Praktikum bei Project WHY in Neu Dheli
Schon lange spielte ich mit dem Gedanken, in einem sog. Entwicklungs- oder Schwellenland ein Praktikum bzw. einen Freiwilligendienst in einem sozialen Projekt zu absolvieren. Nachdem ich im Jahre 2011 für fünf Wochen den indischen Subkontinent bereiste, war mir klar, dass ich dieses Praktikum gern in Indien machen möchte. Es folgte eine lange und intensive Suche nach einer passenden Organisation. Zu meinem Nachteil hatten viele der Anbieter Konditionen, die ein Praktikum für mich in einer ihrer Organisationen unmöglich machten. So setzten viele ein Höchstalter von 30 Jahren voraus - ich befand mich zu diesem Zeitpunkt jedoch bereits kurz vor meinem dreißigsten Lebensjahr - oder verlangten eine sehr hohe Vermittlungsgebühr von mehreren tausend Euro, die ich mir nicht hätte leisten können. An diesem Punkt jedoch ist es wichtig, sich nicht entmutigen zu lassen und die Augen und Ohren weiter offen zu halten. Durch Zufall nämlich entdeckte ich ca. ein Jahr später einen kleinen Stand einer Organisation in Neu-Delhi auf der Internationalen Tourismusbörse in Berlin: Project WHY. Ich fragte, ob es möglich wäre, einen Freiwilligendienst in diesem Projekt zu machen und der erste Kontakt war hergestellt.
• Bewerbungsprozess
Ich bekam die Emailadresse der für den Freiwilligendienst verantwortlichen Person und den Hinweis, dass ich diese einfach mal anschreiben sollte. Ich erkundigte mich über das Infomaterial, das ich bereits auf der ITB ausgehändigt bekam und die deutsche und indische Internetseite des Projekts über selbiges und war mehr und mehr davon überzeugt, dass dies die passende Organisation für mich wäre. Und so schrieb ich kurze Zeit später eine Email an die deutsche Partnerorganisation mit Sitz in Köln, in der ich mich vorstellte und meine Motivation, bei Project WHY in Neu-Delhi, Indien mitzuarbeiten, ausführlich darlegte. Bereits kurze Zeit später bekam ich eine sehr nette und positive Antwort auf meine Anfrage mit der Bitte, ein Erstkontaktformular auszufüllen, in dem der zukünftige Volontär Angaben zu seiner Person, seinem beruflichen und akademischen Werdegang, seinen Vorerfahrungen mit sozialen Projekten, seinen Vorerfahrungen in Indien und seinen Erwartungen an den Aufenthalt im Projekt macht. Dieses Erstkontaktformular, welches man auf deutsch und englisch ausfüllt, wird dann von der deutschen Organisation an das Projekt in Indien weitergleitet. Wenn man sich für ein Praktikum/einen Freiwilligendienst bei Project WHY interessiert, sollte man ca. drei bis vier Monate Vorlaufzeit einplanen.
• Kommunikation mit dem Praktikumsgeber
Es begann ein reger Emailverkehr zwischen mir und der deutschen Vertretung des Projekts, in dem allerhand Fragen geklärt werden konnten. Nach einem Telefonat, in dem wir unsere Erfahrungen in dem Land und unsere Eindrücke darüber austauschten, kam dann auch bald der Kontakt zu der indischen Organisation zustande. Per Email konnten nun letzte dringliche Fragen und die Zeit und Dauer des Aufenthalts und die Art der Unterbringung endgültig mit der stellvertretenden Leitung des Projekts geklärt werden. Auch hier verlief die Kommunikation gut, wenn auch an manchen Stellen mit einigen Sprachbarrieren.
