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Kooperationspraktikum bei Flexpert in Campinas, São Paulo

Die Studienordnung meines Faches Sportmanagement gab mir die Freiheit zwischen einem Praktikum und zwei Kursen zu entscheiden. Diese Chance nutzte ich, um für 6 Monate ein Kooperationspraktikum bei Flexpert Training in Campinas, Brasilien durchzuführen. Ich hatte von Anfang an den Wunsch nach Brasilien zugehen, da das Land zum einen das stärkste Wirtschaftszentrum Südamerikas darstellt und zum anderen ich mich nach einer Brasilien Reise im Jahr 2020 in die brasilianische Kultur verliebt hatte.


Studienfach: Sportmanagement (Bachelor)

Aufenthaltsdauer: 11/2021 – 04/2022

Praktikumsgeber: Flexpert

Gastland:Brasilien

Bewerbung & Vorbereitung

Somit informierte ich mich im International Office und bei den von ihnen durchgeführten Informationsveranstaltungen nach den bestehenden Möglichkeiten und Kooperationen. In einem dieser Veranstaltungen lernte ich Sven Dinklage kennen, der für das Liaison Office Brasilien der Universität Potsdam verantwortlich ist und somit ausführliche Auskünfte zu den Praktikaangeboten geben kann (die Angebote können sich zwischen den Semestern ändern). Somit wurde ich auf Flexpert Training aufmerksam, eine Unternehmensberatung mit dem Fokus Führungskräfteentwicklung und interkulturelle Kompetenzen, mit Sitz in Campinas, São Paulo, der wirtschaftsstärksten Region Südamerikas.

Nach einem Zoom Gespräch mit den Verantwortlichen des Unternehmens bekam ich schon mal von deren Seite eine verbale Zusage, obwohl ich keine Portugiesisch Sprachkenntnisse nachweisen konnte. Da ich jedoch fließend Englisch und Spanisch spreche, was das Portugiesisch lernen deutlich vereinfachen würde bekam ich das Vertrauen. Generell ist es empfehlenswert die jeweilige Landessprache bei Ankunft wenigstens ein bisschen zu beherrschen, allerdings werden auch in einigen Unternehmen und Institutionen andere Sprachen gesprochen, was man im Voraus erfragen sollte. Nach der verbalen Zusage nahm ich 2 Intensivkurse Portugiesisch an der Volkshochschule Berlin, die unter anderem auch Wochenendkurse anbietet.

Anschließend bewarb ich mich über die Online Plattform des International Office. Neben meinen Leistungsnachweisen musste ich auch ein Motivationsschreiben, ein Empfehlungsschreiben einer Lehrkraft und Sprachzertifikate von Englisch und Spanisch nachweisen. Nach der Zusage des International Offices, kümmerte ich mich um das Visum, was einen aufwändigen und langen Prozess darstellte. Neben erweitertem Führungszeugnis, Meldebescheinigung, Geburtsurkunde und Flugtickets wird auch ein originalunterschriebener Praktikumsvertrag verlangt, den ich per Post aus Brasilien bekam. Durch die Abhängigkeit vom Berliner Bürgeramt und seinen stark limitierten Terminen, empfehle ich sich mindestens 6 Monate vor Abreise um das Visum und die benötigten Dokumente zu kümmern. Dafür erhielt ich dann auch ein Praktikumsvisum für 6 Monate. Während des gesamten Vorbereitungsprozesses war die Kommunikation und Hilfe des Praktikumsgebers Sven Dinklage optimal. Er antwortete mir immer schnell auf meine Fragen und half mir bei der Bearbeitung einiger Dokumente. Dass er fließend deutsch spricht, half natürlich auch.

 

Finanzierung

Alle BAföG berechtigten, zu denen ich zähle, müssen besonders aufmerksam sein. Ich ging davon aus BAföG zu kriegen, bekam es jedoch nicht bzw. musste es während des Aufenthaltes zurückzahlen, weil die Vorgaben meiner Studienordnung mich offenbar nur für ein Praktikum über 12 Wochen finanziert hätten. Des Weiteren hatte ich keinen Anspruch, weil ich in meinem Bachelor bereits ein Semester Auslandsbafög bekam, als ich in Kolumbien studierte und laut meiner Sachbearbeiterin hätte ich das Auslandspraktikum auch in Kolumbien, sprich im gleichen Land absolvieren müssen, um Auslandsbafög zu bekommen. Deshalb empfehle ich auch in dieser Angelegenheit frühzeitig die verantwortlichen Sachbearbeiter zu kontaktieren, da die Regeln beim Auslandsbafög kompliziert sind.

Der vereinbarte Praktikumsvertrag enthielt eine wöchentliche Arbeitszeit von 30 Stunden und ein Gehalt von 600 Reales im Monat, die ca. 100 Euro entsprechen. Da ich zusätzlich ein Promos Stipendium und einige private Rücklagen hatte, war ich finanziell gut aufgestellt. Das Stipendium zahlte mir 300 Euro monatlich und musste ca. 4 Monate vor Abreise beantragt werden (Leistungsübersicht, Motivationsschreiben, Lebenslauf).

