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Praktikum beim Okonguarri Psychotherapeutic Centre

Ich bin unglaublich dankbar für die vielfältigen professionellen und persönlichen Erfahrungen, die ich während meines Praktikums sammeln konnte und auch für die Unterstützung durch ein Programm wie Promos, das diese besonderen Erlebnisse für mich ermöglicht hat. Sie haben mein Selbstvertrauen in meinen zukünftigen Beruf gestärkt und mich um die Erfahrungen des interkulturellen Austausch bereichert.


Studienfach: Psychologie (Master)

Aufenthaltsdauer: 07/2018 - 09/2018

Praktikumsgeber:Okonguarri - Psychotherapeutic Centre

Gastland:Namibia

Vorbereitung und Finanzierung

Da ich meinen Horizont im Bereich interkultureller Psychologie und meine Studieninhalte um eine nicht westlich-zentrierte Perspektive erweitern wollte, habe ich mich für ein Auslandspraktikum interessiert. Über die Internetseite Psystudents konnte ich unterschiedliche Erfahrungsberichte in diesem Bereich recherchieren und stieß dabei auf die Psychotherapeutische Klinik Okonguarri in Namibia. Der Bewerbungsprozess für ein Praktikum in Okonguarri verlief verhältnismäßig unkompliziert. Nachdem ich mich per E-Mail nach der Möglichkeit und dem Zeitraum eines Praktikums erkundigt hatte, sollte ich  einen Lebenslauf einschicken und dann begann schon der organisatorische Teil der Planung. Es war kein Motivationsschreiben oder Bewerbungsgespräch notwendig. Bei einem Praktikum unter 3 Monaten können Studenten mit einem Touristenvisum einreisen, das vor Ort beantragt werden kann. Bei einem längeren Aufenthalt muss ein Visum beantragt werden. Um sicher zu gehen, habe ich vorab ein Studentenvisum beantragt. Dies war sehr aufwendig, muss etliche Monate im Voraus beantragt werden und ist nicht ganz günstig.

Die Kommunikation mit meiner Praktikumsbetreuerin erfolgte per E-Mail und auf Englisch. Die Rückmeldungen auf Fragen kamen immer etwas zeitverzögert und ein paar meiner Fragen gingen im Kommunikationsprozess unter. Am Anfang bekam ich ein Informationsblatt mit den  wichtigsten Informationen für Auslandspraktikanten zugeschickt. Von der Praktikumseinrichtung gab es keinen Arbeitsvertrag. Um mich abzusichern habe ich allerdings einen Praktikumsvertrag vom International Office der Uni Potsdam eingeschickt, der von der Einrichtung unterzeichnet wurde. Meine Arbeit in Okonguarri war unentgeltlich. Für mein Praktikum habe ich mich für das Promos-Stipendium beworben. Dafür musste ich neben einem Motivationsschreiben auch einen Lebenslauf und weitere studienbezogene Leistungsnachweise einreichen. Ich habe mich sehr über die Förderung durch Promos  gefreut und bin sehr dankbar für die Unterstützung.

Aufenthalt im Gastland

Für umgerechnet 200€ im Monat bekam ich Kost und Logis auf dem Gelände der Klinik, so dass ich während meiner Praktikumszeit kaum weitere Ausgaben hatte. Da die Klinik in der Savanne Namibia’s 90 km entfernt vom nächsten Ort lag, gab es nicht unendlich viele Freizeitangebote und die Arbeitstage nicht gerade kurz. Die Natur rundherum ums Camp ist jedoch sehr beeindruckend und es gibt einen Tennisplatz. An freien Wochenenden konnte ich mit Sammeltaxis in den nächsten Ort, nach Windhoek oder auch mit einem Mietauto in den Etosha-Nationalpark fahren. Der öffentliche Verkehr funktioniert in Namibia  hauptsächlich über Sammeltaxis und es gibt kaum Bus- oder Zugverkehr.

