Forschungspraktikum an der Dedan Kimathi University of Technology
Im ersten Jahr meines Bioinformatik-Masters in Potsdam und habe ich im Rahmen eines Auslandspraktikums 6 Wochen an einem kleinen Pilotprojekt in Kenia gearbeitet. Es ging darum, ein Smartphone-basiertes mobiles Mikroskop mit integrierter Bildanalyse für den möglichen Einsatz in der Malaria-Diagnostik zu testen, Randbedingungen zu prüfen und mit Verantwortlichen vor Ort zu sprechen.
Vorbereitung
Das Projekt wurde mir recht frühzeitig von einem Dozenten meiner früheren Hochschule vorgestellt. Mein Interesse war geweckt und weil das Thema eine Anwendung meiner Studieninhalte ist, habe ich mich schließlich dafür entschieden, meinen Master für ein Semester zu unterbrechen, um bei der Projektvorbereitung von Grund auf mitzuwirken. Glücklicherweise war meine Bewerbung für ein PROMOS-Stipendium erfolgreich und schlussendlich bin ich in Nyeri gelandet; drei Stunden entfernt von Nairobi.
Da bei mir eher das Projekt im Vordergrund stand, habe ich mir im Gegensatz zu Anderen mein Zielland nicht wirklich ausgesucht und die Reise einfach auf mich zukommen lassen. Angesichts der Tatsache, dass ich vorher noch nie in Afrika war und direkt mit Malaria arbeite, hatte ich also doch Tage vor Abflug leichte Bedenken und habe mich gefragt, worauf ich mich da eigentlich einlasse. Die Kenianer haben mich aber mehr als herzlich aufgenommen. Da das Studium doch recht theoretisch sein kann und ich später im medizinischen Bereich arbeiten möchte, habe ich mir erhofft, dass mir das Projekt jede Menge Praxiserfahrung und einen neuen Blickwinkel bietet, wenn es um Patientendaten und klinische Forschung geht.
Aufenthalt im Gastland
Die Wohnungssuche in Nyeri gestaltete sich als ziemlich unproblematisch. Vor meiner Ankunft hat sich das International Office der Dedan Kimathi University of Technology um eine Unterkunft in einem der Wohnheime gekümmert, das entspannte 5 Minuten zu Fuß vom Campus entfernt liegt.
Der Wohnstandard unterscheidet sich schon von dem des gemeinen Mitteleuropäers, doch wer keinen Komforturlaub erwartet, ist rundum mit allem versorgt. Mein Zimmer hat die stolze Größe von geschätzten 6m² und ist mit einem Tisch, Bett (das auch als Stuhl fungiert) und Hängeschrank mit allem ausgestattet was man braucht. Im Gemeinschaftswaschraum finden sich französische Toiletten und Duschen, die leider nur bei schönem Wetter warmes Wasser bieten, da der Boiler solarbetrieben ist. Insgesamt zahlt man hier für ein Einzelzimmer günstige 5.000 Ksh im Monat (ca. 40€) und kann sich für relativ teure 2000 Ksh (ca. 16€) Bettzeug und Besteck leihen.
Das Wohnheim ist in mehrere Gebäude eingeteilt, die die Wohnräume von Studenten und Studentinnen trennen. Neben einer kleinen Mensa, die von morgens bis abends kaltes und warmes Essen aus der lokalen Küche anbietet, findet man hier ebenfalls Waschsalon, Friseur und Einkaufsladen. Ungewohnt sind die hohe Mauer um das Wohnheim, Stacheldraht und 24/7 Wachmann, die zusammen mit den Gebäudebezeichnungen Block A – C das Wohnheim von außen ein bisschen wie einen Knast erscheinen lassen. Selbstverständlich dient es dem Schutz der Studierenden, wobei ich bisher von keinerlei Problemen in der Gegend gehört habe und man sich im Allgemeinen sehr sicher fühlt.
Das Wohnheim liegt genauso wie die Universität etwas außerhalb von Nyeri. Mit Matatus erreicht man die 200.000 Einwohner große Stadt in etwa 10 Minuten, wo man viele Einkaufsmöglichkeiten, lokale Märkte aber auch Clubs und Bars findet. Hier in die Gegend verirren sich so gut wie keine Touristen, sodass man als einer der wenigen ausländischen Studenten doch recht stark auffällt. Man gewöhnt sich allerdings schnell daran, dass man überall gegrüßt, in ein Gespräch verwickelt oder einfach nur angeschaut wird und viele einen als Mzungu (Swahili: „Europäer“ oder „jemand mit heller Haut“) bezeichnen. Besonders im Wohnheim kommt man daher auch gar nicht umhin, Kenianer kennenzulernen und sozial eingebunden zu werden. So hatte ich keine Probleme herauszufinden, dass man abends auf einem campusnahen Markt Pool und Fifa spielen kann, dass die Duschen gegen 16:00 meist am wärmsten sind oder wie man den Strom wieder einschaltet, wenn die Sicherung dem Strombedarf der Studenten mal wieder nicht standhält.
Da ich weder direkt an der Uni arbeite, noch Kurse oder Vorlesungen besuche, kann ich dazu zwar leider nichts weiter sagen, aber generell ein paar Dinge zur Uni erzählen. Wie auch das Wohnheim aus dem Bericht der letzten Woche liegt die DeKUT außerhalb der Stadt Nyeri. Das ehemalige College für Landwirtschaft und Technologie wurde erst 2012 zur vollwertigen Universität und ist immer noch dabei zu expandieren. Einiges wirkt daher improvisiert; so sitzt die Administration im Gebäude, das eigentlich die Bibliothek beherbergen sollte und das WLAN ist außerhalb der Bibliothek leider so lückenhaft und langsam, dass es eigentlich nicht nutzbar ist und ich mich entschieden habe, ein wenig mehr in mobile Daten zu investieren. Dafür findet man an jedem Eingangstor Wachleute, die Fahrzeuge durchleuchten und Ausweise sehen wollen. Bei gelegentlichen Anschlägen der Al-Shabaab im Nord-Osten des Landes geht man auch hier lieber auf Nummer sicher.
