. abgeschickt und war Platz 106 auf der Warteliste, was den großen Andrang auf die Zimmer unterstreicht. Ich habe letztendlich ein Zimmer auf dem privaten Wohnungsmarkt gefunden, was mit zusätzlichem Aufwand verbunden war.

 Die Zusage seitens der UGent über den Studienplatz erfolgte ebenfalls schnell und unkompliziert per Mail. Somit waren die größten Hürden genommen, und es konnten das Grant Agreement unterschrieben werden sowie die Anreise und der Aufenthalt im Detail geplant werden.


Studienfach: M.Sc. Betriebswirtschaftslehre

Aufenthaltsdauer: 09/2024 - 02/2025

Gastuniversität: Universität Gent

Gastland: Belgien

Studium an der Gastuniversität

Studiensystem & Erfahrungen mit der Uni

Alle beschriebenen Erfahrungen beziehen sich nur auf die von mir belegten Kurse, welche allesamt auf Masterniveau stattfanden und einen Marketing- und Innovationsmanagement-Hintergrund hatten. Diese Erfahrung ist subjektiv und unterscheidet sich nach gewählten Kursen oder Studienfach.

Vorbereitung der Kurse

Wie erwähnt, findet die gesamte Studienverwaltung im OASIS-Portal der Uni statt. Hier sind vor Semesterbeginn alle Kurse hinterlegt, welche man im Learning Agreement angegeben hat. Ebenfalls im Portal findet man seinen persönlichen Kalender, in welchem nach Zusage schon die finalen Vorlesungszeiten hinterlegt sind. Somit kann man direkt prüfen, ob man Überschneidungen bei den Kursen hat, was aufgrund des großen Angebots an Kursen sowie der Tatsache, dass man als Exchange Student Kurse aus den verschiedenen Masterprogrammen wählen kann, nicht unwahrscheinlich ist. Man kann das Curriculum anpassen und muss dieses vier Wochen nach Semesterstart noch durch die Uni bestätigen lassen. Dementsprechend empfiehlt es sich, in den ersten Wochen mehrere Kurse anzuschauen, und dann eine finale Auswahl zu treffen. Bedenken sollte man, dass die Kurse auch im Learning Agreement During Mobility geändert und durch die Modulverantwortlichen sowie die Koordinatoren der Uni Potsdam bestätigt werden müssen, weswegen es sich nun schon dreifach lohnt, die Kurse im Zuge der Bewerbung sorgfältig auszuwählen, um späteren Aufwand zu umgehen. Wie beschrieben, sind die Kursbeschreibungen sowie die Zeiten aus den vorherigen Semestern jederzeit einsehbar und bieten eine hohe Planungssicherheit.

Module & Inhalte

Ich habe insgesamt 4 Kurse in Gent belegt, welche ich mir für 24 ECTS an der Uni Potsdam anrechnen lassen habe. Die Kurse in Gent bestehen zumeist aus dreistündigen Vorlesungen, separate Übungen gab es in meinem Fall nicht. In den Vorlesungen gibt es wenig Interaktion zwischen Dozent:in und Studierenden, was definitiv anders als an deutschen Universitäten ist. Es gibt hin und wieder Partizipation durch Teilnahme an Quizzen via QR-Code, aber dies auch nur vereinzelt. Die Skripte für die Kurse werden digital zur Verfügung gestellt. Dies geschieht auf der Plattform UFORA, welche mit Moodle vergleichbar ist. Hier finden sich alle Lerninhalte, Aufzeichnungen und Announcements. Zusätzlich werden hier Assignments eingereicht und Quizze veröffentlicht, welche ebenfalls prüfungsrelevant sein können. In einem Kurs musste der Foliensatz ausgedruckt für 16€ gekauft werden, dies wurde mit Urheberrechtsschutz begründet. Zusätzlich gab es für jeden Kurs ein begleitendes Buch, an welchem sich die Inhalte direkt orientierten. In zwei Kursen war dies freiwillig und wurde auch nicht benötigt, in den anderen beiden Kursen war das Lesen des Buches verpflichtend. Ob dies zum Bestehen der Klausur nötig ist, sei dahingestellt. Die beiden Bücher haben mich in der digitalen Version zusammen ungefähr 70€ gekostet, was deutlich unter dem Marktpreis liegt, aber dennoch fragwürdig ist, da die Autoren die Professor:innen selbst waren und die Verpflichtung zum Kauf dadurch befangen wirkte. Zusätzlich wurden die Veranstaltungen in zwei Kursen komplett aufgezeichnet. Anwesenheitspflicht gab es nicht, lediglich in einem verpflichtenden Workshop sowie zwei Gastvorträgen. Die Veranstaltungen zu besuchen ist dennoch empfehlenswert, da, das merkt man schnell, belgische Studierende sehr eifrig Notizen schreiben und dies auch empfehlenswert ist, da in den Klausuren Fokus auf spezifische Punkte und Zusammenhänge, die nur mündlich erklärt wurden, gelegt wurde. Es geht also weniger ums Auswendiglernen als um das Verstehen der Inhalte und die logische Verknüpfung und kontextuale Anwendung dieser.