 

Zufriedenheit mit dem Auslandspraktikum

Während meines Praktikums konnte ich verschiedene praktische und administrative Aufgaben im Klinikalltag übernehmen. Dazu gehörte die Durchführung von Einzel- und Gruppentherapiesitzungen unter Supervision. Da ich beim Namibian Health Council als „Intern Clinical Psychologist“ registriert war, konnte ich eigene Therapiesitzungen anbieten. Während meines Praktikums in Okonguarri habe ich 19 PatientInnen in Einzelsitzungen unter Supervision über zwei bis drei Wochen therapeutisch begleitet. Außerdem habe ich mehrmals pro Woche  Gruppentherapiesitzungen zu verschiedenen  Themen angeboten. Diese umfassten beispielsweise das Setzen persönlicher Grenzen, Umgang mit Schuld, Funktionen von Angst, Kunsttherapie, Teamfähigkeit, Psychoedukation zu internem und externem Locus of Control und eine Abschiedsgruppe.

Zweimal pro Woche nahm ich an der gemeinsamen Fallvorstellungen im Rahmen der Teamsupervision und an den wöchtenlichen Ward Round Meetings teil. Die Ward Round dient als Plattform, um sich mit dem zuständigen Allgemeinmediziner über den physiologischen Gesundheitszustand und die Medikation der PatientInnen auszutauschen. Zu meinem Aufgabenbereich gehörte es, mit den PatientInnen Social Backgrund Interviews durchzuführen, in denen sie nach Hintergrundinformationen aus verschiedenen Lebensphasen gefragt werden. Zudem nahm ich an der CASE Group teil. Während des Aufnahmeprozesses war ich zudem für die Kontrolle des Gepäcks der PatientInnen auf  unerlaubte Gegenstände zuständig (Alkohol, Drogen, Waffen, elektronische Geräte oder  scharfe Gegenstände). Durch meine Unterkunft auf dem Campgelände war ich zudem für „Floor Duty“ zuständig und bei Fragen und Problemen dauerhaft auf Abrufbereitschaft. Zusätzlich war ich an der Organisation kreativer und sportlicher Freizeitangebote für die PatientInnen beteiligt und begleitete sie auf Wanderungen in der Natur.

Zu meinen Tätigkeiten gehörten auβerdem verschiedene administrativen Aufgaben im Zusammenhang mit der PatientInnenbetreuung. Dazu zählte das Verfassen von Zwischenberichten für die Krankenkassen um eine Verlängerung des Klinikaufenthalts zu beantragen, vertrauliche Abschlussberichte über den Klinikaufenthalt für die überweisenden PsychiaterInnen sowie Notizen zum Therapieverlauf. Zudem war ich mit der Dokumentation und Pflege von Patientendaten mithilfe der digitalen Datenbank PIMS beauftragt. Weitere administrative Aufgaben beinhalteten Krankschreibungen, Assistenz beim Aufnahme- und Entlassungsprozess sowie verschiedene organisatorische Aufgaben im Zusammenhang mit dem Klinikalltag.

Die Betreuung während des Praktikums hätte ich mir manchmal etwas intensiver gewünscht. Dabei habe ich gelernt, wie wichtig es im stressigen Arbeitsalltag ist, beharrlich nach Unterstützung zu fragen, um sie auch zu bekommen. Aufgrund meiner Unterbringung auf dem Klinikgelände war die Arbeitssituation teilweise anstrengend, da ich mich kaum von den PatientInnen und Dissonanzen im Betriebsklima abgrenzen konnte.

 