Finanzierung des Praktikums
Für meinen Auslandsaufenthalt beantragte ich ein PROMOS-Stipendium. Bereits einige Monate vor meiner geplanten Abreise begann ich damit, die erforderlichen Unterlagen (nähere Informationen dazu auf den Seiten des Akademischen Auslandsamtes der Universität Potsdam) zu erstellen und zusammenzustellen. Hier würde ich jedem empfehlen, so früh wie möglich mit dem Schreiben des Motivationsschreibens zu beginnen, da dies bei mir die meiste Zeit in Anspruch nahm. Es schadet auch nichts, dieses Schreiben von einigen Freunden gegenlesen zu lassen. Auch würde ich möglichst frühzeitig mit den Lehrpersonen sprechen, die einem ggfs. ein Empfehlungsschreiben ausstellen sollen, damit zum Bewerbungsschluss alle erforderlichen Unterlagen fertig vorliegen. Diese kann man dann ganz einfach bei einem/r MitarbeiterIn des Akademischen Auslandsamtes abgeben, die einem ggfs. nochmal Bescheid geben, falls etwas fehlen sollte.
Da es sich bei der Tätigkeit bei Project WHY um einen Freiwilligendienst handelte, bekam ich mein Praktikum nicht vergütet.
Da die Lebenshaltungskosten in Indien nicht mit europäischen vergleichbar sind und das Leben dort vergleichsweise sehr günstig ist, kam ich mit dem Geld durch das PROMOS-Stipendium gut hin, obwohl es nicht für die volle Praktikumszeit gezahlt wurde. Jedoch würde ich jedem, der ein unentgeltliches Praktikum im Ausland antritt, empfehlen, sich auf keinen Fall auf die Vergabe des Stipendiums, auf das man sich beworben hat, zu verlassen, sondern im Vornherein genug Geld zu sparen, um den Auslandsaufenthalt zur Not auch ohne das Stipendium finanzieren zu können. Den Flug und das Visum musste ich trotz Gewährung der maximalen Förderung aus eigener Tasche zahlen. Auch sollte man die Kosten für die Auslandskrankenversicherung einplanen.
Aufenthalt im Gastland
• Wohnungssuche
Da ich während meines Aufenthaltes in dem Haus der Projektgründerin untergebracht war, fiel die Wohnungssuche vor Ort für mich weg. Für den Fall, dass mehrere Praktikanten gleichzeitig da sind, bietet die Organisation über die Gastfamilie hinaus zudem ein Gästehaus an, in dem sieben weitere Personen Platz haben. Ich würde jedem empfehlen, zunächst beim Praktikumsgeber nachzufragen, ob es eventuell eine Unterkunft für PraktikantInnen gibt, da diese möglicherweise günstiger für einen geringen Unkostenbeitrag angeboten wird. Außerdem spart man sich die unter Umständen schwierige Wohnungssuche in dem fremden Land.
• Lebenshaltungskosten
Wie bereits erwähnt sind die Lebenshaltungskosten in Indien vergleichsweise niedrig. Lebensmittel, hier vor allen Dingen Obst und Gemüse, sind verglichen mit deutschen Preisen sehr günstig. So bekommt man Bananen beispielsweise bereits für nur 4-5 Rupien das Stück (ca. 4-6 Cent). Geht man auswärts essen, so reichen die Preise von sehr günstig (ca. 60 Rupien, also ca. 80 Cent für ein Hauptgericht in Local Restaurants) über günstig (ca. 200 Rupien, also ca. 2,50 Euro) bis hin zu teuer (ca. 600 Rupien, also ca. 7 Euro für ein Hauptgericht in teureren Restaurants). Geht man auswärts essen, sollte man außerdem beachten, dass die Steuern in den angegebenen Preisen in der Regel nicht enthalten sind. Auf den Gesamtpreis werden somit nochmal rund 30% Steuern erhoben.
Braucht man in Indien Kosmetikartikel, so kann man ebenfalls mit etwas günstigeren Preisen als in Deutschland rechnen. Legt man allerdings Wert auf bekannte Markenartikel, so zahlt man ähnlich viel wie hierzulande.