Das Semester beginnt Ende September und der Vorlesungszeitraum geht bis Mitte Dezember. Somit werden die meisten Kurse innerhalb von 10 Wochen abgewickelt. Es gibt allerdings auch Module, die nur in der ersten bzw. zweiten Hälfte des Vorlesungszeitraums gelesen werden, und dann auch zweimal wöchentlich stattfinden können. Dies führt dazu, dass die Prüfungsleistung schon nach fünf Wochen bzw. Anfang Dezember erbracht werden muss und nicht erst im Prüfungszeitraum im Januar.

Anforderungen & Bewertungen

Grundsätzlich ist der geforderte Workload hoch. Die Inhalte sind nicht komplexer als in Deutschland, allerdings ist die Menge an prüfungsrelevantem Stoff, allein durch die Pflichtlektüre, deutlich höher. In einem Kurs musste lediglich die Klausur geschrieben werden, alle anderen erforderten weitere Prüfungsleistungen wie Gruppenpräsentationen, Gruppenhausarbeiten oder individuelle Hausarbeiten, zusätzlich zur Klausur über den Lernstoff. In der Regel muss man alle geforderten Leistungen separat bestehen (Hausarbeiten und Klausur), die Gesamtnote wird dann je nach Gewichtung berechnet.

Die Klausuren werden regulär im Januar geschrieben, bis auf in den vorher beschriebenen, kürzer stattfindenden Modulen. Somit muss man sich auf unentspannte Weihnachtstage einstellen, da die Klausuren auch direkt ab dem 02.01. angesetzt werden können. Der Klausurenplan wird, ähnlich wie in Deutschland, nach ungefähr drei Wochen veröffentlicht. Auch hier kann es zu Überschneidungen kommen. Man hat ein Recht auf Verschiebung einer Klausur, sollten zwei Klausuren am selben Tag stattfinden oder eine am Abend und die andere am direkt folgenden Morgen. Dies muss man selbstständig prüfen und innerhalb einer Frist melden. Die Klausuren sind für drei Stunden angesetzt und bestehen aus MC-Fragen und/oder offenen Fragen. Die Inhalte der Klausur sind anspruchsvoll und es wurde Transferdenken gefordert, was erneut die Wichtigkeit zur Anwendung der Inhalte und nicht dem puren Auswendiglernen unterstreicht. Es wurde allerdings sichergestellt, dass die Aufgaben nicht zu komplex werden, sodass ein Bestehen mit einem „normalen“ Lernaufwand gut möglich ist. Auch die Tatsache, dass man weniger Zeitdruck als bei ein- oder anderthalbstündigen Prüfungen in Deutschland hat, macht die Klausuren fairer und entschädigt für den hohen inhaltlichen Lernaufwand.

Das Bewertungssystem in Belgien beruht auf einer 20-Punkte-Skala. Dabei sind 10 Punkte zum Bestehen notwendig. Was der Unterschied zwischen 4 oder 8 Punkten ist, hat sich mir nicht erschlossen und zeigt vermutlich nur, wie „knapp“ man am Bestehen vorbeigerutscht ist (Frustrationspotential). Bestnoten, wie 19 oder 20 Punkte, sind so gut wie unmöglich zu erreichen. Anhand der Umrechnungstabelle der Uni Potsdam (https://www.uni-potsdam.de/fileadmin/projects/international/images/detailseiten/04_Ins_Ausland/Anerkennung/Notenumrechnung_Belgien_IO.pdf) sieht man, dass die Gewichtung der Punktzahlen anders als in Deutschland ist, was den vergleichsweise hohen Aufwand unterstreicht. Wenn man also auf einen guten Notendurchschnitt bedacht ist, sollte man die Kursanforderungen sorgfältig einschätzen und einen entsprechend höheren Lernaufwand einplanen. Wie erwähnt, ist ein Bestehen aber gut möglich und der beschriebene Aufwand und die hohen Anforderungen sollen keinesfalls abschreckend wirken, denn das Lehrniveau und die gelernten Inhalte sind bereichernd, interessant und spiegeln den guten internationalen Ruf der UGent wider.