 

Aufenthalt im Gastland

Mein Zimmer habe ich vor Abreise über die Plattformen https://www.webquarto.com.br/ und https://www.roomgo.com.br/ gefunden. Ich telefonierte 1-2 Mal mit sehr gebrochenem Portugiesisch mit dem Vermieter um Vertrauen aufzubauen, bezahlte allerdings erst nach Ankunft in der Unterkunft, zu der mich mein Praktikumsgeber Sven Dinklage chauffierte. Die Miete betrug 800 Reales (ca. 120 Euro) und ich lebte in einem großen Haus in einem bescheidenen kleinen Zimmer, mit einem Fenster, Möbeln, gutem Internet, 2 Gemeinschaftsküchen, 5 Bädern und einem Hof mit Swimmingpool. Insgesamt lebten in diesem Haus (im Viertel Taquaral, Campinas) zwischen 20 und 25 Brasilianern, was ich sehr spannend fand und mir auch wichtig war, um die Sprache so schnell wie möglich zu lernen, sozialen Anschluss zu finden und die brasilianische Kultur zu erleben. Ich kaufte mir für ca. 100 Euro ein Fahrrad in einem Fahrradladen, den mir mein Praktikumsgeber zeigte und benutzte dieses hauptsächlich als Verkehrsmittel, um zum Büro und zum Sportverein zu kommen. Alternativ ist die Handelsplattform https://www.olx.com.br/, die wie Ebay Kleinanzeigen funktioniert, auch empfehlenswert, um sich ein Fahrrad zu kaufen. Monatlich gab ich in Campinas 500 Euro und in Rio de Janeiro, wo ich die 2. Hälfte des Praktikums lebte, 800 Euro aus. In Rio waren die Miete (300 Euro) und die Supermarktpreise deutlich teurer als in Campinas. In meiner Freizeit trainierte ich Brazilian Jiu-Jitsu und Thai Boxen. Kampfsport ist in Brasilien nach Fußball der beliebteste Sport und somit gibt es sehr viele Möglichkeiten auf hohem Niveau zu trainieren. Für mich war dies auch eine optimale Gelegenheit mit gleichaltrigen Brasilianern in Kontakt zu kommen und Freundschaften zu schließen. Am Wochenende kann man in Campinas aber vor allem in Rio de Janeiro sehr viel Spaß haben. Es gibt unzählige Samba oder Funk Partys und der Karneval geht gefühlt 12 Monate anstatt nur 2 Wochen. Das Leben in einer Großstadt mit einem Strand, zu dem man 20 Minuten mit dem Fahrrad braucht, erhöht merkbar die Lebensqualität.

 

Zufriedenheit mit dem Praktikum

Ich arbeitete in einem Team mit Sven, Julia und Jose, die mich alle wie ein Familienmitglied empfingen und mich sogar zu sich nach Hause einluden. Sie sprechen alle fließend Deutsch, Portugiesisch, Englisch und teilweise Spanisch was die Kommunikation vor allem zu Beginn sehr erleichterte. Den Umgang und das Arbeitsklima empfand ich als sehr angenehm und familiär und hatte dies in dieser Form in Deutschland noch nicht erlebt. Die Zeiten und der Arbeitsort waren sehr flexibel, wofür ich meinem Praktikumsgeber sehr dankbar bin. Ich arbeitete in Rio und Campinas vorrangig von zuhause aus, das Büro in Campinas besuchte ich 1-2 Mal pro Woche. Online-Meetings starteten manchmal um 7 Uhr morgens und manchmal um 20 Uhr abends, was auch mit der Zeitverschiebung und den Partnern in Deutschland zu tun hatte, mich aber keineswegs störte.

Meine Tätigkeiten stellten sich aus der Unternehmensarbeit von Flexpert Training und dem Liaison Office Brasil der Universität Potsdam zusammen. Dadurch bekam ich sehr abwechslungsreiche Aufgaben, hatte aber teilweise auch so viel Freiheit, dass mich diese etwas überforderte. Flexpert Training ist eine Unternehmensberatung, die Unternehmensvertretern und Privatpersonen mit gezieltem Coaching dabei hilft interkulturelle Kontexte zu verstehen und Führungsqualitäten zu fördern bzw. weiterzuentwickeln. Das Liaison Office vertritt die Universität Potsdam in Brasilien und fördert akademische Beziehungen zu brasilianischen Universitäten und deren Studierenden. Konkret half ich beispielsweise bei der Vorbereitung und später auch der Durchführung interkultureller Trainings, Übersetzungen, dem Erstellen von Flyern und Tabellen oder der Terminierung von Delegationen, die wir aus Deutschland empfingen wie beispielsweise Prof. Dr. Gronau der Uni Potsdam, der für einen Wissensaustausch eine Woche mit uns durch São Paulo reiste. Mein persönliches Highlight war die Vertretung der Universität Potsdam beim Tag der offenen Tür des DAAD und der Corcovado Schule in Rio de Janeiro, bei dem ich die alleinige Verantwortung hatte und meine Uni den brasilianischen Schülern und Studierenden an einem Messestand und auf der Bühne via Powerpoint Präsentation auf portugiesisch präsentierte. Wie schon erwähnt war mein einziges Problem die große Freiheit und Flexibilität am Arbeitsplatz, an die ich mich erstmal gewöhnen musste, da darunter meine Produktivität anfangs etwas litt.