• Öffentliche Verkehrsmittel
In Neu-Delhi bringt einen die sehr moderne und sehr saubere und sichere Metro durch die Stadt. Es gibt am Ende oder am Anfang des Zuges immer ein Frauenabteil und beim Betreten des Bahnhofs eine Sicherheits- und Taschenkontrolle. Darüber mag man geteilter Meinung sein, ich jedoch für meinen Teil habe mich sehr sicher in der Metro gefühlt. Eine Metrocard kostet 150 Rupien (ca. 1,80 Euro), wobei 50 Rupien davon Startguthaben sind. Eine Fahrt mit der Metro ist sehr günstig, beispielsweise zahlt man für ca. 7 Stationen so um die 10 Rupien (ca. 12 Cent). Da das Netz der Metro jedoch sternförmig angelegt ist, man also immer in das Stadtzentrum fahren muss, um beispielsweise vom Südosten in den Südwesten der Stadt zu gelangen, ist dieses Verkehrsmittel nicht immer die beste Wahl. Lokale Busse bringen einen auf vielen Linien durch die Stadt und sind, soweit ich weiß, nochmal um einiges günstiger als die Metro. Ich persönlich habe jedoch nie auf diese Möglichkeit zurückgegriffen, da die Busse nicht wirklich zuverlässig und pünktlich sind und zudem häufig überfüllt sind. Möchte man unabhängig von irgendwelchen Linien oder Abfahrtzeiten durch die Stadt fahren, sollte man auf die dreirädrigen Zweitakter, die sog. Autorikschas oder auch Tuk Tuks, zurückgreifen. Eine Fahrt von ca. einer halben Stunde kostet ungefähr 100 - 150 Rupien (ca. 1,20 - 1,80 Euro). Sollte der Rikschafahrer einen funktionierenden Taximeter in seinem Fahrzeug haben, würde ich versuchen, darauf zu bestehen, dass er diesen
einschaltet. Oft jedoch sträuben sich die Fahrer, dies zu tun, behaupten, er sei kaputt oder er würde ohnehin einen fairen Preis veranschlagen. In diesem Fall muss man unter Umständen großes Verhandlungsgeschick beweisen, da man als Tourist ansonsten schnell das Doppelte des üblichen Preises bezahlen muss. Hierzu würde ich mich vor Anhalten einer Rikscha bei einem Einheimischen erkundigen, wie viel die geplante Fahrt normalerweise kosten sollte und den Fahrer ggfs. auf einen fairen Preis herunterhandeln. Auch wenn es sich hierbei oft um weniger als 50 Cent handelt, darf man nicht die Relation aus dem Auge verlieren. In Deutschland würde man einem Taxifahrer schließlich auch nicht einfach so den doppelten Preis zahlen. Ich habe jenen Rikschafahrern, die mir von sich aus einen fairen Preis nannten oder den Taximeter einschalteten, meistens ein großzügiges Trinkgeld gegeben. Für kürzere Strecken bieten sich auch die etwas preiswerteren Fahrradrikschas an. Diese in Anspruch zu nehmen, kann den einen oder anderen möglicherweise ein wenig Überwindung kosten, da es für einen Europäer sehr ungewohnt ist, von einem Menschen hinter sich hergezogen zu werden. Doch auch hier gewöhnt man sich dran. Und wenn man diese Gefährte nicht Anspruch nehmen würde, würden ihre Halter schließlich ihren Lebensunterhalt nicht verdienen.
• Bankgeschäfte
Wenn man für einen längeren Zeitraum in Indien leben möchte, sollte man sich im Vornherein Gedanken darüber machen, wie man im Ausland schnell, unkompliziert und kostengünstig an sein Geld auf dem heimischen Bankkonto kommt.
So kann man z.B. Travellerschecks mitnehmen, die jedoch nur an einem Schalter in einer Bankfiliale oder dafür vorgesehenen Stelle unter Vorlage eines amtlichen Lichtbildausweises eingelöst werden können. Aus Verlustgefahr führte ich immer nur eine Kopie meines Reisepasses mit. Außerdem schließen Banken bekanntermaßen irgendwann am Abend. Man kann also nicht spontan unterwegs Geld holen.
