Praktikum an der State University of New York (SUNY)
Dieser Bericht bezieht sich auf das mehrmonatige Auslandspraktikum, dass ich von Januar bis Mai 2015 am Departement Psychologie der SUNY Binghamton absolvierte. Ziel dieses Praktikums war die selbstständige Forschung in einem Eye-tracking Labor inklusive Datenerhebung für meine Bachelorarbeit. Das Praktikum zählt außerdem als Pflichtpraktikum zu meinem angestrebten B.Sc. Psychologie. In Anlehnung an ein Experimentelles Praktikum im EyeLab der Universität Potsdam zum Thema Kognition von Comics, führten wir in Binghamton eine Eye-tracking-Studie durch, bei der die Augenbewegungen der Probanden beim Lesen eines Auszugs aus City of Glass: The Graphic Novel verfolgt wurden.
Vorbereitung des Auslandspraktikums
Das Suchen und Vorbereiten des Praktikumsplatzes lief überraschend schnell und unbürokratisch ab, weshalb ich keine Informationen zu Auslandspraktika der Universität Potsdam in Anspruch genommen habe. Das Praktikum kam durch Vermittlung von Professor Kliegl zustande, der auf meine Nachfrage, ob er eine Idee für einen Praktikumsplatz in den USA habe, Professor Inhoff in Binghamton kontaktierte, der umgehend zusagte. Aufgrund dieser sehr positiven Erfahrung kann ich allen Studierenden, die ein Auslandspraktikum machen wollen absolut nahelegen es zunächst über einen Professor zu versuchen. Einige meiner Kommilitonen aus Potsdam haben auf ähnlichem Wege ebenfalls Praktikumsplätze im Ausland erhalten. Besonders für angestrebte Praktika in den USA kann ich dies empfehlen, da es hier recht kompliziert und bürokratisch zu sein scheint einen Praktikumsplatz über den Weg der offiziellen Bewegung zu bekommen.
Die Kontaktaufnahme mit der SUNY Binghamton lief stets völlig problemlos über Email ab. Egal ob ich Professor Inhoff, die Sekretärin des Departments oder dessen Leiter kontaktierte, war die Kommunikation stets schnell, problemlos und lösungsorientiert.
Offizielle Bewerbungsunterlagen für das Praktikum gab es keine, Professor Inhoff genügte die Empfehlung von Professor Kliegl. Ich musste jedoch mein Visum für den Aufenthalt in den USA verlängern (ich hatte zuvor für ein Semester an der University of Mississippi studiert), was recht zeit- und arbeitsaufwändig war. Dies lag aber keinesfalls an der SUNY Binghamton, sondern ausschließlich an der dürftigen Organisation und mangelnden Kooperationsbereitschaft der Zuständigen an der University of Mississippi. Sehr wichtig für die Verlängerung des Visums ist, dass ausreichende finanzielle Mittel für einen verlängerten Aufenthalt in den USA nachgewiesen werden müssen. Meiner Erfahrung nach ist es am einfachsten sich von seinen Eltern einen Brief schreiben zu lassen in dem diese sich verpflichten finanziell zu bürgen.
Praktikum an der Gastuniversität
Während meines Praktikums lernte ich alle Phasen des psychologischen Forschungsprozesses kennen und führte diese, soweit möglich, selbstständig durch; die Ausarbeitung und Diskussion theoretischer Fragestellungen, die Entwicklung geeigneter Hypothesen, das Entwerfen und Programmieren des Experiments, sowie Datenerhebung und, teilweise, -analyse. Während allen Stufen des Forschungsprozesses arbeitete ich eng mit Julie, der Doktorandin des Labors, und den studentischen Hilfskräften zusammen und
durfte, wenn es vonnöten war, auch die Arbeitszeit der Hilfskräfte in Anspruch nehmen um mich von Ihnen unterstützen zu lassen. Dies war immens hilfreich, da ich so ein viel aufwändigeres Experiment durchführen konnte, als ich allein hätte stemmen können.
Ein typischer Tag hatte ungefähr 8 Stunden Arbeitszeit, je nachdem was zu tun war kam ich in der Regel zwischen acht und zehn Uhr morgens im Labor an und verließ es zwischen vier und sechs Uhr abends. Meist waren außer mir im Labor noch eine studentische Hilfskraft und/ oder die Doktorandin anwesend. Ich konnte mir meine Arbeitszeit relativ frei einteilen, es gab nur wenige feststehende Termine wie z.B. ein wöchentliches Treffen mit Professor Inhoff (bei dem wir über den aktuellen Stand des Projekts sprachen, Probleme angingen etc.), in unregelmäßigen Abständen stattfindende „Lab Meetings“, sowie die wöchentliche Veranstaltung „Cognitive Lunch“, während der Doktoranden ihre aktuelle Forschung (zumeist im Rahmen einer kommenden Dissertation) anderen Doktoranden und der Fakultät des Departments präsentierten.