 

Persönlicher Mehrgewinn

Neben meinen portugiesischen Kenntnissen war die Zeit auch für meine berufliche Entwicklung ein Riesengewinn. Ich arbeitete zum ersten Mal aus dem Homeoffice, wodurch ich mehrere Online Tools erlernte. Mir wurde bei Flexpert Training die Geschäftswelt des Coachings und der Beratung gezeigt und ich konnte erste Erfahrungen im Bereich interkulturelles Training machen. Bei der Begleitung der Dienstreise von Prof. Dr. Gronau erfuhr ich den Umgang und Ablauf von Auslandsdelegationen und die Verhandlungen für neue internationale Kooperationen zwischen Universitäten und Forschungseinrichtungen. Auf den Messen und Events, bei der wir die Uni Potsdam vertraten, machte ich viele wertvolle Kontakte und habe jetzt beispielsweise Freunde beim DAAD in Rio de Janeiro. Ich habe auf einer anderen Sprache in einem anderen Land gearbeitet, dabei vieles eigenständig organisiert (Wohnung, Transport usw.) und vor allem die brasilianische Arbeitskultur kennengelernt und teilweise gut verstanden.

 

Resümee, abschließende Tipps & hilfreiche Links

Ich kann es jedem Studierenden nur ans Herz legen, den Schritt zu wagen und ein Praktikum im Ausland zu absolvieren. Die Lebenserfahrung und Mehrwerte, die man in dieser Zeit gewinnt, kann einem kein Unikurs, Professor oder Abschluss beibringen. Die finanzielle und organisatorische Unterstützung, die man dabei von der Uni Potsdam und von deutschen Institutionen wie dem DAAD bekommt, sind einzigartig und sollten von mehr Studierenden genutzt werden. Es gibt so viele Möglichkeiten sich diese Erfahrung mit Bafög, Mobilitätsbeihilfen, diversen Stipendien oder Studienkrediten zu finanzieren, die zumindest in meinem Semester und Umfeld viel zu wenig genutzt werden. Ich habe viele Brasilianer kennengelernt, die von einem Auslandspraktikum oder Semester in Deutschland träumten, sich diesen Traum jedoch nie erfüllen konnten, da die Möglichkeiten und öffentlichen Gelder dort stark begrenzt sind. Auch der bürokratische Aufwand sollte kein Ausschlusskriterium sein, da die Mitarbeiterinnen des International Office einem bei allem sehr kostenlos, zuverlässig und schnell helfen. Es gibt sogar einen Career Service der Uni Potsdam, der einem bei der Erstellung der Motivationsschreiben und Lebensläufen hilft.

Die lokale Sprache sollte so schnell und zielstrebig wie möglich gelernt werden, da alle positiven Erfahrungen und der Spaßfaktor damit zusammenhängen. Alltägliche Gespräche in der Wohngemeinschaft oder im Restaurant, Freundschaften oder geschäftliche Beziehungen erfordern in Brasilien ein gutes Portugiesisch Niveau. Es ist empfehlenswert genug Zeit dafür einzuplanen, sowohl für die Vorbereitung als auch für die anschließende Durchführung. Ich denke, dass man mindestens 6 Monate in dem Land leben muss, um sich tatsächlich zu sozialisieren, adaptieren und die Sprache zu beherrschen. In meinem Fall hat mir Brasilien so gut gefallen, dass ich nach den 6 Monaten 3 weitere Monate blieb, um von dort aus meine Bachelorarbeit zu schreiben. In Zukunft kann ich mir sogar vorstellen meinen Master in Brasilien zu machen oder dort fest für eine Zeit zu arbeiten.

Studienfach: Sportmanagement (Bachelor)

Aufenthaltsdauer: 11/2021 – 04/2022

Praktikumsgeber: Flexpert

Gastland:Brasilien


Aktuell haben wir Kooperationspraktika in England, Polen, Spanien, Frankreich, der Türkei, Israel, Indien, Argentinien, Brasilien und Uruguay akquiriert. Von studienbezogenen Praktika bis hin zu fachübergreifenden Angeboten bieten wir Studierenden einen bunt gedeckten Tisch mit Praktika auf dem Silbertablett.

 

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