Ich persönlich habe mich daher für eine Kreditkarte der DKB entschieden, da diese das kostenlose Abheben an allen Geldautomaten weltweit (in Indien den sog. ATMs) ermöglicht. Um im Falle eines Verlusts weiterhin Zugang zu meinem Geld zu haben, habe ich außerdem eine zweite, eine Prepaid-Kreditkarte der Berliner Sparkasse, mitgenommen. Diese funktioniert ähnlich wie eine Prepaidkarte für das Handy. Man lädt einen beliebigen Betrag auf die Karte, über den man dann verfügen kann. Da ich tatsächlich während meines Aufenthalts in Indien meine DKB-Karte verlor und sperren lassen musste, was übrigens dank des ausgezeichneten Kundenservices der DKB reibungslos und schnell klappte, war ich sehr glücklich über die zweite Kreditkarte in meinem Portmonee. Um alle Bankgeschäfte daheim auch aus dem Ausland überwachen und kontrollieren zu können, lud ich mir eine sichere und zuverlässige Banking-App auf mein Tablet.
Man sollte immer eine ausreichende aber nicht zu große Menge Bargeld in der Tasche haben, da man zwar in größeren Geschäften in z.B. Shoppingmalls mit der Kreditkarte zahlen kann, dies jedoch in lokalen Geschäften und auf Märkten natürlich die Ausnahme darstellt. Darunter sollte auch immer ein wenig Kleingeld sein, da viele Rikschafahrer oder kleinere Händler oft nicht wechseln können.
• Freizeitangebote
In Delhi gibt es immer etwas zu entdecken, zu sehen und zu erleben. Als zweitgrößte Stadt des indischen Subkontinents mit über 11 Mio. Einwohnern hat diese Stadt viel an Freizeitangeboten zu bieten. Ob religiöse Stätten, historische Bauwerke, Kinos, Parks, Künstlerviertel mit einer Vielzahl an Szenebars und -cafés, Clubs, traditionellen indischen Märkten oder modernen Einkaufsmalls, es ist für jeden etwas dabei. Und so gestaltete sich meine Freizeitgestaltung gar nicht so anders als zu
Hause. Nachfolgend habe ich ein paar Freizeitangebote aufgelistet, die ich nach meinem Aufenthalt in Neu-Delhi auf jeden Fall empfehlen würde.
Hauz Khas Village:
Dieses zentral gelegene und gut zu erreichende Künstlerviertel bietet eine Menge Boutiquen, Galerien und zahlreiche Cafés, Bars und Restaurants. Z.B. lässt es sich hier hervorragend auf einer der Dachterrassen mit traumhaftem Blick über die Stadt und den angrenzenden Park vom Chaos und der Hektik der Straßen Delhis entspannen. Hier auszugehen ist jedoch verhältnismäßig sehr teuer, da die Preise für Kaffeespezialitäten, Cocktails oder Hauptgerichte mit europäischen vergleichbar sind. Und Achtung: Denkt an die Steuern!
Lodhi Garden: In diesem herrlich angelegten Garten mit einigen historischen Grabmälern merkt man nichts von dem Lärm und der Hektik der Großstadt. Hier kann man wunderbar spazieren gehen oder sich mit einer Decke in die Sonne setzen (im Sommer nicht empfohlen) und abschalten.
Garden of Five Senses: Noch ein wenig schöner angelegt als der Lodhi Garden, lädt auch dieser Park zum Erholen und Ausspannen ein. Man fühlt sich wie in einer kleinen ruhigen Oase inmitten dieser pulsierenden Großstadt. Das finden offensichtlich auch viele junge Paare, die sich hier vor allem an den Wochenenden tummeln, um romantische Zweisamkeit zu genießen. Auf jeden Fall einen Besuch wert!