Kontakte zu Einheimischen
Der Kontakt zu den Einheimischen war ausnahmslos sehr positiv. Über meine Mitbewohner und eine der studentischen Hilfskräfte des Labors lernte ich schnell diverse nette Menschen kennen, mit denen ich auch in meiner Freizeit viel unternahm. Da meine beiden Mitbewohner beide Doktoranden kurz vor ihrem Ph.D. am Departement Psychologie waren, gewann ich außerdem viele interessante Einblicke bzgl. des Weges zum Doktortitel an einer amerikanischen Universität.
Wohn- und Lebenssituation
Meine Unterkunft in Binghamton war eine zweistöckige Haushälfte, die ich zusammen mit einer Mitbewohnerin und einem Mitbewohner, beide Doktoranden an der Universität, bewohnte. Dies war sehr praktisch, da ich, vor allem während des sehr kalten Winters, nicht zwingend auf den ÖPNV angewiesen war und sehr oft zur Universität oder zum Einkaufen mitgenommen werden konnte. Die Mieten sind in Binghamton für amerikanische Verhältnisse sehr günstig, aufpassen muss man nur bei den Nebenkosten, die, vor allem im Winter, noch einmal einiges an Aufpreis bedeuten können. Anders als in Deutschland wir hier außerdem am Monatsanfang für den Monat im Voraus bezahlt.
Als öffentliche Verkehrsmitte gibt es in Binghamton für amerikanische Verhältnisse recht zuverlässige Busse. Sowohl den Busservice der Universität, als auch den der Stadt konnte ich mit meinem Ausweis von der Universität kostenfrei nutzen.
Alle meine Bankgeschäfte habe ich mit einer deutschen Visakarte abgewickelt. Meine Bank erstattet alle Gebühren die beim Abheben von Bargeld anfallen, so konnte ich immer an den vielen Bankautomaten der Stadt und Universität kostenfrei Geld abheben. Dementsprechend habe ich während meines Aufenthalts so gut wie alle Geldgeschäfte in bar abgewickelt, was aber keinerlei Problem darstellte.
Als Krankenversicherung habe ich die Hanse Merkur Auslandskrankenversicherung gewählt. Eine deutsche Versicherung ist unbedingt zu empfehlen, da die amerikanischen Krankenversicherungen sehr viel teurer sind, viel weniger leisten und außerdem einen Eigenanteil von mindestens einigen hundert US-Dollar beinhalten. Es ist allerdings zu beachten, dass, im Gegensatz zu einer Inlandskrankenversicherung, ein Arztbesuch mit einer ausländischen Krankenversicherung bedeutet, dass man die Kosten bis zur Rückerstattung vorstrecken muss. Dies kann durchaus zu finanziellen Schwierigkeiten führen, denn eine Arztrechnung in den USA kann sich, selbst für geringfügige Probleme, schnell auf mehrere hundert US-Dollar belaufen. Es empfiehlt sich also generell einige Rücklagen für Arztbesuche oder sonstige Notfälle auf dem Konto zu haben.
Die Lebenshaltungskosten in den USA schätze ich als um einiges höher als in Deutschland ein, was hauptsächlich auf den momentan stark gestiegenen Dollarkurs zurückzuführen ist. Vor allem Essen gehen anstatt selbst zu kochen ist für das typische studentische Budget fast unbezahlbar. Daher ist es m. E. unbedingt zu empfehlen sich privat in einem Haus oder einer Wohnung mit Küche unterzubringen und keinesfalls in eines der Studentenwohnheime zu ziehen. Dort gibt kaum bis keine Möglichkeiten Lebensmittel zu lagern und zuzubereiten, weshalb die Studenten dann meist teuer in den diversen universitätseigenen Restaurants essen müssen.
Aufenthaltsdauer: 01/2015-05/2015
Praktikumsgeber: State University of New York at Binghamton
Gastland:USA
Rückblick
Zusammenfassend hat mir das Praktikum in Binghamton sehr gut gefallen und mir die Entscheidung wie ich nach dem Abschluss meines Bachelors meine akademische Karriere fortführen will sehr erleichtert. Ich lernte sowohl die positiven als auch die negativen Seiten des Alltags in einer universitären Forschungseinrichtung kennen und sammelte viele Erfahrungen bzgl. der Arbeit an einer Universität allgemein und bzgl. der Unterschiede zwischen amerikanischen und deutschen Universitäten im Besonderen. Für Studenten die viel Wert auf Unabhängigkeit und Eigeninitiative legen und kein Problem mit flexiblen, selbst eingeteilten Arbeitszeiten haben kann ich ein solches Praktikum nur empfehlen.
Besonders gute Erfahrungen:
• Selbstständiges Durchführen eines Experiments, Sammeln von Erfahrung bzgl. psychologischer Forschung
• Produktive und anregende Zusammenarbeit mit und Hilfe durch Professor Inhoff, Julie und studentische Hilfskräfte
• Keine strikten Vorschriften sondern Fokus auf Eigeninitiative
• Sehr angenehme Arbeitsatmosphäre
• Kontakt zu anderen Studierenden
• Einblick in universitäre Abläufe, Strukturen etc.
Weniger gute Erfahrungen
• Probleme mit der Genehmigung des Experiments durch das „Institutional Review Board“ der Universität, die den Ablauf des Praktikums verzögerte (wurde aber zum Glück rechtzeitig gelöst)
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