Betreuung, Studienklima & Ausstattung

Was bereits im Vorlauf klar wurde, ist, dass die individuelle Betreuung an der UGent sehr gut funktioniert. Die Verwaltung ist zügig, digitalisiert und stets gut erreichbar, wobei das International-Team der Fakultät auch während des Aufenthaltes der Hauptansprechpartner bleibt.

Auch die Professor:innen sind nahbar, sowohl im Rahmen der Veranstaltung als auch per Mail. Es wird stets auf einer persönlichen Ebene kommuniziert und das Duzen (auf Englisch schwierig) und Ansprechen mit dem Vornamen sind selbstverständlich.

Das Studienklima spiegelt den hohen Aufwand wider, ist aber keinesfalls kompetitiv. Da die belgischen Studierenden in separierten Masterprogrammen studieren, kennen diese sich in den einzelnen Kursen zumeist untereinander. Bei Gruppenarbeiten baut man aber leicht Kontakt auf, und da die Aufteilung online stattfindet, findet man auch leicht eine Gruppe. Dadurch, dass an der UGent viele Internationals studieren, ist die Kommunikation auf Englisch kein Problem.

Die Infrastruktur der Uni ist gut. Die Vorlesungen finden in den meisten Fächern in wechselnden Räumen und an verschiedenen Campus statt, welche in der ganzen Stadt verteilt sind. Es empfiehlt sich, regelmäßig in den Kalender zu schauen oder diesen als iCal zu importieren, um immer am richtigen Ort zu sein. Im Kalender lässt sich auch die genaue Adresse des Eingangs anzeigen, was hilfreich bei der Orientierung im Gebäude ist. Die Veranstaltungen beginnen, anders als in Deutschland, immer um Punkt. Änderungen werden häufig kurzfristig kurz vor Beginn in UFORA gepostet, daher lohnt es sich, die Mailbenachrichtigungen für Announcements zu aktivieren. Der Stand der Technik ist durchschnittlich.

Es gibt an der Uni zahlreiche Bibliotheken. In der Regel findet sich eine kleine bis mittelgroße Bibliothek in jedem Fakultätsgebäude. Zusätzlich gibt es die Hauptbibliothek Boekentoren (=Buchturm), welche unschwer erkennbar ist und viel Platz bietet. Da kontinuierlich Prüfungsleistungen erbracht werden müssen, sind die Bibliotheken immer gut besucht. In der eigentlichen Prüfungsphase im Januar öffnet Boekentoren um 8 Uhr, nach 8.20 Uhr sind die Chancen auf einen Arbeitsplatz sehr gering. In den Fakultätsbibliotheken ist es ähnlich und sogar noch schwieriger aufgrund der kleineren Größe. Ich gehe gerne zum Lernen in die Bibliothek, habe hiervon aber in Gent Abstand genommen, da der Andrang das Lernklima weniger angenehm gemacht hat. Eine gute Alternative ist die Stadtbibliothek De Krook, welche sich unweit des Hauptgebäudes der Uni befindet. Hier lassen sich Plätze für den ganzen Tag online reservieren, was zumindest die Ungewissheit verringert. Alles in Allem wird Wert daraufgelegt, Lernkapazitäten an der Uni zu schaffen, aber aufgrund der großen Zahl an Studierenden sind diese bei weitem nicht ausreichend.