Kino: Wer in Indien ist, sollte es nicht verpassen, sich einen Bollywoodfilm im Kino anzuschauen. Viele sind auf Hindi, viele jedoch auch auf Hindi und Englisch. Auch wenn man die Story vielleicht nicht unbedingt versteht, so kann der Kinobesuch an sich jedoch bereits zum Erlebnis werden. Da in Indien der Soundtrack der Filme bereits Monate vor Filmstart herauskommt und in den Radios gespielt wird, kennt das Publikum die Songs in dem Film in der Regel schon und in manchen Kinos wird dann regelrecht gefeiert, mitgetanzt oder mitgesungen. Und auch während des übrigen Films bleibt der Kinosaal nicht ruhig. Es wird lautstark kommentiert, gelacht und bei besonderen Szenen auch schon mal gejubelt oder gepfiffen. Dies kann man jedoch eher in kleineren lokalen Kinos erleben. In den großen modernen Kinos werden Filme auch eher ruhig und zurückhaltend geguckt.
Hazrat Nizammudin Dargah: Dieser Sufitempel ist auf jeden Fall ein Muss für jeden Delhi-Besucher. Die außergewöhnliche Atmosphäre in den schmalen gewundenen Gassen auf dem Weg zum Tempel, das Treiben vor und auf der Anlage und vor allem aber das abendliche Gebet der muslimischen Sufis und ihre Gesänge nach dem Gebet sollte man sich nicht entgehen lassen. Man sollte jedoch unbedingt auf seine Wertsachen achten. Aus eigener Erfahrung sollte man die Tasche am besten unter dem Arm tragen und nicht aus den Augen lassen.
Akshardham Temple: Dieser imposante Tempel sollte auf jeden Fall auch auf der Liste stehen, wenn man in Delhi ist. Allerdings sollte man keinen spirituellen Ort erwarten, sondern sich zunächst auf eine sehr touristische Atmosphäre, die fast Freizeitparkcharakter hat, einstellen. Ein riesengroßer Parkplatz, lange Warteschlangen, scharfe Regeln, was das Mitführen von Gegenständen angeht, und eine strenge Kontrolle am Eingang können einen schon abschrecken. Doch der Anblick des beeindruckenden Baus entschädigen einen meiner Meinung nach später.
Tagesausflug zum Taj Mahal in Agra: Das Taj Mahal ist auf jeden Fall einen Tagesausflug wert. Wegen des neuen Highways zwischen Delhi und Agra kann man bereits in zwei bis drei Stunden nach Agra gelangen. So kann man beispielsweise einen Fahrer für ca. 1500 - 2000 Rupien anheuern (ca. 18 - 25 Euro), der einen hin- und zurückfährt und, wenn man Glück hat, die ganzen Touristenschlepper vor Ort vom Hals hält. Ansonsten kommt man auch mit der Bahn sehr gut nach Agra für ca. die Hälfte des Preises. Hier
braucht man auf jeden Fall ein dickes Fell, denn Agra ist eine der anstrengendsten Städte für Touristen in Indien. Dies fängt am Bahnhof mit dem Kampf der Autorikschafahrer um die Touristen an und hört bei den Führern vor dem Taj Mahal, die einem eine geführte Tour andrehen wollen, auf. Doch die Besichtigung des Taj Mahals ist diesen Stress auf jeden Fall wert, denn es ist eines der beeindruckendsten Bauwerke, die ich persönlich je gesehen habe.
Zufriedenheit mit dem Praktikum
Arbeitssituation/Betriebsklima
Project WHY besteht aus mehreren Centern, die alle unterschiedlich sind. Jedes Center ist geprägt durch eine andere Arbeitsatmosphäre. So fühlte ich mich in meiner Zeit im sog. "Women and Children Centre" wie ein Teil einer großen Familie, in der sehr freundschaftlich und respektvoll miteinander umgegangen wurde. Der Leiter des Centers war nicht nur Vorgesetzter, sondern auch Vertrauter, Ansprechpartner und Mediator bei Problemen. In diesem Center wird Frauen die Möglichkeit gegeben, einen Beruf zu erlernen (Näherin, Kosmetikerin) oder einen Computerkurs zu machen. Außerdem wurden in diesem Center ca. 300 Kinder und Jugendliche von der ersten bis zur zehnten Klasse von neun LeherInnen vor und nach der Schule betreut und in verschiedenen Fächern unterrichtet. Trotz der Vielzahl der SchülerInnen bestand ein sehr enges und vertrautes Verhältnis zwischen Lernenden und Lehrenden, welches durch gegenseitigen Respekt geprägt war. Eine Köchin sorgte für das tägliche leibliche Wohl des Personals und bereitete täglich frisches und schmackhaftes Essen zu. Gegessen wurde zusammen auf dem Boden. Als Praktikant oder Volontär wird man von den Mitarbeitern des Projekts sehr zuvorkommend und freundlich behandelt. Ich habe mich während meiner Zeit in diesem Center immer sehr wohl und am Ende fast schon ein wenig heimisch gefühlt.