Die meisten Studenten findet man im Institut für Wirtschaft doch als Technische Universität liegt der Schwerpunkt offiziell bei Mechanical Engineering und Food Technology, welche sehr gut ausgestattete Labore haben. Das Institut, an dem ich arbeite ist das Nursing Department, was sich erst kürzlich als Vorstufe einer geplanten Medical School gegründet hat und noch im Begriff ist, sich aufzubauen.
Was mir besonders gefällt ist, wie an der Uni Ressourcen genutzt werden. Absolventen im Nursing Department werden in lehrenden oder leitenden Positionen eingestellt um das Institut weiter zu etablieren. Im Food Science Bereich wird viel an Kaffee geforscht, der hier alle Produktionsstufen erfährt; vom Anbau auf den Uni-eigenen 1,2km² großen Plantagen bis hin zur Röstung - um am Ende hier zum Verkauf angeboten zu werden. Auch von Studenten eigens hergestellter Jogurt kann hier in verschiedenen Geschmacksrichtungen gekauft werden und im Wohnheim bekommt man seine Pommes mit Ketchup aus der studentischen Uniproduktion. Der Verkauf bietet Möglichkeiten im Marketingbereich, worin in Zukunft ebenfalls Studenten und Absolventen involviert sein werden.
Fazit & persönlicher Mehrgewinn
Wie es meistens so ist, macht man sich immer genau dann auf den Rückweg, wenn man sich gerade eingelebt hat und auch dieser vielgesagt Spruch „Man soll aufhören, wenn‘s am schönsten ist“ täuscht nicht wirklich darüber hinweg, dass ich eigentlich viel lieber länger geblieben wäre. Wenn ich auf meinen Aufenthalt zurückblicke, kann ich behaupten, eine ziemlich gute Zeit gehabt, eine Menge cooler Leute kennengelernt und viele persönliche Erfahrungen gemacht zu haben. Unser Projekt hier lief leider etwas schleppend, was mich bei meiner anfänglichen Erwartungshaltung eingangs etwas verunsichert hat. Für unsere Fragestellung, ob wir unser Smartphone-Mikroskop auch für die Diagnostik tropischer Krankheiten benutzen können, sollte ich mich mit verschiedensten Leuten unterhalten, um Meinungen und Ideen einzuholen. Doch wenn man sich für 9Uhr verabredet, kann das heißen, man trifft sich gegen halb 11 und wenn etwas heute zwar machbar ist aber gerade nicht passt, dann verschiebt man es eben auf morgen. Die Uhren hier ticken halt etwas anders und weil sich daran nichts ändern lässt, habe auch ich schnell gelernt, einfach gelassener zu bleiben und dem Motto der Kenianer zu folgen: „Hakuna Matata“ – alles wird gut. Tatsächlich haben wir am Ende auch noch vorzeigbare Ergebnisse bekommen, sodass der Stress von vorn herein absolut unangebracht war. Kenia hat mir also gezeigt, wie man auch gemütlich ans Ziel kommt.
Ferner haben mir die Gespräche mit Ärzten besonders in Endemie-Gebieten die Relevanz aber auch die Verantwortung gezeigt, die einhergeht, wenn man im medizinischen Bereich arbeitet. Diese Einblicke wollte ich unbedingt bekommen, bevor ich mich in meinem Master Bioinformatik in die medizinische Richtung spezialisiere und habe insofern durch das Projekt erreicht, was ich wollte.
Das Bild, das man von Afrika durch Nachrichten und Medien gezeigt bekommt, ist ein krisengeplagter Kontinent mit vielen Problemen. Richtig ist, dass Kenia als Entwicklungsland immer noch vor sozialen, politischen und wirtschaftlichen Herausforderungen steht, die man besonders während der Wahlen gespürt hat, doch Entwicklung bedeutet auch immer Fortschritt. Überall im Land wird gebaut und unter den Menschen herrscht eine gewisse Aufbruchsstimmung; man möchte die Nation gemeinsam voranbringen. Was mich besonders beeindruckt hat, ist die positive und lebendige Attitüde der Kenianer, die teilweise einen ganz anderen Blickwinkel auf das Leben haben als wir Europäer und mir den ein oder anderen guten Ratschlag geben konnten. Und es ist genau diese positive Einstellung der Menschen, die man in keinen Nachrichten gezeigt bekommt und die ich nicht kennengelernt hätte, wenn ich mich von negativen Schlagzeilen hätte abschrecken lassen. Ich bin froh, den Schritt gegangen zu sein und mein Projekt in Kenia gemacht zu haben.
Wer also wie ich die Chance hat, im Studium nach Afrika gehen zu können, dem kann ich nur empfehlen sich dafür zu entscheiden. Man wird aus seiner Komfortzone geholt und in eine fremde Kultur geworfen, wird mit neuen Problemen und unbekannten Situationen konfrontiert, doch man lernt dabei viel Neues kennen, lernt auch einiges über sich selber und in Nachhinein war es viel einfacher als gedacht.
Studienfach: Bioinformatik (Master)
Aufenthaltsdauer: 07/2017 - 08/2017
Praktikumsgeber:Dedan Kimathi University of Technology
Gastland:Kenia