Leben, Alltag & Freizeit in Gent

Wohnungssuche

Ich möchte direkt ein paar Einblicke zur Wohnungssuche vor Ort geben, da dies für mich der komplizierteste Punkt im gesamten Bewerbungsprozess war und hier definitiv genug Zeit einplant werden sollte. Am 03.06. wurde ich per Mail darüber informiert, dass ich keinen Platz im Wohnheim erhalten werde. Auf Nachfrage erfuhr ich dann, dass auch ein Nachrücken über die Warteliste sehr unwahrscheinlich ist. Allerdings erhielt ich auf weitere Nachfrage von der Wohnheimverwaltung nützliche Hinweise, hier empfehle ich im Falle einer Absage diese ebenfalls unbedingt anzufragen. Neben den allgemeinen Hinweisen (Google-Suche, „schwarzes Brett“ vor Ort und Aufenthalt in Hostels in den ersten Tagen, Suche in den umliegenden, kleineren Städten wie Brügge oder Kortrijk bis hin zu der Empfehlung, den Aufenthalt ins Sommersemester zu verschieben, da dort weniger Nachfrage ist) erhielt ich eine Excel-Datei, welche Informationen zu (Privat-)Unterkünften enthielt, die der Uni bekannt waren. Hieraus habe ich alle interessanten Angebote kontaktiert. Ich habe zahlreiche Rückmeldungen erhalten und sogar eine Zusage für ein Studioapartment in Destelbergen, einem Vorort Gents. Parallel habe ich das belgische Wohnungsportal iKot genutzt (https://ikot.be/en). Über dieses habe ich letztendlich auch mein Zimmer gefunden. Allerdings ist zu beachten, dass nicht jedes Inserat kostenlos kontaktiert werden kann, und Credits gekauft werden müssen, um unbegrenzt Nachrichten schreiben zu können. In meinem Fall hat sich dies allerdings gelohnt.

Es gibt ebenfalls zahlreiche Facebook-Gruppen, in welchen Zimmer angeboten und gesucht werden. Ich habe damit keine Erfahrung gemacht, habe aber gehört, dass es viele Fake- und Scamanzeigen gibt, hier ist also Vorsicht geboten.

Die Mietpreise in Gent sind ungefähr mit Berlin vergleichbar. Ich habe für mein Zimmer 695€ gezahlt. Die Spanne, die ich von Kommilitonen gehört habe, reichte von 450€ für ein Zimmer im Wohnheim bis über 800€ für Studioapartments. Generell sollte man hierfür also einen Puffer einplanen. Der Preis ist auch stark von der Mietdauer abhängig. Kurzzeitmieten (3-6 Monate) sind monatlich natürlich teurer als ein Jahresvertrag.

Eingewöhnung & Erasmus Student Network (ESN) Gent

Kurz nach der Zusage der UGent wurde ich per Mail informiert, dass es bereits vor Semesterbeginn am Montag verpflichtende Willkommenstage am Donnerstag (Uni) und Freitag (Fakultät) gibt. Ich beschloss also, eine Woche vorher anzureisen. Die Anreise geht unproblematisch mit dem Zug. In den ersten zwei Tagen habe ich viele Besorgungen erledigt und mich akklimatisiert. Wenn möglich, sollte man dem ESN Gent auf Instagram folgen, da hier Links zu vernetzenden Whatsapp- und Telegramgruppen zu finden sind, aber auch die zahlreichen Events gepostet werden. Los ging es am Mittwoch mit Volleyball und einem Meet & Greet am Abend. In den nächsten Tagen folgten weitere Events, die ein Vernetzen mit anderen Erasmus- und internationalen Studierenden einfach machten. In den ersten zwei Wochen wurde von Speedfriending bis Stadionbesuch alles angeboten, und man hat an der guten Organisation gemerkt, wie viel Mühe das ESN-Team in die Events steckt. Es gab das ganze Semester über interessante Veranstaltungen, viele Parties und man hatte das Gefühl, immer Ansprechpartner auf studentischer Ebene zu haben. Insbesondere kann ich die Sportevents empfehlen. Es wurden auch Trips über das ESN Belgien angeboten, an denen ich nicht teilgenommen habe, aber wo vor allem die Amsterdam-Reise sehr gelobt wurde.

Auch die Willkommensveranstaltungen der Uni waren gut organisiert und haben beim schnellen Einleben geholfen.

Da alle „im selben Boot sitzen“ hat man sehr schnell Anschluss gefunden und ich habe viele spannende Leute kennengelernt, die zu Freunden geworden sind. „Leider“ sind darunter keine Belgier sondern nur andere Internationals, was aber aufgrund des wenigen Kontakts mit Locals kein Wunder ist.

Leben in Gent

Nun noch ein paar allgemeine Erfahrungen zum alltäglichen Leben in Gent. Man merkt schnell, dass Gent eine absolute Studierendenstadt ist. Unter der Woche ist das Stadtbild geprägt von Studierenden, die auf Fahrrädern oder zu Fuß in der Stadt unterwegs sind. Es gibt zahlreiche Angebote zur Freizeitgestaltung, von Sport über Kultur bis hin zu Clubs ist alles dabei. Hauptanlaufpunkt unter der Woche ist die Overpoortstraat. Hier finden sich zahlreiche Bars, Clubs und Imbisse und unter der Woche ist hier stets bis in die Morgenstunden Action. Wer es etwas gediegener mag, wird bei den zahlreichen Cafés und Bars im Stadtzentrum fündig. Am Wochenende fahren viele belgische Studierende nach Hause, dementsprechend wird die Stadt (und Overpoortstraat) etwas ruhiger. Dafür strömen zahlreiche Touristen (selbst im Herbst und Winter) in die Stadt, was mehr als nachvollziehbar ist, denn: Gent ist wirklich eine wunderschöne und unterschätzte Stadt.