Auch in der sog. "Special Section", dem Center, in dem geistig und körperlich Behinderte betreut und unterrichtet werden, herrschte ein sehr angenehmes Arbeitsklima. Auch hier war die Atmosphäre fast schon familiär und sehr freundlich. Da es den MitarbeiterInnen dieses Centers vor allen Dingen um das seelische Wohl der sonst z.T. von der Familie und Gesellschaft eher missachteten Behinderten ging, wurde in der "Special Section" viel gelacht und Spaß gemacht. Und so fühlte ich mich auch während meiner Zeit hier immer sehr wohl und gut in das Team integriert. Auch in diesem Center wurde mittags zusammen gegessen.
• Betreuung während des Praktikums
Da ich bei der Gründerin des Projekts zu Hause wohnte, fühlte ich mich natürlich zu jeder Zeit meines Praktikums sehr gut betreut und aufgehoben. Doch auch die einzelnen LeiterInnen und auch die MitarbeiterInnen der verschiedenen Center standen einem bei Fragen oder Problemen zur Seite. Also auch PraktikantInnen, die während ihres Aufenthaltes im Projekt in der Gästewohnung und nicht im Haus der Gründerin wohnen, können sich auf eine gute Betreuung und Hilfe verlassen. Jedoch muss ich hier dazu sagen, dass sehr viel Eigeninitiative von einem erwartet wird. Wenn ich nicht sage, dass ich mit irgendetwas ein Problem habe, dann kann niemand wissen, dass es ein Problem gibt und mir folglich auch nicht helfen. Es ist also ratsam, immer schnell und offen anzusprechen, wenn etwas nicht in Ordnung ist, man Schwierigkeiten bei irgendetwas hat oder einfach nur einen Rat zu etwas braucht. Spricht man freundlich und ehrlich mit den MitarbeiterInnen, dann wird auch ebenso freundlich geholfen. Vor allem der Gründerin des Projekts und den LeiterInnen der einzelnen Center ist es außerordentlich wichtig, dass es den Volontären gut geht während ihres Aufenthalts.
• Aufgabenspektrum
Als PraktikantIn hat man sehr viele Möglichkeiten, sich in das Projekt einzubringen. Einem werden sehr viele Freiheiten gelassen, die einen gerade zu Beginn der Arbeit etwas unsicher werden lassen können. Hier ist viel Eigeninitiative, Engagement und Kreativität gefragt. Prinzipiell kann man alles Mögliche in den verschiedenen Centern ausprobieren, von einer Tanzgruppe oder Musikgruppe über Kunstprojekte bis hin zu herkömmlichem Unterricht oder zu Unterrichtsprojekten. Vor allen Dingen können die Kinder und Jugendlichen des Projekts von den eigenen Englischkenntnissen profitieren, da viele der LehrerInnen nur sehr schlechtes bis gar kein Englisch sprechen. Was auch immer man also mit den SchülerInnen machen möchte, ob Unterricht oder Projektarbeit, man sollte hierbei darauf achten, dass man so viel wie möglich Englisch mit ihnen spricht und sie vor allen Dingen zum Sprechen ermutigt.