Persönlicher Mehrgewinn und abschließendes Resümee

In meinem Praktikum in Okonguarri habe ich unfassbar viel gelernt. Ich bin sehr dankbar für die vielen Erfahrungen und die Möglichkeit eigene PatientInnen zu sehen, Therapieerfahrung zu sammeln und meine eigene Rolle als Therapeutin zu explorieren. Diese Erfahrungen hätte ich mit meinem Ausbildungsstand als Masterstudentin in Deutschland nicht machen können. Durch die Supervision, Rückmeldung meiner PatientInnen und kleine Erfolgserlebnisse konnte ich mich nach und nach in meine neue Rolle eingewöhnen. So konnte ich mit meinen gelernten therapeutischen Gesprächstechniken experimentieren und stabile therapeutische Beziehungen aufbauen. Die Kommunikation auf Englisch in einem Berufsfeld, in dem die Sprache das wichtigste Medium darstellt, stellte gerade anfangs eine weitere Herausforderung dar. Besonders die Leitung von Gruppentherapiesietzungen mit über 30 PatientInnen hat mich anfangs viel Überwindung gekostet. Mit der Unterstützung meiner KollegInnen konnte ich jedoch meine Grenzen überwinden und über mich hinaus wachsen. Besonders beeindruckend war für mich die Einbindung der Natur in den therapeutischen  Heilungsprozess. Im Rahmen der Gruppensitzungen boten in der Umwelt beobachtbare  Naturphänomene, Ökosysteme und Evolutionsprozesse wertvolle Analogien zur menschlichen Psyche.

Der tiefe Einblick in die vielfältigen Kulturen Namibias, der mir durch die Geschichten der PatientInnen ermöglicht wurde, hat mir wieder einmal die Privilegien aufgezeigt, die in meinem Leben in der ersten Welt selbstverständlich sind. Durch fast jedes Erstgespräch ziehen sich die tragischen Spuren von Alkoholismus und häuslicher Gewalt wie ein roter Faden durch die Familiengeschichten. Gemessen an dem Bedarf psychologischer Interventionen ist die Versorgungslage in Namibia jedoch mehr als dürftig.

Obwohl manche PatientInnen nur mit der Kleidung in die Klinik kamen, die sie trugen, handelt es sich bei den Klienten Onkonguarri’s um die privilegierten Namibier, die eine Krankenversicherung haben.  Dass eine zweiwöchige Behandlung bei schweren psychischen Störungen nur selten ausreicht und viele PatientInnen häufig wieder kommen, scheint ein weiteres Problem des mangelnden Zugangs zu Hilfe zu sein. Ein weiteres Symptom dieser Umstände ist die lange Warteliste der Klinik, die darauf mit einer teilweise grenzwärtig hohen Gruppengröβe reagieren muss. Viele Gedanken habe ich mir auch über die Rollenbilder zwischen Mann und Frau gemacht. Gender-Gleichheit scheint für viele Namibier weit entfernt von ihrem Bewusstsein zu sein, was in Gesprächen und Diskussionen zwischen den PatientInnen immer wieder deutlich wurde. Die Überzeugungen der klassische Rollenbilder sorgten für viele Reibereien innerhalb des Camps und verursachen ausserhalb viel Leid.

Für mich persönlich war meine Zeit in Okonguarri eine enorme Bereicherung. Neben den inhaltlichen Aufgaben einer Therapeutin musste ich auch lernen, wie wichtig es ist, sich von diesen nach Feierabend auch wieder abzugrenzen – auch wenn das aufgrund meines Zimmers auf dem Klinikgelände nicht immer einfach war. Besonders erstaunt hat mich allerdings die allgemein positive Atmosphäre in der Klinik, die Gruppenkohäsion, Resilienz und Heiterkeit vieler PatientInnen. Nach intensiven und emotionalen Sitzungen wurden gemeinsame Spaziergänge, Spiele und Musikabende veranstaltet und ich bin mir sicher, mehr Lachen als Tränen in meiner Zeit in Okonguarri gesehen zu haben. Ich bin unglaublich dankbar für die vielfältigen professionellen und persönlichen Erfahrungen, die ich während meines Praktikums sammeln konnte und auch für die Unterstützung durch ein Programm wie Promos, das diese besonderen Erlebnisse für mich ermöglicht hat. Sie haben mein Selbstvertrauen in meinen zukünftigen Beruf gestärkt und mich um die Erfahrungen des interkulturellen Austausch bereichert.

 

Studienfach: Psychologie (Master)

Aufenthaltsdauer: 07/2018 - 09/2018

Praktikumsgeber:Okonguarri - Psychotherapeutic Centre

Gastland:Namibia


Namibia

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