Mein Hauptfortbewegungsmittel war, wie für die meisten Studierenden, das Fahrrad. Dadurch, dass ich zentral gewohnt habe, waren die Wege immer kurz und die ganze Stadt ist auf den Fahrradverkehr ausgelegt. Es gibt mit Bus und Straßenbahn auch öffentliche Transportmittel, diese habe ich allerdings kein einziges Mal genutzt. In der Immatrikulation ist auch kein Semesterticket enthalten, es gibt aber verschiedene Angebote für Monatskarten. In jedem Fall wird aber die Miete eines Fahrrads billiger sein und ist aufgrund der deutlich höheren Flexibilität auch empfehlenswert. Für Ausflüge in und um Belgien ist das gut ausgebaute Bahnnetz mehr als ausreichend und auch hier gibt es ob der Größe keine langen Wege.

Die Lebenshaltungskosten sind etwas höher als in Berlin (/Deutschland). Man merkt, dass Lebensmittel, wenn es nicht die Eigenmarke des Supermarkts ist, aufgrund des Importes teurer sind. Ich war zumeist bei Aldi einkaufen, hier sind die Preise sehr vergleichbar mit Deutschland. Für speziellere Sachen bin ich zu Delhaize gegangen, was merkbar teurer ist (Tipp: Kundenkarte via App einrichten, dann spart man auf ausgewählte Lebensmittel 10%). Durch die höheren Lebensmittelpreise rechtfertigen sich auch die leicht höheren Restaurantpreise. Auch in den Mensen der Uni zahlt man mind. 4,55€ für die warmen Hauptgerichte. Die Preise in Bars sind mit Berlin vergleichbar, also ebenfalls auf einem hohen Level. Ehrlicherweise hätte ich aber erwartet, dass die Lebenshaltungskosten noch höher sind, dementsprechend kam man gut über die Runden.

Es wurde empfohlen, eine zusätzliche Krankenversicherung über einen Partner der Uni abzuschließen, nach Rücksprache mit meiner deutschen Krankenkasse ist dies aber nicht nötig, da der europäische Versicherungsschutz für die grundlegenden Behandlungen mehr als ausreicht. Auch meine deutsche SIM-Karte konnte ich problemlos weiternutzen.

Thema Sprache

Zum Ende noch ein paar Hinweise zur Landessprache Flämisch, welche ein niederländischer Dialekt ist. Ich habe im Vorfeld angefangen, Niederländisch via Duolingo zu lernen. Bekanntermaßen ist die Sprache sehr ähnlich zur deutschen, was das Lesen sehr simpel macht und definitiv vor Ort hilft. Die Uni bietet Sprachkurse an, für welche man allerdings ungefähr 60€ bezahlt. Ich habe von Freunden gehört, dass diese zwar Spaß machen, aber man als deutschsprachige Person viele der dort vermittelten grammatikalischen Basics schon kennt und man in dem kurzen Zeitraum nicht viel Neues lernt. Am Ende erhält man, soweit ich weiß, ein A2-Zertifikat, daher sollte man abwägen, ob sich das Investment für einen selber lohnt.

Studienfach: M.Sc. Betriebswirtschaftslehre

Aufenthaltsdauer: 09/2024 - 02/2025

Gastuniversität: Universität Gent

Gastland: Belgien

Rückblick

Ich blicke sehr positiv auf meine Zeit in Gent zurück. Es ist schade, dass die Stadt so wenig präsent bei vielen Leuten (einschließlich mir vor der Reise) ist, denn Gent ist unglaublich lebenswert. Die Architektur ist beeindruckend, die Leute sind freundlich und die Stimmung in der Stadt ist entspannt und dank der vielen Möglichkeiten gleichzeitig dynamisch. Die Uni wird ihrem guten internationalen Ruf mehr als gerecht, die Organisation ist sehr gut und die Lehrinhalte fordernd, aber gleichermaßen sehr bereichernd. Ich kann jedem empfehlen, Gent als Erasmusziel in Betracht zu ziehen und freue mich, wenn mein Bericht einen Einblick in das Leben vor Ort gibt und bei der Organisation hilft.


Belgien

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