Als die Gründerin des Projekts mitbekommen hat, dass ich gern male und zeichne, kam sie auf die Idee, dass ich mit den SchülerInnen in den verschiedenen Centern verschiedene Kunstprojekte durchführen könnte. Und so hatte ich im "Women and Children Centre" sozusagen meine eigenen Kunstklassen, mit denen ich verschiedene Kunstformen ausprobierte. Während die Kinder es gewohnt sind, bereits bestehende Bilder nahezu exakt zu kopieren, versuchte ich sie an eine etwas freiere und modernere Kunstform heranzuführen. Und so ließ ich sie Farbe auf das Papier klecksen, kleckern und spritzen, mit den Händen oder anderen Hilfsmitteln auf das Blatt Papier bringen, das Papier falten, knüllen oder schneiden und auf diese Weise Bilder kreieren. Zum Ende meines Aufenthaltes in diesem Center gestalteten wir dann auf Vorschlag eines Schülers sogar gemeinsam die Wände eines Raumes auf diese Weise neu.
Und auch während meines Aufenthaltes in der "Special Section" gestaltete ich zusammen mit den SchülerInnen und den LehrerInnen des Centers einen Raum neu. Mithilfe der Origamifaltkunst entstand ein Raum mit gefalteten und bemalten Tieren, Blumen, Pflanzen und einem Baum und einem Ozean aus zerknülltem, bemaltem Zeitungspapier, welche wir mit Kleber an den Wänden fixierten. Leider konnten die Kinder hierbei nicht so stark einbezogen werden wie ich mir das gewünscht hätte, da ich ihre motorischen Fähigkeiten total überschätzte. So war mir zuvor nicht bewusst, welch eine große Herausforderung selbst die einfachsten Origamifiguren für sie darstellen würden. In einem zweiten Kunstprojekt konnten die SchülerInnen dann jedoch in dem Maße mitarbeiten wie ich mir das vorgestellt hatte. Mit den MitarbeiterInnen des Centers zusammen bastelte ich Postkarten, die dann von den Kindern und Jugendlichen mit der Hilfe der LehrerInnen bemalt wurden. Auch hier arbeiteten wir viel mit Klecksen, Kleckern und Bespritzen. Und die SchülerInnen der "Special Section" hatten sichtlich Freude daran, die Postkarten farblich zu gestalten.
Persönlicher Mehrgewinn
•fachlicher Zugewinn, neue Erkenntnisse
Ein Leben in einem fremden Land, in einer fremden Kultur bringt sehr viele Einsichten über die eigene Persönlichkeit und das eigene Leben mit sich. Man lernt viel über sich, sein Weltbild, seine Einstellungen und Werte, darüber wie man in Extremsituationen reagiert, welche Herausforderungen man zu meistern in der Lage ist und wo die persönlichen Grenzen liegen. In jedem Fall bin ich durch diese Herausforderung gewachsen und habe mich persönlich stark weiterentwickelt.
Neben dieser persönlichen Weiterentwicklung, die ein Leben in einer anderen Kultur mit all seinen Herausforderungen, neuen Erfahrungen und Schwierigkeiten mit sich bringt, habe ich sehr viel über mich als zukünftige Lehrperson und meine Rolle als zukünftige Bezugsperson für Kinder und Jugendliche lernen können. Als angehende Lehrkraft bekam ich eine großartige Gelegenheit, erste Unterrichtserfahrungen zu sammeln bzw. einen Einblick zu bekommen, was Unterricht unter völlig anderen Voraussetzungen, in einer anderen Umgebung, in einer anderen Sprache und innerhalb einer fremden Kultur bedeuten kann. Damit konnte ich wertvolle Erfahrungen sammeln, die es mir in meinem späteren Berufsalltag erleichtern werden, flexibel, kreativ und spontan auf unvorhergesehene, ungeplante Ereignisse zu reagieren.
Durch die Arbeit mit Menschen mit besonderer geistiger und/oder körperlicher Herausforderung konnte ich zudem einen Einblick in meine spätere Tätigkeit als Lehrerin in Inklusionsklassen gewinnen und mir über die obligatorische Veranstaltung "Sonderpädagogisches Orientierungswissen" innerhalb der erziehungswissenschaftlichen Studien für Lehrämter hinaus Kenntnisse aneignen, die mir die spätere Arbeit mit behinderten Kindern und Jugendlichen enorm erleichtern werden. Konnte ich mir vor meinem Freiwilligendienst in Indien noch gar nicht vorstellen, mit Behinderten zu arbeiten, so bin ich nach der Arbeit in der "Special Section" davon überzeugt, dass mir die Arbeit in Inklusionsklassen und mit behinderten Kindern und Jugendlichen liegen wird und mir sehr viel Freude bereiten wird.
• Anerkennung im Studiengang
Ich kann mir dieses Praktikum innerhalb der erziehungswissenschaftlichen Studien für Lehrämter als Praktikum in außerunterrichtlichen Handlungsfeldern (PAUH) anrechnen lassen.
• Verbesserung der Sprachkenntnisse
Neben Englisch ist Hindi die offizielle Landessprache. Auch wenn man sich mit Englisch in der Regel nahezu überall gut verständigen kann, beschloss ich vor dem Auslandsaufenthalt, einen Hindi-Kurs zu belegen. Denn gerade in ärmeren Bevölkerungsschichten ist Englisch nicht unbedingt verbreitet. Da sich Project WHY hauptsächlich für ebenjene einsetzt, war es mir wichtig, mich auch ein wenig auf Hindi verständigen zu können. Trotz alledem kommunizierte ich hauptsächlich auf Englisch und kann hier eine enorme Verbesserung meiner Sprachkenntnisse verzeichnen. Doch auch in Hindi konnte ich meine Grundkenntnisse ein wenig ausbauen.
Resumée und abschließende Tips
Zusammenfassend kann ich sagen, dass meine Zeit in Indien und die Arbeit in dem Projekt zu einer der wichtigsten und einschneidendsten Erfahrungen in meinem Leben gehören. Ich kann jedem nur empfehlen, zumindest ein Semester seines Studiums einem Auslandsaufenthalt zu widmen. Die Erfahrungen, die man während eines Lebens in dem fremden Land, in einer fremden Kultur sammelt, prägen einen für den Rest des Lebens und lassen einen vieles mit anderen Augen sehen. Es ermöglicht einem einen Perspektivwechsel, der einem im Heimatland nicht oder nur ganz bedingt möglich wäre.
In jedem Fall sollte man sich meiner Meinung nach vor dem Auslandsaufenthalt - egal, in welches Land man geht - umfassend über die dortige Kultur und die Umgangsformen informieren, da man sonst leicht in Fettnäpfchen treten oder sich unter Umständen in unangenehme Situationen begeben kann, wenn man beispielsweise gewisse für seinen Kulturraum angemessene Verhaltensweisen an den Tag legt, die in der anderen Kultur jedoch als unhöflich oder gar respektlos empfunden werden. Dies klingt für viele möglicherweise banal, jedoch musste ich während meines Indienaufenthaltes mit Erschrecken feststellen, dass dies offensichtlich für so manchen nicht selbstverständlich ist.
Außerdem würde ich jedem, der ein Auslandspraktikum plant, raten, so früh wie möglich mit der Planung zu beginnen. Viele Dinge, die vor der Abreise organisiert werden müssen, ergeben sich oft erst im Laufe des Planungsprozesses. Um hier nicht in Zeitnot zu geraten, sollte man sich frühzeitig um beispielsweise folgende Dinge kümmern:
- Organisation des Praktikumsplatzes und der Unterkunft vor Ort
- Finanzierung des Aufenthaltes, ggfs. Bewerbung um ein Stipendium
- ggfs. Beantragung eines Reisepasses
- Beantragung eines Visums
- Flugbuchung
- Kündigung oder Untervermietung der Wohnung
- Stilllegung laufender Verträge wie Telefon, Internet, Mobilfunk für die Zeit
- Versicherungen ( Auslandskrankenversicherung, Unfallversicherung, Haftpflichtversicherung etc.)
- ggfs. Impfungen (Informationen z.B. beim Tropeninstitut oder beim Hausarzt des Vertrauens)
- ggfs. Kündigung oder Stilllegung des Arbeitsvertrages (z.B. unbezahlten Urlaub beantragen)
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